Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentum: Versagung der Zustimmung zur Veräußerung von Wohnungseigentum
Leitsatz (amtlich)
1. Zu den Voraussetzungen eines "wichtigen Grundes" i.S.v. § 12 Abs. 2 S. 1 WEG für die Verweigerung der Zustimmung zur Veräußerung einer Eigentumswohnung.
2. Im Falle der Verpflichtung des Zustimmungsberechtigten zur Abgabe der Zustimmungserklärung im gerichtlichen Verfahren nach § 43 WEG gilt die Erklärung mit Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung nach § 894 ZPO als abgegeben.
Normenkette
WEG §§ 10, 12; ZPO § 894
Verfahrensgang
Tenor
I. Der angefochtene Beschluss wird mit Ausnahme der Geschäftswertfestsetzung geändert:
Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des AG Wittlich vom 7.11.2003 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Antragsgegnerin verpflichtet wird, die Erklärung abzugeben, dass sie der durch Urkunde des Notars J.H. in Wittlich vom 26.4.2003 (UR.-Nr. ...) erfolgten Veräußerung des Wohnungseigentums des Antragstellers an die Streithelferin zustimmt.
II. Die Antragsgegnerin hat die Gerichtskosten des Beschwerde- und des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen. Außergerichtliche Kosten der Verfahrensbeteiligten sind in keinem Rechtszug zu erstatten.
III. Der Geschäftswert für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 9.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Antragsteller und die Antragsgegnerin, geschiedene Eheleute, sind die Wohnungs- bzw. Teileigentümer der im Beschlusseingang genannten Wohnanlage. Die Antragsgegnerin betreibt in den zu ihrem Sondereigentum gehörenden Räumen einen Friseursalon. Der Antragsteller veräußerte im Jahr 2003 seine Eigentumswohnung an die weitere Verfahrensbeteiligte. Die Antragsgegnerin hat ihre nach der Teilungserklärung dazu erforderliche Zustimmung verweigert. In dem vorliegenden Verfahren begehrt der Antragsteller, die Antragsgegnerin zur Abgabe der Zustimmungserklärung zu verpflichten. Das AG hat dem Antrag stattgegeben, das LG hat ihn auf die Erstbeschwerde der Antragsgegnerin hin zurückgewiesen. Dagegen richten sich die weiteren Beschwerden des Antragstellers und der dem Verfahren als seine Streithelferin beigetretenen Erwerberin.
II. Die sofortigen weiteren Beschwerden des Antragstellers und der Streithelferin sind verfahrensrechtlich bedenkenfrei (§§ 43 Abs. 1 Nr. 1, 45 Abs. 1 WEG, §§ 27, 29 Abs. 1 und Abs. 4, 22 Abs. 1 FGG) und erzielen auch in der Sache den erstrebten Erfolg der Wiederherstellung der Entscheidung des AG.
Der angefochtene Beschluss des LG beruht auf einer Verletzung des Rechts (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO), weil der Einzelrichter der Zivilkammer im Streitfall zu geringe Anforderungen an das Vorliegen eines - von der Antragsgegnerin für sich reklamierten - wichtigen Grundes i.S.v. § 12 Abs. 2 S. 1 WEG für die Verweigerung der Veräußerungszustimmung gestellt hat.
Der Begriff des "wichtigen Grundes" im Sinne der vorbezeichneten Gesetzesbestimmung ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, dessen Ausfüllung im Einzelfall eine Rechtsfrage und damit vom Rechtsbeschwerdegericht nachprüfbar ist (BayObLG v. 31.10.2001 - 2Z BR 37/01, BayObLGReport 2002, 37 = NJW-RR 2002, 659). Da weitere Ermittlungen auch aufgrund des Sachvortrags der Beteiligten in den Tatsacheninstanzen nicht erforderlich sind, kann der Senat selbst in der Sache entscheiden und die Erstbeschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des AG zurückweisen. Das AG hat auf der Grundlage der von ihm festgestellten Tatsachen ohne Rechtsfehler dahin entschieden, dass die Antragsgegnerin nach der Sachlage bis zum Abschluss der ersten Instanz ihre Zustimmung zur Veräußerung des Wohnungseigentums des Antragstellers an dessen Streithelferin zu Unrecht versagt hat. Entgegen der Meinung des LG sind als wichtiger Grund für die Zustimmungsverweigerung auch nicht die weiteren Vorfälle im Anschluss an den zweitinstanzlichen Gerichtstermin vom 11.5.2004 anzuerkennen.
Im Einzelnen gilt Folgendes:
1. Ist - wie im Streitfall - in der Teilungserklärung entsprechend § 12 Abs. 1 WEG vereinbart, dass ein Wohnungseigentümer zur Veräußerung eine Zustimmung benötigt, darf diese nach § 12 Abs. 2 S. 1 WEG nur aus einem wichtigen Grund versagt werden. Da jeder Eigentümer einer Sache grundsätzlich "nach Belieben" (§ 903 S. 1 BGB, § 10 Abs. 1 WEG i.V.m. § 747 BGB) mit seinem Eigentum verfahren kann, ist die Regelung des § 12 WEG als Ausnahme von der Verbotsvorschrift des § 137 S. 1 BGB eng auszulegen. Ein wichtiger Grund i.S.v. § 12 Abs. 2 S. 1 WEG ist für den Zustimmungsberechtigten danach nur anzuerkennen, wenn die Veräußerung des Wohnungseigentums die schutzwürdigen Interessen der übrigen Wohnungseigentümer, hier also der Antragsgegnerin, konkret unzumutbar gefährdet. Die gemeinschaftswidrige Gefahr muss dabei ihre Ursache in der Person oder im Umfeld des Erwerbers haben. Nach dem Gesetzeszweck sind für die Zustimmungsverweigerung im Übrigen nur schwerwiege...