Laden ist keine Gaststätte
Hintergrund
Eine Wohnungseigentümergemeinschaft verlangt von der Eigentümerin einer Teileigentumseinheit, eine in der Einheit befindliche Gaststätte nicht länger als bis ein Uhr nachts geöffnet zu lassen.
Die Teileigentümerin hat die Einheit, die in der Teilungserklärung als „Ladenraum“ bezeichnet wird, 1995 erworben, nachdem sie darin bereits seit 1989 als Pächterin eine Gaststätte betrieben hatte. Aktuell betreibt der Neffe der Eigentümerin in der Teileigentumseinheit eine Gaststätte. Diese ist jedenfalls seit 2007 bis in die frühen Morgenstunden geöffnet.
Im Mai 2011 fassten die Eigentümer einen inzwischen bestandskräftigen Beschluss, wonach „die derzeit vorhandenen Gaststätten und Restaurantbetriebe bis ein Uhr nachts geöffnet sein dürfen“. Die Hausverwaltung wurde beauftragt und bevollmächtigt, dies gerichtlich durchzusetzen.
Die WEG will die Teileigentümerin verurteilen lassen, die Gaststätte nicht nach ein Uhr nachts zu betreiben und offen zu halten.
Entscheidung
Der BGH gibt der WEG Recht.
Insbesondere ist der Anspruch der WEG, die Öffnung der Gaststätte nach ein Uhr nachts zu unterlassen, nicht verwirkt. Selbst wenn ein Unterlassungsanspruch hinsichtlich der Nutzung als Gaststätte vor ein Uhr nachts wegen der jahrzehntelangen Duldung verwirkt sein sollte, ist die Eigentümerin nicht so zu stellen, als diene ihre Teileigentumseinheit als Gaststätte. Die Verwirkung eines Unterlassungsanspruchs wegen der zweckwidrigen Nutzung einer Teileigentumseinheit schützt deren Eigentümer nämlich nur davor, dass er das bislang geduldete Verhalten ändern oder aufgeben muss, begründet aber nicht das Recht, neue nachteilige Veränderungen vorzunehmen. Um neue und qualitativ eigenständige Störungen geht es hier, weil die Gaststätte vor dem Jahr 2007 nicht in den Nachtstunden betrieben worden ist.
Hinzu kommt, dass eine Teileigentumseinheit, die nach der Teilungserklärung als Laden dient, grundsätzlich nicht als Gaststätte genutzt werden darf. Allerdings kann sich eine nach dem vereinbarten Zweck ausgeschlossene Nutzung als zulässig erweisen, wenn sie bei typisierender Betrachtungsweise nicht mehr stört als die vorgesehene Nutzung. Entscheidend ist dabei, dass eine solche anderweitige Nutzung die übrigen Wohnungseigentümer nicht über das Maß hinaus beeinträchtigt, das bei einer Nutzung zu dem vereinbarten Zweck typischerweise zu erwarten ist. Davon kann hier schon deshalb keine Rede sein, weil die Wohnanlage im Saarland liegt und Läden dort, anders als Gaststätten, nachts geschlossen sein müssen
(BGH, Urteil v. 10.7.2015, V ZR 169/14)
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