Behördenleitungen sehen viel Handlungsbedarf bei Digitalisierung

Führungskräfte deutscher Behörden sehen nach einer aktuellen Untersuchung großen Handlungsbedarf bei der Verwaltungsdigitalisierung. Das geht aus dem «Zukunftspanel Staat & Verwaltung 2021» des Centre for Digital Governance der Hertie School und des «Wegweiser»-Forschungsinstituts hervor, für das 276 Behördenvertreter in Kommunen und Landkreisen sowie auf Landes- und Bundesebene online befragt wurden.

Einführung elektronischer Akten als wichtigste Maßnahme

Rund 48 Prozent der Teilnehmer sahen bei verwaltungsinternen Digitalisierungsmaßnahmen wie der Einführung elektronischer Akten den größten Handlungsbedarf für ihre Behörde in den kommenden fünf Jahren - Mehrfachnennungen waren möglich.

«Demografieorientierte Personalpolitik» - also der Umgang mit dem Ausscheiden alternder Mitarbeiter - nannten knapp 34 Prozent der Befragten, gefolgt von «Attraktivität als Arbeitgeber» (knapp 32 Prozent). Auch die Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (OZG) wurde von knapp 31 Prozent als zentrale Herausforderung auf Behördenebene genannt.

Großes Verbesserungspotenzial bei Personalgewinnung

Auch die Frage nach den zweckmäßigsten Verbesserungsansätzen beantworteten viele Befragte mit Verweis auf Digitalisierung und Personalgewinnung.

  • Immerhin 91 Prozent bezeichneten die Digitalisierung interner Verfahren und Entscheidungsprozesse als wichtig oder sehr wichtig.
  • 84 Prozent stuften die Stärkung der Attraktivität der Behörde als Arbeitgeber als sehr wichtig oder wichtig ein.
  • 86 Prozent ordneten die Digitalisierung der Leistungen für Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen ähnlich ein - etwas weniger Befragte als beim vorigen Punkt fanden dieses Themenfeld «sehr wichtig».
  •  78 Prozent hielten es für wichtig, einen Kulturwandel durch neue, flexiblere Arbeitsweisen und eine stärkere partizipative Führung voranzutreiben.

Diese Ansätze fanden die geringste Zustimmung:

  • Stärkere Unterstützung durch externe Berater oder Dienstleister (Zustimmung nur 26 Prozent)
  • Stärkere Einbeziehung von Bürger/innen und Unternehmen, um bessere Lösungen zu entwickeln (Zustimmung 43 Prozent)

Digitale Kompetenz der Beschäftigten im Fokus

Als wichtigste Kompetenz für künftige Verwaltungsmitarbeiter und -mitarbeiterinnen nannten 67 Prozent der Teilnehmer digitale Kompetenz, deutlich vor Fach- oder Problemlösungskompetenz sowie Kommunikationsfähigkeit.

Auffällig: Nur knapp 14 Prozent der Befragten sahen großen Handlungsbedarf bei Verbesserung oder Ausbau der Verwaltungsangebote insgesamt für Bürger und Wirtschaft. Das Thema Bürger- und Kundenorientierung auch gegenüber der Wirtschaft sei völlig unterentwickelt, beklagte der Geschäftsführer der Wegweiser-Gruppe, Oliver Lorenz. «Die Verwaltung ist geschichtlich spürbar immer noch vom "Obrigkeitsstaat" und zu stark juristisch geprägt. Es bedarf eines wirklichen Kulturwandels.»

Auch Fähigkeiten wie Einfühlungsvermögen (knapp 5 Prozent), Konfliktfähigkeit (10 Prozent), Loyalität und Integrität (16 Prozent) sowie Strategiekompetenz (knapp 18 Prozent) bewegen sich am unteren Ende der Skala.

Covid-19-Pandemiemanagement wird kritisch gesehen

Die große Mehrheit der Befragten ist der Meinung, dass in der Corona-Pandemie grundlegende Defizite zutage getreten sind. Negativ bewertet wurden vor allem

  • Umsetzung des Homeschoolings
  • öffentliche Beschaffungsprozesse (Masken, Impfstoff, Tests)
  • die Arbeit der Gesundheitsämter bei der Erfassung und Nachverfolgung von Covid-19-Fällen

Als zentrale Erkenntnisse sehen die Befragten vor allem folgende Themen:

  • Defizite des bestehenden Verwaltungssystems wurden offensichtlich (knapp 31 Prozent)
  • Grenzen/Schwächen des föderalen Systems (knapp 30 Prozent)
  • unzureichende Digitalisierung der Behörden (27 Prozent)

Viele der Befragten befürworten die Schaffung eines Digitalministeriums des Bundes, um digitale Transformation am effektivsten voranzutreiben.

Hintergründe zur Studie

Die Angaben beruhen auf einer zwischen dem 21. Juni und dem 30. Juli durchgeführten Online-Befragung unter Führungskräften in Behörden in Kommunen, Landkreisen, Ländern und auf Bundesebene mit 276 Teilnehmern. Dabei wurden Kommunen mit mehr als 20.000 Einwohnern berücksichtigt. Das «Zukunftspanel Staat & Verwaltung 2021» wurde vom Centre for Digital Governance der Hertie School und dem Wegweiser-Forschungsinstitut erstellt.

In 2021 geift das Zukunftspanel u.a. folgende wichtige Aspekte im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie auf:

  • Digitalisierung der Verwaltungen
  • Lage öffentlicher Haushalte
  • Reaktionsfähigkeit, Katastrophenschutz, Krisenmanagement
  • Gesundheitsschutz / Gesundheitsmanagement
  • Digitale Bildung und Kompetenzen


dpa