Teams im Dialog
Teams im Spannungsfeld von Standardisierung und Flexibilität
In einem zunehmend dynamischen und komplexen Arbeitsumfeld steht das erfolgreiche Agieren von Teams immer mehr im Zentrum organisationalen Erfolgs. Im Spannungsfeld zwischen Leistungserbringung, Qualität und Standardisierung auf der einen Seite und Flexibilität, Weiterentwicklung und Innovation auf der anderen Seite sind insbesondere Teams als agile Einheiten gefragt, eine gute Balance zu finden und erfolgreich den beständigen organisationalen Wandel zu unterstützen. Um Handlungsfähigkeit und Produktivität der Teams zu befördern, spielen Teamfeedback und Dialogprozesse eine wichtige Rolle.
In einem zunehmend dynamischen und komplexen Arbeitsumfeld steht das erfolgreiche Agieren von Teams immer mehr im Zentrum organisationalen Erfolgs.
Zusammen mit dem IWOP-Institut haben die Stadtwerke Osnabrück einen innovativen Ansatz zur nachhaltigen Teamentwicklung eingeführt. Die sogenannte „Teamorientierte Mitarbeiterbefragung“ (TOM) hat als speziell auf Teams abgestimmtes Feedback-Instrument das Ziel, eine effiziente Diskussion über Zusammenarbeit, Arbeitsbedingungen und Weiterentwicklung anzuregen. Im Mittelpunkt stehen dabei der Perspektivwechsel und die Erzeugung eines gemeinsamen Arbeitsverständnisses. Dieses bildet im Anschluss die Basis für ein strukturiertes Handeln und die Umsetzung wirksamer Veränderungsmaßnahmen auf der Teamebene.
Gemeinsam Lösungen finden
Mitarbeitende stärken – so steht es als Selbstverpflichtung im Unternehmensleitbild der Stadtwerke. Die Vorstände Christoph Hüls und Stephan Rolfes sind sich einig: „Wichtig ist, dass wir schnell ins Handeln kommen: Wenn wir Dinge erkennen, die uns in der Arbeit und auch in der beruflichen Weiterentwicklung behindern, müssen wir gemeinsam daran arbeiten, Lösungen zu finden, und andere Wege ausprobieren.“
Mit diesem Anspruch wurde die TOM konzipiert. Eine besondere Herausforderung stellte dabei die große Heterogenität der Beschäftigten und der Angebotsbereiche dar. Mit ihren rund 1.300 Mitarbeitenden verantworten die Stadtwerke die Versorgung mit Strom, Gas, Wärme und Trinkwasser, darüber hinaus den Betrieb des Busverkehrs, der Bäder, des Hafens und der Entwässerung. Außerdem sind sie für die weiteren Geschäftsfelder Parken und Immobilien, sowie für die Planung, den Bau und den Betrieb der Infrastrukturnetze im Stadtgebiet zuständig.
Wichtig ist, dass wir schnell ins Handeln kommen: Wenn wir Dinge erkennen, die uns in der Arbeit und auch in der beruflichen Weiterentwicklung behindern, müssen wir gemeinsam daran arbeiten, Lösungen zu finden, und andere Wege ausprobieren.
Christoph Hüls und Stephan Rolfes, Vorstände Stadtwerke Osnabrück
Ein wichtiger Grundsatz bei der Einführung der TOM war die Beteiligung einer breiten Basis verschiedener interner Stakeholder. Deshalb wurde eine Projektgruppe bestehend aus Mitarbeitenden, Führungskräften und Vertreterinnen und Vertretern des Betriebsrats gebildet. Alle wichtigen Projektspezifika wurden für die Projektgruppe vorbereitet und im Rahmen von halbtägigen Workshops inhaltlich angepasst. Entscheidungen über den genauen Kurs und die Ausrichtung des Instruments wurden in einer Steuerungsgruppe (Führungskräfte des oberen Managementteams) diskutiert und verabschiedet. Durch diese engmaschige Abstimmung und die verbindliche Einbindung zentraler Wortführer gelang es, eine besonders hohe Akzeptanz für den neuen Ansatz zu schaffen.
Hohe Akzeptanz bei den Mitarbeitern
Eine Herausforderung bei der Einführung des Verfahrens war es, Akzeptanz unter den Mitarbeitenden zu schaffen. Elke Rohs und Anne Hof aus der Personalentwicklung der Stadtwerke heben hervor: „Als Unternehmen kommen wir nur erfolgreich voran, wenn sich alle einbringen. Der systematische Prozess der Teamorientierten Mitarbeiterbefragung unterstützt uns dabei.“
Ein wichtiger Punkt, um die Beteiligung der Mitarbeitenden zu fördern, ist die Anknüpfung an bekannte und bereits verwendete Instrumente. Um das Arbeiten bei den Stadtwerken möglichst genau widerzuspiegeln, wurde die TOM konsequent am etablierten Unternehmensleitbild ausgerichtet und die Fragen wurden an die Unternehmenssprache angepasst. Im Kern bilden die folgenden drei Bereiche die Grundlage der TOM bei den Stadtwerken:
- Leistungsfördernde Arbeitsbedingungen
- Vertrauensvolle Zusammenarbeit
- Zielgerichtete Kompetenzentwicklung
Weitere Schlüsselfaktoren für die Akzeptanz der TOM stellten eine rechtzeitige und kontinuierliche Kommunikation dar. Daher wurden die Mitarbeitenden schon früh im Intranet, durch Informationsflyer und einen Beitrag im Stadtwerke-Spiegel über die Ziele und den Ablauf der Befragung informiert. Um die Kernelemente der TOM zu verdeutlichen, wurde außerdem ein informatives und motivierendes Erklärvideo produziert. Auch die anonyme und barrierefreie Teilnahme an der TOM waren entscheidend für den Erfolg.
Feedback für Teams und die Organisation
Eine weitere Anforderung an das Verfahren war, die Ergebnisse auch auf höheren Aggregationsniveaus zusammenzufassen. Dabei sollten neben der Teamebene auch Ergebnisse für die darüber liegenden Organisationseinheiten und die Gesamtorganisation abgeleitet werden. Zu diesem Zweck wurde der Fragebogen in zwei Teile aufgeteilt. Der erste Teil umfasst 18 Fragen zum Team und stellt den Kern der TOM dar. Der zweite Teil bezieht sich auf die Wahrnehmung der Stadtwerke als verantwortungsvolles Unternehmen in der Region Osnabrück sowie auf die Zufriedenheit und die Identifikation mit den Stadtwerken als Arbeitgeber.
Dazu wurden sieben geschlossene und zwei offene Fragen inklusive einer Employee-Net-Promoter-Skala eingeführt. Karsten Ernst, Leiter des Immobilienbetriebs, gefällt das kompakt gehaltene Format der TOM: „Die Online-Teilnahme war komfortabel und der Umfang genau richtig. Es hat nicht viel Zeit in Anspruch genommen hat, die Fragen zu beantworten.“
Fester Bestandteil der TOM sind die an das Feedback anschließenden Dialog-Workshops.
Um den Rücklauf noch zu steigern, wurden die Fragen außerdem auf interaktiven Feedback-Karten präsentiert. Diese bieten der Personalentwicklung die Möglichkeit, weitere Hintergründe zur Frage auf der Rückseite zu kommunizieren. Optisch setzen sie sich von bekannten Erhebungsformaten einer Mitarbeiterbefragung ab und bieten damit einen zusätzlichen Anreiz für die Teilnahme. Die Beantwortung der TOM ist über den PC, mobile Endgeräte sowie im Unternehmen aufgestellte Feedback-Terminals möglich. Bei den Stadtwerken erzielt die Befragung aktuell einen Rücklauf von 93 Prozent.
Dialog als Chance zur Weiterentwicklung
Fester Bestandteil der TOM sind die an das Feedback anschließenden Dialog-Workshops. Die Ergebnisberichte der Befragung werden den Teams und den jeweiligen übergeordneten Organisationseinheiten als Reports in einem Online-Dashboard zur Verfügung gestellt. Die Ergebnisse der TOM dienen als Eisbrecher für einen konstruktiven Dialog über die Verbesserung der Arbeitssituation, die Zusammenarbeit im Team und eine zielgerichtete Kompetenzentwicklung. Durch die gemeinsame Reflexion und das Entwickeln von Handlungsanstößen in den Dialog-Workshops werden Teammitglieder zu Beteiligten, die den Veränderungsprozess aktiv definieren und gestalten.
Dysfunktionale Dynamiken in Teams können einen offenen Austausch erschweren oder sogar verhindern. Deshalb ist es wichtig, die Dialog-Workshops von teamexternen Moderierenden begleiten zu lassen.
„Dies sehe ich als Chance, den Bereich weiterzuentwickeln und nicht an alten Strukturen festzuhalten“, sagt Susanne Krohn, Architektin im Immobilienbetrieb der Stadtwerke.
Authentischer Austausch benötigt psychologische Sicherheit. Dysfunktionale Dynamiken in Teams können einen offenen Austausch erschweren oder sogar verhindern. Deshalb ist es wichtig, die Dialog-Workshops von teamexternen Moderierenden begleiten zu lassen. Bei den Stadtwerken wurden dafür Mitarbeitende aus der Personalentwicklung vom IWOP im Rahmen von Train-the-Trainer-Seminaren geschult.
Unterschiedliche Formen für Teamdialog-Workshop
Das Format der Dialog-Workshops kann unterschiedlich strukturiert werden. Je nach Bedarf findet entweder ein vierstündiger Gesamtworkshop statt, oder dieser wird in kürzere thematische Einheiten von je einer bis drei Stunden gesplittet. Obwohl es wertvoll ist, alle drei inhaltlichen Themen zu reflektieren, ist die Zeit, die auf die einzelnen Themen verwendet wird, abhängig von den Teamergebnissen und kann je nach Reflexionsbedarf schwerpunktmäßig gewählt werden.
Der Ablauf der Workshops geht immer vom Abstrakten zum Speziellen. Nach einer kurzen Einführung werden die Ergebnisse eines Themas aus der „Vogelperspektive“ vorgestellt und in einem darauffolgenden „Tauchgang“ tiefergehend diskutiert. Am Ende eines Tauchgangs werden für jeden Themenbereich verbindliche Maßnahmen mit klaren Zuständigkeiten und zeitlich terminierten Zielen festgelegt.
Nachhaltiger Nutzen der teamorientierten Mitarbeiterbefragung
Die Mitarbeitenden der Stadtwerke heben besonders das Konzept der Dialog-Workshops positiv hervor. Sie schätzen vor allem die offene Atmosphäre sowie die sachliche und zielgerichtete Diskussion, die mit einem konkreten Maßnahmenkatalog abschließt. Dass die erarbeiteten Maßnahmen eine hohe Umsetzungswahrscheinlichkeit haben, sagt auch Karsten Ernst: „Die Arbeitspakete aus dem Workshop bringen einen nachhaltigen Nutzen. Ich als Führungskraft bin nicht allein verantwortlich, sondern wir als Team arbeiten gemeinsam an der erfolgreichen Umsetzung, da jeder die Vorteile des Verfahrens erkannt hat.“
Teamorientierte Mitarbeiterbefragung ist keine Leistungsbeurteilung
Die TOM ist keine Leistungsbeurteilung, sondern fokussiert kollektive Entwicklungsziele, die die Teamleistung sowie die Motivation der einzelnen Teammitglieder nachhaltig erhöhen. Sie ermöglicht es, Erfolgsfaktoren mit unmittelbarem Bezug zum Arbeitsalltag zu reflektieren und leistet damit einen nachhaltigen Beitrag zur Verbesserung der Teamprozesse und der Zusammenarbeit. Auch bietet das Teamfeedback die Chance, die Unternehmenskultur nachhaltig im Sinne einer offenen Feedbackkultur zu verbessern.
Durch eine regelmäßige Wiederholung des Prozesses können Teams und Organisationseinheiten ihre Entwicklung im Längsschnitt verfolgen. Auch auf Instrumentenseite wird die Zeit zwischen den einzelnen Befragungsdurchläufen als Review-Phase genutzt, in der der Befragungsprozess evaluiert und weiterentwickelt wird. So bleibt die TOM als Instrument agil und wächst mit den Bedürfnissen der Teams und der Entwicklung der Organisation.
Autoren:
Christopher Klanke ist Leiter des Bereichs Team- und Führungsfeedbacks beim IWOP-Institut und betreut die TOM bei den Stadtwerken Osnabrück.
Prof. Dr. Karsten Müller ist Experte für organisationale Befragungen und Kultur beim IWOP-Institut. Er entwickelt Feedbacklandschaften im Bereich Führung, Team- und Organisationsentwicklung.
Elke Rohs ist Leiterin der Personalentwicklung und Anne Hof ist Spezialistin für Veränderungsmanagement bei den Stadtwerken Osnabrück.
Dieser Beitrag ist zuerst erschienen im personalmagazin 09/20.
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