Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung Sozialarbeiterin in Behindertenbetreuung

 

Leitsatz (redaktionell)

Zur Frage der Heraushebung der Tätigkeit durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 16 BAT.

 

Normenkette

BAT 1975 § § 22, 23 Anl. 1a VergGr. III, § 23 Anl. 1a VergGr. IVa, § 23 Anl. 1a VergGr. IVb

 

Verfahrensgang

LAG Köln (Urteil vom 12.02.1993; Aktenzeichen 12 Sa 1030/92)

ArbG Bonn (Urteil vom 13.10.1992; Aktenzeichen 1 Ca 762/92)

 

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 12. Februar 1993 – 12 Sa 1030/92 – wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die tarifgerechte Eingruppierung der Klägerin.

Die Klägerin ist Sozialarbeiterin mit staatlicher Anerkennung. Sie ist seit 1979 beim Beklagten beschäftigt, zunächst in der R. Landesklinik B., seit dem 1. Februar 1980 im R. Heilpädagogischen Heim B. Dieses Heim ist eine stationäre Vollzeiteinrichtung der Behindertenhilfe mit etwa 140 Plätzen. Dort erhalten vorwiegend geistig Schwer- und Mehrfachbehinderte, Anfallkranke, ältere pflegebedürftige Behinderte und Behinderte mit schweren Verhaltensstörungen heilpädagogische Förderung, Betreuung und Pflege. Die betreuten Personen weisen schwere Störungen im Bereich des Sozialverhaltens, Affektlabilität, Zwangsverhalten, mangelnde Realitätswahrnehmung bis hin zu ständiger projektiver Wahrnehmung, sexualneurotische Auffälligkeiten, Pyromanie und Alkoholismus auf. Bei ihnen sind aggressive und autoaggressive Verhaltensweisen bei zum Teil erheblichen Defiziten im lebenspraktischen Bereich festzustellen. Ein Teil der Bewohner verfügt über nur sehr geringe lebenspraktische Fähigkeiten, sie zeigen stereotype Verhaltensweisen bei erheblichen Beziehungsstörungen oder Antriebsarmut.

Die Klägerin ist die einzige im Heim beschäftigte Sozialarbeiterin. Ihr sind keine Mitarbeiter unterstellt. Ihre wesentlichen Aufgaben bestehen zum einen (30 % der Arbeitszeit) in der „sozialpädagogischen Grundversorgung” (verwaltungsmäßige Abwicklung der Aufnahme, Verlegung und Entlassung von Heimbewohnern, Erstellung einer Sozialanamnese, Klärung von Anspruchsvoraussetzungen gegenüber Leistungsträgern). Mit 50 % ihrer Arbeitszeit obliegt ihr die „einzelfallbezogene Versorgung” der Behinderten (Unterstützung der Heimbewohner im Umgang mit Behörden, Pflegschaftsangelegenheiten, Hilfe zur Wiedereingliederung in die Gesellschaft). Weitere 20 % der Arbeitszeit entfallen auf sonstige Tätigkeiten wie die Betreuung von Fortbildungsveranstaltungen, die Öffentlichkeitsarbeit sowie die Organisation von Freizeitmaßnahmen. Zur Betreuung der Heimbewohner verfügt das Heim über pädagogisch und therapeutisch ausgebildetes Personal (Erzieher, Heilerziehungspfleger, Krankenschwestern sowie Beschäftigungs-, Bewegungs- und Musiktherapeuten).

Auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin findet kraft Vereinbarung der Bundes-Angestelltentarifvertrag Anwendung und zwar, wie die Parteien in der Verhandlung vor dem Senat klargestellt haben, in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände geltenden Fassung (BAT-VkA). Die Klägerin wird nach VergGr. IV b Fallgruppe 16 BAT vergütet.

Die einschlägigen Vergütungsbestimmungen des BAT-VkA lauten wie folgt:

Vergütungsgruppe V b

10. Sozialarbeiter/Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben.

Vergütungsgruppe IV b

16. Sozialarbeiter/Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben, mit schwierigen Tätigkeiten. (Hierzu Protokollerklärungen Nr. 1 und 12)

Vergütungsgruppe IV a

15. Sozialarbeiter/Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben, deren Tätigkeit sich durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 16 heraushebt.

Vergütungsgruppe III

7. Sozialarbeiter/Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben, deren Tätigkeit sich durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 16 heraushebt, nach vierjähriger Bewährung in Vergütungsgruppe IV a Fallgruppe 15.

Protokollerklärungen:

12. Schwierige Tätigkeiten sind z.B. die

  1. Beratung von Suchtmittel-Abhängigen,
  2. Beratung von HIV-infizierten oder an AIDS erkrankten Personen,
  3. begleitende Fürsorge für Heimbewohner und nachgehende Fürsorge für ehemalige Heimbewohner,
  4. begleitende Fürsorge für Strafgefangene und nachgehende Fürsorge für ehemalige Strafgefangene,
  5. Koordinierung der Arbeiten mehrerer Angestellter mindestens der Vergütungsgruppe V b.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, zutreffend sei sie seit dem 1. Januar 1991 in VergGr. III Fallgruppe 7, zumindest aber in VergGr. IV a Fallgruppe 15 BAT eingruppiert. Ihre Tätigkeit, in der sie sich am 1. Januar 1991 schon seit über vier Jahren bewährt gehabt habe, hebe sich durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der VergGr. IV b Fallgruppe 16 BAT heraus. Dies ergebe sich aus der Schwere der Behinderungen der Heimbewohner, die ihre Bedürfnisse nicht erkennen oder gar artikulieren und daher auch nicht aktiv an ihren Sozialisationsprozessen mitarbeiten könnten. Für ihre Tätigkeit benötige sie zusätzliche, von der Berufsausbildung zur Sozialarbeiterin nicht umfaßte Fachkenntnisse wie medizinische und Rechtskenntnisse. Außerdem setze sie hierbei ihre in einer Reihe von – meist eintägigen – Seminaren erworbene familientherapeutische Zusatzausbildung ein. Da schwierige Tätigkeiten im Tarifsinn nach der Protokollerklärung Nr. 12 bereits dann vorlägen, wenn entweder in der Person der Betreuten liegende Besonderheiten (Nr. 12 Buchstabe a und b) oder deren besondere Unterbringung (Nr. 12 Buchstaben c und d) die Betreuung erschwerten, führe die im vorliegenden Fall bestehende Kumulation beider Erschwernisse zu der weiteren Heraushebung daß es sich um eine besonders schwierige Tätigkeit handele. Die besondere Verantwortung ihrer Tätigkeit ergebe sich aus dem hohen Grad der Hilfs- und Schutzbedürftigkeit der Heimbewohner.

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet ist, ihr mit Wirkung ab 1. Januar 1991 Vergütung nach VergGr. III BAT zu zahlen,

hilfsweise

festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet ist, ihr mit Wirkung ab 1. Januar 1991 Vergütung nach VergGr. IV a BAT zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Nach seiner Auffassung ist die Klägerin in VergGr. IV b Fallgruppe 16 BAT zutreffend eingruppiert. Ihre Tätigkeit sei sozialadministrativer Art und halte sich im Rahmen der klassischen Aufgaben eines Sozialarbeiters. Zwar hebe sich die Tätigkeit der Klägerin durch ihre Schwierigkeit aus den normalen, unter VergGr. V b Fallgruppe 10 BAT fallenden Aufgaben eines Sozialarbeiters heraus, weil sie die Fürsorge für Heimbewohner umfasse. Dies führe aber nur zur Eingruppierung in VergGr. IV b Fallgruppe 16 BAT. Dagegen fehle es an der für eine Eingruppierung in VergGr. IV a oder III BAT erforderlichen weiteren Heraushebung. So benötige die Klägerin keine medizinischen oder juristischen Fachkenntnisse, die über ein gewisses Grundwissen hinausreichen und außerhalb des Berufsbildes eines Sozialarbeiters liegen würden. Ebensowenig sei für die Tätigkeit der Klägerin eine Zusatzausbildung in Familientherapie erforderlich. Auch könne die Klägerin wegen der Schwierigkeiten, die sich aus den Behinderungen der Heimbewohner ergeben, zur Hilfestellung auf das im Heim vorhandene entsprechend geschulte Personal zurückgreifen. Im übrigen könnten die von der Klägerin angeführten Artikulationsprobleme der Heimbewohner die besondere Schwierigkeit ihrer Tätigkeit im Vergleich zu den in der Protokollerklärung Nr. 12 angeführten nicht begründen. Solche Artikulationsprobleme beständen typischerweise nämlich auch bei Suchtmittel-Abhängigen, also einer Personengruppe, deren Betreuung in der Protokollerklärung Nr. 12 Buchstabe a als Beispiel für eine unter VergGr. IV b Fallgruppe 16 BAT fallende Tätigkeit aufgeführt sei.

Das Arbeitsgericht hat nach Beweisaufnahme durch Vernehmung des Heimleiters über die Art der Tätigkeit der Klägerin und der von ihr zu erfüllenden Anforderungen die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter. Der Beklagte beantragt Zurückweisung der Revision.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet. Das klageabweisende Urteil des Landesarbeitsgerichts ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

I. Die Klage ist zulässig. Es handelt sich um eine Eingruppierungsfeststellungsklage, die im öffentlichen Dienst allgemein üblich ist und gegen deren Zulässigkeit nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts keine Bedenken bestehen (z.B. Senatsurteil vom 19. März 1986 – 4 AZR 470/84 – AP Nr. 114 zu §§ 22, 23 BAT 1975).

II. Die Klage ist aber nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerfrei erkannt, daß die Klägerin keinen Anspruch auf Vergütung nach VergGr. III Fallgruppe 7 oder VergGr. IV a Fallgruppe 15 BAT-VkA hat. Die im Rahmen ihrer Tätigkeit anfallenden Arbeitsvorgänge erfüllen nämlich nicht die von der Klägerin in Anspruch genommenen Tätigkeitsmerkmale (§ 22 Abs. 2 Unterabs. 2 BAT).

1. Das Berufungsgericht hat angenommen, daß die gesamte Tätigkeit der Klägerin einen einheitlichen Arbeitsvorgang darstelle. Arbeitsergebnis sei die Besorgung der Angelegenheiten der ihr zur Betreuung zugewiesenen Behinderten, wobei alle einzelnen Aktivitäten der Klägerin allein diesem Ziel dienten.

Dabei ist das Landesarbeitsgericht von dem in der Senatsrechtsprechung entwickelten Begriff ausgegangen, wonach unter einem Arbeitsvorgang eine unter Hinzurechnung der Zusammenhangstätigkeiten und bei Berücksichtigung einer sinnvollen, vernünftigen Verwaltungsübung nach tatsächlichen Gesichtspunkten abgrenzbare und rechtlich selbständig zu bewertende Arbeitseinheit der zu einem bestimmten Arbeitsergebnis führenden Tätigkeit eines Angestellten zu verstehen ist (BAGE 51, 59, 65 = AP Nr. 115 zu §§ 22, 23 BAT 1975; BAGE 51, 282, 287 = AP Nr. 116 zu §§ 22, 23 BAT 1975; BAGE 51, 356, 360 = AP Nr. 120 zu §§ 22, 23 BAT 1975).

Die vom Landesarbeitsgericht vorgenommene Subsumtion folgt, jedenfalls soweit die Tätigkeit der Klägerin in der „sozialpädagogischen Grundversorgung” und in der „einzelfallbezogenen Versorgung” der Behinderten betroffen ist, der Rechtsprechung des Senats zur Beurteilung ähnlicher Tätigkeiten von Sozialarbeitern. Danach sind die für den Zuschnitt der Arbeitsvorgänge maßgeblichen Arbeitsergebnisse nicht die einzelnen Aufgabenbereiche wie die Anspruchswahrnehmung, die Behandlung von Wohnungsangelegenheiten, die Schuldenregulierung oder sonstige administrative Einzeltätigkeiten. Das von einer Sozialarbeiterin, der eine bestimmte Personengruppe zur Betreuung zugewiesen ist, zu erreichende Arbeitsergebnis liegt vielmehr in der Besorgung der sozialen Angelegenheiten der Pflegebefohlenen insgesamt (vgl. Senatsurteile vom 18. Mai 1983 – 4 AZR 552/80 – AP Nr. 2 zu §§ 22, 23 BAT Sozialarbeiter; vom 5. November 1986 – 4 AZR 639/85 – AP Nr. 127 zu §§ 22, 23 BAT 1975; BAGE 58, 230, 235 = AP Nr. 143 zu §§ 22, 23 BAT 1975).

Es kann hier aber dahinstehen, ob die gesamte Tätigkeit der Klägerin einen einheitlichen Arbeitsvorgang bildet, oder ob die Versorgung der Behinderten auf der einen und die sonstigen Tätigkeiten auf der anderen Seite jeweils gesonderte Arbeitsvorgänge darstellen. In beiden Fällen kommt es nämlich für die tarifliche Bewertung der Tätigkeit der Klägerin darauf an, ob die Betreuungstätigkeit wegen der Schwere der Behinderung der Heimbewohner und der von der Klägerin geforderten Qualifikationen als besonders schwierig anzusehen ist.

2. Die vom Landesarbeitsgericht vorgenommene Wertung, wonach die Tätigkeit der Klägerin zwar als schwierig im Sinne der VergGr. IV b Fallgruppe 16, nicht aber als besonders schwierig und verantwortungsvoll im Sinne der VergGr. IV a Fallgruppe 15 und VergGr. III Fallgruppe 7 BAT anzusehen sei, läßt Rechtsfehler nicht erkennen.

a) Die von der Klägerin in Anspruch genommenen Tätigkeitsmerkmale der VergGr. IV a Fallgruppe 15 und, nach vierjähriger Bewährung in dieser Tätigkeit, der VergGr. III Fallgruppe 7 BAT bauen auf der VergGr. IV b Fallgruppe 16 auf, die ihrerseits die Erfüllung der Anforderungen der VergGr. V b Fallgruppe 10 BAT voraussetzt.

Insoweit ist zunächst festzustellen, daß die Voraussetzungen der VergGr. V b Fallgruppe 10 BAT erfüllt sind. Die Klägerin ist staatlich anerkannte Sozialarbeiterin. Ihre Tätigkeit entspricht auch dem Berufsbild einer Sozialarbeiterin, denn sie soll den Heimbewohnern Hilfe zur besseren Lebensbewältigung in ihrer behinderungsbedingten Situation leisten und auf diese Weise mit dazu beitragen, daß sie im Rahmen des Möglichen Sozialisationsdefizite überwinden und zur Entfaltung ihrer Persönlichkeit gelangen können (vgl. Senatsurteil vom 5. November 1986 – 4 AZR 639/85 –, AP, a.a.O.).

Auch die Voraussetzungen der VergGr. IV b Fallgruppe 16 BAT liegen hier vor, denn die Tätigkeit der Klägerin hebt sich durch ihre Schwierigkeit aus der VergGr. V b Fallgruppe 10 heraus. Dies ergibt sich aus der Protokollerklärung Nr. 12 Buchstabe c, da die Aufgabe der Klägerin in der begleitenden Fürsorge für die Heimbewohner und in der nachgehenden Fürsorge nach deren Entlassung besteht. Die von der Klägerin ausgeübten Tätigkeiten wie die Betreuung, die Beratung, die Unterstützung im Umgang mit Behörden und die Durchführung von Freizeiten usw. fallen sämtlich unter den Begriff der Fürsorge (vgl. Senatsurteil vom 12. Dezember 1990 – 4 AZR 306/90 – AP Nr. 1 zu § 12 AVR Diakonisches Werk). Hierüber besteht zwischen den Parteien auch kein Streit.

b) Die Tätigkeit der Klägerin erfüllt aber nicht die Voraussetzungen der VergGr. IV a Fallgruppe 15 und, nach vierjähriger Bewährung, der VergGr. III Fallgruppe 7 BAT, denn sie hebt sich nicht durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der VergGr. IV b Fallgruppe 16 BAT heraus. Die Anwendung dieses als unbestimmter Rechtsbegriff formulierten Heraushebungsmerkmals durch das Landesarbeitsgericht ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

aa) Bei der Anwendung eines solchen unbestimmten Rechtsbegriffs ist den Tatsachengerichten ein weiter Beurteilungsspielraum eröffnet. Insoweit ist daher die revisionsgerichtliche Überprüfung darauf beschränkt, ob das Landesarbeitsgericht vom zutreffenden Rechtsbegriff ausgegangen ist, ob es diesen bei der Subsumtion beibehalten hat, ob ihm bei seiner Anwendung Verstöße gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze unterlaufen sind und ob es alle entscheidungserheblichen Tatumstände berücksichtigt hat (ständige Rechtsprechung, z.B. BAGE 51, 59, 85 f. = AP Nr. 115 zu §§ 22, 23 BAT 1975, m.w.N.).

(1) Das Landesarbeitsgericht hat den Begriff der besonderen Schwierigkeit nicht verkannt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteil vom 20. März 1991 – 4 AZR 471/90 – AP Nr. 156 zu §§ 22, 23 BAT 1975) bezieht sich diese Anforderung auf die fachliche Qualifikation des Angestellten. Sie verlangt ein Wissen und Können, das die Anforderungen der VergGr. IV b in gewichtiger Weise übersteigt. Diese erhöhte Qualifikation kann sich im Einzelfall aus der Breite und Tiefe des geforderten fachlichen Wissens und Könnens ergeben, aber auch aus außergewöhnlichen Erfahrungen oder einer sonstigen gleichwertigen Qualifikation, etwa Spezialkenntnissen. Dabei muß sich die Schwierigkeit unmittelbar aus der Tätigkeit selbst ergeben, so daß diese nicht etwa deswegen als besonders schwierig im Tarifsinn angesehen werden kann, weil sie unter belastenden Bedingungen geleistet werden muß. Von diesem Begriff ist das Landesarbeitsgericht offensichtlich ausgegangen, indem es geprüft hat, ob die Klägerin bei ihrer Tätigkeit Kenntnisse einsetzen muß, die über die Anforderungen der VergGr. IV b Fallgruppe 16 BAT hinausgehen.

(2) Ohne Erfolg macht die Klägerin geltend, ihre Eingruppierung in VergGr. IV b Fallgruppe 16 BAT könne schon deshalb nicht richtig sein, weil hierfür nach der Protokollerklärung Nr. 12 nur ein qualifizierendes Element – entweder eine in der Person der Betreuten oder eine in ihrer Unterbringung begründete Schwierigkeit – erforderlich sei; sie habe aber persönlich schwierige Personen zu betreuen, die überdies im Heim untergebracht seien, so daß sich in ihrem Fall beide Schwierigkeiten kumulierten.

Es kann dahinstehen, ob das Vorhandensein von zwei im Tarifvertrag alternativ angeführten erschwerenden Elementen nur deshalb, weil eines allein als Heraushebungsmerkmal für die Eingruppierung in VergGr. IV b Fallgruppe 16 BAT bereits ausreicht, ohne weiteres mit einer beträchtlichen, zur Eingruppierung in VergGr. IV a Fallgruppe 15 BAT führenden Steigerung der Anforderungen gleichgesetzt werden kann. Die von der Klägerin vorgenommene Aufteilung der in der Protokollerklärung Nr. 12 enthaltenen Beispiele in personen- und unterbringungsbedingte Schwierigkeiten wird der Systematik dieser Tarifnorm nicht gerecht. Dem Tarifvertrag ist eine derartige Gegenüberstellung qualifizierender Merkmale nicht zu entnehmen. Vielmehr weisen alle in der Protokollerklärung Nr. 12 Buchstaben a bis d angeführten Personengruppen typischerweise persönliche Defekte auf, die ihre Betreuung schwierig machen. Dies gilt auch für die Personen, die in der Protokollerklärung durch die Art ihrer Unterbringung (Heim, Justizvollzugsanstalt) beschrieben sind. Diese Personen befinden sich nämlich gerade deshalb in einer besonderen Form der Unterbringung, weil sie persönliche – physische, psychische oder soziale – Defizite aufweisen.

(3) Ebensowenig überzeugend ist der Einwand der Klägerin, das Landesarbeitsgericht habe den Begriff der besonderen Schwierigkeit insoweit verkannt, als es nicht berücksichtigt habe, daß ein „einfacher” Sozialarbeiter bereits nach zweijähriger Bewährung in VergGr. V b Fallgruppe 10 in die VergGr. IV b Fallgruppe 17 BAT höhergruppiert werde. Dies sei bei der Bestimmung des Maßes der für die weitere Höhergruppierung erforderlichen besonderen Schwierigkeit der Tätigkeit zu berücksichtigen. Die Klägerin verkennt, daß aus den für die Höhergruppierung von einer Vergütungsgruppe in eine andere bestehenden Voraussetzungen nicht darauf geschlossen werden kann, ob – ggf. unter welchen Bedingungen – eine weitere Höhergruppierung möglich sein soll. Es kann nicht unterstellt werden, daß innerhalb des Systems aufeinander aufbauender Vergütungsgruppen eines Tarifvertrages die für eine Höhergruppierung zu erfüllenden Voraussetzungen von Gruppe zu Gruppe jeweils gleichmäßig ansteigen.

bb) Das Landesarbeitsgericht ist bei seiner Subsumtion von dem so definierten Begriff der besonders schwierigen Tätigkeit auch nicht abgewichen. Verstöße gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze sind ihm dabei nicht unterlaufen und werden auch von der Klägerin nicht gerügt. Das Berufungsgericht hat auch alle entscheidungserheblichen Tatumstände berücksichtigt.

(1) So hat das Landesarbeitsgericht gewürdigt, daß es sich bei den Heimbewohnern um Personen handelt, deren Betreuung insbesondere wegen ihrer geringen Fähigkeit, ihre Empfindungen, Probleme und Wünsche zu artikulieren, erhebliche Schwierigkeiten bereitet. Zutreffend hat es aber dabei berücksichtigt, daß derartige Artikulationsprobleme regelmäßig auch bei Suchtmittel-Abhängigen vorliegen, deren Betreuung in der Protokollerklärung Nr. 12 Buchstabe a ausdrücklich als Beispiel für eine schwierige Tätigkeit genannt ist, die nur zur Eingruppierung in VergGr. IV b Fallgruppe 16 BAT führt. Auch die weitere vom Landesarbeitsgericht vorgenommene Wertung, daß die Schwierigkeiten im Umgang mit den Heimbewohnern dadurch gemildert würden, daß der Klägerin bei ihrer Tätigkeit pädagogisch und therapeutisch ausgebildetes Personal zur Seite stehe, ist nicht zu beanstanden. Die Klägerin hat die diesbezüglichen Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts nicht angegriffen.

(2) Soweit die Klägerin geltend gemacht hat, sie benötige bei ihrer Tätigkeit rechtliche und medizinische Fachkenntnisse, ist dem Landesarbeitsgericht darin zu folgen, daß dieser Vortrag nicht hinreichend substantiiert ist. Die pauschale Aufzählung der von ihr zu beachtenden Gesetze reicht zur Darlegung besonderer von der Klägerin benötigter Rechtskenntnisse ebensowenig aus wie der Vortrag über den Einsatz von Rechtskenntnissen in einigen wenigen Angelegenheiten. Vielmehr hätte die Klägerin im einzelnen dartun müssen, welche Rechtskenntnisse sie bei welchen Teilen ihrer Tätigkeit einsetzen muß und inwieweit sich diese aus dem Maß an Rechtskenntnissen, über das ein Sozialarbeiter ohnehin verfügen muß, herausheben. Dazu, welche Art von medizinischen Fachkenntnissen die Klägerin benötigt, ist nichts vorgetragen.

c) Da die Tätigkeit der Klägerin keine besondere Schwierigkeit im Sinne der VergGr. IV a Fallgruppe 15 und VergGr. III Fallgruppe 7 BAT-VkA aufweist, sind die Voraussetzungen dieser Tätigkeitsmerkmale nicht erfüllt, ohne daß es noch darauf ankäme, welche Bedeutung der Tätigkeit der Klägerin beizumessen ist.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Unterschriften

Schaub, Schneider, Dr. Wißmann, Dr. Konow, Schmalz

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1076743

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