Entscheidungsstichwort (Thema)
Bauen im Außenbereich. im Zusammenhang bebauter Ortsteil. Bebauungszusammenhang. unbebautes Grundstück. Sportplatz
Leitsatz (amtlich)
Ein Sportplatz stellt keinen Bebauungszusammenhang im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB her, auch wenn auf ihm einzelne untergeordnete bauliche Nebenanlagen (hier: Kassenhäuschen, Flutlichtmasten) vorhanden sind.
Normenkette
BauGB § 34 Abs. 1, § 35 Abs. 2
Verfahrensgang
Niedersächsisches OVG (Entscheidung vom 21.02.2000; Aktenzeichen 1 L 4440/99) |
VG Hannover (Entscheidung vom 01.10.1998; Aktenzeichen 4 A 2754/97) |
Tenor
Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 21. Februar 2000 wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldner; die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 20 000 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Kläger begehren eine Bebauungsgenehmigung für ein Wohnbauvorhaben. Ihr unbebautes Grundstück liegt in einem nordsüdlich verlaufenden Geländestreifen, an den im Westen und im Osten durch Bebauungsplan ausgewiesene Gebiete angrenzen. Die östlich angrenzende Fläche ist als allgemeines Wohngebiet festgesetzt und bebaut. Auf der westlich angrenzenden Fläche befinden sich zwei Sportplätze und, südwestlich vom Grundstück der Kläger etwa 50 m entfernt, ein Sportheim mit Gaststätte und einer Wohnung im Obergeschoss. Am nördlichen Ende des im Übrigen unbebauten Geländestreifens zwischen den beplanten Flächen befindet sich in einem Abstand von etwa 135 m ein Einfamilienhaus. Die auf Erteilung der Bebauungsgenehmigung gerichtete Verpflichtungsklage war in beiden Vorinstanzen erfolglos. Das Oberverwaltungsgericht hat das Vorhaben als nach § 35 Abs. 2 BauGB unzulässiges Außenbereichsvorhaben gewertet. Es liege nicht innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB. Insbesondere die westlich des Grundstücks der Kläger gelegenen Sportplätze nähmen als nicht bebaute Grundstücke nicht am Bebauungszusammenhang teil. Dagegen richtet sich die auf Zulassung der Revision gerichtete Beschwerde der Kläger.
Entscheidungsgründe
II.
Die auf § 132 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht.
1. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Kläger beimessen.
1.1 Die Beschwerde wirft die Frage auf, ob der unbestimmte Rechtsbegriff „bauliche Anlagen” in der ab 1. Januar 1998 geltenden Neufassung von § 29 BauGB mit dem unbestimmten Rechtsbegriff „bebaut” im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB gleichzusetzen ist mit der Folge, dass ein Grundstück, auf dem „bauliche Anlagen” im Sinne von § 29 Abs. 1 BauGB errichtet sind und zwar im Anschluss an einen Bebauungszusammenhang, als „im Zusammenhang bebaut” anzusehen ist. Diese Frage ist, soweit sie sich überhaupt in verallgemeinerungsfähiger Weise und nicht allein nach den konkreten Umständen des Einzelfalls beantworten lässt, nicht in einem Revisionsverfahren klärungsbedürftig. Wie sich aus dem Beschwerdevorbringen ergibt, zielt die Frage auf die Deutung des Begriffs der Bebauung, den § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB in dem Tatbestandsmerkmal der „im Zusammenhang bebauten Ortsteile” verwendet. Die Begriffe der „Bebauung” und der „Bauten”, an die hier angeknüpft wird, sind durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Grundsatz geklärt.
Inhalt und Tragweite der vorgenannten Begriffe sind aus dem Sinnzusammenhang heraus zu bestimmen, in dem sie stehen. Ein im Zusammenhang bebauter Ortsteil im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist ein „Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist” (BVerwG, Urteil vom 6. November 1968 – BVerwG 4 C 2.66 – BVerwGE 31, 20 ≪26≫). Als Bebauungszusammenhang hat der beschließende Senat eine „aufeinander folgende Bebauung” gekennzeichnet, die „trotz vorhandener Baulücken den Eindruck der Geschlossenheit (Zusammengehörigkeit) vermittelt” (Senatsurteil vom 6. November 1968 a.a.O.; Urteil vom 19. September 1986 – BVerwG 4 C 15.84 – BVerwGE 75, 34 ≪36≫). Bebauung in diesem Sinne ist nicht jede bauliche Anlage im Sinne von § 29 Abs. 1 BauGB. Der innere Grund für die Zulässigkeit eines Bauvorhabens nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB liegt darin, dass die nach der Siedlungsstruktur angemessene Fortentwicklung der Bebauung eines Bereichs zugelassen werden soll. Dies setzt eine Bebauung voraus, die maßstabsbildend ist. Unter den Begriff der „Bebauung” im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB fallen deshalb nur bauliche Anlagen, die optisch wahrnehmbar sind und ein gewisses Gewicht haben, so dass sie geeignet sind, ein Gebiet als einen Ortsteil mit einem bestimmten Charakter mitzuprägen (BVerwG, Urteil vom 14. September 1992 – BVerwG 4 C 15.90 – Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 152 S. 67). Der Senat hat hieraus gefolgert, mit den Begriffen „Bauten”, „Bebauung” und „Siedlung” sei nichts anderes gemeint, als dass die betreffenden Anlagen und Flächen dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen sollen (Senatsurteil vom 17. Februar 1984 – BVerwG 4 C 55.81 – Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 97 S. 34). Baulichkeiten, die ausschließlich landwirtschaftlichen Zwecken (Scheunen, Ställe) oder kleingärtnerischer Nutzung (Lauben) dienen, befestigte Reit- oder Stellplätze sind daher für sich allein genommen keine Bauten, die einen Bebauungszusammenhang begründen oder an seiner Entstehung mitwirken können. Das gilt unabhängig davon, ob die vorgenannten Baulichkeiten bauliche Anlagen im Sinne von § 29 Abs. 1 BauGB darstellen (vgl. Senatsurteil vom 17. Februar 1984 a.a.O.; Beschluss vom 6. März 1992 – BVerwG 4 B 35.92 – Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 149; Urteil vom 14. September 1992 a.a.O., S. 67).
Danach ist nicht zweifelhaft, dass „bauliche Anlagen in der Gestalt eines kleinen Kassenhäuschens, sportplatzbegleitenden Geländers sowie niedriger Flutlichtmasten”, die nach den Feststellungen des Berufungsgerichts auf den Sportflächen westlich des Grundstücks der Kläger vorhanden sind, keine Bebauung im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB darstellen. Diese „Anlagen” sind von vornherein ungeeignet, einen Bebauungszusammenhang zu vermitteln, weil ihnen die in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB vorausgesetzte maßstabsbildende Kraft fehlt. Im Übrigen sind die genannten „Anlagen” im Verhältnis zur Größe einer Sportfläche in aller Regel von so untergeordneter Bedeutung, dass sich die Sportfläche auch optisch als „unbebaut” darstellt. Dieses Ergebnis und die ihm zugrunde liegende Auslegung des Begriffs der „Bebauung” in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB werden durch die von der Beschwerde angeführte Neufassung des § 29 Abs. 1 BauGB durch das Bau- und Raumordnungsgesetz 1998 (Wegfall der Anbindung an eine landesrechtliche Genehmigungs-, Zustimmungs- oder Anzeigepflicht des Vorhabens) nicht berührt.
1.2 Ebenfalls nicht grundsätzlich klärungsbedürftig ist die von der Beschwerde weiter aufgeworfene Frage, ob ein von einem rechtsverbindlichen Bebauungsplan festgesetztes Sportgelände jedenfalls dann „als im Zusammenhang bebaut” anzusehen ist, wenn das Sportgelände in den Bebauungszusammenhang integriert ist oder im Anschluss an ihn angesiedelt ist und wenn der Plan neben der Errichtung und Nutzung reiner Sportflächen auch Gebäude zulässt. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass der Bebauungszusammenhang, den § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB voraussetzt, nach den rein äußerlich wahrnehmbaren Verhältnissen zu bestimmen ist, also auf das abzustellen ist, was in der Umgebung des Vorhabens tatsächlich an Bebauung vorhanden ist (vgl. Senatsurteil vom 3. Dezember 1998 – BVerwG 4 C 7.98 – Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 193 S. 81 m.w.N.). Zu der maßstabsbildenden „vorhandenen Bebauung” kann auch qualifiziert beplantes Gebiet gehören. Soweit dies der Fall ist, sind unbebaute Grundstücke des beplanten Gebietes nicht deshalb wie eine bereits vorhandene Bebauung zu behandeln, weil sie nach § 30 Abs. 1 BauGB bebaut werden dürften (so bereits Senatsurteil vom 31. Oktober 1975 – BVerwG 4 C 16.73 – Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 50). Das unterstreicht auch der Wortlaut von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB, der ersichtlich als (im Zusammenhang) „bebaut” die Grundstücke mit „vorhandener Bebauung” begreift. Auf die „Möglichkeit” einer Bebauung kommt es deshalb entgegen der Beschwerde hier nicht an. Einen weiteren, über die tatsächlichen Verhältnisse des vorliegenden Falles hinausreichenden grundsätzlichen Klärungsbedarf zeigt die Beschwerde nicht auf.
1.3 Ebenfalls geklärt ist, dass dem „Eindruck der Geschlossenheit” eines Bebauungszusammenhangs bei der Abgrenzung zwischen Außen- und Innenbereich eine entscheidende Bedeutung zukommt (vgl. Urteil vom 19. September 1986 a.a.O., S. 36 f. m.w.N.).
2. Die Divergenzrüge genügt nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Die Beschwerde legt keinen abstrakten Rechtssatz des Berufungsurteils dar, der einem in den bezeichneten Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen (abstrakten) Rechtssatz widerspricht.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 14 Abs. 3, § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.
Unterschriften
Gaentzsch, Halama, Rojahn
Fundstellen
BauR 2000, 1851 |
DÖV 2000, 1010 |
JuS 2001, 405 |
NuR 2001, 86 |
RdL 2000, 258 |
ZfBR 2001, 59 |
BRS 2000, 488 |
DVBl. 2000, 1881 |
GV/RP 2001, 368 |
UPR 2000, 463 |
FSt 2001, 458 |
FuBW 2001, 225 |
FuHe 2001, 400 |