Entscheidungsstichwort (Thema)

Erbschein

 

Leitsatz (redaktionell)

Im Rahmen der Berechtigtenfeststellung (§ 2 Abs. 1 Satz 1 VermG) darf das Verwaltungsgericht von der Berechtigung des durch Erbschein als Erben Ausgewiesenen gem. §§ 2365, 2367 BGB ausgehen, solange dieser Erbschein nicht eingezogen worden ist.

 

Normenkette

BGB §§ 2365, 2367; VermG § 2 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

VG Gera (Urteil vom 31.08.2000; Aktenzeichen 3 K 1483/96)

 

Tenor

Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Gera vom 31. August 2000 wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.

Der Wert des Streitgegenstandes für das Beschwerdeverfahren wird auf 88 000 DM festgesetzt.

 

Gründe

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die für die Zulassung der Revision dargelegten Gründe ergeben weder die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Sache im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO noch einen Verfahrensfehler, auf dem die angefochtene Entscheidung beruht (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

1. Die Beschwerde will geklärt wissen, inwieweit das Verwaltungsgericht bei der Berechtigtenfeststellung (§ 2 Abs. 1 Satz 1 VermG) von der Vermutung der Richtigkeit eines Erbscheins ausgehen darf. Die aufgeworfene Rechtsfrage lässt sich indes ohne weiteres im Sinne des erstinstanzlichen Urteils beantworten. Danach darf das Verwaltungsgericht von der Berechtigung des durch Erbschein als Erben Ausgewiesenen gemäß §§ 2365, 2367 BGB ausgehen, solange dieser Erbschein nicht eingezogen worden ist (§ 2361 BGB; vgl. Beschluss vom 3. Juni 1999 – BVerwG 8 B 130.99 – nicht veröffentlicht). Die gleiche gesetzliche Vermutung der Richtigkeit des Erbscheins bestand nach dem Recht der DDR (vgl. § 413 Abs. 2 ZGB). Soweit die Beschwerde meint, die Vermutung sei aufgrund eines Auslegungsvertrages widerlegt, lässt sie zunächst außer Betracht, dass diese Vereinbarung nicht zwischen den gesetzlichen Erben und der testamentarisch Bedachten, sondern deren Erbin zustande gekommen ist. Außerdem kommt einem Auslegungsvertrag bei der Erteilung eines Erbscheins keine bindende Kraft, sondern nur „Gewicht” bei (BGH, Urteil vom 22. Januar 1986 – IVa ZR 90/84 – NJW 1986 S. 1812 ≪1813≫). Hierzu hat das Oberlandesgericht Jena in dem beigezogenen Verfahren auf Einziehung des Erbscheins ausgeführt, dass bei der ergänzenden Auslegung – wie bei jeder Auslegung – der Wille des Erblassers im Testament wenigstens andeutungsweise enthalten sein müsse. Die Auslegung setze daher einen im Text selbst zu findenden, wenn auch noch so geringen oder unvollkommenen Anhalt für die behauptete Willensrichtung des Erblassers voraus, auch wenn dann dessen Willen nur unter Heranziehung außerhalb des Testaments liegender Umstände oder der allgemeinen Lebenserfahrung endgültig festgestellt werden könne. Daran fehle es hier; vielmehr deute der Wortlaut der testamentarischen Verfügung gerade auf den Willen des Erblassers hin, nur seine Schwägerin, nicht aber seine seinerzeit in der Bundesrepublik Deutschland lebenden Geschwister als Erben einzusetzen; eine Bindung an die übereinstimmende Testamentsauslegung bestehe nicht (vgl. RGZ 134, 279).

Soweit die Beschwerde sich im Weiteren dagegen wehrt, dass das Verwaltungsgericht der Abtretung des vermögensrechtlichen Anspruchs den Ablauf der Anmeldefrist (§ 30 a Abs. 1 Satz 1 VermG) entgegengehalten hat, wirft sie keine Frage von grundsätzlicher Bedeutung auf. Da die Abtretende den Anspruch nicht rechtzeitig angemeldet hatte, ist ihre Abtretung ins Leere gegangen.

2. Die Verfahrensrügen sind unbegründet. Die Beschwerde macht zunächst geltend, das Verwaltungsgericht habe den Sachverhalt unter Verletzung seiner Aufklärungspflicht nicht hinreichend erforscht, weil es dem Vortrag der Kläger – es liegt keine testamentarische Erbeinsetzung vor – nicht gefolgt sei. Mit diesem Vortrag wird der gerügte Verfahrensmangel nicht schlüssig bezeichnet. Denn ein Verfahrensfehler liegt nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht auf der Grundlage seiner materiellen Rechtsauffassung die vermissten Ermittlungen hätte vornehmen müssen. Auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung zur Bedeutung des Erbscheins durfte das Verwaltungsgericht jedoch von der Berechtigung der durch den Erbschein als Erben Ausgewiesenen ausgehen, so lange dieser Erbschein nicht eingezogen worden ist.

Soweit die Beschwerde ferner rügt, dass das Verwaltungsgericht nicht antragsgemäß das Verfahren ausgesetzt hat, kann zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Gründe verwiesen werden, mit denen das Verwaltungsgericht die Unterbrechung des Verfahrens abgelehnt hat. Erfolglos ist auch der Einwand der Beschwerde, Frau T. O. sei nicht beigeladen worden. Frau T. O. hat keinen Restitutionsantrag gestellt und ist nicht verfügungsberechtigt, so dass ihre Rechte durch die klageweise begehrte Feststellung der Berechtigung im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 VermG nicht berührt sein können. Die Beschwerde rügt schließlich zu Unrecht die Passivlegitimation des Beklagten. Vom Streitgegenstand her ist es unerheblich, wem das streitbefangene Grundstück derzeit zugeordnet ist. Klagegegner ist in Fällen vorliegender Art nicht der Grundstückseigentümer, sondern die Behörde (bzw. ihr Rechtsträger), welche die begehrte Feststellung versagt hat.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO, die Festsetzung des Streitwertes aus den §§ 13, 14 GKG.

 

Unterschriften

Dr. Müller, Dr. Pagenkopf, Postier

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1099665

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