Verfahrensgang
Bayerischer VGH (Aktenzeichen 14 B 98.1753) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluß des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 1. Dezember 1999 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Kläger mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 10 000 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Der Kläger wendet sich gegen die dem Beigeladenen erteilte Genehmigung für die Einrichtung einer Prägewerkstatt für Kraftfahrzeugschilder mit Verkauf auf seinem Wohngrundstück. Auch er ist Inhaber einer derartigen – älteren – Genehmigung. Die Grundstücke der Beteiligten liegen am Rande eines Wohngebiets gegenüber dem Landratsamt mit der Kfz-Zulassungstelle. Das Wohngebiet war zunächst insgesamt als reines Wohngebiet festgesetzt. Durch eine Planänderung im vereinfachten Verfahren nach § 13 BauGB setzte die Gemeinde die beiden Grundstücke der Beteiligten und zwei weitere Grundstücke als allgemeines Wohngebiet fest. Der Kläger hält die Planänderung für unwirksam. Seine Nachbarklage wurde in erster und in zweiter Instanz abgewiesen. Gegen die Nichtzulassung der Revision wendet er sich mit der auf § 132 Abs. 2 Nrn. 1 und 3 VwGO gestützten Beschwerde.
Entscheidungsgründe
II.
Die Beschwerde bleibt erfolglos.
1. Die zu § 13 BauGB formulierten Fragen rechtfertigendie Zulassung der Revision nicht. Zur Klärung der Frage, wann bei einer Änderung oder Ergänzung eines Bebauungsplans die Grundzüge der Planung nicht berührt werden, so daß der Plan im vereinfachten Verfahren nach § 13 BauGB geändert werden darf, bedarf es nicht erst der Durchführung eines Revisionsverfahrens. Denn im Grundsätzlichen ist diese Frage bereits durch die höchstrichterliche Rechtsprechung, die im Einklang mit dem Schrifttum steht, geklärt.
Danach braucht nach § 13 BauGB nur ein vereinfachtes Planänderungsverfahren stattzufinden, wenn die Änderung das der bisherigen Planung zugrunde liegende Leitbild nicht verändert, wenn also der planerische Grundgedanke erhalten bleibt (Bundesgerichtshof, Urteil vom 29. November 1979 – III ZR 67/78 – DVBl 1980, 682 ≪683≫). Abweichungen von minderem Gewicht, die die Planungskonzeption des Bebauungsplans unangetastet lassen, berühren die Grundzüge der Planung nicht. Ob eine Abweichung in diesem Sinne von minderem Gewicht ist, beurteilt sich nach dem im Bebauungsplan zum Ausdruck kommenden planerischen Willen der Gemeinde (Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 9. März 1990 – BVerwG 8 C 76.88 – BVerwGE 85, 66 ≪71 f.≫ – NVwZ 1990, 873). Das Bundesverwaltungsgericht hat diese Aussagen zwar in einem Verfahren gemacht, in dem es um den Begriff der Grundzüge der Planung im Sinne von § 125 Abs. 3 BauGB ging; es hat jedoch angenommen, daß die Grundzüge der Planung im Sinne von § 13 BauGB nicht anders zu verstehen seien. Das Vorbringen der Beschwerde ist nicht geeignet, die Richtigkeit dieser Annahme in Zweifel zu ziehen.
Ob und gegebenenfalls wann eine teilweise Änderung der im Bebauungsplan festgesetzten Nutzungsart die Grundzüge der Planung berührt, läßt sich dagegen nicht allgemeingültig formulieren. Es mag zwar sein, daß in der Regel bei einer Änderung der Nutzungsart die Grundzüge der Planung berührt werden (so Brügelmann/Gierke, BauGB ≪1998≫, § 13 Rn. 48, m.w.N.). Ohne Bedenken kann jedoch eine Ausnahme von dieser Regel angenommen werden, wenn, wie im vorliegenden Fall, die Änderung der Nutzungsart lediglich darin besteht, daß statt eines reinen Wohngebiets ein allgemeines Wohngebiet, in dem sogar Gartenbaubetriebe, Tankstellen und Schank- und Speisewirtschaften ausgeschlossen sind, festgesetzt wird, und wenn sich die Änderung auf vier Parzellen, die am Rande eines 132 Parzellen umfassenden Plangebiets liegen, beschränkt. Denn diese qualitativ und quantitativ geringfügigen Änderungen stellen die Ausweisung eines größeren dem Wohnen dienenden Gebietes (§ 3 Abs. 1 BauNVO) durch den Bebauungsplan nicht in Frage; es handelt sich hier lediglich um eine kleine Randkorrektur, die das urspüngliche Planungskonzept nicht berührt.
Nicht klärungsbedürftig ist, daß es nicht auf einen Vergleich zwischen der tatsächlich bestehenden Situation und den geänderten Festsetzungen, sondern auf den Vergleich zwischen den ursprünglichen und den geänderten Festsetzungen ankommt. Denn in § 13 BauGB wird die vereinfachte Änderung oder Ergänzung von Bauleitplänen geregelt. Insoweit trifft es zu, daß das vereinfachte Verfahren nach § 13 BauGB nicht allein deshalb zulässig ist, weil die betroffenen Grundstücke bereits in der nach der geänderten Festsetzung zulässigen Nutzungsart baulich genutzt werden. Eine andere Rechtsauffassung vertritt aber auch das Berufungsgericht nicht; sein Hinweis, daß zwei Parzellen bereits gewerblich genutzt würden, belegt nur, daß auch in materieller Hinsicht gegen die Planänderung keine Bedenken bestehen.
2. Auf die Beschwerdefrage zum Begriff des „Verkennens” der Voraussetzungen für die Durchführung der Beteiligung nach § 13 BauGB in § 214 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 2 BauGB kommt es nicht an, weil die Gemeinde die Anwendbarkeit des § 13 BauGB hier zu Recht bejaht hat. Im übrigen spricht allerdings – entgegen der Rechtsauffassung der Beschwerde – Überwiegendes dafür, daß auch der Begriff des „Verkennens” nicht voraussetzt, daß sich die Gemeinde ausdrücklich und im einzelnen mit den Anforderungen des § 13 BauGB auseinandergesetzt hat (so Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 14. Dezember 1984 – BVerwG 4 C 54.81 – Buchholz 406.11 § 155 b BBauG Nr. 7 – DVBl 1985, 795, zum Begriff des „nicht richtig beurteilen” in § 155 b BBauG). Nur diese Auslegung ist mit dem Planerhaltungszweck der §§ 214 ff. BauGB vereinbar. Zumindest wenn eine Gemeinde stillschweigend angenommen hat, nach § 13 BauGB verfahren zu dürfen, ist ein Irrtum über die Voraussetzungen des § 13 BauGB unbeachtlich.
3. Die Rüge, das Berufungsgericht habe seine Sachaufklärungspflicht verletzt, ist – sollte sie den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügen – jedenfalls unbegründet. Die Beschwerde rügt, daß sich das Berufungsgericht kein eignes Bild über die bei der Herstellung der Kraftfahrzeug-Schilder entstehenden Emissionen durch Einholung eines Sachverständigengutachtens oder durch eine Ortsbesichtigung gemacht habe. Sie trägt aber nicht vor, daß der Kläger entsprechende Beweisanträge gestellt habe. Vielmehr erwähnt sie selbst die Untersuchung der Umweltschutzingenieurin des Landkreises, nach der die von der Herstellung der Kfz-Schilder ausgehenden Emissionen als nicht belästigend einzustufen seien. Unter diesen Umständen ist nicht erkennbar, weshalb sich dem Berufungsgericht die Notwendigkeit aufdrängen mußte, Beweis zu erheben, den der Kläger selbst nicht für notwendig gehalten hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Den Streitwert setzt der Senat gemäß § 14 Abs. 3, § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG fest.
Unterschriften
Gaentzsch, Lemmel, Heeren
Fundstellen
Haufe-Index 566215 |
BauR 2001, 207 |
NVwZ-RR 2000, 759 |
ZfBR 2001, 131 |
BRS 2000, 232 |
FSt 2000, 612 |