Entscheidungsstichwort (Thema)
Hamburgischer Baustufenplan. übergeleiteter Bebauungsplan. Auslegung eines übergeleiteten Bebauungsplans. Baunutzungsverordnung als Auslegungshilfe. im Bebauungsplan vorgesehene Ausnahmen. Abweichung vom Bebauungsplan. Befreiung. städtebauliche Vertretbarkeit der Abweichung. Asylbewerberunterkunft. Wohngebiet. Wohnbedürfnisse
Leitsatz (amtlich)
- Ausnahmen im Sinne des § 31 Abs. 1 BBauG/BauGB müssen als solche ausdrücklich bestimmt und vom planerischen Willen umfaßt sein. Bei Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes bestehende baurechtliche Vorschriften und festgestellte städtebauliche Pläne mit verbindlichen Regelungen der in § 9 BBauG/BauGB bezeichneten Art (§ 173 Abs. 3 BBauG 1960, übergeleitete Bebauungspläne) können nicht in der Weise ausgelegt werden, daß sie mit ungeschriebenen Ausnahmen, etwa mit den in der Baunutzungsverordnung für das entsprechende Baugebiet vorgesehenen Ausnahmen, übergeleitet worden sein.
- Der Überleitung baurechtlicher Vorschriften und städtebaulicher Pläne gemäß § 173 Abs. 3 BBauG 1960 steht nicht entgegen, daß sie zur Zweckbestimmung der Baugebiete Begriffe verwenden, die offen sind für eine sich dem Wandel der Lebensverhältnisse anpassende Auslegung.
- Bei der Auslegung übergeleiteter Bebauungspläne kann die geltende Baunutzungsverordnung Anhaltspunkte für die Konkretisierung unbestimmter Rechtsbegriffe bieten, mit denen die Zweckbestimmung eines Baugebiets (hier: “den Wohnbedürfnissen” zu “dienen”) allgemein festgelegt wird.
- Auch die in übergeleiteten Bebauungsplänen festgesetzten Baugebiete müssen nach allgemeinen Merkmalen voneinander abgrenzbar sein. Das setzt bei der Bestimmung der in ihnen zulässigen Nutzungen durch Auslegung der Pläne eine typisierende Vorgehensweise (Differenzierung nach Nutzungsarten) voraus.
- Der Auslegung eines übergeleiteten Bebauungsplans (hier: eines hamburgischen Baustufenplans von 1952) dahin, daß in dem festgesetzten Wohngebiet die Nutzung von Gebäuden zur vorübergehenden Unterbringung von Asylbewerbern allgemein zulässig ist, steht bundesrechtlich nichts entgegen.
- Ob eine Abweichung von den Festsetzungen eines (hier: übergeleiteten) Bebauungsplans im Sinne des § 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB städtebaulich vertretbar ist, ist anhand der konkreten Gegebenheiten danach zu beurteilen, ob die Abweichung unter Beachtung des § 1 BauGB auch Inhalt des Bebauungsplans sein könnte, von dessen Festsetzungen im einzelnen abgewichen werden soll.
Normenkette
GG Art. 14 Abs. 1 S. 2, Abs. 2, Art. 19 Abs. 4, Art. 20 Abs. 3; BBauG 1960 § 173 Abs. 3; BBauG/BauGB § 1; BBauG/BauGB § 9; BBauG/BauGB § 30 Abs. 1; BBauG/BauGB § 31 Abs. 2; BauNVO 1990 §§ 3-4, 15 Abs. 1
Verfahrensgang
Hamburgisches OVG (Urteil vom 10.04.1997; Aktenzeichen Bf II 72/96) |
VG Hamburg (Entscheidung vom 27.11.1992; Aktenzeichen 16 VG 1252/91) |
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 10. April 1997 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.
Tatbestand
I.
Die Klägerin wendet sich gegen zwei Baugenehmigungen, welche die Beklagte dem Beigeladenen zur Errichtung und zum Umbau von Gebäuden und zur vorübergehenden Unterbringung von Asylbewerbern befristet bis zum 30. Juni 1997 erteilt hat.
Die Klägerin und der Beigeladene sind Eigentümer benachbarter Grundstücke im Geltungsbereich des Baustufenplans Wohldorf/Ohlstedt der beklagten Freien und Hansestadt Hamburg vom 11. Juli 1952, erneut festgestellt am 14. Januar 1955. Der Plan setzt für die Grundstücke und deren Umgebung “Wohngebiet” mit zweigeschossiger offener Bebauung fest. Der Baustufenplan trägt den Aufdruck, daß das Wohngebiet gemäß § 10 Abs. 4 BPVO besonders geschützt sei; gewerbliche und handwerkliche Betriebe sowie Läden und Werbeanlagen seien nicht zugelassen. Der Bereich ist ausschließlich mit Wohngebäuden bebaut. Auf dem Grundstück der Klägerin steht ein Einfamilienhaus. Westlich schließen sich die beiden, zusammen rund 5 000 qm großen Grundstücke des Beigeladenen an.
Sie waren im hinteren Bereich mit einem inzwischen abgebrannten Reetdachhaus und mit einem Nebengebäude (“Remise”) bebaut.
Mit Bescheid vom 22. Februar 1991 erteilte die Beklagte dem Beigeladenen eine Baugenehmigung für die Errichtung von zwei Einfamilienhäusern als Doppelhaus im vorderen Bereich des Grundstücks und – unter Befreiung von den Festsetzungen des Baustufenplans – für die Nutzung der Wohngebäude zur vorübergehenden Unterbringung von 26 Asylbewerbern.
Mit Bescheid vom 24. Januar 1992 genehmigte die Beklagte den Umbau des Nebengebäudes (Remise) und die Errichtung von Nebenräumen sowie – unter Erteilung einer Ausnahme von den Festsetzungen des Baustufenplans – die Nutzung des Gebäudes für die vorübergehende Unterbringung von 13 Asylbewerbern.
Nach erfolglosen Widerspruchsverfahren hat die Klägerin Klage erhoben. Diese ist in beiden Rechtszügen erfolglos geblieben. Das Berufungsgericht hat verneint, daß die Baugenehmigungen subjektive Rechte der Klägerin verletzten. Auf die Revision der Klägerin hat das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 23. August 1996 – BVerwG 4 C 13.94 – (BVerwGE 101, 364) das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, auch Gebietsfestsetzungen in übergeleiteten Baustufenplänen vermittelten nachbarlichen Drittschutz.
Das Berufungsgericht hat nach erneuter Verhandlung mit am 10. April 1997 verkündetem Urteil die Berufung gegen die klageabweisenden erstinstanzlichen Urteile wiederum zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Die angefochtenen Baugenehmigungen verletzten keine subjektiven Rechte der Klägerin, auch keine solchen, die sich aus bauplanungsrechtlichen Vorschriften ergäben. Zwar sei die Gebietsfestsetzung “Wohngebiet” des übergeleiteten Baustufenplans Wohldorf/Ohlstedt nachbarschützend. Die von der Klägerin angegriffene Nutzung der Gebäude für die Asylbewerberunterbringung widerspreche jedoch nicht den Festsetzungen des Baustufenplans über die Art der zulässigen Nutzung. Auch für eine Anwendung des § 15 Abs. 1 BauNVO bestehe kein Raum.
Nach § 10 Abs. 4 Abschnitt “Wohngebiet W” der Baupolizeiverordnung für die Hansestadt Hamburg – BPVO – vom 8. Juni 1938 (VBl S. 69), auf deren Grundlage der Baustufenplan erlassen worden sei, dienten die Grundstücke im Wohngebiet den Wohnbedürfnissen. Zwar sei die Unterbringung von Asylbewerbern keine Wohnnutzung in dem vom Bundesverwaltungsgericht (Beschluß vom 25. März 1996 – BVerwG 4 B 302.95 – NVwZ 1996, 893 = Buchholz 406.12 § 3 BauNVO Nr. 12) verstandenen Sinne. In einem Wohngebiet seien jedoch aufgrund gebotener weiter Auslegung des Begriffs der Wohnbedürfnisse nicht nur Wohngebäude und die übrigen im Abschnitt W ausdrücklich genannten Nutzungen zulässig. Mit der Zweckbestimmung, den Wohnbedürfnissen zu dienen, sei das Gebiet im Hinblick auf die ihm zuzuordnenden Nutzungen allgemein charakterisiert. Zwar müsse die Wohnnutzung das Gebiet entscheidend prägen; aber andere Nutzungen, die in einem Wohngebiet allgemein auch erwartet würden oder jedenfalls mit ihm verträglich seien, seien nicht ausgeschlossen. Was den Wohnbedürfnissen diene, unterliege dem Wandel der Zeiten. Mit der Abstufung der Baugebiete in fünf Kategorien habe § 10 Abs. 4 BPVO eine vollständige, die unterschiedlichen Nutzungsinteressen berücksichtigende Bodenordnung ermöglichen wollen. Soweit Nutzungen nicht ausdrücklich genannt seien, müßten sie dem nach der Zweckbestimmung dafür in Frage kommenden Gebiet zugeordnet werden. Zur Konkretisierung des weiten und dynamischen Begriffs der Wohnbedürfnisse eigneten sich die Vorschriften der jeweils geltenden Baunutzungsverordnung. Sie brächten in der Regel zum Ausdruck, was nach allgemeinem Verständnis in für die Wohnnutzung bestimmten Gebieten über die eigentliche Wohnnutzung hinaus als dazugehörig anzusehen oder jedenfalls als verträglich zu beurteilen sei, ohne daß es den Gebietscharakter beeinträchtige. Allerdings könnten die Vorschriften nicht uneingeschränkt herangezogen werden. Die Gebietsdifferenzierungen einerseits der Baupolizeiverordnung und andererseits der Baunutzungsverordnung unterschieden sich. Außerdem habe der Begriff der Wohnbedürfnisse in § 10 Abs. 4 BPVO eine Bandbreite, die mit der Aufzählung der in Wohngebieten der Baunutzungsverordnung zulässigen Anlagen nicht deckungsgleich sein müsse. Der Begriff setze jedenfalls nicht voraus, daß es sich um Anlagen und Nutzungen handele, die stets eine Beziehung zur Versorgung des Wohngebiets haben.
Die Auslegung des Baustufenplans unter Orientierung an der Baunutzungsverordnung führe dazu, daß die Asylbewerberunterkunft als Anlage für soziale Zwecke wie in einem reinen Wohngebiet nach § 3 BauNVO ausnahmsweise zulässig sei.
Zur Begründung der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision hat die Klägerin im wesentlichen ausgeführt: Die vom Berufungsgericht in Abweichung von seiner bisherigen Rechtsprechung vertretene Auslegung des Begriffs der Wohnbedürfnisse als eines dynamischen, an der jeweiligen Fassung der Baunutzungsverordnung zu orientierenden Begriffs verstoße gegen Art. 14 GG und Art. 19 Abs. 4 GG. Das Berufungsgericht habe überdies in einer Art “abändernder Rechtsfindung” die Grenzen zulässiger Wortauslegung und richterlicher Rechtsfortbildung überschritten und damit gegen den Grundsatz der Gewaltenteilung (Art. 20 Abs. 3 GG) verstoßen. Baustufenpläne mit “dynamischen” Festsetzungen hätten gemäß § 173 Abs. 3 BBauG nicht übergeleitet werden können.
Die Klägerin hat zuletzt beantragt, unter Änderung der vorinstanzlichen Entscheidungen festzustellen, daß die angefochtenen Baugenehmigungen in Gestalt der Widerspruchsbescheide rechtswidrig waren.
Die Beklagte hat die Zurückweisung der Revision beantragt. Sie verteidigt das Berufungsurteil.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision der Klägerin ist zulässig, aber nicht begründet.
A. Die Klage ist gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig. Die angefochtenen Baugenehmigungen haben sich durch Fristablauf am 30. Juni 1997 erledigt. Die Klägerin hat ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit. Die Nutzung der Gebäude als Asylbewerberunterkünfte ist, wie die Beklagte mitgeteilt hat, inzwischen erneut, und zwar bis zum 31. Dezember 1999, genehmigt worden. Die Erklärung der Beklagten, daß die tatsächliche Nutzung der Gebäude als Asylbewerberunterkünfte in Kürze beendet werden und innerhalb der Geltungsdauer der Nutzungsgenehmigung voraussichtlich nicht wieder aufgenommen werden soll, ändert nichts an der fortbestehenden (öffentlich-rechtlichen) Belastung und damit an dem Feststellungsinteresse der Klägerin.
B. Das Berufungsurteil verletzt zwar Bundesrecht mit der Annahme, eine Asylbewerberunterkunft könne als Anlage für soziale Zwecke im Sinne des § 3 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO 1990 in dem durch den Baustufenplan Wohldorf/Ohlstedt festgesetzten Wohngebiet ausnahmsweise zugelassen werden. Es ist jedoch aus anderen Gründen im Ergebnis richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO).
1. Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können nur solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind (§ 31 Abs. 1 BauGB, ebenso schon § 31 Abs. 1 BBauG 1960). Das gilt auch für gemäß § 173 Abs. 3 BBauG übergeleitete städtebauliche Pläne. Der hier einschlägige, zusammen mit der planergänzenden Vorschrift des § 10 Abs. 4 BPVO als Bebauungsplan übergeleitete Baustufenplan enthält keine Regelung, wonach in dem festgesetzten Wohngebiet Asylbewerberunterkünfte oder – allgemeiner – Wohnheime, Unterkünfte zur vorübergehenden Unterbringung von Personen oder Anlagen für soziale Zwecke ausnahmsweise zugelassen werden können. Eine solche Ausnahme kann auch nicht durch Auslegung als ungeschriebene Regelung in den Baustufenplan oder die ihn ergänzende Baupolizeiverordnung “hineingelesen” werden. § 31 Abs. 1 BauGB verlangt, daß die Ausnahme in dem Bebauungsplan “nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen” ist. Sie muß als solche bestimmt und vom planerischen Willen umfaßt sein.
Das Berufungsgericht stützt sich für seine Annahme, Asylbewerberunterkünfte seien in einem besonders geschützten Wohngebiet gemäß § 10 Abs. 4 Abschnitt W Satz 3 BPVO nur als Ausnahme zulassungsfähig, auf § 3 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO 1990. Damit verläßt es den von ihm selbst aufgestellten, zutreffenden Rechtssatz, daß eine uneingeschränkte Anlehnung an die Baugebietsvorschriften der Baunutzungsverordnung bei der Auslegung des Baustufenplans und des diesen ergänzenden § 10 Abs. 4 BPVO nicht in Betracht komme. Die Baunutzungsverordnung scheidet als Anhalt dafür, daß der hamburgische Plangeber bei einem weiten Verständnis eines dynamischen Begriffs der Wohnbedürfnisse bestimmt habe, Asylbewerberunterkünfte oder Anlagen für soziale Zwecke seien in einem besonders geschützten Wohngebiet nicht allgemein, sondern nur ausnahmsweise zulässig, überhaupt aus. Sie insoweit als Maßstab für die Auslegung der Baustufenpläne heranzuziehen, liefe im Ergebnis auf eine “dynamische Verweisung” hinaus. Eine solche widerspräche jedoch § 173 Abs. 3 BBauG und § 31 Abs. 1 BBauG/BauGB. Nach § 173 Abs. 3 BBauG sind “bestehende baurechtliche Vorschriften und festgestellte städtebauliche Pläne” mit verbindlichen Regelungen der in § 9 BBauG bezeichneten Art nur mit dem Inhalt übergeleitet worden, mit dem sie erlassen worden sind. Soweit es um Ausnahmen geht, setzt § 31 Abs. 1 BBauG/BauGB – wie schon ausgeführt – voraus, daß sie als solche ausdrücklich vorgesehen waren. Das ist hier nicht der Fall. Daß § 10 Abs. 9 BPVO als Regelung von nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehenen Ausnahmen im Sinne des § 31 Abs. 1 BBauG/BauGB nicht in Betracht kommt, hat der Senat bereits in seinem zurückverweisenden Urteil vom 23. August 1996 – BVerwG 4 C 13.94 – (BVerwGE 101, 364) ausgeführt. Daran ist festzuhalten.
Das Berufungsgericht hat eine nur ausnahmsweise Zulässigkeit von Asylbewerberunterkünften möglicherweise deshalb angenommen, weil es das Wohngebiet dahin charakterisiert hat, in ihm sollten andere Anlagen als das Gebiet prägende Wohngebäude nicht ausgeschlossen, aber auch nicht gebietsprägend sein; darin hat es offenbar einen Schlüssel für die Annahme einer nur ausnahmsweisen Zulässigkeit solcher Anlagen zumindest im besonders geschützten Wohngebiet gesehen. Jedoch rechtfertigt dies nicht, die von § 31 Abs. 1 BBauG/BauGB gestellten Anforderungen an die Bestimmtheit von Ausnahmen bei der Auslegung von nach § 173 Abs. 3 BBauG übergeleiteten städtebaulichen Plänen zu übergehen. Wenn das Berufungsgericht bei der Auslegung des § 10 Abs. 4 Abschnitt W BPVO die Konsequenz einer allgemeinen – im Einzelfall nur gemäß § 15 Abs. 1 BauNVO beschränkbaren – Zulässigkeit von Asylbewerberunterkünften im besonders geschützten Wohngebiet nicht meinte ziehen zu können, hätte es – wie noch auszuführen ist – die Möglichkeit einer Befreiung gemäß § 31 Abs. 2 BauGB prüfen müssen.
2. Eine Aufhebung des Berufungsurteils kommt gemäß § 144 Abs. 4 VwGO indes nicht in Betracht. Die Klägerin wird durch die befristeten Genehmigungen nicht in ihren Rechten verletzt, auch wenn die vom Berufungsgericht angenommene ausnahmsweise Zulässigkeit von Asylbewerberunterkünften in dem festgesetzten Wohngebiet ausscheidet.
Der Baustufenplan ist mit den ihn ergänzenden baurechtlichen Vorschriften des § 10 Abs. 4 BPVO gemäß § 173 Abs. 3 BBauG als Bebauungsplan übergeleitet worden. Der erkennende Senat hatte bereits in seiner zurückverweisenden Entscheidung vom 23. August 1996 (a.a.O.) keinen Anlaß zu Zweifeln daran, auch wenn § 10 Abs. 9 BPVO an der Überleitung nicht teilhat. Solchen Anlaß sieht er auch jetzt nicht.
Somit kommt als Grundlage für die bebauungsrechtliche Beurteilung nur § 30 Abs. 1 oder § 31 Abs. 2 BauGB in Betracht. Welche dieser Möglichkeiten die rechtlich maßgebliche ist, ist eine Frage der Auslegung des – landesrechtlichen – Baustufenplans und des diesen ergänzenden § 10 Abs. 4 Abschnitt W BPVO. Sie zu entscheiden, ist zwar Aufgabe des Berufungsgerichts und vom Revisionsgericht nur daraufhin zu überprüfen, ob der Auslegung bundesrechtliche Vorschriften entgegenstehen. Jedoch kann sowohl die eine wie die andere Auslegung des Baustufenplans unterstellt werden. Die Klägerin wird durch die befristeten Genehmigungen nicht in ihren Rechten verletzt, unabhängig davon, ob § 30 Abs. 1 oder § 31 Abs. 2 BauGB anzuwenden ist.
2.1 Unterstellt, Asylbewerberunterkünfte wären in dem festgesetzten Wohngebiet allgemein zulässig, wären die erteilten Genehmigungen nicht rechtswidrig.
2.1.1 Eine Auslegung des Baustufenplans dahin, daß Asylbewerberunterkünfte in dem festgesetzten Wohngebiet allgemein zulässig sind, kommt ohne Verstoß gegen Bundesrecht in Betracht. Die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Auslegung des § 10 Abs. 4 BPVO, insbesondere des dort verwendeten Begriffs der Wohnbedürfnisse, hätten den Schluß gerechtfertigt, daß Asylbewerberunterkünfte – vorbehaltlich § 15 Abs. 1 BauNVO – in einem Wohngebiet nach § 10 Abs. 4 BPVO allgemein zulässig sind, auch in einem durch Ausschluß jedweder gewerblicher Anlagen besonders geschützten Wohngebiet. Jedoch hindert der Umstand, daß das Berufungsgericht diese Nutzung nur für ausnahmsweise zulässig gehalten hat, den Senat daran, eine solche Annahme entscheidungstragend zugrunde zu legen.
Die vom Berufungsgericht vertretene weite Auslegung des Begriffs der “Wohnbedürfnisse” und der diesen dienenden Anlagen ist bundesrechtlich nicht zu beanstanden, ebenso nicht, daß das Berufungsgericht als Maßstab für die Konkretisierung eines dynamisch zu verstehenden Begriffs der Wohnbedürfnisse die Baunutzungsverordnung in ihrer geltenden Fassung heranzieht. Die dagegen von der Revision erhobenen rechtlichen Einwände sind nicht begründet.
§ 173 Abs. 3 BBauG steht – auch bei der gebotenen Anlegung verfassungsrechtlicher Maßstäbe – einer weiten Auslegung des Begriffs der Wohnbedürfnisse grundsätzlich nicht entgegen.
Der erkennende Senat hat bereits in dem ebenfalls einen hamburgischen Baustufenplan betreffenden Urteil vom 3. Juni 1971 – BVerwG 4 C 64.69 – (Buchholz 406.11 § 173 BBauG Nr. 8) betont, § 173 Abs. 3 BBauG gebiete im Interesse einer möglichst vollständigen Überleitung eine der Überleitung dienliche Auslegung des überzuleitenden Rechts. Der Gesetzgeber habe Rechtskontinuität gewollt und in dem höheren Abstraktionsgrad bestehender baurechtlicher Vorschriften kein Hindernis für eine Überleitung gesehen. Zwar hat der Senat in seinem zurückverweisenden Urteil vom 23. August 1996 (a.a.O., ≪379 f.≫) die in der Entscheidung vom 3. Juni 1971 vertretene Auffassung aufgegeben, § 10 Abs. 9 Satz 1 BPVO sei mit einem durch Auslegung zu konkretisierenden Inhalt übergeleitet worden. Er hat aber ausdrücklich nochmals betont, § 173 Abs. 3 BBauG wolle möglichst umfassend die Rechtskontinuität sichern und den planerischen Bestand erhalten. Daran ist festzuhalten.
Der Begriff der “Wohnbedürfnisse” ist ein für die Auslegung offener Rechtsbegriff. Aus Art. 14 Abs. 1 Satz 2 und Art. 19 Abs. 4 GG abzuleitende Bestimmtheitserfordernisse hindern den Normgeber nicht daran, sogenannte unbestimmte Rechtsbegriffe zu verwenden, die durch Auslegung zu konkretisieren sind. Das schließt ein, daß die verwendeten Begriffe auch offen sind für ein sich dem Wandel der Lebensverhältnisse anpassendes Verständnis. Auch die Baunutzungsverordnung verwendet ähnliche Begriffe, die für eine “dem Wandel der Zeiten” anpassungsfähige Auslegung offen sind, wie z.B. den Begriff der “der Versorgung des Gebiets dienenden” Anlagen und Einrichtungen (§ 2 Abs. 2 Nr. 2, § 4 Abs. 2 Nr. 2) oder den Begriff der Anlagen “zur Deckung des täglichen Bedarfs” (§ 3 Abs. 3 Nr. 1) oder “für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche, sportliche Zwecke” (§ 2 Abs. 3 Nr. 2, § 3 Abs. 3 Nr. 2, § 4 Abs. 2 Nr. 3). Gegen Bestimmtheitsanforderungen aus Art. 14 Abs. 1 Satz 2 oder Art. 19 Abs. 4 GG verstößt das nicht etwa deshalb, weil sich im Laufe der Zeit mit einem Wandel der Lebensverhältnisse und damit des Begriffsverständnisses auch die Art der Anlagen ändern kann, die im jeweiligen Gebiet zulässig sind. Die Auslegung von Vorschriften geschieht regelmäßig vor dem Hintergrund des Verständnisses der Zeit, in der sie anzuwenden sind (vgl. Urteil vom 29. Oktober 1998 – BVerwG 4 C 9.97 – zur Anwendung des in § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO verwendeten Begriffs der “der Versorgung des Gebiets dienenden” Gaststätten). Das verstößt auch nicht gegen die Bestandsgarantie des Eigentums. In der Sozialgebundenheit des Eigentums (Art. 14 Abs. 2 GG) ist es mitangelegt, daß sich die Bandbreite von Nutzungsmöglichkeiten und Bindungen des Eigentums entsprechend dem allgemeinen Wandel der Lebensverhältnisse, Lebensgewohnheiten und gesellschaftlichen Anschauungen ändern kann.
Einer weiten Auslegung des Begriffs der Wohnbedürfnisse ist allerdings durch § 173 Abs. 3 BBauG insoweit eine Grenze gezogen, als die Bestimmung der Nutzungen, die in dem Wohngebiet allgemein zulässig sind, nicht der Entscheidung der Baugenehmigungsbehörde im Einzelfall überlassen bleiben darf. Die konkretisierende Auslegung des Merkmals, daß die Grundstücke den Wohnbedürfnissen dienen müssen, muß vielmehr zu einer typisierenden Bestimmung solcher Nutzungen führen, die ihrer Art nach entweder Wohnen sind oder – wie das Berufungsgericht ergänzt – die in einem Wohngebiet allgemein auch erwartet werden oder jedenfalls mit ihm verträglich sind. Anderenfalls wäre eine den Anforderungen der Rechtssicherheit entsprechende Abgrenzung der von § 10 Abs. 4 BPVO unterschiedenen Baugebiete nach typisierenden Merkmalen nicht gewährleistet. Dies aber setzt § 173 Abs. 3 BBauG für eine Überleitung bestehender städtebaulicher Pläne, die er als Instrumente einer geordneten städtebaulichen Entwicklung erhalten will, voraus. Dieser Anforderung entspricht indes die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung des Baustufenplans und des § 10 Abs. 4 Abschnitt W BPVO. Das Berufungsgericht gewinnt Maßstäbe für eine allgemeine Bestimmung der in einem Wohngebiet zulässigen Nutzungen zum einen aus der in § 10 Abs. 4 Abschnitt W Satz 1 BPVO getroffenen Zweckbestimmung des Gebiets. Zum anderen benutzt es zur weiteren Konkretisierung zulässiger Nutzungen als Anhalt die Nutzungsartenkataloge der Baunutzungsverordnung.
Daß das Berufungsgericht von der in § 10 Abs. 4 Abschnitt W BPVO getroffenen Zweckbestimmung des Gebiets auf die in ihm zulässigen Nutzungen schließt, ist bundesrechtlich unbedenklich. Es ist eine naheliegende, ja sogar die in erster Linie in Betracht kommende Auslegungsmethode, weil § 10 Abs. 4 BPVO weitgehend auf eine Konkretisierung der in den verschiedenen Baugebietskategorien zulässigen Nutzungen verzichtet. § 173 Abs. 3 BBauG setzt für die Überleitung nicht voraus, daß die “bestehenden baurechtlichen Vorschriften” in gleicher Weise wie die Baunutzungsverordnung über die Zweckbestimmung der Baugebiete hinaus die in den Baugebieten allgemein und ausnahmsweise zulässigen Anlagen und Einrichtungen in Katalogen konkretisieren und abschließend aufzählen (vgl. Beschluß vom 15. August 1991 – BVerwG 4 N 1.89 – Buchholz 406.12 § 1 BauNVO Nr. 14, S. 31 ≪35≫ = NVwZ 1992, 879). Dieser Methode bedient sich übrigens auch die Baunutzungsverordnung in einigen Fällen, in denen allgemein definierte Nutzungsarten einer weiteren Konkretisierung bedürfen, um gebietsverträglich zu sein, so z.B. in § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO (nicht störende Handwerksbetriebe) oder in § 5 Abs. 2 Nr. 6 und § 6 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO (sonstige Gewerbebetriebe); diese Begriffe bedürfen der Konkretisierung nach typisierenden Merkmalen unter Rückgriff auf die im jeweiligen Absatz 1 der Baugebietsvorschrift getroffene Zweckbestimmung des Gebiets.
Die Revision wendet sich zu Unrecht dagegen, daß das Berufungsgericht zur Auslegung des Begriffs der “Wohnbedürfnisse” die Baunutzungsverordnung heranzieht. Das Berufungsgericht bezieht sich auf § 3 Abs. 3 Nr. 2 und § 4 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO, um einen Maßstab für die Konkretisierung dessen zu gewinnen, was nach den heutigen Lebensverhältnissen und gesellschaftlichen Anschauungen gebietsbezogen “den Wohnbedürfnissen dient”. Das Berufungsgericht sieht in der Baunutzungsverordnung eine Auslegungshilfe, die nicht schematisch auf Wohngebiete nach § 10 Abs. 4 BPVO angewandt werden darf. Dagegen ist grundsätzlich nichts einzuwenden.
Eine sich an den Nutzungsartenkatalogen der Baunutzungsverordnung orientierende Auslegung von übergeleiteten städtebaulichen Plänen hat der Senat auch nicht in seinen Entscheidungen vom 15. August 1991 – BVerwG 4 N 1.89 – (DVBl 1992, 32) und vom 27. Februar 1992 – BVerwG 4 C 43.87 – (BVerwGE 90, 57), die in dem die Revision zulassenden Beschluß zitiert sind, ausgeschlossen. Dort ging es um eine unmittelbare Anwendung von Vorschriften der Baunutzungsverordnung auf übergeleitete städtebauliche Pläne bzw. Bebauungspläne, die unter der Geltung einer Vorgängerfassung der Baunutzungsverordnung zustande gekommen sind. Darum geht es hier nicht.
Zwar macht das Berufungsgericht in einem einzelnen Punkt den Fehler einer schematischen Anwendung, indem es nämlich von der nur ausnahmsweisen Zulässigkeit von Anlagen für soziale Zwecke in Wohngebieten nach § 3 BauNVO 1990 darauf schließt, solche Anlagen und damit auch Asylbewerberunterkünfte seien auch in einem besonders geschützten Wohngebiet nach § 10 Abs. 4 BPVO nur ausnahmsweise zulässig. Das berührt indes nicht den allgemeinen Ansatz des Berufungsgerichts, den Wohnbedürfnissen dienten auch solche Anlagen, die in einem Wohngebiet allgemein auch erwartet würden oder jedenfalls mit ihm verträglich seien, und für die Konkretisierung dieser Merkmale biete die Baunutzungsverordnung einen – wenn auch nicht uneingeschränkt – geeigneten Anhalt. Ob das Berufungsgericht zur Beantwortung der Frage, ob Grundstücke, auf denen Asylbewerber untergebracht sind, im weit verstandenen Sinne des § 10 Abs. 4 Abschnitt W Satz 1 BPVO “Wohnbedürfnissen dienen”, überhaupt auf den allgemeineren Begriff der “Anlagen für soziale Zwecke” in § 3 Abs. 3 Nr. 2 und § 4 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO zurückgreifen mußte, mag zweifelhaft sein, kann aber offenbleiben; denn es berührt nur den letzten Teilschritt in der die Baunutzungsverordnung als Auslegungshilfe in Anspruch nehmenden Argumentationskette des Berufungsgerichts.
2.1.2 Ein Anspruch der Klägerin auf Aufhebung der Genehmigungen für die Asylbewerberunterkünfte – deren allgemeine Zulässigkeit in dem festgesetzten Wohngebiet unterstellt – käme somit nur in Betracht, wenn diese Nutzung nach § 15 Abs. 1 Satz 1 oder Satz 2 BauNVO hätte untersagt werden müssen. Das ist jedoch nicht der Fall. Das Berufungsgericht hat dazu ausgeführt, die Eigenart des besonders geschützten Wohngebiets werde nicht gefährdet. Die mit Asylbewerbern belegten Gebäude träten nicht hervor, sie seien der äußeren Gestaltung nach Wohnhäuser. Nach außen trete im wesentlichen nur in Erscheinung, daß sich in den Gebäuden ständig Menschen aufhalten, als wohnten sie dort. Es gingen von der Anlage auch keine Belästigungen oder Störungen aus, die nach der Eigenart des Gebiets für die Klägerin unzumutbar seien. Die insoweit gebotene Abwägung der beiderseitigen Interessen gehe zugunsten der Asylbewerberunterkunft aus. Die Beeinträchtigungen hielten sich im Rahmen dessen, was auch in einem reinen Wohngebiet üblich sein könne und deshalb auch von den Bewohnern hinzunehmen sei. Eine etwaige Verwahrlosung des Grundstücks sei nicht dem Nutzungstyp zuzuordnen, sondern liege in der Verantwortung des Grundstückseigentümers oder der Bewohner, die möglicherweise ihren Pflichten zur Reinigung und Pflege nicht nachkämen. Dem ist revisionsrechtlich nichts entgegenzuhalten oder hinzuzufügen. Das Berufungsgericht hat die Anforderungen des § 15 Abs. 1 BauNVO nicht verkannt.
2.2 Unterstellt, die Nutzung der Gebäude als Asylbewerberunterkünfte weiche von den Festsetzungen des Baustufenplans ab, so wäre die Klägerin auch durch eine Befreiung nicht in ihren Rechten verletzt.
Der Senat hat in seinem zurückverweisenden Urteil vom 23. August 1996 (insoweit in BVerwGE 101, 364 ≪380≫ nicht abgedruckt) bereits zum Ausdruck gebracht, dagegen, daß das Berufungsgericht die Vereinbarkeit der beiden Asylbewerberunterkünfte mit dem Gebot der Würdigung nachbarlicher Interessen bejaht habe, sei revisionsrechtlich nichts einzuwenden. Da jedoch die Festsetzung der Gebietsart nachbarschützend sei, müsse auch geprüft werden, ob die weiteren Befreiungsvoraussetzungen vorliegen. Der Senat hatte seinerzeit als in Betracht kommenden Befreiungstatbestand den des § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB in Verbindung mit § 4 Abs. 1a BauGB-MaßnG genannt und dazu weitere Ausführungen gemacht. Dem weiter nachzugehen, besteht kein Anlaß. Die Ausführungen im Berufungsurteil ergeben nämlich, daß jedenfalls der Befreiungstatbestand des § 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB gegeben ist.
Die Abweichung wäre, wenn der Baustufenplan Wohldorf/Ohlstedt die Nutzung von Gebäuden für die vorübergehende Unterbringung von Asylbewerbern nicht allgemein zuließe, jedenfalls städtebaulich vertretbar, und die Grundzüge der Planung würden durch sie nicht berührt. Was im Sinne des § 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB städtebaulich vertretbar ist, beurteilt sich danach, ob die Abweichung ein nach § 1 BauGB zulässiger Inhalt des Bebauungsplans sein könnte (vgl. BTDrucks 10/4630, S. 85). Diese Frage ist nicht abstrakt zu beurteilen, sondern anhand der konkreten Gegebenheiten und danach, ob das Leitbild einer geordneten städtebaulichen Entwicklung gewahrt bleibt, das dem konkreten Plan zugrunde liegt, von dessen Festsetzungen abgewichen werden soll. Letzteres folgt sich vor allem daraus, daß die Grundzüge der Planung nicht berührt werden dürfen.
Danach ergibt sich auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts: Die Grundstücke im Bereich des Baustufenplans Wohldorf/Ohlstedt sollen Wohnbedürfnissen in einem weiten Sinne dienen. In erster Linie sollen Wohngebäude errichtet werden. Andere Nutzungen, die auch Wohnbedürfnissen dienen, sollen jedoch nicht ausgeschlossen sein; sie sollen lediglich als solche das Gebiet nicht prägen. Es kann kein Zweifel daran bestehen, daß Asylbewerber untergebracht werden, weil ein spezielles Wohnbedürfnis befriedigt werden muß. Wenn dieses auch nicht dem Typ des Wohnens im allgemeinen Verständnis (vgl. Beschluß vom 25. März 1996 – BVerwG 4 B 302.95 – NVwZ 1996, 893 = Buchholz 406.12 § 3 BauNVO Nr. 12) entspricht, so ist die Nutzung jedoch zumindest dem Wohnen (im engeren Sinne) ähnlich und mit ihm verträglich; das hat das Berufungsgericht im einzelnen ausgeführt. Die Unterbringung von Asylbewerbern – wie hier – in drei Wohngebäuden vom Typ des Einfamilienhauses gehört nach dem von der hamburgischen Baustufenplanung verfolgten Konzept der Bodenordnung zu den Nutzungen, die am ehesten Wohngebieten zuzuordnen sind. Sie ist damit städtebaulich vertretbar und berührt die Grundzüge der Planung nicht. Wenn das Berufungsgericht aus der Charakterisierung des Wohngebiets als eines in erster Linie durch Wohngebäude (im engeren Sinne) geprägten Gebiets den Schluß gezogen hat, die Asylbewerbernutzung sei in dem festgesetzten Wohngebiet nur ausnahmsweise zulässig, dann hat es das gerade in dem Sinne gemeint, daß es einer Prüfung der konkreten Gegebenheiten des einzelnen Gebiets im Hinblick auf die Wahrung des spezifischen Gebietscharakters bedürfe. Dies entspricht der für die Erteilung einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB vorausgesetzten Prüfung und führt zu einem positiven Ergebnis.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO.
Unterschriften
Gaentzsch, Berkemann, Lemmel, Heeren, Rojahn
Fundstellen
BVerwGE, 190 |
BauR 1999, 603 |
NVwZ 1999, 981 |
DÖV 1999, 559 |
ZfBR 1999, 160 |
BRS 1999, 270 |
DVBl. 1999, 782 |
NordÖR 1999, 351 |
UPR 1999, 234 |