Entscheidungsstichwort (Thema)
Fossilien. Fossilienfunde. Fund. Schatzfund. Schatzregal. Kulturdenkmal, Denkmal. wesentlicher Bestandteil. Grundeigentum. Eigentum. Eigentumserwerb. Gesetzgebungskompetenz. bürgerliches Recht. Denkmalschutzrecht. Naturschutzrecht. Bergrecht
Leitsatz (amtlich)
Das herkömmliche Schatzregal erstreckt sich nicht auf Fossilienfunde.
Die Gesetzgebungskompetenz der Länder umfaßt das Recht, den originären Eigentumserwerb an Fossilienfunden zu regeln.
§ 19 a des rheinland-pfälzischen Denkmalschutz- und -pflegegesetzes ist mit dem Grundgesetz vereinbar.
Normenkette
GG Art. 12, 14 Abs. 1 S. 2, Abs. 3, Art. 70 Abs. 1, Art. 72 Abs. 1, Art. 74 Abs. 1 Nr. 1, Art. 75 Abs. 1 Nr. 3; BGB §§ 93-94, 905, 984; EGBGB Art. 1 Abs. 2, 73; BBergG § 2 Abs. 1 Nr. 1; DSchPflG Rh.-Pf. § 19a
Verfahrensgang
OVG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 11.11.1993; Aktenzeichen 1 A 12140/92) |
VG Mainz (Entscheidung vom 22.05.1992; Aktenzeichen 2 K 284/91.Mz) |
Tenor
Die Revision der Kläger gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 11. November 1993 wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Revisionsverfahrens als Gesamtschuldner.
Tatbestand
I.
Die Kläger sind Eigentümer eines Grundstücks im Außenbereich der Gemarkung Meisenheim. Die Denkmalfachbehörde des beklagten Landes stellte aufgrund eines Hinweises fest, daß auf diesem Grundstück eine Grube bis zu einem Niveau ausgehoben war, in dem nach ihrer Kenntnis Fossilien von wissenschaftlichem Wert zu finden sind. An den folgenden Tagen führte die Denkmalfachbehörde eine Grabung durch, bei der mehrere Fossilien geborgen wurden. Darauf teilte die Behörde den Klägern mit, daß man das Grundstück zur Durchführung der Grabung wegen Gefahr im Verzuge ohne vorherige Benachrichtigung betreten und eine Notbergung vorgenommen habe.
Unter Berufung auf ihr Eigentum an dem bergenden Grundstück haben die Kläger Klage erhoben und beantragt, den Beklagten zu verurteilen, die geborgenen Fossilien herauszugeben, hilfsweise, an sie eine angemessene Geldentschädigung zu zahlen, ferner festzustellen, daß die ohne ihre Kenntnis und Zustimmung erfolgte Grabung auf ihrem Grundstück durch Bedienstete des Beklagten rechtswidrig war.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage im vollen Umfang abgewiesen. Die auf den Herausgabeanspruch, hilfsweise auf den Entschädigungsanspruch beschränkte Berufung hat das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz mit Urteil vom 11. November 1993 – 1 A 12140/92.OVG – (BauR 1994, 217) zurückgewiesen. Zur Begründung hat das Berufungsgericht im wesentlichen ausgeführt, die Kläger könnten ihr Herausgabeverlangen weder auf einen öffentlich-rechtlichen Folgenbeseitigungsanspruch noch auf einen zivilrechtlichen Anspruch stützen, weil das beklagte Land aufgrund von § 19 a DSchPflG Rh.-Pf. das Eigentum an den Fossilien erworben habe und diese auch rechtmäßig besitze.
Mit der vom Senat zugelassenen Revision rügen die Kläger die Verletzung von Art. 73 EGBGB i.V.m. Art. 1 Abs. 2 EGBGB. Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen stelle § 19 a DSchPflG keine ausreichende Rechtsgrundlage für das Behaltendürfen der Fossilien ohne Entschädigungspflicht dar, weil er über die durch diese Vorschriften gezogene Grenze hinausreiche. Bei dem Regalbegriff des § 19 a DSchPflG gehe es nicht um ein Regal im Sinne des tradierten Begriffs, sondern um ein neuartiges Institut; die Regelungskompetenz des Landesgesetzgebers sei deshalb überschritten. Ferner würden auch Grundrechte der Kläger verletzt.
Das beklagte Land verteidigt die Entscheidung des Berufungsgerichts. Es hält, ebenso wie der Oberbundesanwalt, der sich beteiligt, die Revision für unbegründet.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Revision ist nicht begründet. Das Berufungsurteil ist zwar nicht in vollem Umfang mit Bundesrecht vereinbar. Es stellt sich jedoch aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO).
1. Das Berufungsgericht hält die Klage, mit der die Kläger von dem beklagten Land die Herausgabe der auf ihrem Grundstück von der Denkmalfachbehörde geborgenen Fossilienfunde begehren, für unbegründet. Es führt aus, der geltend gemachte Herausgabeanspruch der Kläger, der auf einem öffentlich-rechtlichen Folgenbeseitigungsanspruch oder auf zivilrechtlichen Rechtsgrundlagen beruhen könnte, sei nicht gegeben. Das beklagte Land besitze gemäß § 19 a Satz 1 des Denkmalschutz- und -pflegegesetzes des Landes Rheinland-Pfalz vom 23. März 1978 in der Fassung vom 5. Oktober 1990 – DSchPflG – das Eigentum an den Fossilien. Auch ein Entschädigungsanspruch bestehe nicht, weil § 19 a Satz 2 DSchPflG die Anwendbarkeit des § 20 DSchPflG und damit auch die darin vorgesehene Entschädigung ausschließe. An die dieser Beurteilung zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen, welche die Revision mit Verfahrensrügen nicht angreift, ist der Senat gemäß § 137 Abs. 2 VwGO gebunden. Ebenfalls gebunden ist der Senat gemäß § 137 Abs. 1, § 173 VwGO, § 562 ZPO an die Auslegung des Landesrechts durch das Berufungsgericht. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist deshalb nur, ob die einschlägigen Vorschriften des rheinland-pfälzischen Denkmalschutz- und -pflegegesetzes, insbesondere sein § 19 a, in ihrer Auslegung durch das Berufungsgericht mit Bundesrecht vereinbar sind. Das ist der Fall.
2. § 19 a Satz 1 DSchPflG lautet:
Funde, die herrenlos sind oder die solange verborgen waren, daß ihr Eigentümer nicht mehr zu ermitteln ist, werden mit der Entdeckung Eigentum des Landes, wenn sie von besonderem wissenschaftlichen Wert sind oder bei staatlichen Nachforschungen oder in Grabungsschutzgebieten (§ 22) entdeckt werden.
Nach den Ausführungen der Vorinstanzen umfaßt der Begriff des Fundes in § 19 a Satz 1 DSchPflG auch die als Kulturdenkmäler geltenden Überreste tierischen oder pflanzlichen Lebens aus vergangener Zeit, sofern an ihrer Erhaltung ein öffentliches, insbesondere wissenschaftliches Interesse besteht (vgl. § 16 i.V.m. § 3 Abs. 2 DSchPflG). Zu ihnen gehörten auch Funde von Fossilien, und zwar unabhängig von der Frage, ob sie als wesentliche Bestandteile des Grundstücks anzusehen seien oder nicht; sie seien nach Sinn und Zweck des § 19 a DSchPflG herrenlos im Sinne dieser Vorschrift und fielen deshalb unter das in ihr normierte Schatzregal des Landes.
3. Nach der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts war der Landesgesetzgeber befugt, in § 19 a DSchPflG eine von der Schatzfundvorschrift des § 984 BGB abweichende Sonderregelung in der Form eines überwiegend kulturpolitischen und denkmalschutzrechtlichen Zwecken dienenden (denkmalschutzrechtlichen) Schatzregals zu normieren. Die Gesetzgebungskompetenz des beklagten Landes hierfür leitet das Berufungsgericht unter Hinweis auf den Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Mai 1988 – 2 BvR 579/84 – (BVerfGE 78, 205) aus Art. 73 EGBGB i.V.m. Art. 1 Abs. 2 EGBGB ab. Dieser Begründung der Gesetzgebungsbefugnis folgt der Senat nicht, soweit sich die Vorschrift des § 19 a DSchPflG auf Fossilienfunde erstreckt; denn diese Funde lassen sich dem hergebrachten Regalienbegriff nicht mehr zuordnen.
Keine Bedenken bestehen allerdings gegen die Herleitung der Gesetzgebungskompetenz des beklagten Landes durch das Berufungsgericht, soweit § 19 a DSchPflG für Funde gilt, die unter das traditionelle Schatzregal fallen. Das Berufungsgericht ist sinngemäß davon ausgegangen, daß § 19 a DSchPflG (zumindest: auch) eine Regelung des bürgerlichen Rechts sei, also zum Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG gehöre. In diesem Bereich haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung, soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat (Art. 72 Abs. 1 GG). Zwar ist das bürgerliche Recht im Grundsatz bundesrechtlich durch das Bürgerliche Gesetzbuch geregelt. Die Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches sind jedoch nicht abschließend; soweit abschließende bundesrechtliche Regelungen fehlen, haben die Länder gemäß Art. 72 Abs. 1 GG das Recht zur Gesetzgebung behalten. Die Vorbehalte des EGBGB geben einen Hinweis darauf, inwieweit Regelungen des BGB nicht abschließend sein sollen (vgl. BVerfG, Beschluß vom 10. Mai 1977 – 1 BvR 514/68 und 323/69 – BVerfGE 45, 297 ≪341≫). Einen solchen Vorbehalt enthält Art. 73 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 2 EGBGB; nach diesen Vorschriften können die Länder neue gesetzliche Vorschriften über Regalien erlassen. Dementsprechend hat das Bundesverfassungsgericht bereits mit seinem Beschluß vom 18. Mai 1988 (a.a.O.) zu § 23 des Denkmalschutzgesetzes für Baden-Württemberg entschieden, die Länder könnten bestimmen, daß kulturhistorisch oder wissenschaftlich bedeutsame Funde, die herrenlos sind oder deren Eigentümer nicht ermittelt werden kann, mit ihrer Entdeckung in das Eigentum der öffentlichen Hand fallen, weil die den Ländern gemäß Art. 73 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 2 EGBGB verbliebene Kompetenz jedenfalls für den Bereich gelte, der nach dem Herkommen dem traditionellen Regalbegriff zuzuordnen sei.
Das Bundesverfassungsgericht hat offengelassen, ob die Landeskompetenz (nach Art. 73 i.V.m. Art. 1 Abs. 2 EGBGB) auch besteht, wenn völlig neuartige, bisher unbekannte Regalien begründet werden (a.a.O., S. 210). Der Senat verneint diese Frage. Art. 73 EGBGB läßt landesrechtliche Vorschriften über Regalien „unberührt”. Er läßt also einen beim Inkrafttreten des BGB bestehenden Rechtszustand unangetastet, gestattet jedoch keine Weiterentwicklung dieses Rechts. Art. 1 Abs. 2 EGBGB läßt zwar neue landesgesetzliche Vorschriften zu, aber nur hinsichtlich der Rechtsmaterie, die – hier in Art. 73 EGBGB – als unberührt bleibend aufgeführt worden ist. Demgemäß darf der Landesgesetzgeber – auch der eines Landes, in dem im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs kein Schatzregal existierte – zwar weiterhin landesrechtliche Vorschriften über Regalien erlassen und diese auch inhaltlich verändern; der Gegenstand seiner Regelungen ist jedoch durch die Grenzen des traditionellen Regalbegriffs begrenzt.
Im vorliegenden Verfahren kann offenbleiben, wo die Grenzen des herkömmlichen Schatzregals im einzelnen zu ziehen sind (vgl. hierzu Schroeder, JZ 1989, 676). Es war jedenfalls auf solche Gegenstände beschränkt, die einen eigentlichen Sachwert haben (Pappenheim, Gutachten für den 27. Deutschen Juristentag, 1904, Bd. 2, S. 3 ≪13≫). Ein Regal, das sich auf Fossilienfunde bezogen hat, hat es nicht gegeben. Ihr Wert ergibt sich allein aus ihrer kulturhistorischen oder wissenschaftlichen Bedeutung, die erst in der jüngeren Neuzeit erkannt worden ist. Zudem haben Fossilien – versteinerte Überreste vorgeschichtlicher Tiere und Pflanzen – niemals im Eigentum eines Menschen gestanden. Art. 73 i.V.m. Art. 1 Abs. 2 EGBGB kann deshalb für Regelungen über Fossilien nicht zur Begründung der Gesetzgebungsbefugnis des Landesgesetzgebers herangezogen werden. Mit dieser Rechtsauffassung setzt sich der Senat übrigens nicht in Widerspruch zu dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Mai 1988 (a.a.O.) zu § 23 des baden-württembergischen Denkmalschutzgesetzes. Denn er betraf keinen Fossilienfund; ob die Vorschrift überhaupt auf Fossilienfunde angewendet werden kann, ist hier unerheblich.
Eine Erweiterung des Schatzregals auf Fossilien ergibt sich auch nicht etwa aus dem preußischen Ausgrabungsgesetz vom 26. März 1914 (PrGS S. 41). Die in ihm geregelte Ablieferungspflicht für bei einer Grabung entdeckte Gegenstände, auch soweit sie für die Urgeschichte der Tier- oder Pflanzenwelt von Bedeutung sind, war keine regalistische Regelung, sondern stellte eine (landesrechtlich auf Art. 109 EGBGB gestützte) Enteignung im Sinne von Art. 14 Abs. 3 GG dar; sie ließ den auf § 984 BGB beruhenden Eigentumserwerb unberührt und beschränkte sich darauf, dem Staat und den nachgeordneten Behörden das Recht einzuräumen, unter bestimmten Umständen die Ablieferung gegen Entschädigung zu verlangen (BVerwG, Urteil vom 28. Mai 1965 – BVerwG 7 C 59.64 – BVerwGE 21, 191 ≪192≫).
4. Das beklagte Land war jedoch unabhängig von Art. 73 i.V.m. Art. 1 Abs. 2 EGBGB befugt, die in § 19 a DSchPflG enthaltenen Regelungen zu treffen. Seine Gesetzgebungskompetenz beruht überwiegend bereits unmittelbar auf Art. 70 Abs. 1 GG und im übrigen auf Art. 72 Abs. 1 GG.
Nach Art. 70 Abs. 1 GG haben die Länder das Recht der Gesetzgebung, soweit das Grundgesetz nicht dem Bunde Gesetzgebungsbefugnisse verleiht. Offen kann bleiben, ob Regelungen über erdgeschichtliche Funde zum Denkmalschutzrecht oder zum Naturschutzrecht gehören (vgl. dazu Hammer, DÖV 1995, 358 ≪363≫). Die Gesetzgebungskompetenz zum Erlaß von Gesetzen im Bereich des Denkmalschutzes gehört zur ausschließlichen Landeszuständigkeit nach Art. 70 Abs. 1 GG. Überwiegendes spricht dafür, daß Regelungen über erdgeschichtliche Funde nach ihrem Inhalt und ihrer gesetzgeberischen Zielsetzung zum Denkmalschutz gehören, soweit sie den Zweck haben, bedeutsame Kulturdenkmäler zu erhalten, sie der wissenschaftlichen Forschung zu erschließen und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Aber auch wenn man sie dem Bereich des Naturschutzes zuordnen wollte, der nach Art. 75 Abs. 1 Nr. 3 GG der Rahmengesetzgebungskompetenz des Bundes unterliegt, wären die Länder nicht gehindert, für sie Vorschriften zu erlassen, weil naturschutzrechtliche Vorschriften des Bundes über erdgeschichtliche Funde nicht vorhanden sind. Dementsprechend enthält die Mehrzahl der landesrechtlichen Denkmalschutzgesetze auch Regelungen über erdgeschichtliche (Boden-)Denkmäler (vgl. Hoenes, Denkmalrecht Rheinland-Pfalz, 2. Aufl. 1995, § 3 Rn. 107).
§ 19 a DSchPflG ist eine Vorschrift, die aus denkmalschutzrechtlichen Gründen den Eigentumserwerb an bestimmten aufgefundenen Kulturdenkmälern regelt. Ihr Zweck besteht darin, das zur Durchsetzung der Ziele des Denkmalschutzes erforderliche Instrumentarium zu vervollständigen. Sie geht jedoch darüber hinaus. Nach den Ausführungen des zur Auslegung des Landesrechts berufenen Berufungsgerichts erfaßt die Vorschrift mit ihrem Tatbestandsmerkmal „herrenlos” sämtliche im Grundstück verborgenen Fossilien, unabhängig von der sonst nach allgemeinem Zivilrecht vorzunehmenden eigentumsrechtlichen Zuordnung. § 19 a DSchPflG regelt also, daß Fossilien – möglicherweise abweichend von der allgemeinen Regelung des § 905 Satz 1 BGB – bis zu ihrer Entdeckung nicht Bestandteil des bergenden Grundstücks und damit auch nicht Eigentum des Grundeigentümers sind. Eine solche Regelung darf durch das öffentliche Recht getroffen werden (vgl. BVerfG, Beschluß vom 15. Juli 1981 – 1 BvL 77/78 – BVerfGE 58, 300 ≪334, 336≫). Die Gesetzgebungszuständigkeit regelt sich nach dem Gegenstand des Gesetzes; die Kompetenz zur Regelung des Eigentumsinhalts folgt aus der Sachkompetenz (vgl. BVerfG, Beschluß vom 14. Juli 1981 – 1 BvL 24/78 – BVerfGE 58, 137 ≪145≫). Sie liegt hier, wie ausgeführt, bei den Ländern.
Soweit das Land gemäß § 19 a DSchPflG originäres Eigentum an Fossilienfunden erwirbt, regelt die Vorschrift allerdings zugleich auch bürgerlich-rechtliche Fragen. Auch hierfür besitzt das beklagte Land jedoch die Gesetzgebungskompetenz, und zwar schon deshalb, weil es an einer bundesrechtlichen Regelung hierfür fehlt (vgl. Art. 72 Abs. 1 GG). Im Unterschied zu § 984 BGB – der nach allgemeiner Auffassung allerdings für Gegenstände, die zuvor nicht im Eigentum eines Menschen gestanden haben, nur analog anwendbar ist (Staudinger/Gursky, BGB-Kommentar, 12. Aufl. 1995, § 984 Rn. 3, mit Nachweisen) – ist der Anwendungsbereich des § 19 a DSchPflG auf denkmalswerte Funde beschränkt und von weiteren denkmalschutzrechtlichen Voraussetzungen abhängig. Diese spezifischen denkmalschutzrechtlichen Einschränkungen heben ihn aus der allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Vorschrift des § 984 BGB heraus. Der eng begrenzte Zweck der Denkmalschutzgesetze, der die Eigentumszuordnung des allgemeinen bürgerlichen Rechts unberührt läßt, wenn weder ein besonderer wissenschaftlicher Wert anzunehmen ist noch staatliche Grabungen durchgeführt worden sind noch der Fund aus einem Grabungsschutzgebiet stammt, läßt § 19 a DSchPflG als denkmalschutzrechtliche Sonderregel erscheinen, die Vorrang vor der allgemeinen Regelung besitzt. Dasselbe gilt im Hinblick auf §§ 93, 94 BGB, wenn man im Grundstück verborgene Fossilien vor ihrer Entdeckung als wesentliche Bestandteile des Grundstücks ansehen wollte, wie die Revision geltend macht, und nicht annimmt, daß sie schon nach allgemeinem bürgerlichen Recht bis zu ihrer Entdeckung als herrenlos zu gelten haben. Auch in diesem Fall wäre § 19 a DSchPflG eine spezielle denkmalschutzrechtliche Regelung.
5. § 19 a DSchPflG ist mit Art. 14 GG vereinbar. Es handelt sich bei ihm um eine den Inhalt und die Schranken des Eigentums bestimmende Vorschrift im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG. Bei derartigen Regelungen muß der Gesetzgeber sowohl der grundgesetzlichen Anerkennung des Privateigentums durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG als auch dem Sozialgebot des Art. 14 Abs. 2 GG in gleicher Weise Rechnung tragen. Er hat dabei die schutzwürdigen Interessen der Beteiligten in einen gerechten Ausgleich und in ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen. Das Maß und der Umfang der dem Eigentümer von der Verfassung zugemuteten und vom Gesetzgeber zu realisierenden Bindung hängt wesentlich davon ab, ob und in welchem Ausmaß das Eigentumsobjekt in einem sozialen Bezug und in einer sozialen Funktion steht. Eigentumsbindungen müssen deshalb stets verhältnismäßig sein (BVerfG, Beschluß vom 14. Juli 1981 – 1 BvL 24/78 – BVerfGE 58, 137 ≪147 f≫). Dabei darf der Gesetzgeber Eigentumsrechten nicht nur einen neuen Inhalt geben. Er kann auch das Entstehen von Rechten, die nach bisherigem Recht möglich waren, für die Zukunft ausschließen. Und es ist ihm auch nicht ausnahmslos verwehrt, bisher mit altem Recht verbundene Befugnisse einzuschränken; die Eigentumsordnung gebietet nicht, einmal ausgestaltete Rechtspositionen für alle Zukunft in ihrem Inhalt unangetastet zu lassen (BVerfG, Beschluß vom 9. Januar 1991 – 1 BvR 929/89 – BVerfGE 83, 201 ≪212≫; BVerwG, Urteil vom 24. Juni 1993 – BVerwG 7 C 26.92 – BVerwGE 94, 1 ≪6≫). Diesen Grundsätzen wird § 19 a DSchPflG gerecht.
Zu den überwiegenden Gründen des Allgemeinwohls, aus denen der Gesetzgeber den Inhalt des Eigentums neu bestimmen darf, gehört das öffentliche Interesse an der Erhaltung von – auch vorgeschichtlichen – Kulturdenkmälern, an ihrer Erschließung für die wissenschaftliche Forschung und an ihrer Zugänglichmachung für die Öffentlichkeit. Diesem Ziel dient § 19 a DSchPflG, indem er verborgene Fossilien der Verfügungsbefugnis des Grundeigentümers entzieht und entdeckte Funde unter besonderen Voraussetzungen ins Eigentum des Landes fallen läßt.
Die Vorschrift ist auch nicht unverhältnismäßig. Dabei kann auch in diesem Zusammenhang offenbleiben, ob im Grundstück verborgene Fossilien vor ihrer Entdeckung gemäß §§ 93, 94 BGB als wesentliche Bestandteile des Grundstücks dem Eigentümer gehören würden oder ob sie bis zu ihrer Entdeckung als herrenlos anzusehen wären und analog § 984 BGB mit ihrer Inbesitznahme je zur Hälfte ins Eigentum des Finders und des Grundeigentümers fallen würden, wie die herrschende Rechtsauffassung annimmt. In beiden Fällen wäre die Position des Grundeigentümers bis zur Entdeckung der Fossilien denkbar schwach; er hätte entweder nur ein mehr oder weniger formales Recht oder sogar nur eine von vielerlei Zufällen abhängige Erwerbschance, die durch Art. 14 Abs. 1 GG überhaupt nicht geschützt ist (Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Mai 1988 – 2 BvR 579/84 – BVerfGE 78, 205 ≪212≫). § 19 a DSchPflG greift im Grundsatz nicht in das Grundeigentum ein und läßt auch im übrigen die allgemeine Zivilrechtsordnung unberührt, soweit es sich nicht um Funde von besonderer wissenschaftlicher Bedeutung oder um Funde aus staatlichen Grabungen oder aus Grabungsschutzgebieten handelt. Damit sind die Interessen des Grundeigentümers hinreichend gewahrt. Insbesondere gewährleistet Art. 14 Abs. 1 GG nur Rechtspositionen, die dem Rechtssubjekt bereits zustehen. Ebenso räumt die Eigentumsordnung dem Grundeigentümer kein dingliches Recht auf den Erwerb verborgener Schätze ein. Bis zur Hebung des Schatzes besteht lediglich eine – durch diesen Umstand – bedingte Erwerbsmöglichkeit (Bundesverfassungsgericht, a.a.O., S. 211 f.).
Zu Unrecht macht die Revision geltend, dem Eigentümer des bergenden Grundstücks werde durch § 19 a DSchPflG das Eigentum an Fossilienfunden entzogen, an denen er kraft Bergrechts Eigentum besessen habe. Dies ist unrichtig, weil sich das Bergrecht nur auf Bodenschätze erstreckt (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 BBergG); zu ihnen gehören Fossilien nicht. Vielmehr handelt es sich bei ihnen um pflanzliche oder tierische Überreste, deren wissenschaftlicher Erkenntniswert sich gerade daraus ergibt, daß identifizierbare Einzelteile überdauert haben, die noch nicht durch die Einflüsse der Zeit und des umgebenden Bodens zu (nur noch) mineralischen Stoffen geworden sind. Eine Normenkollision besteht nicht, weil der Schwerpunkt der denkmalschützerischen Tätigkeit auf Dinge gerichtet ist, bei denen es sich nach der Verkehrsanschauung gerade nicht um Rohstoffe handelt.
Einer Entschädigungsregelung nach Art. 14 Abs. 3 GG bedarf es nicht, weil § 19 a DSchPflG keine enteignende, sondern eine inhaltsbestimmende Regelung ist. Gründe für die Notwendigkeit einer anderen Ausgleichsregelung kraft Verfassungsrechts sind nicht ersichtlich. Soweit die bisher rechtmäßig ausgeübte Nutzung des Grundstücks durch denkmalschutzrechtliche oder -pflegerische Maßnahmen beinträchtigt wird, besteht nach Maßgabe des § 31 Abs. 1 DSchPflG ein Entschädigungsanspruch.
6. Entgegen der Rechtsauffassung der Revision verstößt § 19 a DSchPflG auch nicht gegen andere Grundrechtsbestimmungen. Denn deren Schutzbereich wird durch ihn nicht berührt.
Im übrigen wäre Art. 12 GG nicht verletzt. Auch wenn § 19 a DSchPflG im Einzelfall auf einen Grundeigentümer anzuwenden ist, der – wie die Revision hinsichtlich des Klägers geltend macht – als „Fossiliengräber” tätig ist, handelt es sich bei ihm äußerstenfalls um eine die Ausübung des Berufes regelnde Vorschrift, die aber nicht unzumutbar ist.
Ebensowenig wäre § 19 a DSchPflG mit Art. 5 Abs. 3 GG oder Art. 2 Abs. 1 GG unvereinbar. Die Revision verkennt, daß es im vorliegenden Rechtsstreit, in dem nur noch der Herausgabe- bzw. Entschädigungsanspruch anhängig ist, nicht um das Recht geht, Grabungen durchzuführen. Im Hinblick auf die Eigentumsregelung des § 19 a Satz 1 DSchPflG und den Entschädigungsausschluß nach § 19 a Satz 2 DSchPflG wird die Forschungsfreiheit allenfalls dadurch berührt, daß dem Eigentümer eines Grundstücks, auf dem wissenschaftlich besonders wertvolle Fossilien oder bei staatlichen Nachforschungen geborgene Fosslien aufgefunden worden sind, oder dessen Grundstück in einem Grabungsschutzgebiet liegt, durch § 19 a DSchPflG (mittelbar) verwehrt wird, Forschungen an diesen Funden vorzunehmen. Zur Wissenschaftsfreiheit gehört aber kein Recht des Grundeigentümers, auf seinem Grundstück gefundene, ihm aber nicht gehörende Funde zu Eigentum zu erwerben. Die durch Art. 5 Abs. 3 GG gewährleistete Forschungsfreiheit schafft kein dingliches Recht an dem Forschungsgegenstand.
7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 VwGO, § 100 ZPO.
Unterschriften
Gaentzsch, Berkemann, Hien, Lemmel, Heeren
Fundstellen
BVerwGE, 260 |
DÖV 1997, 417 |
BRS 1996, 601 |
BVerwGE: ja |