Entscheidungsstichwort (Thema)
Begriff der Pause. Darlegungs- und Beweislast für die Wirksamkeit der Pausenanordnung. Annahmeverzug des Abreitgebers
Leitsatz (amtlich)
1. Der Arbeitgeber gerät in Annahmeverzug, wenn die Anordnung gegenüber dem Arbeitnehmer, in Pause zu gehen, unwirksam ist. Dies gilt auch dann, wenn dieser seine Arbeitskraft über einen Zeitraum hinaus ununterbrochen anbietet, der über die Höchstgrenzen des Arbeitszeitgesetzes hinausgeht.
2. Die Weisung des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer, in Pause zu gehen, ist wirksam, wenn sie den Vorgaben des § 106 GewO genügt. Sie ist daher daran zu messen, ob sie mit dem Arbeitsvertrag, den Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages und gesetzlichen Bestimmungen vereinbar ist.
3. Die Anordnung der Arbeitsunterbrechung verstößt gegen § 4 ArbZG, wenn sie nicht "im Voraus" festgelegt worden ist. Hierfür genügt es, wenn zu Beginn der Pause deren zeitliche Dauer festgelegt wird. Nicht erforderlich ist, dass die zeitliche Lage der Ruhepause bereits vor Beginn der tatsächlichen Arbeitszeit bestimmt worden ist.
4. In Fällen, in denen streitig ist, ob eine Arbeitszeitunterbrechung eine Pause darstellt, die den Annahmeverzug ausschließt, ist von einer abgestuften Darlegungs- und Beweislast auszugehen. Der Arbeitnehmer hat zunächst darzulegen und ggf. zu beweisen, an welchen Tagen er gearbeitet und zu welchen Zeiten der Arbeitgeber an diesen Tagen Arbeitsunterbrechungen angeordnet hat. Sodann ist es Sache des Arbeitgebers darzulegen und ggf. zu beweisen, dass er im Voraus eine Pause angeordnet hat und diese Anordnung der maßgeblichen Betriebsvereinbarung sowie billigem Ermessen entspricht. Hierzu hat er anzugeben, von wann bis wann die jeweilige Schicht dauerte. Darüber hinaus muss er die tatsächlichen Umstände, aus denen sich die Einhaltung der durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages und gesetzliche Vorschriften gesetzten Vorgaben ergibt, konkret darlegen und ggf. beweisen. Sind diese Vorgaben eingehalten worden, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Weisung billigem Ermessen entsprochen hat. Der Arbeitgeber ist nicht gehalten, jede Pausenanordnung detailliert zu begründen, wenn keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Weisung nicht sachgerecht ist. Es ist vielmehr Sache des Arbeitnehmers, im Anschluss an den Vortrag des Arbeitgebers Umstände darzulegen und ggf. zu beweisen, die gegen die Wahrung billigen Ermessens durch den Arbeitgeber sprechen. Ist ihm dies gelungen, bleibt dem Arbeitgeber die Möglichkeit, Umstände darzulegen und ggf. zu beweisen, die dennoch die Wahrung billigen Ermessens begründen.
Normenkette
ArbZG § 4; BGB §§ 615, § 293 ff.; GewO § 106
Verfahrensgang
ArbG Köln (Entscheidung vom 12.01.2012; Aktenzeichen 8 Ca 4340/11) |
Nachgehend
Tenor
I.
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 12. Januar 2012
- 8 Ca 4340/11 - teilweise abgeändert:
1.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 396,15 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. April 2011 zu zahlen (Vergütungsdifferenzen Mai und Juli 2010 sowie März 2011).
2.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 856,26 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Dezember 2011 zu zahlen (Breaks Juli bis November 2011).
3.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 72,36 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Dezember 2011 zu zahlen (Zuschläge für Breaks anlässlich Sonn- und Feiertagsarbeit in den Monaten Juli bis Oktober 2011).
II.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
III.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 1/4 und die Beklagte zu 3/4.
IV.
Die Revision wird für den Kläger zugelassen, soweit die Klage auf Vergütung von Breakstunden nebst Zuschlägen für den Monat März 2010 abgewiesen worden ist. Für die Beklagte wird die Revision zugelassen, soweit der Klage auf Vergütung von Breakstunden nebst Zuschlägen für die Monate Juli bis November 2011 stattgegeben worden ist. Im Übrigen wird die Revision nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger macht noch die Vergütung sog. "Lohndifferenzen" für die Monate Mai und Juli 2010 sowie März 2011 und sog. "Breakstunden" für die Monate August bis Oktober 2009, März und April 2010 sowie Juli bis November 2011 geltend.
Der Kläger ist bei der Beklagten als Flugsicherheitskraft beschäftigt. Sein Stundenlohn betrug bis zum 30. Juni 2010 11,58 EUR und von Juli 2010 bis Juni 2011 11,81 EUR. Zum 1. Juli 2011 wurde der Stundenlohn auf 12,06 EUR erhöht.
In einem Vorprozess wurde die Beklagte mit rechtskräftigem Urteil des LAG Köln vom 30. März 2011 (8 Sa 1297/09) verurteilt, den Kläger als Flugsicherheitskraft am Flughafen Köln/Bonn monatlich 160 Stunden zu beschäftigen.
Die Beklagte beschäftigte den Kläger regelmäßig weniger als 160 Stunden monatlich. Die Monate Mai 2010...