Städtischer Müllentsorger verstößt nicht gegen EU-Recht
Der Europäische Gerichtshof hat mit einem Urteil vom 21.12.2016 (RS C-51/15) die kommunale Müllentsorgung gestärkt. Der Steuerzahlerbund sieht damit allerdings den Wettbewerb in der Abfallwirtschaft geschwächt - auf Kosten der Bürger.
OLG muss Vergabe ohne Ausschreibung noch prüfen
Der gemeinsame Abfallentsorger von Stadt und Region Hannover darf vorerst weiter den Müll abholen und Wertstoffe verkaufen. Der EuGH hat keinen Verstoß gegen EU-Recht festgestellt. Das Oberlandesgericht in Celle muss den Einzelfall jedoch noch prüfen und abschließend entscheiden, ob Stadt und Region die Entsorgung ohne öffentliche Ausschreibung organisieren dürfen.
Das Privatunternehmen Remondis, nach eigenen Angaben das größte deutsche Recycling-Unternehmen, hat gegen die gemeinsame Abfallentsorgung von Stadt und Region geklagt, weil es sich im Wettbewerb benachteiligt sieht.
Reaktionen auf das Urteil
Der Steuerzahlerbund kritisierte das EuGH-Urteil. Ein fairer Wettbewerb zwischen öffentlichen Dienstleistern und privaten Anbietern werde weiter behindert. «Mehr Wettbewerb in der Abfallwirtschaft wäre vorteilhaft. Schade, dass von Europa aus hier wenig Unterstützung kommt», sagte Bernhard Zentgraf vom Bund der Steuerzahler Niedersachsen und Bremen. Der Leidtragende sei letztlich der Bürger, der über höhere Gebühren zur Kasse gebeten werde.
Der Umweltdezernent und Erste Regionsrat der Region Hannover, Axel Priebs, begrüßte die Entscheidung des Gerichts dagegen als Sieg für die kommunale Selbstverwaltung. «Mit der Entscheidung werden die Gestaltungsrechte der kommunalen Gebietskörperschaften gestärkt», teilte Priebs mit.
Remondis-Sprecher Michael Schneider äußerte sich zurückhaltend. «Es ist noch sehr früh, wir können uns kein abschließendes Urteil bilden. Es erscheint positiv, dass laut EuGH-Urteil der Einzelfall geprüft werden muss», sagte er.
Zweckverband seit 2002 aktiv
Region und Stadt Hannover gründeten 2002 gemeinsamen den Zweckverband Abfallwirtschaft - kurz aha. Der Verband ist aber nicht nur für die Müllabfuhr in Stadt und Region zuständig, sondern verdient auch am Verkauf von Wertstoffen wie Altkleidern oder Altpapier. Das hält das klagende Unternehmen Remondis für unzulässigen Wettbewerb.
Tendenz geht zu weniger Wettbewerb
Justus Haucap, Professor am Düsseldorfer Institut für Wettbewerbsökonomie (DICE) der Heinrich-Heine-Universität, beobachtet die Entwicklung der Abfallwirtschaft intensiv. «In ganz großen Städten ist die Abfallentsorgung zu 90 Prozent in öffentlicher Hand. Das Problem ist, dass das jetzt auch immer mehr kleinere Städte tun und somit der Markt kleiner wird. Die Tendenz geht zu immer weniger Wettbewerb, was langfristig bedenklich ist», erklärte der Wissenschaftler.
Nach Angaben des Steuerzahlerbunds betätigen sich viele kommunale Zweckverbände in ganz erheblichem Maß gewerblich, vor allem bei der Sammlung und dem Transport von Papier, Pappe und Kartonabfällen. Daher habe die Entscheidung des EuGH Brisanz. «Die öffentlichen Dienstleister, hier aha, haben dann die Möglichkeit, sich dem Wettbewerb mit fadenscheinigen Argumenten - "wir können es besser" - zu entziehen», kritisierte Zentgraf. Beispielsweise im Landkreis Schaumburg oder Hildesheim sammelten private Entsorger ohne Beanstandungen den Abfall ein.
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