Kommunen fordern Geld vom Land
Verbandsgeschäftsführer Michael Thomalla wies am Freitag in Schwerin die Darstellung von Finanzministerin Heike Polzin (SPD) zurück, die nach der am Donnerstag veröffentlichten Steuerschätzung erklärt hatte, sie rechne vorsichtshalber nicht mit nennenswerten Mehreinnahmen. Diese Einschätzung sei nicht realistisch und drohe die Kommunen zu benachteiligen, monierte Thomalla. «Wenn das Land seine Steueransätze nicht erhöht, würden den Kommunen damit Schlüsselzuweisungen vorenthalten werden», kritisierte der Verbandsgeschäftsführer.
Der Landtag steht kurz vor dem Abschluss der Haushaltsberatungen und will Mitte Juni den Doppeletat für die Jahre 2012 und 2013 beschließen. Bislang sind Steuereinnahmen von jährlich 3,7 und gut 3,8 Milliarden Euro eingeplant. Nach Angaben des Arbeitskreises Steuerschätzung kann das Land aber in diesem und dem nächsten Jahr mit jeweils 40 bis 50 Millionen Euro mehr Steuern rechnen. Polzin dämpfte aber die Erwartungen. Doch die von ihr als Begründung für ihre Zurückhaltung angeführten Steuerentlastungen durch den Bund wurden am Freitag im Bundesrat gestoppt.
Die Nordost-FDP kritisierte die Ablehnung der geplanten Steuererleichterungen um jährlich bis zu 6,1 Milliarden Euro. Auch die CDU beklagte den Widerstand gegen die Reformpläne in der Länderkammer und machte damit Differenzen zum Schweriner Koalitionspartner SPD deutlich, der eine Zustimmung Mecklenburg-Vorpommerns verhinderte.
In der Debatte hatte Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) auf die hohe Staatsverschuldung in Deutschland und die Risiken durch die Eurokrise verwiesen. «In dieser Situation Steuern zu senken, statt entschlossen die Neuverschuldung abzubauen, ist verantwortungslos. Und es geht völlig an dem vorbei, was die Menschen bei uns im Land bewegt, was ihnen Sorgen macht, was sie wollen», erklärte Sellering in der Länderkammer. Trotz der vorhergesagten Steuermehreinnahmen für Bund, Länder und Kommunen sei die öffentliche Hand zur Sparsamkeit gezwungen, in den Haushalten seien keine Spielräume für Steuergeschenke. «Die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte muss Vorrang haben», betonte der Regierungschef. Mecklenburg-Vorpommern kommt seit 2006 ohne neue Schulden aus.
Wie am Donnerstag bekanntwurde, können sich Bund, Länder und Kommunen aufgrund der Konjunkturentwicklung bis 2016 auf 29,4 Milliarden Euro mehr Steuereinnahmen einstellen als bisher geplant. Laut Polzin können die Kommunen für 2012 mit eigenen Steuereinnahmen in Höhe von 860 Millionen Euro und für 2013 mit rund 900 Millionen Euro rechnen. Deutlich mehr erhalten Gemeinden und Kreise aber über den Finanzausgleich und weitere Zuweisungen vom Land - im Vorjahr insgesamt etwa 2,2 Milliarden Euro.
Während die Linke im Landtag forderte, die Mehreinnahmen des Landes unter anderm in die Bildung zu investieren, bekannten sich die Regierungsparteien SPD und CDU zum Sparkurs. «Klares Ziel der SPD-Landtagsfraktion bleibt es, Haushaltsüberschüsse für eventuelle Risiken zurückzulegen», betonte der SPD-Politiker Tilo Gundlack. Auch der CDU-Abgeordnete Egbert Liskow mahnte zu einem zurückhaltenden Umgang mit Steuerschätzungen. «Einnahmen sind erst Einnahmen, wenn sie tatsächlich in der Landeskasse verbucht werden können», meinte Liskow. Es sei unseriös, angesichts der Schätzung «leichtfertig neue Ausgabenprogramme zu schaffen. Kein Privatmann würde wegen einer kleinen Erbschaft, die er irgendwann vielleicht realisiert, jetzt dauerhafte Zahlungsverpflichtungen eingehen», erklärte der CDU-Politiker.
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