Antidiskriminierungsstelle des Bundes stellt Jahresbericht vor
Nach dem Jahresbericht 2019 der Antidiskriminierungsstelle des Bundes stieg die Zahl der Beratungsanfragen zu Diskriminierungen aufgrund der ethnischen Herkunft bzw. rassistischen Zuschreibungen im Jahr 2019 um knapp zehn Prozent auf 1176 Fälle oder 33 % aller Anfragen bei der unabhängigen Antidiskriminierungsstelle. Noch im Jahr 2016 lag ihr Anteil bei nur 25 %. Insgesamt hat die Stelle im vergangenen Jahr in 3580 Fällen rechtliche Auskunft erteilt, Stellungnahmen eingeholt oder gütliche Einigungen vermittelt. Die Gesamtzahl der Beratungsanfragen ist damit im Vergleich zum Vorjahr um 3,6 Prozent gestiegen (2018: 3455 Fälle).
Größter Anteil der Diskriminierung geschieht im Arbeitsleben
Neben der Diskriminierung aufgrund der ethnischen Herkunft verteilen sich die Anfragen auf die anderen im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) geschützten Diskriminierungsmerkmale wie folgt: Zu Benachteiligungen aufgrund des Geschlechts gingen 29 % der Beschwerden ein. Es folgen Diskriminierungen aufgrund einer Behinderung (26 %), des Lebensalters (12 %), der Religion (7 %), der sexuellen Identität (4 %) und der Weltanschauung (2 %). Der größte Anteil der berichteten Diskriminierungen geschieht im Arbeitsleben: 36 % der Anfragen bezogen sich 2019 auf Benachteiligungen im Beruf oder bei der Jobsuche. Am zweithäufigsten (26 %) ging es um Diskriminierung bei Alltagsgeschäften, also bei der Wohnungssuche, beim Einkauf, in der Gastronomie oder bei Versicherungs- und Bankgeschäften. Darüber hinaus gingen zahlreiche Anfragen zu Lebensbereichen ein, in denen das AGG nicht greift; dazu zählt auch staatliches Handeln.
„Deutschland hat ein anhaltendes Problem mit rassistischer Diskriminierung und unterstützt Betroffene nicht konsequent genug bei der Rechtsdurchsetzung“, sagte der kommissarische Leiter der Antidiskriminierungsstelle, Bernhard Franke, bei der Vorstellung des Berichts. „Das Gefühl, mit einer Ungerechtigkeit alleine gelassen zu werden, hat auf Dauer fatale Folgen, die auch den gesellschaftlichen Zusammenhalt gefährden. Diskriminierung zermürbt.“
Die Antidiskriminierungsstelle fordert den Gesetzgeber in Bund und Ländern deshalb auf, die Rechtsstellung und die Hilfsangebote für Betroffene deutlich zu verbessern. Dabei geht es zum einen um eine Reform des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) und zum anderen um konsequenteres Vorgehen gegen Diskriminierung von Seiten der Länder. „Eine AGG-Reform gehört dringend mit auf die Tagesordnung des Kabinettsausschusses zur Bekämpfung von Rassismus und Rechtsextremismus. Nötig sind längere Fristen zur Geltendmachung von Ansprüchen, ein Auskunfts- und Klagerecht der Antidiskriminierungsstelle und ein Verbandsklagerecht. Denn wir werden gegen rassistischen Hass in seiner extremsten Form nicht erfolgreich vorgehen können, wenn wir die Diskriminierung im Alltag als nachrangig behandeln“, sagte Franke.
Schutz vor Diskriminierung durch staatliches Handeln
Auch der Schutz vor Diskriminierung bei staatlichem Handeln müsse eindeutiger gefasst und mit klaren Rechtsfolgen versehen werden. Hier seien vor allem die Länder gefragt.
Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes sieht vor diesem Hintergrund in dem kürzlich in Berlin verabschiedeten Landesantidiskriminierungsgesetz, dem ersten seiner Art in der Bundesrepublik, einen wichtigen Schritt, der Betroffenen unter anderem auch bei Diskriminierung durch Polizeibeamte oder im Bildungsbereich Beschwerdewege und Schadensersatz- und Entschädigungsansprüche eröffnet. Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes spricht sich zudem für den Aufbau von Landes-Antidiskriminierungsstellen in allen Bundesländern aus. Bisher ist das nur in acht von 16 Ländern geschehen. Erst in diesem Frühjahr habe der Europarat Deutschland aufgefordert, ein stimmigeres System zur Unterstützung Betroffener zu schaffen. „Die Stärkung des rechtlichen Diskriminierungsschutzes darf auch und gerade in der Krise nicht auf bessere Zeiten vertagt werden“, sagte Franke.
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