Baden-Württemberg: Kritik an neuem Gesetz für Personalräte

Kurz vor der geplanten Verabschiedung im Landtag steht die grün-rote Gesetzesnovelle zu mehr Mitbestimmung für Personalräte heftig unter Beschuss. Die Kritik entzündet sich an erwarteten Kostensteigerungen.

Vertreter der Kommunen und der Hochschulen prangerten bei einer Anhörung der CDU-Landtagsfraktion am Montag die zusätzlichen Freistellungen von Personalräten in der öffentlichen Verwaltung an. Entweder müsse Ersatzpersonal eingestellt werden - oder die Belegschaft müsse die Aufgaben der Freigestellten mit übernehmen. Hingegen lobte der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) den Entwurf aus dem Haus von Innenminister Reinhold Gall (SPD).

Der Ressortchef argumentiert, nach 20 Jahren müsse das Personalvertretungsgesetz endlich modernisiert und auf Augenhöhe mit den Gesetzen in anderen Bundesländern gebracht werden. Zentrale Änderungen: Bislang mussten Behörden erst ab 601 Mitarbeitern einen vollständig freigestellten Personalrat einrichten - künftig gilt das ab 301 Mitarbeitern. Die Vertreter der Beschäftigten sollen stärker einbezogen werden - etwa bei Personalauswahlgesprächen und beim Gesundheitsmanagement in Behörden. Auch bei Personalentscheidungen haben die Personalräte eingeschränktes Mitbestimmungsrecht. Die Amtszeit von Personalräten wird von vier auf fünf Jahre verlängert.

Die Kosten des Gesetzentwurfs würden aber «völlig unterschätzt», meinte die Kanzlerin der Universität Stuttgart, Bettina Buhlmann, als Vertreterin der Landesrektorenkonferenz. Es müsse mehr Geld geben. Sonst werde das Gesetz finanziell zulasten von Forschung und Lehre gehen. Der Hauptgeschäftsführer des Städtetages, Stefan Gläser, erklärte, der Entwurf beinhalte große Rechtsunsicherheiten. Die Ausweitung der Freistellungen bedeute zudem allein für die Kommunen jährliche Mehrkosten von rund 16 Millionen Euro. Das entspreche etwa 300 Stellen. Joachim Wollensak vom Kommunalen Arbeitgeberverband sieht mehr «Blockademöglichkeiten» der Personalvertreter als bisher.

Hingegen lobte die Vize-Vorsitzende des Beamtenbundes in Baden-Württemberg, Michaela Gebele, die zusätzlichen Freistellungen. Allerdings räumte sie ein, dass sich vor allem Personalräte in kleinen Verwaltungen schwer damit täten, sich von der Arbeit befreien zu lassen. Es bestehe die Gefahr, dass die Kollegen die Arbeit dann übernehmen müssten und nicht etwa neues Personal eingestellt werde. Die Vize-Vorsitzende des DGB, Gabriele Frenzer-Wolf, erklärte, Baden-Württemberg könne es sich nicht leisten, beim Thema Mitbestimmung weiter die rote Laterne zu tragen. Die öffentliche Verwaltung müsse in Zeiten des Fachkräftemangels attraktiv bleiben.

Der CDU-Innenexperte, Thomas Blenke, und sein finanzpolitischer Kollege, Klaus Herrmann, bewerteten den Gesetzentwurf dennoch unterm Strich negativ. Sie sprachen von einer «reinen Klientelpolitik zulasten der öffentlichen Haushalte». Es würden für die Gewerkschaften kostspielige Wahlversprechen umgesetzt. Auch FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke warf der Regierung vor, den Entwurf im Eiltempo durchs Parlament zu peitschen.

Die Dienststellen der Landesverwaltung sollen den möglichen Mehraufwand laut Gesetzentwurf mit den vorhandenen Mitteln abdecken. Dem Vernehmen nach hatte es auch innerhalb der Regierung Kritik an den Plänen gegeben - so von Umweltminister Franz Untersteller und Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (beide Grüne). Der Entwurf soll am Mittwoch in zweite Lesung im Landtag verabschiedet werden, so dass das Gesetz vor den Personalratswahlen 2014 in Kraft treten kann.

Gall entgegnete, die Kritiker rechneten beim Thema Freistellungen mit den ungünstigsten Zahlen, um möglichst erschreckende Beträge zu erzielen. «Alle Zahlen sind zunächst Prognosen», meinte er. «Ich bin überzeugt, sie werden sich so nicht in Personalforderungen niederschlagen.» Auch der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Landtagsfraktion, Uli Sckerl, wies die Kritik zurück: Der Gesetzentwurf sei sorgfältig abgewogen worden. «Was wir jetzt machen, ist in anderen Bundesländern seit Jahren selbstverständliche Praxis.»

dpa

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