Gewerkschaft hat keinen Anspruch auf Abschluss eines bestimmten Tarifvertrags
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) beschäftigte sich mit einer Klage der Deutschen Orchestervereinigung. Die Gewerkschaft der Orchestermusiker hatte den Abschluss eines Tarifvertrages zur automatischen Lohnanpassung an den öffentlichen Dienst gefordert und scheiterte damit nun vor dem höchsten deutschen Arbeitsgericht. Der Abschluss eines solchen Tarifvertrages sei nicht auf dem Klageweg durchsetzbar, urteilte der Vierte Senat.
Seit längerer Zeit keine Vergütungserhöhungen
Seit 2010 schwelt ein Streit zwischen den Tarifparteien über die automatischen Anpassungen der Vergütungen von Orchestermusikern an das Lohnniveau des öffentlichen Dienstes. Die Orchestermusiker haben daher seit drei Jahren keine regulären Tariferhöhungen mehr erhalten. Nach Angaben der Deutschen Orchestervereinigung liegen die derzeitigen Vergütungen für die Staats- und Kommunalorchester bereits rund acht Prozent unter denen der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes.
Die klagende Gewerkschaft (Deutsche Orchestervereinigung) hatte mit dem beklagten Arbeitgeberverband (Deutscher Bühnenverein) seit Jahren Tarifverträge für die Arbeitsverhältnisse der Mitglieder von Kulturorchestern geschlossen. Für die Vergütung sehen die tariflichen Regelungen in § 19 Tarifvertrag für Kulturorchester (TVK) eine Anpassungsverpflichtung vor, nach der bei einer allgemeinen Veränderung im Bereich der Kommunen und der Länder die Gehälter der tarifunterworfenen Musiker „durch Tarifvertrag sinngemäß anzupassen“ sind. Hieraus hat die klagende Gewerkschaft einen Anspruch gegen den beklagten Verband abgeleitet, einem von ihr formulierten Tarifvertragsentwurf zuzustimmen. Nach ihrer Auffassung sind die letzten Entgelterhöhungen im TVöD/VKA bzw. TV-L „eins zu eins“ umzusetzen. Der Deutsche Bühnenverein hat dagegen die Auffassung vertreten, die Anpassungsklausel im Manteltarifvertrag enthalte lediglich eine Verhandlungspflicht.
BAG: Es besteht nur eine Verhandlungspflicht
Der Vierte Senat des Bundesarbeitsgerichts hat die Revision der Gewerkschaft zurückgewiesen und eine Rechtspflicht des Arbeitgeberverbandes zum Abschluss eines bestimmten Tarifvertrages verneint. Zwar kann sich ein solcher Anspruch grundsätzlich aus einem verbindlichen Vorvertrag oder aus einer eigenen vorher vereinbarten tariflichen Regelung ergeben. Eine entsprechende Verpflichtung kann aber nur dann anerkannt werden, wenn sich sowohl der darauf gerichtete Bindungswille als auch der hinreichend konkretisierte Inhalt der angestrebten Tarifeinigung aus der verpflichtenden Regelung selbst ergibt. Für den Inhalt des Tarifvertrages bedeutet dies regelmäßig, dass es nur eine einzige, der Vorgabe entsprechende Regelungsmöglichkeit geben darf. Sind diese Voraussetzungen nicht gegeben, besteht - wie hier - lediglich eine - qualifizierte - Verhandlungspflicht der Tarifpartner (BAG, Urteil v. 25.9.2013, 4 AZR 173/12).
Reaktionen auf die Entscheidung
Die Orchestergewerkschaft bedauerte die Entscheidung des Gerichts. Womöglich drohten jetzt jährlich massive Tarifkonflikte, erklärte der Geschäftsführer der Deutschen Orchestervereinigung, Gerald Mertens. Er forderte die Arbeitgeber auf, durch einen Tarifvertrag endlich neue Lohntabellen abzuschließen, die alle prozentualen Erhöhungen von Ländern und Kommunen seit 2010 nachholten.
Der Deutsche Bühnenverein als Arbeitgeberverband kündigte nach dem Urteil für die knapp 8.600 Orchestermusiker Tarifgespräche an, die bereits am kommenden Dienstag aufgenommen werden sollen. «Tarifverträge können nicht vor Gericht erzwungen werden, sondern müssen in Verhandlungen gestaltet werden», sagte der Direktor des Deutschen Bühnenvereins, Rolf Bolwin. Diesen Verhandlungsspielraum habe das Gericht nun bestätigt. Das Volumen der Lohnerhöhungen sei nicht strittig, den Arbeitgebern gehe es vielmehr um Fragen der Umsetzung, sagte Bolwin. In den Tarifverhandlungen müssten auch Regelungen für die Nachzahlungen getroffen werden, die einige Häuser vor Probleme stellten.
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