Dienstenthebung wegen Begleitens der Tochter zum Dschungelcamp

Eine Lehrerin flog trotz Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nach Australien, weil ihre Tochter dort am Dschungelcamp teilnahm. Daraufhin wurde sie vorläufig aus dem Dienst enthoben und ein Teil ihrer Dienstbezüge wurde einbehalten. Zu Recht, wie nun das OVG Niedersachsen abschließend bestätigt hat. 

Eine Studienrätin beantragte bei der Landesschulbehörde Sonderurlaub. In dieser Zeit wollte sie ihre Tochter nach Australien begleiten, die dort im Januar 2016 am Dschungelcamp teilnahm. Der Antrag der Studienrätin wurde abgelehnt, woraufhin sie für diese Zeit eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegte. Durch eine im Fernsehen ausgestrahlte Videobotschaft erfuhr die Landesschulbehörde, dass die Studienrätin trotz Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nach Australien geflogen war. Daraufhin leitete die Landesschuldbehörde ein Disziplinarverfahren gegen die Studienrätin ein, enthob sie vorläufig des Dienstes und ordnete die Einbehaltung der Hälfte ihrer Dienstbezüge an. Hiergegen wehrte sich die Studienrätin mit einem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz.

Entfernung aus dem Beamtenverhältnis oder nur Zurückstufung

Das Verwaltungsgericht (VG) Lüneburg gab dem Eilantrag der Studienrätin zunächst statt. Bei der Entscheidung über den Eilantrag wird das voraussichtliche Ergebnis des gleichzeitig laufenden Disziplinarverfahrens zugrunde gelegt. Bei dieser Betrachtung war für das VG nicht eindeutig, ob es im Disziplinarverfahren tatsächlich zur disziplinarrechtlichen Höchststrafe –der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis– kommen wird. Eine Zurückstufung sei ebenso wahrscheinlich, weswegen das VG die Verfügungen der Landesschulbehörde aussetzte.

Niedersächsisches OVG: Lehrerin ist durch ihr Verhalten keine Vorbildfunktion

Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht (OVG) hielt entgegen dem VG Lüneburg die Entlassung der Studienrätin aus dem Beamtenverhältnis im Disziplinarverfahren für überwiegend wahrscheinlich. Ihr Verhalten biete keine Gewähr, dass sie ihren Dienstpflichten als Beamtin künftig nachkomme. Nachdem sie als Lehrkraft eine Vorbildfunktion wahrnehme, sei sie für die Wahrnehmung des schulischen Erziehungsauftrags untragbar. Die Studienrätin sei planvoll und berechnend vorgegangen, um das unrichtige Gesundheitszeugnis zu erwirken. Trotz entgegenstehender Vorgaben habe sie zudem einer bundesweit erscheinenden Zeitung ein Interview gegeben und es fehle ihr jegliche Einsicht in ihr Fehlverhalten.

Strafverfahren wegen Gebrauchs eines unrichtigen Gesundheitszeugnisses

Durch das Amtsgericht Soltau wurde die Studienrätin außerdem wegen Gebrauchs eines unrichtigen Gesundheitszeugnisses zu einer Geldstrafe verurteilt. Das Landgericht Lüneburg wies die darauffolgende Berufung ab. Das Oberlandesgericht Celle bestätigte die verhängte Geldstrafe und sah die Revision als unbegründet. Das Landgericht hatte in seinem Urteil unter anderem festgestellt, dass die Beamtin zwei Ärzten tatsächlich nicht vorhandene Symptome einer depressiven Erkrankung schilderte und so eine unrichtige Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für einen Zeitraum von drei Wochen erhalten hatte, die sie ihrer Dienststelle übersandte.

Entscheidung des VG Lüneburgs

Nach dem rechtskräftigen Abschluss des strafgerichtlichen Verfahrens hatte das VG Lüneburg über die Disziplinarklage der Landesschulbehörde entschieden und gegen die Lehrerin die disziplinarische Höchstmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis verhängt. Das VG Lüneburg war aufgrund des im Strafverfahren festgestellten Sachverhalts zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beamtin gegen Dienstpflichten verstoßen hat, indem sie ungerechtfertigt ihrem Dienst ferngeblieben ist und sich damit nicht mit dem vollen persönlichen Einsatz ihrem Beruf gewidmet hat, wodurch sie auch nicht der Achtung und dem Vertrauen gerecht geworden ist, die ihr Beruf erfordern. Gegen dieses Urteil erhob die Klägerin Berufung. 

OVG weist Berufung zurück

Numehr hat der für das Disziplinarrecht der niedersächsischen Landesbeamten zuständige 3. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts mit Urteil vom 10.12.2019 die Berufung zurückgewiesen. Mit dem von der Lehrerin angegriffenen Urteil hat das Verwaltungsgericht der auf die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis gerichteten Klage der Niedersächsischen Landesschuldbehörde stattgegeben. Der 3. Senat des Oberverwaltungsgerichts hat das Urteil des Verwaltungsgerichts bestätigt, so dass es bei der Entfernung der Lehrerin aus dem Beamtenverhältnis bleibt. 

Schwerwiegendes Dienstvergehen und mangelnde Einsicht

Die Lehrerin habe ein sehr schwerwiegendes Dienstvergehen begangen, so das OVG. Sie sei während dieses Zeitraums nicht wegen einer Krankheit an der Erfüllung ihrer Dienstpflichten gehindert gewesen. Eine Erkrankung im Sinne einer depressiven Erschöpfung und die von ihr am 4. Januar 2016 gegenüber zwei Ärzten diesbezüglich geschilderten Symptome hätten nicht vorgelegen. Die Lehrerin habe vielmehr gegenüber beiden Ärzten das Vorliegen dieser Symptome sowie eines depressiven Krankheitsbildes vorgetäuscht.

Das von der Lehrerin begangene schwerwiegende Dienstvergehen rechtfertige den Ausspruch der disziplinarrechtlichen Höchstmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis. Ein Beamter, der ohne triftigen Grund nicht zum vorgeschriebenen Dienst komme, verletze das Vertrauen seines Dienstherrn in gravierender Weise. 

Entlastende Gesichtspunkte, die es rechtfertigten, von der disziplinarischen Höchstmaßnahme abzusehen, bestünden nicht. Das Vorbringen der Lehrerin im Berufungsverfahren zeige vielmehr deutlich, dass sie auch mehr als drei Jahre nach dem in Rede stehenden Dienstvergehen ihr Verhalten immer noch nicht hinreichend reflektiert habe.

(Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Urteil v. 10.12.2019, 3 LD 3/19)

Pressemitteilung Niedersächsisches OVG

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