BAG: Arbeitgeber kann Arbeitsort festlegen
Dem Bundesarbeitsgericht lag ein Fall vor, in dem eine Flugbegleiterin aus München gegen das Düsseldorfer Luftverkehrsunternehmen klagte, bei dem sie angestellt war. In dem Arbeitsvertrag der Flugbegleiterin ist u.a. folgende Regelung enthalten:
„Beginn der Tätigkeit:
Die Mitarbeiterin wird ab dem 3.12.1994 im Bereich Flugbetrieb, Beschäftigungsort Münster/Osnabrück, als Flugbegleiterin eingestellt.Rechte und Pflichten: Die Rechte und Pflichten der Mitarbeiterin ergeben sich aus den einschlägigen Gesetzen, den jeweils gültigen Vergütungsvereinbarungen, den Betriebsvereinbarungen sowie den Dienstvorschriften der Eurowings AG. Durch ihre Unterschrift bestätigt die Mitarbeiterin gleichzeitig den Erhalt der Betriebsvereinbarung.“
In einer als „Betriebsvereinbarung“ bezeichneten Vereinbarung ist u.a. geregelt, dass nach betrieblichen Erfordernissen die Mitarbeiterin an einen anderen dienstlichen Wohnort versetzt werden kann und im Rahmen der Geschäftstätigkeit des Flugbetriebs mit Aufgaben im In- und Ausland betraut wird. Dies gelte „….auch bei vorübergehendem oder aushilfsweisen Einsatz in Zusammenhang mit dem Flug- und Verkehrsbetrieb.“
Festlegung eines anderen Arbeitsortes im Interessenausgleich
Die Leitung der Fluggesellschaft und die auf Basis des Tarifvertrags gebildeten Personalvertretung für Kabinenmitarbeiter (im Folgenden: PV Kabine) schlossen am 24.1.2011 einen Interessenausgleich sowie einen Sozialplan.
Die Ziff. 2 des Interessenausgleichs legte darin fest, dass von den dienstlichen Einsatzorten Köln, Dortmund, Münster/Osnabrück, Hannover, München, Nürnberg, Paderborn, Stuttgart und Berlin aus keine Einsätze von Mitarbeitern mehr erfolgen und daher die diesen Einsatzorten zugeordneten Arbeitsplätze gestrichen werden.
Nach Ziff. 1 des Interessenausgleichs wird der Einsatz der Mitarbeiter ausschließlich ab Düsseldorf oder Hamburg erfolgen. Dadurch entstanden Versetzungen, die zum 1.6.2011 durchgeführt werden sollten.
Am 1.4.2011 erhielt die Flugbegleiterin ein Schreiben, in dem ihr die Versetzung von ihrem bisherigen dienstlichen Einsatzort an den neuen dienstlichen Einsatzort Düsseldorf mitgeteilt wurde, was diese jedoch nicht hinnehmen wollte. So wehrte sie sich mit ihrer Klage gegendiese arbeitgeberseitige Maßnahme, mit der Begründung, dem Unternehmen sei nach dem Arbeitsvertrag nicht gestattet gewesen, ihr einen anderen als den ursprünglichen Arbeitsort zuzuweisen.
BAG: Arbeitgeber darf anderen Arbeitsort festlegen
Die Klage hatte jedoch keinen Erfolg; die Fluggesellschaft war nach dem Arbeitsvertrag nicht daran gehindert gewesen, der Mitarbeiterin in Ausübung des Direktionsrechts einen anderen als den ursprünglichen Arbeitsort zuzuweisen.
Solange die Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind, kann der Arbeitgeber gemäß § 106 Satz 1 GewO grundsätzlich Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen.
Da es dem Arbeitgeber gestattet ist, sowohl den Ort der Arbeitsleistung zu bestimmen, als auch einen Versetzungsvorbehalt im Arbeitsvertrag festzuhalten, der die Einsatzmöglichkeit im gesamten Unternehmen erlaubt, wird regelmäßig eine vertragliche Beschränkung auf den im Vertrag genannten Ort der Arbeitsleistung verhindert (so auch BAG; Urteil v. 26.9.2012, 10 AZR 311/11, Rn. 18; 19.1.2011, Urteil v. 10 AZR 738/09, Rn. 15; Urteil v. 13.4.2010, 9 AZR 36/09, Rn. 27). )
Nach Auffassung des BAG macht es keinen Unterschied, ob der Arbeitgeber sich im Rahmen von § 106 GewO eine Festlegung des Arbeitsortes vorbehält oder ob der Ort der Arbeitsleistung wie im Fall der Fluggesellschaft bestimmt, aber die Möglichkeit der Zuweisung eines anderen Orts vereinbart wird. In diesem Fall wird lediglich klargestellt, dass eine Versetzungsbefugnis an andere Arbeitsorte bestehen soll.
Arbeitsvertrag enthielt keine definitive Festlegung des Arbeitsorts
Im konkreten Fall enthält der Arbeitsvertrag nach Auffassung des BAG keine Einschränkung für das Festlegen des Arbeitsortes. Unter Ziff. 1 des Arbeitsvertrags ist vorgesehen, dass die Klägerin am Beschäftigungsort Nürnberg „eingestellt“ wird, sodass keine vertragliche Beschränkung des Direktionsrechts auf Nürnberg als Arbeitsort vorliegt.
Die betreffende Passage des Vertrags ist u.a. mit „Beginn der Tätigkeit“ überschrieben und legt lediglich fest, wo die Arbeitnehmerin bei Vertragsbeginn ihre Arbeit aufnehmen soll. Die Regelung bezieht sich nicht auf den Inhalt der Arbeitsleistung, sondern den Ort ihrer erstmaligen Ausübung, der nach der „Betriebsvereinbarung“ wechseln darf.
Ein Beispiel dafür ist, dass die später erfolgte Versetzung nach München ebenfalls nicht zum Vertragsinhalt geworden ist. Dabei hat, so das BAG, die Tatsache, dass die Arbeitnehmerin seit Vertragsbeginn bis zu ihrer Versetzung im Juni 2011 im Wesentlichen von dort aus tätig gewesen ist, keinen Einfluss auf die vertraglichen Regelungen.
Direktionsrecht besteht auch, wenn es längere Zeit nicht ausgeübt wurde
Zwar ist es nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass sich Arbeitspflichten nach längerer Zeit auf bestimmte Arbeitsbedingungen wie den Ort konkretisieren, allerdings bedeutet die Nichtausübung des Direktionsrechts über einen längeren Zeitraum nicht, dass der Arbeitgeber hiervon in Zukunft keinen Gebrauch mehr machen will, so das BAG.
Die Nichtausübung des Direktionsrechts hat keinen Erklärungswert, muss also nicht näher erläutert werden. Nur unter besonderen Umständen, aufgrund derer der Arbeitnehmer darauf vertrauen darf, dass er nicht in anderer Weise eingesetzt werden soll, kann stillschweigendes Verhalten zu einer vertraglichen Beschränkung der Ausübung des Direktionsrechts führen.
Demnach ist die Entscheidung der Fluggesellschaft, die Mitarbeiterin von Münster/Osnabrück nach Düsseldorf zu versetzen, auch nach billigem Ermessen gemäß § 315 BGB getroffen. Dass diese Anordnung auf einer unternehmerischen Entscheidung beruhte, war nach der Entscheidung des BAG von besonderem Gewicht (BAG, Urteil vom 28.8.2013, 10 AZR 569/12).
Relevanz der Entscheidung für den öffentlichen Dienst
Diese Entscheidung des BAG ist insbesondere auch für den kommunalen öffentlichen Dienst von Bedeutung. In den üblichen Arbeitsvertragsmustern befindet sich keine Regelung bezüglich des Arbeitsortes. Wohl aber in den Mustern zur Niederschrift nach dem Nachweisgesetz.
Dort heißt es:
„Die Beschäftigung erfolgt
- in ….. (Arbeitsort),
- an verschiedenen Orten.
Die tariflichen Vorschriften über die Versetzung, Abordnung, Zuweisung und Personalgestellung bleiben unberührt.“
Mit dieser Niederschrift wird der Arbeitnehmer darüber informiert, was Inhalt des Arbeitsvertrages ist. Anders als im vom BAG entschiedenen Fall wird hier der Arbeitsort eindeutig festgelegt. Allerdings wird die tarifliche Versetzungsmöglichkeit nach § 4 TVöD/TV-L in Bezug genommen. Im vorliegenden Fall wäre eine Versetzung möglich gewesen.
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