Die falsche Zuordnung von Erfahrungsstufen nach TVöD kann strafbar sein
In einem Strafprozess wurde dem Oberbürgermeister der Stadt Halle (Saale) vorgeworfen, Gelder der Stadt Halle veruntreut zu haben. Er soll bei seinem Amtsantritt als Oberbürgermeister mit drei Personen, denen er besonders vertraute und die als Tarifbeschäftigte in seinem persönlichen Umfeld Aufgaben in der Stadtverwaltung übernehmen sollten, Arbeitsverträge abgeschlossen haben und ihnen dabei eine jeweils sachlich nicht gerechtfertigte Erfahrungsstufe zugestanden haben. So soll er seiner Büroleiterin (Entgeltgruppe 15 TVöD VKA), dem Referenten für strategische Grundsatzfragen (Entgeltgruppe 14 TVöD VKA) und einer Referentin für Sicherheit und Ordnung (Entgeltgruppe 13 TVöD VKA) jeweils die Erfahrungsstufe 5 zugeordnet haben.
Die Staatsanwaltschaft war der Meinung, dass der Oberbürgermeister damit nicht nur gegen die maßgeblichen Bestimmungen des für die Stadt Halle geltenden Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD VKA) verstoßen habe, sondern auch unter Missbrauch seiner Stellung als Amtsträger pflichtwidrig im Sinne des Straftatbestandes der Untreue (§ 266 StGB) gehandelt habe. Dadurch sei ein Schaden in Höhe von 290.000 Euro entstanden.
Das Landgericht (LG) Halle hat den Oberbürgermeister freigesprochen (LG Halle, Urteil vom 9.2.2015, 2 KLs 901 Js 14285/13). Hiergegen legte die Staatsanwaltschaft Revision ein.
BGH: Wer eine sachlich nicht gerechtfertigte, unangemessene Vergütung gewährt, handelt pflichtwidrig und strafbar
Der BGH hat das Urteil des LG Halle aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das LG Magdeburg zurückverwiesen.
Entscheidende Norm des Verfahrens ist § 16 Abs. 2 Satz 3 TVöD (VKA), wonach bei einer einschlägigen Berufserfahrung von mindestens 3 Jahren in der Regel eine Zuordnung zur Stufe 3 erfolgt. Unabhängig davon kann der Arbeitgeber jedoch bei Neueinstellungen zur Deckung des Personalbedarfs Zeiten einer vorherigen beruflichen Tätigkeit ganz oder teilweise für die Stufenzuordnung berücksichtigen, wenn diese Tätigkeit für die vorgesehene Tätigkeit förderlich ist.
Hierzu führt der BGH aus, dass es sich bei den Merkmalen der bezweckten Deckung eines Personalbedarfs ebenso wie bei der Bewertung der Förderlichkeit einer vorherigen beruflichen Tätigkeit um Tatbestandsvoraussetzungen handele. Erst wenn diese objektiv erfüllt sind, wird dem Arbeitgeber auf der Rechtsfolgenseite ein Ermessen eröffnet. Das LG Halle hat das Vorliegen dieser beiden Tatbestandsvoraussetzungen nicht ausreichend geprüft. Dies muss nun das LG Magdeburg nachholen (BGH, Urteil vom 24.5.2016, 4 StR 440/15).
§ 16 TVöD (VKA) lautet auszugsweise:
§ 16 (VKA) Stufen der Entgelttabelle
(1) Die Entgeltgruppen 2 bis 15 umfassen sechs Stufen. Die Abweichungen von Satz 1 sind im Anhang zu § 16 (VKA) geregelt.
(2) Bei Einstellung werden die Beschäftigten der Stufe 1 zugeordnet, sofern keine einschlägige Berufserfahrung vorliegt. Verfügt die/der Beschäftigte über eine einschlägige Berufserfahrung von mindestens einem Jahr, erfolgt die Einstellung in die Stufe 2; verfügt sie/er über eine einschlägige Berufserfahrung von mindestens drei Jahren, erfolgt bei Einstellung nach dem 31. Dezember 2008 in der Regel eine Zuordnung zur Stufe 3. Unabhängig davon kann der Arbeitgeber bei Neueinstellungen zur Deckung des Personalbedarfs Zeiten einer vorherigen beruflichen Tätigkeit ganz oder teilweise für die Stufenzuordnung berücksichtigen, wenn diese Tätigkeit für die vorgesehene Tätigkeit förderlich ist.
(3) Die Beschäftigten erreichen die jeweils nächste Stufe - von Stufe 3 an in Abhängigkeit von ihrer Leistung gemäß § 17 Abs. 2- nach folgenden Zeiten einer ununterbrochenen Tätigkeit innerhalb derselben Entgeltgruppe bei ihrem Arbeitgeber (Stufenlaufzeit):
- Stufe 2 nach einem Jahr in Stufe 1,
- Stufe 3 nach zwei Jahren in Stufe 2,
- Stufe 4 nach drei Jahren in Stufe 3,
- Stufe 5 nach vier Jahren in Stufe 4 und
- Stufe 6 nach fünf Jahren in Stufe 5.
Die Abweichungen von Satz 1 sind im Anhang zu § 16 (VKA) geregelt.
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