Kein Dienstverbot für Polizistin wegen WhatsApp-Gruppe

Das gegenüber einer Polizeibeamtin ausgesprochene Verbot der Führung der Dienstgeschäfte wegen der Mitgliedschaft in einer WhatsApp-Gruppe ist rechtswidrig. Dies hat das Verwaltungsgerichts Düsseldorf entschieden und die Suspendierung der Beamtin ausgesetzt.

Das Gericht hat damit dem gegen das Land Nordrhein-Westfalen gerichteten Antrag der Polizistin in einem Eilverfahren entsprochen.

Vorwurf: Mitgliedschaft in rechtsextremer Chatgruppe

Der Polizeibeamtin war durch das zuständige Landesamt vorgeworfen worden, einer rechtsextremen Chatgruppe angehört zu haben. Ihr war deswegen mit sofortiger Wirkung die Führung der Dienstgeschäfte verboten worden. Der entsprechende Bescheid des Landesamtes ist nach dem Erkenntnisstand des Eilverfahrens sowohl in formeller als auch in materieller Hinsicht rechtswidrig, so das Gericht.

Gericht: Kenntnisnahme von Bilddatei wurde nicht nachgewiesen

Das Gericht bemängelt in ihrer Entscheidung die lediglich formelhafte Begründung des öffentlichen Interesses an der sofortigen Suspendierung. Im Bescheid werde der konkrete Einzelfall nicht in den Blick genommen. Das der Polizistin vorgeworfene Fehlverhalten werde nicht beschrieben.

Offenbar gehe es um den Erhalt einer Bilddatei per WhatsApp. Nicht berücksichtigt werde, dass der Versand dieser Datei bereits im Oktober 2013 erfolgt sei. Nicht zum Ausdruck komme, dass – nach derzeitigen Erkenntnissen – nicht nachzuweisen sei, dass die Beamtin überhaupt Kenntnis von der Nachricht erlangt habe. Dass es sich bei der Bilddatei um eine Parodie auf Adolf Hitler gehandelt habe, sei ebenso wenig erwähnt.

Einstufung einer Bilddatei als rechtsradikal zweifelhaft

Materiell-rechtlich lägen zwingende dienstliche Gründe für das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte nicht vor. Aus der Mitgliedschaft in der Chatgruppe könne nicht ohne weiteres auf die Kenntnisnahme der einzelnen Bilddatei geschlossen werden; dem Antragsgegner sei nicht bekannt, ob die Beamtin das Bild wahrgenommen habe.

Darüber hinaus fehle es an einer tragfähigen Grundlage dafür, dass es sich bei dem Bild um ein solches mit rechtsradikalem Gedankengut oder sonst strafrechtlicher Relevanz handele. Die abgebildete Person sei offensichtlich nicht Adolf Hitler, sondern jemand, der mittels einer Parodie Hitler verspotte, überzeichne und der Lächerlichkeit preisgebe.

Die vom Landesamt gezogene Schlussfolgerung, hierin liege ein „schwerwiegendes Dienstvergehen“ und  ein „Verstoß gegen die politische Treuepflicht“, könne nicht geteilt werden. Fernliegend sei auch der Vorwurf, die Beamtin habe durch den (nicht nachgewiesenen) Empfang der Bilddatei „den Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung verlassen“. Der Verdacht, dass Straftaten (§ 86a StGB: Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, § 130 StGB: Volksverhetzung) begangen worden seien, sei vor diesem Hintergrund nicht nachvollziehbar (VerwG Düsseldorf, Beschluss v. 22.10.2020, 2 L 1910/20).

Gegen die Entscheidung kann das Land Nordrhein-Westfalen Beschwerde vor dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster erheben.


Schlagworte zum Thema:  Polizei, Verwaltungsgericht