Keine Entschädigung für kopftuchtragende Lehrerinnen

Zwei kopftuchtragenden Lehrerinnen, die sich in ihrer beruflichen Karriere benachteiligt sehen, muss das Land Nordrhein-Westfalen keine Entschädigung zahlen. Das hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) in Münster entschieden und damit die Klage der Frauen aus Köln und dem mittelhessischen Marburg zurückgewiesen.

Die Lehrerinnen hatten argumentiert, dass sie wegen ihrer religiösen Überzeugung bei der Stellenbesetzung in NRW benachteiligt worden seien und klagten auf Entschädigung nach dem seit 2006 geltenden Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG).

Klägerinnen beriefen sich auf AGG

Demnach dürfen Arbeitnehmer wegen Herkunft, Geschlecht, Religion, Behinderung, Alter oder Weltanschauung nicht benachteiligt werden. Außerdem bezogen sie sich auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVG) aus dem Jahr 2015. Das BVG hatte das pauschale Kopftuchverbot im NRW-Schulgesetz für verfassungswidrig erklärt.

Keine Einstellung bzw. verspätete Verbeamtung

Die Klägerin des Verfahrens 6 A 2170/16 ist wohnhaft in Köln und macht geltend, sie sei nach Beendigung ihres Referendariats 2007 und auch später wegen dieses "Kopftuchverbots" nicht als Berufsschullehrerin eingestellt worden. Die in Marburg lebende Klägerin des Verfahrens 6 A 2628/16 ist 2004 (nur) im Angestelltenverhältnis eingestellt worden und hatte auch mit ihrem 2005 gestellten Antrag auf Übernahme in das Beamtenverhältnis keinen Erfolg; die Verbeamtung erfolgte erst im September 2015. Das Verwaltungsgericht Köln hatte ihre Entschädigungsklagen abgewiesen. Die Berufungen der Klägerinnen blieben erfolglos.

Gericht: Grund für Ablehnung war bei einer Klägerin die Examensnote

Der Entschädigungsanspruch nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz setze zwingend eine Bewerbung voraus. Dass das pauschale "Kopftuchverbot" im früheren nordrhein-westfälischen Schulgesetz eine unzulässige Diskriminierung darstelle, reiche nicht aus. Im Verfahren 6 A 2170/16 habe die Klägerin sich zwar teilweise erfolglos beworben. Es sei aber nicht anzunehmen, dass das beklagte Land die Klägerin wegen des Kopftuchs nicht in den Schuldienst und ins Beamtenverhältnis übernommen habe. Dafür fehlten jegliche Indizien. Es sei schon nicht festzustellen, dass das beklagte Land als Dienstherr überhaupt davon gewusst habe, dass sie aus religiösen Gründen ein Kopftuch getragen habe. Bei manchen Stellenbesetzungsverfahren stehe sogar fest, dass die Klägerin nicht wegen ihrer religiösen Bekleidung, sondern aus anderen Gründen, etwa wegen der Examensnote oder aufgrund der Ergebnisse von Auswahlgesprächen, nicht zum Zuge gekommen sei.

Keine Geltung des AGG im zweiten Verfahren

Im Verfahren 6 A 2628/16 könne die Klägerin keine Entschädigung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz beanspruchen, weil sich die Benachteiligungshandlung vor dessen Inkrafttreten ereignet habe. Ein daneben grundsätzlich in Betracht kommender unionsrechtlicher Haftungsanspruch scheide mangels eines Schadens ebenfalls aus. Ein finanzieller Nachteil sei nicht Gegenstand des Verfahrens, ein darüber hinausgehender Schaden sei nicht erkennbar.

Der Senat ließ keine Revision zu. Dagegen können die Klägerinnen allerdings Nichtzulassungsklage am Bundesverwaltungsgericht einlegen (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteile v. 7.10.2019, 6 A 2170/16, 6 A 2628/16).


dpa

Schlagworte zum Thema:  Urteil, Lehrer, Diskriminierung