Ärztemangel in Gesundheitsämtern
Der Landesverband der Ärzte im Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) im Nordosten beklagt einen Ärztemangel in den Gesundheitsämtern des Landes. «Die Personalsituation ist besorgniserregend», sagte der Vorsitzende des Verbandes Jörg Heusler. Vor allem fehle der Nachwuchs. So könnten die Ämter ihrer Kernaufgabe - dem Hygiene- und Infektionsschutz – zwar voll gerecht werden, das gehe aber auf Kosten der Schulgesundheitsuntersuchungen.
Schulkinduntersuchungen können nur teilweise durchgeführt werden
Die Einschulungsuntersuchungen wurden 2013/2014 landesweit zu 100 Prozent abgedeckt, bei den Untersuchungen in den vierten und achten Klassen konnten jedoch nur noch drei Viertel beziehungsweise die Hälfte der Kinder untersucht werden, wie auch das Sozialministerium bestätigt. Dies sei unter anderem der Personalsituation im Kinder- und Jugendärztlichen Dienst geschuldet, hieß es aus dem Ministerium. Allerdings - so stellte das Ministerium klar - gebe es in den meisten anderen Bundesländern die Untersuchungen in den 4. und 8. Klassen nur bei Bedarf.
Anzahl der Stellen ist reduziert worden
Die Stellensituation der Ärzte in den Gesundheitsdiensten wird vom Ministerium als seit Jahren angespannt eingeschätzt. Insbesondere die Nachbesetzung von Stellen mit bereits ausgebildeten Fachärzten für öffentliche Gesundheit oder Hygiene und Umweltmedizin sei teilweise sehr schwierig.
Nach Angaben des Amtsärzte-Verbandes sind die Vollzeitstellen von Amtsärzten zwischen 2006 und 2013 von 71 auf 58 reduziert worden, während die Gesamtzahl der Mitarbeiter in den Gesundheitsämtern mit rund 370 nahezu stabil blieb. «Wir haben ein ärztespezifisches Problem», sagte Heusler, der als Leiter des Gesundheitsamtes des Kreises Vorpommern-Rügen tätig ist. «Uns fehlen vor allem Kinder- und Jugendärzte.»
Im Landkreis Vorpommern-Greifswald sind derzeit alle Amtsarzt-Stellen besetzt, aber man habe drei Jahre auf einen Bewerber gewartet, hieß es aus dem Landratsamt. Auch im Kreis Mecklenburgische Seenplatte sieht man Handlungsbedarf, gerade in Bezug auf den Nachwuchs. «Früher haben gerade junge Ärztinnen mit kleinen Kindern Stellen im öffentlichen Dienst angenommen. Doch heute bieten Krankenhäuser diesbezüglich genug Teilzeitstellen an», sagte Amtsärztin Cornelia Ruhnau.
Schlechtere Bezahlung im öffentlichen Gesundheitsdienst als in Kliniken
Ursache für den Ärztemangel sei vor allem die im Vergleich zu Klinik- und niedergelassenen Ärzten schlechte Bezahlung im öffentlichen Gesundheitsdienst. «Ein Assistenzarzt in der Klinik verdient mehr als ein Facharzt in einem Gesundheitsamt.» Der Gehaltsverlust beim Wechsel von der Klinik ins Amt liegt laut Bundesverband bei vergleichbarer Qualifikation bei rund 1.000 EUR monatlich. Der Großteil der Amtsärzte sei über 50 Jahre alt. Nachwuchs sei wegen der besseren Bezahlung in den Kliniken kaum in Sicht.
Eine große Herausforderung stellt nach Einschätzung von Heusler aktuell die zunehmende Zahl von Flüchtlingen dar, die auf Infektionskrankheiten wie Masern untersucht und gegebenenfalls geimpft werden müssten. Um diese Aufgabe zu bewältigen, müssten Ärzte aus dem kinder- und jugendärztlichen Dienst abgezogen werden. «Das ist eine Frage der Risikoabwägung», sagte Heusler. Ein fehlender Infektionsschutz könne zum Nachteil einer großen Menschengruppe gehen, dagegen betreffe eine gestrichene Schuluntersuchung nur die jeweiligen Kinder.
Heusler fordert, dass Studenten ihre mehrmonatigen Praktika - die Famulaturen – auch im öffentlichen Gesundheitsdienst ableisten können. Zudem müsse die universitäre Ausbildung stärker auf den öffentlichen Gesundheitsdienst ausgerichtet werden. Entscheidend sei aber die vergleichsweise schlechte Bezahlung. «Das ist für viele Ärzte das K.O.-Kriterium», sagte Heusler.
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