Rentner muss zum Bewerbungsverfahren zugelassen werden
Ein im Jahr 1946 geborener Rentner bewarb sich auf ein Stellenangebot als "Hauswirtschaftliche/r Anleiter/in" in einem Zentrum für Jugendberufshilfe. In seinem Bewerbungsschreiben wies der Kläger auch darauf hin, dass er Rentner ist.
Die Stadt, die die Stellte ausgeschrieben hatte, wies die Bewerbung zurück und teilte mit, dass bei der Einrichtung keine Rentner eingestellt werden dürften.
Aufgrund dessen wandte sich der Rentner an den Oberbürgermeister und an die Personalabteilung der beklagten Stadt. Er sehe die Absage als eine Diskriminierung an und drohte, eine Schadensersatzforderung geltend zu machen. Darauf teilte ihm die Stadt mit, dass die in der Absage gewählte Formulierung missverständlich und nicht zutreffend sei und bat dies zu entschuldigen. Zugleich wies sie darauf hin, dass nach § 33 Abs. 1a TVöD das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des Monats ende, in dem die Beschäftigten das gesetzlich festgelegte Alter zum Erreichen der Regelaltersrente vollendet haben. Deshalb könne dann, wenn nach Erreichen des für die Regelaltersrente gesetzlich festgelegten Alters erneut Beschäftigungsverhältnisse begründet werden sollten, dies nur mit Zustimmung der zuständigen Personalvertretung möglich sein. Aufgrund der Entscheidungspraxis der Personalvertretung sei davon auszugehen, dass die erforderliche Zustimmung nicht erteilt werde. Deshalb sei der Rentner nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen worden.
Daraufhin klagte der Rentner vor den Arbeitsgerichten auf Entschädigung in Höhe von drei Bruttomonatsgehältern. Er ist der Auffassung, dass die Zurückweisung seiner Bewerbung eine Benachteiligung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz wegen des Alters darstellt.
Absage des Rentners verstieß gegen das Diskriminierungsverbot
Das Landesarbeitsgericht (LAG) Niedersachsen gab dem Rentner teilweise recht und sprach ihm Schadensersatz in Höhe von einem Monatsgehalt zu.
Das LAG entschied, dass dem Kläger eine angemessene Entschädigungszahlung nach § 15 Abs. 2 AGG zusteht, weil die Stadt ihn im Bewerbungsverfahren wegen seines Alters benachteiligt habe. Mit der Ablehnung der Bewerbung aufgrund seines Rentenalters habe die Beklagte den Kläger unmittelbar und direkt entgegen § 7 Abs. 1 AGG i. V. m. § 1 AGG bei der Bewerbung benachteiligt.
Das LAG führte hierzu aus, dass § 10 Satz 1 AGG die unterschiedliche Behandlung wegen des Alters gestatte, wenn dies objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt sei.
Altersgrenzenregelung des § 33 TVöD keine Rechtfertigung für Ablehnung des Bewerbers
Eine solche Rechtfertigung lag hier nicht vor. Insbesondere konnte sich die Stadt nicht auf die Altersgrenzenregelung des § 33 Abs. 1a TVöD (VKA) berufen. Das LAG führte hierzu aus, dass § 33 Abs. 1a TVöD lediglich die Beendigung des Arbeitsverhältnisses regelt und nicht die Einstellung von Rentnern. Erst recht rechtfertige diese Tarifvorschrift nicht, dass ein Bewerber überhaupt nicht in die Auswahl einbezogen werde. Der TVöD kenne insoweit keine Höchstaltersgrenzen für die Einstellung.
Eine zulässige Altersgrenzenregelung rechtfertigt es also nicht, Rentner von vorneherein nicht in die Auswahl für eine Stelle einzubeziehen. Rentnern darf nicht von vorneherein die Chance genommen werden, den Arbeitgeber von ihrer Bewerbung zu überzeugen.
(LAG Niedersachsen, Urteil v. 1.8.2018, 17 Sa 1302/17)
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