Viele befristete Arbeitsverhältnisse im öffentlichen Dienst
Befristete Arbeitsverträge spielen im öffentlichen Dienst eine größere Rolle als in der Privatwirtschaft, insbesondere bei der Einstellungspraxis. Die Befristungsquoten im Arbeitnehmerbereich liegen zwischen 8,2 in Kommunen, 11,3 Prozent beim Bund und 12,3 Prozent in den Ländern, in wissenschaftlichen Einrichtungen sogar zwischen 50 und 90 Prozent.
Dies sind die Ergebnisse der aktuellen Studie zur Befristungspraxis im öffentlichen Dienst, die das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) am 29. Dezember 2015 veröffentlicht hat.
dbb: Strukturproblem im öffentlichen Dienst
Nach Auffassung des Zweiten Vorsitzenden des Deutschen Beamtenbundes dbb und Fachvorstand Tarifpolitik Willi Russ offenbaren die aktuellen Zahlen ein massives Strukturproblem der Personalpolitik im öffentlichen Dienst: "Befristete Beschäftigung kommt im öffentlichen Sektor immer häufiger als Notlösung für fehlende Stellen im Haushaltsplan zum Einsatz." Damit müsse endlich Schluss sein - insbesondere angesichts der Herausforderungen, die der öffentliche Dienst mit Blick auf die aktuell und in den kommenden Jahren anstehenden Aufgaben bewältigen müsse, so der dbb-Vize.
Gewerkschaften und Arbeitgeber hatten das IAB im Zuge der vergangenen Einkommensrunde für die Beschäftigten von Bund und Kommunen im Jahr 2014 mit der Erhebung valider Daten zur Befristungspraxis im öffentlichen Dienst beauftragt, um die insbesondere von der Arbeitnehmerseite kritisierte ausufernde Einstellungs- und Beschäftigungspolitik auf Zeit wissenschaftlich aufarbeiten und bewerten zu lassen. Dazu wertete das IAB zum Einen vorhandene Daten aus dem Betriebspanel, der Personalstandsstatistik und dem Mikrozensus aus. Zum Anderen wurden Beweggründe und Details zur Befristungspraxis im Rahmen von Expertenbefragungen (Personalverantwortliche und Personalvertreter) in 15 repräsentativen Dienststellen erhoben.
Anteil befristeter Arbeitsverhältnisse über 15 Prozent
Im Ergebnis ermittelten die IAB-Wissenschaftler, dass der Anteil befristeter Arbeitsverhältnisse bei den Arbeitnehmern im öffentlichen Dienst einschließlich des Wissenschaftsbereichs oberhalb von 15 Prozent liegt. Zudem zeige sich, dass vor allem jüngere Arbeitnehmer unter 35 Jahren häufig befristet beschäftigt werden. Dort liegt der Befristungsanteil laut Studie mehr als doppelt so hoch wie in den übrigen Altersgruppen.
"Befristete Beschäftigung kommt im öffentlichen Sektor vielfach deshalb zum Einsatz, weil temporäre Personalausfälle kompensiert werden müssen oder Personalressourcen nur befristet zugewiesen werden. Entscheidende Stellschrauben für eine Reduzierung befristeter Arbeitsverträge dürften somit eine ausreichende Finanzierung von Planstellen und eine Erhöhung der organisationalen Flexibilität beispielsweise über die Schaffung von unbefristeten Vertretungsstellen sein", heißt es weiter in dem IAB-Bericht.
Befristungspraxis soll bei der nächsten Einkommensrunde verhandelt werden
"In vielen Bereichen kann der öffentliche Dienst schon bei der Bezahlung nicht mit der Privatwirtschaft mithalten. Wenn nun auch mehr und mehr der Faktor Sicherheit wegbröckelt, braucht sich niemand über den immer größeren Nachwuchs- und Fachkräftemangel zu wundern. Junge Menschen bestehen zu Recht auf echte Perspektiven, wenn sie sich für einen Arbeitgeber entscheiden", warnte dbb-Vize Willi Russ und kündigte an, die unbefristete Übernahme aller Auszubildenden auch bei der im Frühjahr 2016 startenden Einkommensrunde mit Bund und Kommunen wieder zum Thema zu machen.
Befristung ist Belastung für die Arbeitsorganisation
Ziel solle sein, den öffentlichen Dienst als attraktiven Arbeitgeber zu positionieren. "Befristung schadet mehr als sie nutzt", betonte Russ. "Sie bindet Ressourcen der Stammbelegschaft, weil die befristeten Kollegen eingearbeitet werden müssen und erst nach Monaten voll einsatzfähig sind. Und nach zwei Jahren kommt schon die nächste befristete Kraft. Was dabei an Wissenstransfer und Motivation auf der Strecke bleibt, ist in keiner Hinsicht akzeptabel – weder für die Beschäftigten noch für die Kunden des öffentlichen Dienstes, die Bürgerinnen und Bürger.“
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