Die Aufstockungsbeträge, die der Arbeitgeber nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a und b ATZG entrichtet, unterliegen nicht der Steuerpflicht (§ 3 Nr. 28 EStG). Dies gilt auch dann, wenn sie über die im Altersteilzeitgesetz genannten Mindestbeträge hinausgehen. Die Leistungen sind auch dann steuerfrei, wenn die entsprechenden Beiträge dem Arbeitgeber nicht gemäß § 4 ATZG durch die Bundesagentur für Arbeit erstattet werden. Die Steuerfreiheit kommt dagegen nicht in Betracht, wenn der Arbeitgeber das Arbeitsentgelt für die Altersteilzeitarbeit aufstockt, ohne dass die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 ATZG vorliegen.
Die Aufstockungsbeträge unterliegen allerdings dem Progressionsvorbehalt nach § 32b Abs. 1 Nr. 1 Buchst. g EStG. Dies bedeutet, dass sie im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung bei der Ermittlung des Steuersatzes, dem das übrige steuerpflichtige Einkommen unterliegt, berücksichtigt werden. Die Aufstockungsbeträge sind daher gemäß § 32b Abs. 3 EStG vom Arbeitnehmer in der Einkommensteuererklärung anzugeben.
Der sog. Progressionsvorbehalt führt dazu, dass bestimmte, an sich steuerfreie sog. Lohnersatzleistungen (z. B. Aufstockungsbeträge nach dem ATZG und dem TV ATZ, Zuschuss zum Mutterschaftsgeld, Arbeitslosengeld, Krankengeld, Verletztengeld der gesetzlichen Unfallversicherung) bei der Ermittlung des Steuersatzes berücksichtigt werden, der für die (übrigen) steuerpflichtigen Einkünfte maßgebend ist.
Die steuerfreien Lohnersatzleistungen bleiben als solche somit steuerfrei. Die Anwendung des infolge des Progressionsvorbehalts erhöhten Steuersatzes auf die steuerpflichtigen übrigen Einkünfte kann jedoch vielfach zu einer Steuernachforderung des Finanzamts bei der Einkommensteuerveranlagung führen.
Praxis-Beispiel (angeknüpft an Beispiel oben unter Punkt 12.1)
Ein Beschäftigter hat ein monatliches Altersteilzeitbruttoentgelt von 1.743,33 EUR (Steuerbrutto 1.945,34). Auf dieses Altersteilzeitbruttoentgelt hat der Arbeitgeber monatliche Lohnsteuern von 31,33 EUR zu entrichten. Das entspricht einem Steuersatz von 1,61 % v. H. Das Teilzeitnetto dieses Beschäftigten in Höhe von 1.329,47 EUR wird nach der sog. 83-v. H.-Tabelle für das Jahr 2009 auf insgesamt 1.938,07 EUR monatlich aufgestockt. Es ergibt sich im Beispielsfall also ein Aufstockungsbetrag von 608,60 EUR. Der Betrag von 608,60 EUR unterliegt dem Progressionsvorbehalt. Dies bedeutet, dass für das Teilzeitbrutto von 1.743,33 EUR monatlich im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung nicht der sich für 1.743,33 EUR ergebende Steuersatz von 1,61 % v. H., sondern der Steuersatz für ein Einkommen von 2.351,93 EUR (1.743,33 EUR + 608,60 EUR) zugrunde gelegt wird. Dieser beträgt 4,43 v. H. (fiktiv zu zahlende Steuern 104,33 EUR). Das steuerpflichtige Teilzeitbrutto von 1.743,33 EUR wird somit letztlich nicht mit 1,61 % v. H., sondern mit 4,43 v. H. versteuert, sodass die monatliche Lohnsteuer nicht 31,33 EUR, sondern 86,17 EUR beträgt. Dies würde bei dem Beschäftigten zu einer Steuernachforderung von (12 × 86,17 EUR =) 1.032,04 EUR führen. Hinsichtlich der als Einmalzahlung gewährten Jahressonderzahlung ist zu berücksichtigen, dass sich ein etwaiger Steuernachforderungsbetrag im Zweifel noch erhöhen kann. Die Ermittlung der Steuersätze durch das Finanzamt erfolgt diesbezüglich nicht auf der Grundlage der Monats-Lohnsteuertabelle, sondern der Jahres-Einkommensteuertabelle.
Ein Anspruch auf Erstattung dieser erhöhten Einkommensteuern gegen den Arbeitgeber besteht nicht. Steuerliche Mehrbelastungen, welche die Höhe der monatlichen Abzüge vom Arbeitsentgelt unbeeinflusst lassen und sich erst bei der jährlichen Einkommensteuerveranlagung auswirken, sind vom Arbeitgeber grundsätzlich nicht auszugleichen. Es besteht nach Auffassung des LAG Niedersachsen auch keine besondere Aufklärungspflicht des Arbeitgebers, während das BAG diese Frage offen gelassen hat, da in diesem Fall aufgeklärt worden war.
Zur Vermeidung von Missverständnissen und rechtlichen Auseinandersetzungen sollte der Beschäftigte ausdrücklich auf den Progressionsvorbehalt hingewiesen werden.