§ 13 Abs. 1 TVA-L BBiG sieht in Anlehnung an § 19 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b BBiG vor, dass Auszubildende, die durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit ohne ihr Verschulden verhindert sind, ihre Verpflichtungen aus dem Ausbildungsvertrag zu erfüllen, für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit für die Dauer von bis zu sechs Wochen bzw. bei Wiederholungserkrankungen sowie der Beendigung des Ausbildungsverhältnisses nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen das Ausbildungsentgelt (§ 8 Absatz 1) fortgezahlt erhalten.
Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach § 13 TVA-L BBiG ist an keine Wartefrist gebunden, sodass er im Grunde bereits mit dem rechtlichen Beginn des Ausbildungsverhältnisses vom Auszubildenden geltend gemacht werden kann. Tritt die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit zwischen dem Abschluss des Ausbildungsvertrages und dem vereinbarten Beginn des Ausbildungsverhältnisses ein oder ist der Auszubildende ab dem ersten Tag der vereinbarten Aufnahme der Ausbildung arbeitsunfähig erkrankt, besteht der Anspruch vom Zeitpunkt des vereinbarten Ausbildungsbeginns an. Dies muss nach Auffassung des LAG Hamburg auch dann gelten, wenn die Arbeitsunfähigkeit bereits bei Abschluss des Vertrages vorgelegen hat und zu dem Zeitpunkt noch fortbesteht, zu dem die Ausbildung aufgenommen werden sollte.
Darüber hinaus ist die Vorschrift des § 18 BBiG zu beachten. § 18 Abs. 1 Satz 2 BBiG sieht vor, dass bei der Berechnung der Vergütung für einzelne Tage der einzelne Tag mit 1/30stel der monatlichen Vergütung berechnet wird. Im Zähler kommt es auf die Anzahl der Tage an, an denen im betreffenden Monat ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall bestand.
Bei 10 krankheitsbedingten Fehltagen im Monat Juni 2022 hat ein Auszubildender (3. Ausbildungsjahr) einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung i. H. v. 10/30 des Ausbildungsentgelts nach § 8: 1.140,61 EUR : 30 x 10 Fehltage = 380,20 EUR.
Gemäß § 13 Abs. 2 TVA-L BBiG gilt im Übrigen das Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG). Hierbei handelt es sich lediglich um eine Klarstellung, da nach § 1 Abs. 2 EFZG "die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten" Arbeitnehmer i. S. des Gesetzes sind. Soweit das Tarifrecht keine zulässigen abweichenden Regelungen vom Entgeltfortzahlungsgesetz enthält (vgl. § 12 EFZG), findet daher das Entgeltfortzahlungsgesetz ohnehin unmittelbar auf die Auszubildenden Anwendung. Dies bedeutet, dass für den Forderungsübergang bei Dritthaftung § 6 EFZG maßgebend ist. Ergänzend zu den tariflichen Regelungen sind auch die gesetzlich geregelten Anzeige- und Nachweispflichten bei Arbeitsunfähigkeit und Maßnahmen der medizinischen Vorsorge und Rehabilitation anzuwenden (§§ 5, 7 und 9 EFZG).
Kommt der Auszubildende seinen Mitteilungspflichten aus § 5 Abs. 1 oder 2 EFZG nicht nach, so berührt dies – sofern die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind – nicht seinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Insbesondere ist der Ausbildende nicht berechtigt, die Entgeltfortzahlung gem. § 7 Abs. 1 EFZG zu verweigern.
Bei der jeweils ersten Arbeitsunfähigkeit, die durch einen bei dem Ausbildenden erlittenen Arbeitsunfall oder durch eine bei dem Ausbildenden zugezogene Berufskrankheit verursacht ist, erhalten Auszubildende gemäß § 13 Abs. 3 TVA-L BBiG nach Ablauf des nach § 13 Abs. 1 TVA-L BBiG maßgebenden Zeitraums bis zum Ende der 26. Woche seit dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit einen Krankengeldzuschuss in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen dem Bruttokrankengeld und dem sich nach § 13 Abs. 1 ergebenden Nettoausbildungsentgelt. Dies gilt jedoch nur, wenn der zuständige Unfallversicherungsträger den Arbeitsunfall oder die Berufskrankheit anerkennt.