Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsbedingte Änderungskündigung
Leitsatz (redaktionell)
Dringendes betriebliches Erfordernis aufgrund eines Sanierungskonzeptes
Normenkette
KSchG §§ 1-2; BetrVG 1972 § 102
Verfahrensgang
Tenor
1. Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 15. Juni 1988 – 2 Sa 166/88 – aufgehoben.
2. Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit von Änderungskündigungen zur Streichung eines Mietkostenzuschusses.
Die Kläger sind Ende der 50er bis Mitte der 60er Jahre von der Beklagten, die in D. eine Glashütte mit 500 bis 600 Arbeitnehmern betreibt, eingestellt worden.
Seit mehreren Jahren steht die Beklagte unter ständig wachsendem Wettbewerbsdruck. Ihre Umsätze gingen seit 1985 kontinuierlich zurück. Während der Jahresumsatz 1985 noch 38.566.000,– DM betrug, sank er im Jahre 1986 um 4,6 % auf 36.786.000,– DM ab. In den ersten neun Monaten des Jahres 1987 ging der Umsatz im Vergleich zu den Monaten Januar bis September 1986 von 25.516.000,– DM auf 23.777.000,– DM, also um 10,3 % zurück.
Im Jahre 1982 betrug der Verlust der Beklagten 3,4 Millionen DM, den sie durch Auflösung von Reserven auf 1,2 Millionen DM reduzierte. In den Jahren 1983 bis 1985 erwirtschaftete die Beklagte Gewinne. Der Verlustvortrag konnte dadurch auf insgesamt 1 Million DM reduziert werden. 1986 traten erneut Verluste auf, die unter Einbeziehung des früheren Verlustvortrages den Betrag aus 1982 nahezu erreichten.
Die Beklagte beschloß und vollzog eine Reihe von Maßnahmen zur Verbesserung der Liquidität ihres Unternehmens:
Die Zahl der Mitarbeiter wurde von 636 am 31. Dezember 1985 bis Mai 1987 auf 572 reduziert. Im gleichen Zeitraum fielen 370.008 Kurzarbeitsstunden an. Investitionen wurden auf das zwingend notwendige Maß zurückgeschraubt. Von den für die Jahre 1984 bis 1987 eingeplanten Werbeausgaben wurden jeweils Beträge zwischen 156.000,– DM und 252.000,– DM eingespart. Von einer Verringerung der Überstunden erwartet die Beklagte eine jährliche Einsparung von 60.000,– DM. Fahrtkostenzuschüsse zwischen 8,– DM und 27,– DM je Monat und Arbeitnehmer wurden zum 31. Juli 1987 eingestellt. Die jährliche Einsparung hierdurch beträgt 26.000,– DM. Weitere 3.000,– DM im Jahr will die Beklagte durch eine intensivere Telefonkostenüberwachung einsparen. Den gleichen Betrag erwartet sie von einer Reduzierung von Bewirtungskosten. Eine jährliche Ersparnis von 1.000,– DM ergibt sich aus der Aufkündigung von Abbonnements von Fachliteratur. Die Beklagte stellt ihren Arbeitnehmern auch keine Arbeitsanzüge mehr zur Verfügung, soweit sie dazu nicht durch gesetzliche Schutzbestimmungen verpflichtet ist. Die sich daraus ergebende Ersparnis beträgt 9.000,– DM. Weitere 7.000,– DM im Jahr spart die Beklagte durch Reduzierung von Botengängen sowie 11.000,– DM jährlich durch eine Einschränkung der Büroreinigung. Die Schließung der Werkskantine hatte eine jährliche Einsparung von 16.000,– DM zur Folge.
Die Beklagte hat mit Rücksicht auf die angespannte Ertragslage den Antrag des Betriebsrats auf Freistellung eines weiteren Betriebsratsmitgliedes zurückgewiesen, die jährlich Kosten von rund 50.000,– DM verursacht hätte. Im Jahre 1987 verrechnete die Beklagte außerdem die tarifliche Lohn- und Gehaltserhöhung von ca. 3,5 % teilweise mit übertariflichen Einkommensbestandteilen. Hierdurch wurden 88.000,– DM eingespart. Die leitenden Angestellten erhielten 1987 keine Gehaltserhöhung, die nach den Berechnungen der Beklagten eine jährliche Mehrbelastung von 28.000,– DM bedeutet hätte.
Im Frühjahr 1987 stellte die Beklagte außerdem die Zahlung sog. Mietsonderzuschüsse ein, die einzelnen Mitarbeitern in Höhe zwischen 50,– DM und 70,– DM monatlich gewährt wurden und unter dem Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs standen. Parallel dazu beschloß die Beklagte, die Zahlung des sog. Mietzuschusses in Höhe von 19,– DM, den insgesamt 74 Mitarbeiter erhielten, in Zukunft einzustellen. Diese Leistung, die vor dem Zweiten Weltkrieg eingeführt worden war, erhielten verheiratete Mitarbeiter der Lohngruppen VII und höher, die als Glasmachergehilfen oder Werkstellenführer in der Hütte oder als Gehilfen in der Veredelung mit mehr als 15 Prämienanteilen tätig waren. Die Beklagte hat diesen Mietzuschuß in der Vergangenheit fortlaufend in unveränderter Höhe für die Tage gezahlt, an denen der bezugsberechtigte Mitarbeiter tatsächlich gearbeitet oder Lohnfortzahlung erhalten hat. Die Zahlung des Mietzuschusses wurde dann eingestellt für die Zeiten, in denen der Mitarbeiter unbezahlt fehlte, Krankengeld bezog oder Kurzarbeit leistete.
Am 14. Mai 1987 teilte die Beklagte dem Betriebsrat mit, sie beabsichtige, gegenüber den begünstigten Arbeitnehmern fristgerechte Kündigungen zum frühestmöglichen Termin auszusprechen und ihnen gleichzeitig die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu unveränderten Bedingungen, jedoch mit der Maßgabe anzubieten, daß der bisherige Mietzuschuß in Höhe von 19,– DM monatlich nicht mehr gezahlt werde. Der Betriebsrat widersprach mit Schreiben vom 21. Mai 1987 mit der Begründung, es lägen keine dringenden betrieblichen Erfordernisse vor, denn die Geschäftsleitung habe nicht konkret den Nachweis erbracht, daß durch die Weiterzahlung des Mietzuschusses der Bestand des Unternehmens gefährdet werde.
Mit Schreiben vom 26. Mai bzw. 7. Juli 1987 hat die Beklagte gegenüber den Klägern fristgerechte Kündigungen zum jeweils nächstmöglichen Zeitpunkt ausgesprochen und ihnen gleichzeitig die Fortsetzung der Arbeitsverhältnisse unter den bisherigen Bedingungen ohne Zahlung des Mietzuschusses angeboten. Die Kläger haben diese Angebote unter dem Vorbehalt des § 2 KSchG angenommen und machen mit ihren Klagen geltend, die Änderung der Arbeitsbedingungen sei sozial ungerechtfertigt.
Sie haben die Ansicht vertreten, die Änderung der Arbeitsbedingungen sei nicht durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt. Die durch die Streichung des Mietzuschusses erreichte Einsparung von monatlich 1.406,– DM reiche nicht einmal aus, um einen einzigen Arbeitsplatz der niedrigsten Lohngruppe im Betrieb der Beklagten, der 1.913,38 DM brutto koste, zu finanzieren. Im übrigen könne eine Änderungskündigung zum Zwecke der Vergütungskürzung allenfalls dann gerechtfertigt sein, wenn es keine andere Möglichkeit zu Einsparungen gebe. Sie hätten zudem durch mehrere diverse andere Sparmaßnahmen bereits erhebliche Einbußen erlitten. Auch das sei bei der Prüfung der Angemessenheit der angebotenen Vertragsänderung zu berücksichtigen.
Die Kläger haben beantragt
festzustellen, daß die Kündigungen der Beklagten vom 26. Mai 1987 und 7. Juli 1987 unwirksam sind.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
Sie hat behauptet, nach Vorlage des Jahresabschlusses 1986 von ihren Banken unter Druck gesetzt worden zu sein, weitere Maßnahmen zur Ertragsverbesserung zu ergreifen. Es habe Anlaß zur Sorge bestanden, daß die eingeräumten Kreditrahmen gekürzt würden. Das Bankhaus T. habe sich z.B. mit Schreiben vom 16. Juli 1987 außerstande erklärt, aufgrund der nachhaltig schwachen Ertragslage sowie der gesunkenen Eigenkapitalausstattung den für die Beklagte vorgemerkten Kreditrahmen weiter zu verlängern. Die Kürzung oder Aufkündigung der Kredite hätte im Zweifel zur Zahlungsunfähigkeit geführt. Zur Streichung der Mietzuschüsse habe keine Alternative bestanden. Da die bisher ergriffenen Sparmaßnahmen nicht ausgereicht hätten, um das Betriebsergebnis aus der Verlustzone herauszuführen, habe sie alle geeigneten Einsparungsmaßnahmen ergreifen müssen.
Sie hat weiter vorgetragen, die Streichung des Mietzuschusses sei zwar isoliert betrachtet kaum geeignet gewesen, den Portbestand des Unternehmens zu sichern. Die ergriffenen Maßnahmen mußten jedoch insgesamt gewürdigt werden, weil sie im Zusammenwirken ihre wirtschaftliche Situation nachhaltig verbessert hätten. Im übrigen handele es sich bei ihrem Sanierungskonzept um eine Unternehmerentscheidung, die von den Gerichten für Arbeitssachen nur auf Willkür und offensichtliche Unsachgemäßheit überprüft werden dürfe.
Das Arbeitsgericht hat den Klagen mit der Begründung stattgegeben, die Kündigungen seien sozial nicht gerechtfertigt. Die Beklagte habe nicht dargelegt, daß ohne die umstrittene Einsparung der Mietzuschüsse der Betrieb hätte stillgelegt oder Arbeitsplätze hätten abgebaut werden müssen. Die Einsparung sei auch zur Erhaltung ihrer Kreditwürdigkeit und damit ihrer Liquidität nicht von entscheidender Bedeutung gewesen. Die Beklagte habe im Jahre 1987 bereits erhebliche Kosteneinsparungen vorgenommen, die ein Vielfaches des im Streit stehenden Betrages ausmachten.
Die Beklagte hat gegen das Urteil Berufung eingelegt. Zur Begründung hat sie ihren bisherigen Sachvortrag insbesondere wie folgt ergänzt:
Allein die Unrentabilität ihres Betriebes bzw. die erwirtschafteten Verluste hätten zwar noch keine direkten Auswirkungen auf die Beschäftigungsmöglichkeiten gehabt. Ein dringendes betriebliches Erfordernis für die Kosteneinsparung habe sich aber aus der Reaktion ihrer Hausbanken ergeben. Der erneute Verlust im Bilanzjahr 1986 habe diese veranlaßt, Kredite zurückzufordern bzw. nur kurzfristig und unter besonderen Auflagen zu verlängern. Soweit Kredite aufgekündigt wurden, sei ihr mündlich in Aussicht gestellt worden, daß ein neuer Kreditrahmen eingeräumt werden würde, wenn sie durch erfolgversprechende Maßnahmen einen eigenen wirksamen Beitrag zur Kostenentlastung und zur Rückkehr in die Gewinnzone vorweisen könne. Soweit Kredite kurzfristig verlängert wurden, sei dies mittelfristig ebenfalls von einer Verbesserung der Ertragslage abhängig gemacht worden. Mit Schreiben vom 12. August 1987 habe z.B. die Kreissparkasse D. den Wunsch geäußert, im Zeitraum von Mitte September bis Ende Oktober 1987 die bereits durchgeführten oder geplanten Maßnahmen zur Verbesserung der Ertragslage mit ihr zu erörtern.
Damit habe diese Hausbank ihre Forderung nach tiefgreifenden Maßnahmen zur Erhöhung der Liquidität wiederholt. Ähnliche Forderungen seien auch bereits von anderen Hausbanken erhoben worden. Sie sei daher gezwungen gewesen, alle Einsparungsmöglichkeiten zu überprüfen und soweit als möglich einzuleiten. Sie habe ihren Hausbanken innerhalb relativ kurzer Zeit ein Konzept zur Verbesserung ihrer Liquidität und damit ihrer Ertragslage vorweisen müssen. Dabei habe sie davon ausgehen müssen, die Vertreter der Hausbanken würden mit ihr gemeinsam die Kostenpositionen durchforsten und – unabhängig von der Höhe des Gesamtbetrages – kein Verständnis für die Fortzahlung des sachlich ohnehin nicht mehr gerechtfertigten Mietzuschusses aufbringen. Um keine negativen Reaktionen der Banken zu riskieren, habe sie daher auch diesen Zuschuß in ihre Überlegungen einbeziehen müssen. Inwieweit die Hausbanken ihre Reaktion letztlich tatsächlich von der Streichung des Mietzuschusses abhängig machen würden, sei für sie nicht absehbar gewesen. Auch im Interesse ihrer Belegschaft habe sie insoweit jedoch kein Risiko eingehen wollen.
Die Kläger seien auch bei Einbeziehung der übrigen Sparmaßnahmen nicht unzumutbar belastet. Der Gesamtbetrag von 199.000,– DM ergebe ein unzutreffendes Bild. Tatsächlich hätten sich die Einsparungen auf die gesamte Belegschaft gerecht verteilt. Von den übrigen Kürzungen seien nur zu einem geringen Teil die Empfänger des Mietzuschusses betroffen gewesen. Lediglich zwei der Kläger hätten bisher eine Fahrtkostenerstattung erhalten. Die Einschränkung der Gestellung von Arbeitskleidung habe lediglich drei der Kläger betroffen. Sieben von ihnen seien ferner von der Anrechnung der Tariflohnerhöhung 1987 betroffen gewesen. Die Reduzierung der Überstunden habe den Produktionsbereich, in dem fast alle Kläger tätig seien, weitgehend ausgeklammert.
Die Kläger haben das Urteil des Arbeitsgerichts verteidigt.
Die Beklagte könne sich zur Rechtfertigung der Änderungskündigungen nicht auf angebliche Erklärungen Dritter, wie etwa ihrer Hausbanken, berufen. Die Streichung des Mietzuschusses hätte z.B. allein durch den Verzicht auf die Anschaffung eines Neuwagens für den Geschäftsführer der Beklagten sowie zweier weiterer Fahrzeuge für leitende Mitarbeiter vermieden werden können. Schließlich sei dem Betriebsrat das dringende betriebliche Erfordernis für die Kündigung soweit es aus dem behaupteten Druck der Banken hergeleitet werde, nicht hinreichend dargelegt worden.
Das Landesarbeitsgericht hat das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Klagen abgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Landesarbeitsgericht zugelassene Revision der Kläger, mit der diese ihre ursprünglichen Feststellungsanträge weiterverfolgen. Die Beklagte bittet um Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die begründeten Revisionen führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreites an das Landesarbeitsgericht, weil die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen seine Würdigung allein noch nicht zu tragen vermögen.
A. Das Landesarbeitsgericht hat sein Urteil im wesentlichen wie folgt begründet:
Die Änderungskündigung sei nicht gem. § 102 BetrVG unwirksam. Der Betriebsrat sei ordnungsgemäß angehört worden. Zwar habe die Beklagte im Anhörungsschreiben vom 14. Mai 1987 nur allgemein auf die Beschäftigungs-, Auftrags- und Lagerbestandssituation und die Notwendigkeit zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und Existenzsicherung hingewiesen sowie die beabsichtigte Maßnahme der Verkürzung der Mietzuschüsse näher erläutert. Die Beklagte habe jedoch in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht unwidersprochen vorgetragen, der Betriebsrat sei durch zahlreiche Erörterungen über die angespannte Ertragslage der Beklagten im einzelnen informiert gewesen. Bei dieser Sachlage sei es nicht notwendig gewesen, im Anhörungsschreiben die Einzelheiten der Umsatz- und Gewinnentwicklung erneut darzustellen und die geplanten und bereits durchgeführten Maßnahmen zur Verbesserung der Ertragslage aufzuführen. Aufgrund der Mitteilung der Beklagten vom 14. Mai und des bereits vorhandenen Kenntnisstandes sei der Betriebsrat in der Lage gewesen abzuwägen, ob er die geplante Änderung der Arbeitsbedingungen für sozial gerechtfertigt hielt oder nicht.
Die Änderung der Arbeitsbedingungen sei auch im Sinne der §§ 1 und 2 KSchG sozial gerechtfertigt. Die soziale Rechtfertigung ergebe sich allerdings weder aus dem Grundsatz der Gleichbehandlung, da die fragliche Zulage nur an 74 der über 500 Mitarbeiter gezahlt worden sei, noch handele es sich bei der Streichung um eine beschränkt überprüfbare Unternehmerentscheidung. Die schlechte Geschäftslage der Beklagten habe jedoch einer Weiterbeschäftigung der Kläger zu unveränderten Bedingungen entgegen gestanden. Eine Änderungskündigung zum Zwecke der Lohnsenkung sei schon dann sozial gerechtfertigt, wenn betriebliche Gründe von solcher Dringlichkeit vorlägen, daß es nach Abwägung aller Umstände des Falles, insbesondere nach Abwägung der beiderseitigen Interessen, angemessen und billigenswert erscheine, dem betroffenen Arbeitnehmer die konkreten veränderten Arbeitsbedingungen für den Fall der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses anzubieten.
Diesen Anforderungen werde die von der Beklagten ausgesprochene Änderungskündigung gerecht. Die Beklagte habe ihre Rentabilität verbessern müssen. Sie habe unstreitig 1982 und 1986 erhebliche Verluste erlitten, die durch Gewinne in den Jahren 1983 bis 1985 nicht ausgeglichen werden konnten. Die Kläger hätten auch nicht bestritten, daß die Beklagte Mitte 1987 unter einem erheblichen Druck ihrer Kreditgeber gestanden habe. Aus den beiden von der Beklagten vorgelegten Schreiben zweier Hausbanken von Mitte 1987 ergebe sich, daß mit Rücksicht auf das Betriebsergebnis des Jahres 1986 die weitere Verlängerung der eingeräumten Kredite in Gefahr gewesen sei. Eine der Banken habe die Beklagte konkret zur Rückführung der eingeräumten Kredite aufgefordert und eine Erörterung der von der Beklagten durchgeführten und geplanten Maßnahmen zur Ergebnisverbesserung gewünscht. Damit sei es für die Beklagte im Interesse ihrer Existenzsicherung unumgänglich gewesen, ein Konzept zu entwickeln, aufgrund dessen eine Rentabilitätsverbesserung zu erwarten gewesen sei. Denn eine Kürzung der Kreditlinien – in den beiden von der Beklagten vorgelegten Schreiben sei es immerhin um Kredite im Gesamtbetrag von 2,5 Millionen DM gegangen – könne kurzfristig zum Zusammenbruch eines Unternehmens führen, weil dadurch die Liquidität gefährdet, wenn nicht gar beseitigt werde.
Aus der Notwendigkeit, ein Gesamtkonzept zur Rentabilitätsverbesserung zu entwickeln, folge zwar noch nicht ohne weiteres die soziale Rechtfertigung der Kürzung. Diese müsse sich nach Abwägung aller Umstände des Falles als angemessen erweisen. Diese Voraussetzung sei jedoch gegeben. Die Streichung des Mietzuschusses für insgesamt 74 Arbeitnehmer führe zu Einsparungen von rund 17.000,– DM im Jahr. Dieser Betrag sei zwar in Anbetracht der Verluste, die die Beklagte erlitten habe, von untergeordneter Bedeutung. Andererseits sei die damit verbundene Einsparung nicht absolut geringfügig. Die Beklagte habe eine Reihe von Maßnahmen beschlossen, die insgesamt doch zu einer nennenswerten Kostenentlassung führten. Es sei nicht erheblich, ob die Banken von der Beklagten gerade die hier streitige Maßnahme konkret gefordert hätten. Für die Annahme eines dringenden Interesses der Beklagten an Lohnkosteneinsparung reiche die zum Ausdruck gebrachte ernsthafte Erwartung der Hausbanken aus, die Beklagte möge alle Möglichkeiten zur Rentabilitätsverbesserung ausschöpfen.
Die Kläger seien durch die Streichung des Mietkostenzuschusses auch nicht unzumutbar betroffen. Selbst gemessen an der niedrigsten Lohngruppe mache der Zuschuß weniger als 1 % der monatlichen Vergütung aus. Daß die Belegschaft der Beklagten auch durch anderer Einsparungsmaßnahmen betroffen gewesen sei, könne letztlich nicht entscheidend sein, weil auf die angerechneten Tariflohnerhöhungen kein Rechtsanspruch bestanden habe.
Für die Beklagte habe auch keine erkennbare Möglichkeit bestanden, die Kürzung des Mietzuschusses durch andere Einsparungsmaßnahmen zu vermeiden. Der von den Klägern erwähnte Verzicht auf die Anschaffung dreier Neuwagen sei wegen der hohen Reparaturkosten der alten Fahrzeuge unrentabel gewesen.
Schließlich führe auch eine Gesamtabwägung nicht zu dem Ergebnis, daß die von der Beklagten erstrebte Änderung der Arbeitsbedingungen unangemessen und unbillig gewesen wäre.
B. Das angefochtene Urteil hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand, weil es keine deutliche und ausreichende Feststellung zu der entscheidungserheblichen Frage enthält, ob die Beklagte ihrem Betriebsrat bei der Anhörung nach § 102 BetrVG auch die Vorstellungen und Wünsche ihrer Kreditgeber zur Kürzung der Aufwendungen und damit zur Verbesserung ihrer Ertragslage mitgeteilt hat. Der „Druck ihrer Banken” ist für sie nach ihrem eigenen Vortrag der entscheidende Anlaß für die Änderungskündigungen und damit auch der tragende Grund für die Kündigungen im Sinne des § 102 Abs. 1 BetrVG gewesen.
Unvollständig ist auch die Interessenabwägung des Landesarbeitsgerichts, weil es nicht geprüft hat, wie sich die zum Zwecke der Sanierung getroffenen Maßnahmen insgesamt auf die Einkommen der Kläger ausgewirkt haben und ob diese neben weiteren Kürzungen billigerweise auch noch die Streichung der Mietzuschüsse hinzunehmen haben.
I. Die Beklagte hat allerdings einen Kündigungssachverhalt vorgetragen, der an sich die streitigen Änderungskündigungen aus betriebsbedingten Gründen sozial rechtfertigen kann.
1. Der Senat hat zunächst erwogen, die bislang vom Bundesarbeitsgericht entwickelten Grundsätze für die Voraussetzungen betriebsbedingter Änderungskündigungen grundsätzlich zu überprüfen und dabei auch die Ergebnisse des Passauer Symposions (vgl. Hromadka, Änderungen von Arbeitsbedingungen, 1. Aufl., 1990) mit zu berücksichtigen und zu verwerten. Von dieser grundsätzlichen Klärung hat der Senat aus zwei Gründen abgesehen. Sie ist vorliegend entbehrlich, weil die Begründung des Berufungsgerichts, zur Änderung der Arbeitsbedingungen habe für die Beklagte ein dringendes betriebliches Erfordernis bestanden, jedenfalls im Ergebnis der bisherigen Rechtsprechung entspricht. Zum anderen sind im Rahmen des genannten Symposions die Probleme der betriebsbedingten Änderungskündigung nur andiskutiert, aber noch keiner umfassenden und vertiefte Lösung zugeführt worden.
Jedenfalls im Ergebnis sind die Ausführungen des Landesarbeitgsgerichts zum dringenden betrieblichen Erfordernis frei von Rechtsfehlern.
a) Die Wirksamkeit einer Änderungskündigung hängt dann, wenn der Arbeitnehmer das Änderungsangebot unter Vorbehalt angenommen hat, davon ab, ob die angebotene Vertragsänderung sozial gerechtfertigt ist. Davon ist das Landesarbeitsgericht in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAGE 10, 288, 294 = AP Nr. 10 zu § 620 BGB Änderungskündigung, zu IV der Gründe, mit insoweit zustimmender Anm. von A. Hueck; BAGE 25, 213, 219 = AP Nr. 1 zu § 626 BGB Änderungskündigung, zu II 2 der Gründe; BAGE 38, 348, 352 = AP Nr. 3 zu § 2 KSchG 1969, zu I 2 der Gründe) und der ganz herrschenden Lehre (vgl. KR-Rost, 3. Aufl., § 2 KSchG Rz 85 f.; Herschel/Löwisch, KSchG, 6. Aufl., § 2 Rz 31) ausgegangen.
b) Wie das Berufungsgericht weiter richtig erkannt hat, handelt es sich bei der Streichung des Mietzuschusses nicht – wie die Beklagte annimmt – um eine grundsätzlich bindende Unternehmerentscheidung, die von den Gerichten für Arbeitssachen nicht auf ihre Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit, sondern nur daraufhin überprüfbar ist, ob sie offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (BAGE 31, 157, 162; BAGE 32, 150, 155 = AP Nr. 6 bzw. 8 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung, zu II 1 b bzw. II 2 der Gründe).
Nach der Rechtsprechung des Senats ist weder die Kündigung selbst (Urteil vom 20. Februar 1986 – 2 AZR 212/85 – AP Nr. 11 zu § 1 KSchG 1969, zu II 2 b der Gründe; Urteil vom 20. März 1986 – 2 AZR 294/85 – AP Nr. 14 zu § 2 KSchG 1969, zu IV 2 a der Gründe) noch der ihr vorgehende Entschluß des Arbeitgebers, die Lohnkosten zu senken (Urteil vom 20. März 1986, a.a.O.; KR-Rost, a.a.O., Rz 107 a) eine bindende Unternehmerentscheidung im Rahmen des § 1 KSchG. Nur konkrete Maßnahmen im betrieblichen Bereich wie z.B. Teilstillegungen oder Änderungen der Arbeitsorganisation, die zum Zwecke der angestrebten Kostensenkung beschlossen und durchgeführt werden, können beschränkt nachprüfbare Unternehmerentscheidungen sein (Senatsurteil vom 20. März 1986, a.a.O.; Löwisch, NZA 1988, 633, 637).
c) Das von der Beklagten im einzelnen dargelegte Sanierungskonzept kann nach ihrem Vortrag nicht auf eine einheitliche Maßnahme zurückgeführt werden, die eine bindende Unternehmerentscheidung enthält. Soweit die Arbeitnehmer hierdurch betroffen sind, geht es vielmehr um eine Reihe von Sparbeschlüssen, die nicht allein dadurch nur beschränkt überprüfbar werden, daß es sich um zahlreiche Einzelmaßnahmen handelt. Diese sind in ihrer Durchführung nicht zwingend voneinander abhängig. Der einzige ersichtlich übergreifende Gesichtspunkt ist das Ziel der Kosteneinsparung.
Es kann vorliegend dahingestellt bleiben, ob das Sanierungskonzept der Beklagten dann anders zu beurteilen wäre, wenn es als Ausführung einer von der Beklagten ohne äußeren Zwang beschlossenen Senkung des Kreditvolumens, die teilweise als Unternehmerentscheidung anerkannt wird (vgl. Löwisch/Bernards, Anm. zu BAG EzA § 2 KSchG Nr. 6) zu werten wäre. Auf ein derartiges Konzept hat die Beklagte zwar im Verfahren vor dem Arbeitsgericht verwiesen, im Berufungsverfahren aber entscheidend auf den angeblichen Druck ihrer Kreditgeber abgestellt. Bei dieser Verlagerung der Kündigungsbegründung bestand für das Landesarbeitsgericht kein Anlaß, auf die mögliche rechtliche Bedeutung einer von der Beklagten in eigener Initiative beschlossenen Kürzung von Kreditaufnahmen Stellung zu nehmen. Das gilt auch für den Umfang der revisionsrechtlichen Überprüfung.
d) Zutreffend ist weiter die Ansicht des Berufungsgerichts, die Streichung des Mietzuschusses sei nicht bereits deswegen sozial gerechtfertigt, weil es sich um eine übertarifliche Leistung handele. Auch übertarifliche Leistungen genießen den Inhaltsschutz nach § 2 KSchG (BAGE 10, 288, 292 f. = AP Nr. 10 zu § 620 BGB Änderungskündigung, zu IV der Gründe; BAGE 51, 131, 141 f. = AP Nr. 7 zu § 15 BAT, zu II der Gründe).
e) Auch auf den Gleichbehandlungsgrundsatz kann sich die Beklagte nicht zur Begründung der Streichung des nur an 74 der ca. 600 Mitarbeiter gezahlten Zulage berufen (vgl. BAGE 38, 348, 354 = AP Nr. 3 zu § 2 KSchG 1969, zu I 2 c der Gründe; Beitzke, SAE 1982, 249; Brill, AuR 1986, 236, 238; Herschel/Löwisch, a.a.O., § 2 Rz 36).
f) Nach der ständigen und übereinstimmenden Rechtsprechung des Zweiten und des Siebten Senates des Bundesarbeitsgerichts müssen die Änderungen der bisherigen Arbeitsbedingungen bei einer Änderungskündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne von § 1 Abs. 2 KSchG bedingt und darüber hinaus die vorgeschlagenen Vertragsänderungen vom Arbeitnehmer billigerweise hinzunehmen sein (Urteil vom 3. November 1977 – 2 AZR 277/76 – AP Nr. 1 zu § 75 BPersVG; BAGE 47, 80, 88 = AP Nr. 6 zu § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl, zu B I der Gründe; Urteil vom 13. Oktober 1982 – 7 AZR 428/80 – AP Nr. 1 zu § 60 MTB II; Senatsurteil vom 20. März 1986, a.a.O.; Urteil vom 30. Oktober 1987 – 7 AZR 659/86 – RzK I, 7 a Nr. 8; ebenso Brill, a.a.O., S. 238; ähnlich; KR-Rost, a.a.O., § 2 KSchG Rz 98 a). Diese Voraussetzungen sind nach der bisherigen Rechtsprechung bei einer angestrebten Lohnsenkung nur dann erfüllt, wenn eine andauernd schlechte Ertragslage vorliegt und nur durch die angestrebte Senkung der Personalkosten die Stillegung des Betriebes oder die Reduzierung der Belegschaft verhindert werden kann und soll (Urteile vom 20. März 1986 und 30. Oktober 1987, a.a.O.).
g) Von diesem im Interesse des Inhaltsschutzes strengen Erfordernis ist das Landesarbeitsgericht vorliegend zwar im Ansatzpunkt aber nicht tragend abgewichen.
aa) Es hat zwar zunächst ausgeführt, einer so einengenden Auffassung könne es sich nicht anschließen, weil es nicht angehen könne, daß ein Unternehmen durch ein generelles Verbot von Entgeltherabsetzungen gezwungen werde, jahrelang Verluste hinzunehmen, bis endlich der Punkt erreicht sei, an dem die akute Gefahr für Arbeitsplätze oder für die Existenz des Betriebes eingetreten sei. Eine solche Änderungskündigung sei vielmehr schon dann sozial gerechtfertigt, wenn betriebliche Gründe von einer solchen Dringlichkeit vorlägen, die es nach Abwägung aller Umstände des Falles, insbesondere nach Abwägung der beiderseitigen Interessen angemessen und billigenswert erscheinen ließen, dem betroffenen Arbeitnehmer die konkreten veränderten Arbeitsbedingungen für den Fall der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses anzubieten.
bb) Dieser Vorbehalt macht es nicht erforderlich, grundsätzlich auf die Kritik einzugehen, ein dringendes betriebliches Erfordernis zur Änderungskündigung sei entgegen der Auffassung des Senates nicht nur bei einer akuten Gefahr für Arbeitsplätze oder einer Gefährdung des Betriebes des Arbeitgebers anzuerkennen, sondern bereits bei jedem sachlichen Interesse von einigem Gewicht (vgl. Löwisch/Bernard, a.a.O.; Löwisch, NZA 1988, 633, 636; Müller, NZA 1985, 307, 310; neuerdings auch Schaub in Hromadka, Änderung von Arbeitsbedingungen, S. 93 f.; anders noch: Arbeitsrechts-Handbuch, 6. Aufl., § 131 II 5, S. 920).
cc) Gegen diese Relativierung des kündigungsrechtlichen Inhaltsschutzes sind allerdings Bedenken anzumelden, weil das Abstellen auf eine nicht näher eingegrenzte Interessenabwägung (Prüfung des sachlichen Grundes) kaum dem gesetzlicher Merkmal des dringenden betrieblichen Erfordernisses entsprechen dürfte. Es ist auch von der Interessenlage her nicht ohne weiteres möglich und geboten, den im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung für dienstzeitabhängige Zuwachsraten geltenden Prüfungsmaßstab des sachlichen Grundes allein schon deswegen auf Verschlechterungen des bisherigen Inhaltes eines Arbeitsverhältnisses durch arbeitgeberseitige Kündigungen zu übertragen, weil es sich um künftige Leistungen handelt, für die der Arbeitgeber noch keine Gegenleistung erbracht hat (so aber neuerdings Schaub in Hromodka, Änderung von Arbeitsbedingungen, a.a.O.).
dd) Einer abschließenden Stellungnahme des Senates bedarf es insoweit vorliegend nicht, weil sich das Landesarbeitsgericht nach der weiteren Begründung des angefochtenen Urteils nicht mit einem „sachlichen Grund” zur Änderung der Arbeitsbedingungen begnügt hat. Es hat vielmehr tragend darauf abgestellt, die Beklagte habe ihre Rentabilität verbessern müssen. Sie habe zum Zeitpunkt des Ausspruches der Änderungskündigungen unter einem „ganz erheblichen Druck ihrer Kreditgeber” gestanden. Mit Rücksicht auf das Betriebsergebnis des Jahres 1986 sei die weitere Verlängerung der ihr eingeräumten Kredite in Gefahr gewesen. Es sei damit für die Beklagte im Interesse ihrer Existenzsicherung unumgänglich gewesen, ein Konzept zu entwickeln, aufgrund dessen eine Rentabilitätsverbesserung zu erwarten war. Eine Kürzung der Kreditlinien könne kurzfristig zum Zusammenbruch eines Unternehmens führen, weil dadurch die Liquidität gefährdet, wenn nicht gar beseitigt werde.
Zwischen der vom Landesarbeitsgericht geforderten Notwendigkeit eines Sparkonzeptes zur Sicherung der Existenz der Beklagten und dem vom Senat in den angezogenen Entscheidungen verlangten Erfordernis, daß die Einsparungen geboten sind, um das Risiko des Verlustes von Arbeitsplätzen oder des Bestandes des Betriebes zu vermeiden, besteht nach dem Verständnis des Senates sachlich kein Unterschied. Auch das vom Berufungsgericht angenommene dringende Sanierungsbedürfnis erfordert Maßnahmen, die die Gefährdung einer Existenz des Betriebes oder des Bestandes an Arbeitsplätzen verhindern.
h) Das Berufungsgericht hat bei der Prüfung des dringenden betrieblichen Erfordernisses zur Vertragsänderung zutreffend auch die Notwendigkeit für wesentlich erachtet, ein Gesamtkonzept zur Rentabilitätsverbesserung zu entwickeln.
aa) Weder die Notwendigkeit der Änderungskündigung noch die Billigkeit der neuen Bedingungen für die Kläger können ausgewogen und angemessen beurteilt werden, wenn die Prüfung jeweils ausschließlich und isoliert nur auf die Streichung der Mietzuschüsse beschränkt würde. Die soziale Rechtfertigung der Änderungskündigungen würde sonst von der unrichtigen Alternative abhängig gemacht, ob die Kürzungen der Mietzuschüsse für die Beklagte überhaupt eine nennenswerte Entlastung bringen und ob die Kürzungen, die die Arbeitnehmer hinnehmen sollen, im Verhältnis zu ihrem sonstigen Einkommen nur verhältnismäßig geringfügig sind.
bb) Wie bereits der Siebte Senat im Urteil vom 30. Oktober 1987 (a.a.O.) zutreffend betont hat, ist eine derartige isolierte Betrachtung verfehlt, weil dann nicht zu erkennen ist, ob der Fortfall von Zulagen für sich allein ohne weitere Maßnahmen des Arbeitgebers überhaupt geeignet wäre, den Zusammenbruch eines Betriebes und den damit verbundenen Verlust von Arbeitsplätzen zu verhindern oder auch nur wesentlich herauszuschieben. Nur unter Berücksichtigung eines umfassenderen Sanierungskonzeptes und der dazu getroffenen Entscheidungen des Arbeitgebers läßt sich beurteilen, ob der mit der Änderungskündigung bezweckte Fortfall bestimmter Zulagen durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt ist.
2. An die der Würdigung des Gesamtkonzeptes der Beklagten zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ist der Senat gebunden, weil die Kläger hiergegen keine durchgreifenden Verfahrensrügen erhoben haben. Von einer näheren Begründung sieht der Senat nach § 565 a ZPO ab.
Nach der zutreffenden Würdigung des Berufungsgerichtes kann auch ein ernsthaftes Sanierungsverlangen von Kreditgebern ein dringendes betriebliches Erfordernis zur Verschlechterung der bisherigen Arbeitsbedingungen begründen. Es genügt allerdings nicht der allgemeine Wunsch nach rentabler Betriebsführung, sondern es muß – wie vorliegend – die Gewährung oder Verlängerung bestimmter Kreditverträge von Einsparungen zu einem bestimmten Zeitpunkt abhängig gemacht werden.
II. Nicht frei von Rechtsfehlern ist allerdings die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die Streichung der Mietzuschüsse sei für die Kläger auch zumutbar gewesen.
1. Da das Landesarbeitsgericht zutreffend für die soziale Rechtfertigung der Sparmaßnahme auf die Notwendigkeit des Sanierungskonzepts insgesamt abgestellt hat, hätte es bei der Zumutbarkeitsprüfung folgerichtig auch alle Belastungen bzw. Einschränkungen berücksichtigen müssen, die die betroffenen Arbeitnehmer durch dieses Konzept hinzunehmen haben. Das hat es jedoch zu Unrecht für „letztlich nicht entscheidend” angesehen.
2. Das Berufungsgericht hat demgemäß nicht geprüft, ob sich die vorgenommenen Kürzungen bei einigen der Kläger kumulieren. Die Beklagte hat zwar unwidersprochen behauptet, von den anderen Einsparungen im Personalbereich seien jeweils „nur einige wenige” der inzwischen noch 22 Kläger betroffen gewesen. Es ist aber ungeklärt, ob und welche einzelne Kläger von allen oder mehreren Sparmaßnahmen betroffen sind.
3. Das Berufungsgericht wird somit der Beklagten Gelegenheit geben müssen, die Belastung der einzelnen Kläger durch das Sanierungskonzept konkreter darzulegen, um auf dieser Grundlage erneut eine Billigkeitsprüfung anzustellen.
III. Hinsichtlich aller Kläger bedarf es allerdings zunächst einer weiteren Aufklärung und entsprechender Feststellungen, ob die Beklagte dem Betriebsrat bei der Anhörung zu den angegriffenen Kündigungen auch das Sanierungsverlangen ihrer Kreditgeber mitgeteilt hat.
1. Diese weitere Sachaufklärung ist erforderlich, weil das Landesarbeitsgericht hinsichtlich des Kenntnisstandes des Betriebsrates über die Vorstellungen und Erwartungen von Kreditgebern keine eindeutigen und klaren Feststellungen zugunsten der Beklagten getroffen hat.
Es hat zwar auf Seite 12 der Entscheidungsgründe allgemein ausgeführt, der Betriebsrat der Beklagten sei nach deren unwidersprochenen Vortrag aufgrund zahlreicher Erörterungen „über die angespannte Ertragslage der Beklagten” im einzelnen informiert gewesen. Bei dieser Sachlage sei es nicht notwendig gewesen, die Einzelheiten der Umsatz- und Gewinnentwicklung dem Betriebsrat erneut darzustellen und die von ihr geplanten und bereits durchgeführten Maßnahmen zur Verbesserung der Ertragslage aufzuführen. Darin liegt aber nicht zugleich die Feststellung des Landesarbeitsgerichts, es sei dem Betriebsrat bekannt gewesen, daß die Beklagte Mitte 1987 unter „einem ganz erheblichen Druck ihrer Kreditgeber stand”.
2. Eine so weitgehende Auslegung der Ausführungen des Berufungsgerichts verbietet sich aus folgenden Gründen:
a) Das an den Betriebsrat gerichtete Anhörungsschreiben erfüllt insoweit nicht die Anforderungen des § 102 BetrVG.
b) Bei der Überprüfung, ob die Beklagte eine ergänzende, ausreichende Vorinformation des Betriebsrates über den von ihr selbst für wesentlich gehaltenen Kündigungssachverhalt erfolgt ist, ist folgender Verlauf ihrer Kündigungsbegründung zu berücksichtigen:
aa) In der Klageerwiderung vom 31. Juli 1987 hat die Beklagte vorgetragen, „aufgrund der Beschäftigungs-, Auftrags- und Lagerbestandssituation” und unter Berücksichtigung der allgemeinen Konjunkturprognose habe sie sich im Frühjahr 1987 gezwungen gesehen, zur Verbesserung ihrer Liquidität und Wettbewerbsfähigkeit verschiedene bisher gewährte Sozialleistungen einzustellen. Nur beiläufig und unsubstantiiert hat sie sich in diesem Zusammenhang darauf berufen, nach der Vorlage des Jahresabschlusses 1986 hätten die Hausbanken „verstärkte Neigung gezeigt, die eingeräumten Kreditlinien zu überdenken”. Von einem Hinweis, daß ihre Hausbanken von ihr erwarteten, die Personalkosten zu senken, war in der ursprünglichen Begründung der Kündigung durch die Beklagte noch keine Rede.
bb) Aufgrund der Verhandlung vom 10. September 1987 hat das Arbeitsgericht der Beklagten u.a. aufgegeben, unter Beweisantritt darzulegen, welchen Kreditrahmen ihr die Banken gewährt haben bzw. inwieweit dieser durch die Banken reduziert worden sei oder werde und inwieweit er ausgeschöpft worden sei bzw. werde.
Daraufhin hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 27. Oktober 1987 vorgetragen, ihr seien weitreichende Auflagen erteilt worden, deren vollständige Erfüllung die Preisgabe lebenswichtiger Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse erfordere. Sie habe sich deswegen für einen „Mittelweg” entschieden, der nicht als teilweise Negierung der „gerichtlichen Autorität” mißverstanden werden dürfe. Sie habe bereits in der mündlichen Verhandlung am 10. September 1987 aufgrund von Schreiben zweier kreditgewährender Geldinstitute zu verdeutlichen versucht, welch kritischer Beobachtung seitens der Kreditinstitute sie ausgesetzt sei. Jede Information aus ihrem Haus, die einen negativen Anstrich zu haben scheine, könne sofort eine Lawine von Entscheidungen der Kreditinstitute ins Rollen bringen, die tödlich wäre. Der Bereich der Kreditgewährung sei einfach zu sensibel, um im Rahmen eines öffentlichen Gerichtsverfahrens konkrete Einzelheiten über die unterschiedlichen Engagements der Kreditinstitute sowie über die Inanspruchnahme der eingeräumten Kreditrahmen durch die Beklagte zu offenbaren. Die Kreditinstitute seien jedenfalls aufgrund der überreichten allgemeinen Geschäftsbedingungen jederzeit berechtigt, ihr Kreditengagement zurückzufahren oder mit sofortiger Wirkung aufzukündigen. Selbst wenn Einzelheiten über die Kreditgewährung vorgetragen würden, könnten sie nicht für die Urteilsfindung herangezogen werden, weil die Beklagte ihre Entscheidung nach Möglichkeit nicht am wechselhaften Wohlwollen der Kreditinstitute ausrichten wolle. Sie müsse vielmehr danach trachten, durch Ausschöpfung aller Möglichkeiten ihre Liquidität zu verbessern, um den Grad der Abhängigkeit von den Kreditinstituten zu reduzieren. Demgemäß habe auch das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 20. März 1986, a.a.O., für die Überprüfung des dringenden betrieblichen Erfordernisses den Kreditrahmen und dessen Inanspruchnahme nicht zum Maßstab erhoben. Offensichtlich sei dem Bundesarbeitsgericht bewußt gewesen, welch unzuverlässiges und unberechenbares Beurteilungskriterium die Umstände der Kreditinanspruchnahme darstellt.
cc) Wie die Beklagte damit zumindest im Verfahren erster Instanz hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht hat, wollte sie sich zunächst nicht auf den Umstand berufen, den das angefochtene Urteil zutreffend zur Anerkennung eines dringenden betrieblichen Erfordernisses für wesentlich gehalten hat. Es ging der Beklagten vielmehr zunächst erkennbar darum, durch die Streichung des Mietzuschusses ihre eigene Liquidität zu steigern, um den Kreditrahmen bei ihren Banken nicht ausschöpfen zu müssen. Tragender Beweggrund war hingegen ursprünglich nicht die Sorge, die Banken könnten die gewährten Kredite kündigen oder kürzen, wenn die Beklagte nicht auch durch die Streichung der Mietzuschüsse „ein Signal für ihren guten Willen setzen würde”.
dd) In richtiger Interpretation ihres Vortrages hat demgemäß auch das Arbeitsgericht zur Frage der Gefährdung der Kreditbewilligung folgendes ausgeführt; Die Beklagte habe zwar vorgetragen, daß angesichts ihrer Ertragslage die Banken dazu neigten, ihre Kreditlinien zu überdenken und in einem Falle ein vorgesehener Kreditrahmen nicht verlängert worden sei. Die Beklagte habe aber 1987 bereits eine erhebliche Kosteneinsparung vorgenommen, die ein Vielfaches der in Streit stehenden Einsparung betreffe.
Daß diese über die weiteren Einsparungen hinaus für die Liquidität der Beklagten sowie ihre Kreditwürdigkeit von entscheidender Bedeutung sei, lasse sich gerade nicht feststellen.
ee) Nach diesem Verlauf des Rechtsstreites und der Kündigungsbegründung in der ersten Instanz spricht wenig dafür, daß die Beklagte die Änderungskündigung gegenüber dem Betriebsrat ergänzend auch damit begründet haben könnte, diese versuche damit, den Wünschen ihrer Kreditgeber zu entsprechen.
ff) Erst in der Berufungsbegründung hat die Beklagte insoweit konkreter und deutlicher vorgetragen, die negative Entwicklung der Ertragslage, insbesondere der Verlust im Jahre 1986 habe einen Teil der Hausbanken veranlaßt, Kredite zurückzufordern bzw. nur kurzfristig und unter besonderen Auflagen zu verlängern. Soweit Kredite aufgekündigt worden seien, sei ihr lediglich mündlich in Aussicht gestellt worden, daß ihr nur dann ein neuer Kreditrahmen eingeräumt werden würde, wenn sie durch erfolgversprechende Maßnahmen einen eigenen wirksamen Beitrag zur Kostenentlastung und zur Rückkehr in die Gewinnzone vorweisen könne. Um keine unliebsamen Reaktionen der Hausbanken zu riskieren, habe sie auch den kostenverursachenden Mietzuschuß in ihre Überlegungen einbezogen. Der anhaltende Verlust und die Unrentabilität des Unternehmens hätten zwar keine direkte Auswirkung auf die Beschäftigungsmöglichkeit der Arbeitnehmer gehabt, stellten aber im Zusammenhang mit den Reaktionen der Hausbanken ein dringendes betriebliches Erfordernis dar.
gg) In Verlagerung ihres Vortrages hat die Beklagte damit immer mehr den Akzent auf die Darstellung gesetzt, die Streichung des Mietzuschusses sei dringend geboten gewesen, um die Kreditbewilligung nicht zu gefährden. Die allgemeine Erwägung, die Ertragslage zu verbessern, reicht dagegen nach ihrem eigenen Vortrag nicht zur sozialen Rechtfertigung der Änderungskündigung aus.
4. Unter Berücksichtigung dieses wechselnden Vortrages der Beklagten (zunächst fehlende Bereitschaft, sich auf den behaupteten Druck von Kreditgebern konkret einzulassen, dann Hinweis auf eigene Kürzung des Kreditrahmens, zuletzt Schilderung des „Druckes durch Kreditgeber”) hat diese in der erneuten Verhandlung in der Tatsacheninstanz zunächst Veranlassung, substantiierter als bislang vorzutragen, wann und in welcher Form sie ihren Betriebsrat über die Reaktionen ihrer Kreditgeber unterrichtet haben will. Da es insoweit bislang an konkreten Angaben fehlt, konnten die Kläger sich zulässig darauf beschränken, die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrates pauschal mit Nichtwissen zu bestreiten (BAGE 43, 129, 135 f. = AP Nr. 10 zu § 1 KSchG 1969 Krankheit, zu B I 1 der Gründe; Stege/Weinspach, BetrVG, 6. Aufl., § 102 Rz 41).
Unterschriften
Hillebrecht, Triebfürst, Dr. Ascheid, Thieß, Mauer
Fundstellen