Entscheidungsstichwort (Thema)
Ordentliche Kündigung nach Einigungsvertrag
Normenkette
Personalvertretungsgesetz der DDR §§ 79, 82 Abs. 1, 5-6, § 116b Abs. 2; BPersVG §§ 79, 82; Bundes-Angestelltentarifvertrag-Ost § 53 Abs. 2; Bundes-Angestelltentarifvertrag-Ost § 53 Abs. 3; KSchG §§ 4, 7
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Chemnitz vom 23. September 1992 – Sa 18/92 – wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung, die der Beklagte unter Berufung auf Kapitel XIX Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 1 Abs. 4 Ziff. 1 der Anlage I zum Einigungsvertrag (künftig: Abs. 4 Ziff. 1 EV) ausgesprochen hat.
Der im Jahre 1941 geborene Kläger war vom 1. August 1963 bis zum 31. Juli 1978 Lehrer für Mathematik und Physik an öffentlichen Schulen in der ehemaligen DDR. Anschließend wurde er mit seinem Einverständnis als Lehrer für Wehrunterricht an den Oberschulen des Kreises D. eingesetzt und als „Ausbildungsleiter für Wehrunterricht” vergütet. Die Wahl fiel auf ihn, weil er Reserveoffizier war. Er übernahm nur noch aushilfsweise Unterricht in anderen Fächern. Seit dem 1. März 1990 wurde er wieder als Lehrer für Mathematik und Physik beschäftigt.
Der Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis des Klägers mit Schreiben vom 24. September 1991 ordentlich zum 31. Dezember 1991.
Der Kläger ist der Auffassung, die Kündigung sei unwirksam. Er hat vorgetragen, er habe im Rahmen seiner Tätigkeit als Lehrer für Wehrunterricht nicht gegen demokratische Prinzipien verstoßen. Ein konkretes Fehlverhalten könne ihm nicht vorgeworfen werden. Allein die Tätigkeit als Lehrer für Wehrunterricht, der die politischen Vorgaben habe beachten müssen, rechtfertige nicht die Kündigung. Er habe keineswegs Gefühle des Abscheus gegenüber dem Imperialismus geschürt. Auch aktiven Befürwortern des DDR-Systems müsse eine Neuorientierung ermöglicht werden. Nach der Wende habe er völlig unbeanstandet Unterricht erteilt. Er komme seinen dienstlichen Verpflichtungen im Sinne der Anforderungen der freiheitlichen demokratischen Grundordnung nach. Im übrigen habe der Beklagte den Personalrat nicht ordnungsgemäß beteiligt. Bis zur Bildung von Stufenvertretungen seien die bestehenden Personalräte – Schul- und Kreisschulpersonalräte – zu beteiligen gewesen. Außerdem habe der Beklagte die maßgebende Kündigungsfrist nicht beachtet. Nach § 9 der Arbeitsordnung für pädagogische Kräfte vom 29. November 1979 sei eine Kündigung frühestens zum Schuljahresschluß zulässig gewesen. Auch nach § 53 Abs. 2 BAT-O sei eine längere Kündigungsfrist einzuhalten.
Der Kläger hat beantragt
- festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung des Beklagten vom 24. September 1991 nicht beendet worden sei, sondern auf unbestimmte Zeit fortbestehe,
- für den Fall des Obsiegens mit dem Feststellungsantrag den Beklagten zu verurteilen, den Kläger zu unveränderten Bedingungen als Lehrer weiterzubeschäftigen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat vorgetragen, der Kläger habe sich als Ausbildungsleiter für Wehrunterricht in besonderem Maße mit den Zielen der SED identifiziert und diese kompromißlos unterstützt. Deshalb sei er für die Tätigkeit als Lehrer und Erzieher junger Menschen ungeeignet. Nach den staatlichen Unterrichtshilfen für Lehrer für Wehrunterricht sei die Tätigkeit des Klägers darauf angelegt gewesen, eine besondere Indoktrination und Einflußnahme auf die Schüler vorzunehmen. Der Wehrunterricht sei Mittel gewesen, die Ideologie der SED und den militärischen Drill in die Schulen zu tragen. Die Wehrunterrichtslehrer seien in Uniform auf getreten und hätten meist Offiziersgrad gehabt. Im Unterricht habe Befehlston vorgeherrscht. Der Kläger sei als besonders scharfer Wehrunterrichtslehrer bekannt gewesen, der im Unterricht niemals Stiefel und Mütze ausgezogen und die in den Wehrunterrichtsrichtlinien enthaltenen Parolen besonders vehement vertreten habe. Auf eine ordnungsgemäße Personalratsanhörung komme es aufgrund der Vorschriften des Einigungsvertrags nicht an. Für die Kündigungsfrist sei allein § 55 AGB-DDR maßgebend.
Das Kreisgericht hat der Klage stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat sie auf die Berufung des Beklagten abgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Landesarbeitsgericht zugelassene Revision des Klägers, deren Zurückweisung der Beklagte beantragt.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
A. Das Landesarbeitsgericht hat die Kündigungsschutzklage zu Recht als unbegründet abgewiesen.
I. Das Landesarbeitsgericht hat die Zulässigkeit der Kündigung gemäß Abs. 4 Ziff. 1 EV im wesentlichen damit begründet, zur persönlichen Eignung eines Angestellten des öffentlichen Dienstes gehöre es insbesondere, daß er sich durch sein gesamtes Verhalten zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen müsse. An einen Lehrer seien wegen seines erzieherischen Auftrags, seiner Vorbildfunktion und wegen der großen Beeinflußbarkeit von Kindern und Jugendlichen besonders hohe Anforderungen zu stellen. Es werde erwartet, daß er den demokratischen Rechtsstaat und seine Verfassung als einen hohen positiven Wert erkenne und anerkenne, für den einzutreten sich lohne. Ein Lehrer müsse den ihm anvertrauten Kindern und Jugendlichen glaubwürdig die Grundwerte unserer Verfassung vermitteln. Das gelte insbesondere für Krisenzeiten und in ernsthaften Konfliktsituationen, in denen der Staat darauf angewiesen sei, daß der Lehrer Partei für ihn ergreife. Diesen Anforderungen werde im allgemeinen derjenige nicht gerecht, der sich in der Vergangenheit in besonderer Weise mit dem SED-Staat identifiziert habe.
Der Kläger sei als Lehrer für Wehrunterricht auch ohne Leitungs-, Aufsichts- und Kontrollaufgaben in politisch hervorgehobener staatsunterstützender Stellung tätig gewesen. Aufgrund seiner besonderen Stellung sei er im Unterricht in Uniform aufgetreten und nicht dem Direktor der Schule, sondern dem Fachgruppenleiter für Wehrunterricht und mit diesem dem Kreisschulrat unterstellt gewesen. Nach den staatlichen Unterrichtshilfen sei es u.a. seine Aufgabe gewesen, „herauszuarbeiten, daß die Bundeswehr der BRD als Machtinstrument der aggressivsten Kräfte des BRD-Imperialismus im militärstrategischen Konzept der USA und der NATO eine wesentliche Rolle spielt”. Die Erziehungsarbeit sei darauf auszurichten gewesen, „daß die Schüler ihre Einsichten in das menschenverachtende und aggressive Wesen des Imperialismus erweitern und vertiefen” sowie erkennen, „daß die Bundeswehr als Hauptverbündeter der US-Armee die wichtigste Kraft in Westeuropa darstelle und der Bundeswehrsoldat durch eine gezielte antikommunistische Manipulierung bereit und fähig sei, jeden Befehl des imperialistischen Staates zu erfüllen”. Wer eine solche Aufgabe als Repräsentant des Unrechtsregimes der SED übernommen habe, mit der eine besonders scharfe Ablehnung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland verbunden gewesen sei, wirke unglaubwürdig, wenn er sich nunmehr für die früher von ihm bekämpften Werte einsetzen solle. Demgegenüber sei es unerheblich, daß es sich bei den staatlichen Unterrichtshilfen nur um „Empfehlungen” gehandelt habe. Auch „Empfehlungen” kennzeichneten die Aufgabe und Stellung eines Lehrers für Wehrunterricht sowie das Unterrichtsziel.
Es komme nicht darauf an, daß sich der Kläger in seiner früheren Stellung persönlich nichts habe zuschulden kommen lassen und sich bereits vor der Wende vom SED-Staat abgewandt haben wolle. Die Tätigkeit des Klägers als Lehrer für Wehrunterricht habe im Zeitpunkt der Kündigung noch nicht so lange zurückgelegen, daß Zweifel an der Verfassungstreue des Klägers als ausgeräumt gelten könnten. Auch wenn sein Unterricht seit 1990 keinen Anlaß zu Beanstandungen gebe, reiche dieser Zeitraum nicht aus, die Zweifel zu beseitigen, ob er sich in Krisenzeiten für die freiheitliche demokratische Grundordnung einsetzen werde.
Es könne dahingestellt bleiben, ob eine Interessenabwägung vorzunehmen sei. Diese führe zu keinem anderen Ergebnis. Der Kläger habe sich freiwillig im Jahre 1978 für eine Tätigkeit als Lehrer für Wehrunterricht entschieden. Persönliche Vorteile (5-Tage-Arbeitswoche statt 6-Tage-Arbeitswoche, Wegfall der Zensierung und Beurteilung von Schülern) seien für ihn nach seinen eigenen Angaben ein maßgebendes Motiv gewesen. Damit habe sich der Kläger selbst für den Beruf eines Lehrers unter den Bedingungen eines freiheitlichen demokratischen Rechtsstaates ungeeignet gemacht. Deshalb sei auch unter Berücksichtigung des Alters des Klägers dem Interesse des Beklagten, sich von politisch vorbelasteten Lehrer zu trennen, der Vorzug zu geben.
II. Die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.
1. Nach Abs. 4 Ziff. 1 EV ist die ordentliche Kündigung eines Arbeitsverhältnisses in der öffentlichen Verwaltung auch zulässig, wenn der Arbeitnehmer wegen mangelnder persönlicher Eignung den Anforderungen nicht entspricht. Die Wirksamkeit der Kündigung ist aufgrund einer auf den Kündigungszeitpunkt bezogenen Einzelfallprüfung zu beurteilen. Der Senat hat in seinen Entscheidungen vom 18. März 1993 und 4. November 1993 (– 8 AZR 356/92 – AP Nr. 12 zu Einigungsvertrag Anlage I Kap. XIX, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Gerichts vorgesehen und – 8 AZR 127/93 –, zur Veröffentlichung vorgesehen) folgende Grundsätze hierzu entwickelt:
a) Die mangelnde persönliche Eignung im Sinne von Abs. 4 Ziff. 1 EV ist eine der Person des Arbeitnehmers anhaftende Eigenschaft, die sich auch aus der bisherigen Lebensführung herausgebildet haben kann. Die persönliche Eignung eines Angestellten des öffentlichen Dienstes erfordert, daß er sich durch sein gesamtes Verhalten zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen muß. Zu den grundlegenden Prinzipien dieser Ordnung sind mindestens zu rechnen: die Achtung vor den im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechten, vor allem vor dem Recht der Persönlichkeit auf Leben und freie Entfaltung, die Volkssouveränität, die Gewaltenteilung, die Verantwortlichkeit der Regierung, die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, die Unabhängigkeit der Gerichte, das Mehrparteienprinzip und die Chancengleichheit für alle politischen Parteien mit dem Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer Opposition (vgl. BVerfGE 2, 1 – Leitsatz 2 –).
b) Die hiernach zu stellenden Anforderungen haben sich an den Aufgaben des Angestellten auszurichten. Ein Lehrer muß den ihm anvertrauten Schülern glaubwürdig die Grundwerte des Grundgesetzes vermitteln. Er muß insbesondere die Gewähr dafür bieten, daß er in Krisenzeiten und ernsthaften Konfliktsituationen zu den Grundwerten der Verfassung steht (BVerfG Beschluß vom 22. Mai 1975 – 2 BvL 13/73 – BVerfGE 39, 334 = AP Nr. 2 zu Art. 33 Abs. 5 GG).
c) Der Regelung in Abs. 4 Ziff. 1 EV liegt zugrunde, daß Arbeitnehmer von einem früheren Arbeitgeber eingestellt worden sind, mit denen der jetzige Arbeitgeber einen Arbeitsvertrag nicht geschlossen hätte, wenn er an ihrer persönlichen Eignung berechtigte Zweifel gehabt hätte. Abs. 4 Ziff. 1 EV erlaubt daher – auch – eine Prüfung, ob der früher eingestellte Arbeitnehmer für die jetzige Tätigkeit persönlich geeignet ist, ohne daß bereits Vertragsverletzungen und damit konkrete Störungen des Arbeitsverhältnisses eingetreten sein müßten. Deshalb zwingt die Regelung in Abs. 4 Ziff. 1 EV den öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber nicht, gleichsam die rechtsstaatliche Einstellung eines Arbeitnehmers zunächst zu erproben. Ein gerichtlich nur beschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum hinsichtlich der gesetzlichen Voraussetzungen des Abs. 4 EV ist damit nicht verbunden. Es gelten nicht die Grundsätze für Einstellungen in den öffentlichen Dienst, sondern die für Kündigungen (vgl. zum Beurteilungsspielraum BAG Urteil vom 6. Juni 1984 – 7 AZR 456/82 – AP Nr. 11 zu § 1 KSchG 1969 Verhaltensbedingte Kündigung, zu II 2 a aa der Gründe; BAG Urteil vom 28. Januar 1993 – 8 AZR 169/92 – AP Nr. 3 zu Art. 13 Einigungsvertrag, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu III der Gründe; BVerwG Urteil vom 27. November 1980 – 2 C 38.79 – AP Nr. 10 zu Art. 33 Abs. 2 GG, betr. die Zulassung zum Vorbereitungsdienst für das Lehramt an Volksschulen; BVerwG Urteil vom 28. November 1980 – 2 C 24.78 – AP Nr. 12 zu Art. 33 Abs. 2 GG, betr. die Entlassung eines Beamten auf Probe); denn durch eine auf Abs. 4 Ziff. 1 EV gestützte Kündigung wird in besonderer Weise in das Grundrecht der Berufsfreiheit des einzelnen Beschäftigten eingegriffen. Ein Beurteilungsspielraum kann sich nur im Rahmen der vorzunehmenden Einzelfallprüfung auf eine Abwägung besonders belastender Umstände bei der Identifikation mit den Staats- und Parteizielen in der ehemaligen DDR gegenüber spezifisch entlastenden Tatsachen zur persönlichen Eignung des Arbeitnehmers beziehen.
d) Ein Lehrer ist nicht schon deshalb ungeeignet, weil er nach den früheren gesetzlichen Bestimmungen bei der Verwirklichung der Staatsziele der DDR mitzuwirken hatte. Eine mangelnde persönliche Eignung ist aber indiziert, wenn er sich in der Vergangenheit in besonderer Weise mit dem SED-Staat identifiziert hat. Dies ist anzunehmen, wenn der Arbeitnehmer nicht nur kurzfristig Funktionen wahrgenommen hat, aufgrund derer er in hervorgehobener Position oder überwiegend an der ideologischen Umsetzung der Ziele der SED mitzuwirken hatte. Der kündigende Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes hat die vom Arbeitnehmer wahrgenommene Funktion einschließlich ihrer Grundlagen und ihrer Bedeutung in der Verfassungswirklichkeit der DDR darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen. Der Arbeitnehmer hat die Möglichkeit, die Annahme der besonderen Identifikation durch substantiierten Sachvortrag zu entkräften. Dabei können neben den Umständen der früheren Tätigkeit auch sonstige die Eignung des Arbeitnehmers begründende Tatsachen berücksichtigt werden. Liegt ein dahingehender schlüssiger und nachprüfbarer substantiierter Vortrag vor, hat der Arbeitgeber darzutun, daß die behaupteten erheblichen nachprüfbaren Tatsachen nicht vorliegen oder daß trotz dieser Umstände aus weiteren Tatsachen auf eine Ungeeignetheit zu schließen ist.
2. Bei Anwendung dieser Maßstäbe ergeben sich keine Rechtsfehler im Urteil des Landesarbeitsgerichts, die eine Aufhebung des Urteils rechtfertigen.
a) Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend vom materiell-rechtlichen Regelungsgehalt des Abs. 4 Ziff. 1 EV ausgegangen. Es hat erkannt, daß es auf die Eignung im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung und damit auf die zu diesem Zeitpunkt gegebene Sachlage ankommt. Im Hinblick darauf, daß der Kläger Lehrer ist, hat es zu Recht erhöhte Anforderungen gestellt. Die Annahme, den Anforderungen an die zu gewährleistende Verfassungstreue werde im allgemeinen derjenige nicht gerecht, der sich in der Vergangenheit in besonderer Weise mit dem SED-Staat identifiziert habe, entspricht der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Das Landesarbeitsgericht hat beachtet, daß diese Identifikation nicht nur durch eine unmittelbare intensive Parteiarbeit, sondern etwa auch in herausgehobenen Staatsämtern erfolgen kann. Es hat die Funktion des Klägers als Lehrer für Wehrunterricht in der Vergangenheit daraufhin untersucht. Ist die mangelnde persönliche Eignung des Arbeitnehmers durch längerfristige Funktionsausübung indiziert, so bedarf es zunächst keines weiteren Vortrags des öffentlichen Arbeitgebers. Auch diese Auffassung liegt dem angefochtenen Urteil zugrunde, das damit entgegen der Auffassung der Revision die Darlegungslast nicht verkannt hat.
b) Das Landesarbeitsgericht hat ohne Rechtsfehler angenommen, die langjährige Tätigkeit des Klägers als Lehrer für Wehrunterricht indiziere eine Ungeeignetheit, weiterhin als Lehrer tätig sein zu können. Es hat zutreffend darauf abgestellt, daß ein Lehrer für Wehrunterricht die freiheitliche demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland beständig abzulehnen und zu bekämpfen hatte. Hierzu hat es auf die staatlichen Unterrichtshilfen hingewiesen, die jedenfalls noch im Jahre 1988 Geltung beanspruchten. Darin kommt eine veränderte Militärdoktrin des Warschauer Paktes ab 1987, auf welche die Revision hinweist, jedenfalls nicht zum Ausdruck. Vielmehr wird der „BRD-Imperialismus” eindeutig als Hauptfeind herausgestellt. Das Landesarbeitsgericht hat die Maßgeblichkeit der staatlichen Unterrichtshilfen festgestellt. Der Kläger hat das Vorhandensein neuerer Richtlinien für die Durchführung des Wehrunterrichts zu keiner Zeit substantiiert behauptet. Er mußte demnach die Ideologie der SED nahezu zwölf Jahre lang gegenüber zahlreichen jugendlichen Schülern umsetzen. Die Annahme des Berufungsgerichts, der Kläger wirke unglaubwürdig, wenn er sich nunmehr für die früher von ihm bekämpften Werte einsetzen solle, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Dabei ist das angefochtene Urteil entgegen der Rüge der Revision nicht von einem absoluten Kündigungsgrund ausgegangen, sondern hat konkret die Situation des Klägers berücksichtigt. Der Vergleich der Revision mit ehemaligen Offizieren der Nationalen Volksarmee, die in die Bundeswehr übernommen wurden, greift wegen der ganz anders gearteten Sachlage nicht.
c) Das Landesarbeitsgericht hat in einer Einzelfallprüfung alle zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung vorliegenden Tatsachen gewürdigt. Seiner Annahme, es bestünden danach weiterhin ernsthafte Zweifel an der Verfassungstreue des Klägers, liegen keine Rechtsfehler zugrunde. Die Revision bringt hierzu nichts Erhebliches vor.
Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, der Kläger habe sich im Jahre 1978 freiwillig für eine Tätigkeit als Lehrer für Wehrunterricht entschieden. Es hat die Beweggründe des Klägers berücksichtigt, ohne diese zu seinen Gunsten oder Lasten zu bewerten. Das ist in sich widerspruchsfrei und wird von der Revision auch nicht angegriffen. Die Revision führt zwar zutreffend aus, die Tätigkeit sei in ihrer konkreten Ausübung durch den Kläger zu bewerten. Dazu bedurfte es aber eines Tatsachenvortrages. Der Kläger hätte etwa im einzelnen vortragen müssen, wie er den im Wehrunterricht vorhandenen Spielraum unter Zurückstellung der politischen Indoktrinierung zugunsten einer sachlichen Information genutzt habe. Sein allgemeiner Hinweis auf einen fehlenden Vortrag des Beklagten zu konkretem Fehlverhalten in Ausübung der Tätigkeit genügt gerade nicht, um eine indizierte Nichteignung zu entkräften.
Hätte sich der Kläger bereits vor der Wende vom SED-Staat abgewandt, so könnte das allerdings im Rahmen der Einzelfallprüfung von ausschlaggebender Bedeutung sein. Das Landesarbeitsgericht hat insoweit offenbar nur ausdrücken wollen, die unsubstantiierte Behauptung des Klägers, er habe sich bereits vor der Wende vom SED-Staat abgewandt, sei unerheblich. In der Tat ergeben weder Tatbestand noch Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils, daß die Parteien hierzu konkreten Vortrag geleistet haben. Vielmehr hat der Kläger sein Amt als Wehrunterrichtslehrer unbeanstandet bis 1990 ausgeübt.
Schließlich hat das Landesarbeitsgericht auch die Tatsache gewürdigt, daß der Unterricht des Klägers seit 1990 keinen Anlaß zu Beanstandungen gegeben hat. Wenn es den Zeitraum bis zur Kündigung als zu kurz angesehen hat, um Zweifel an einem Einsatz für die freiheitliche demokratische Grundordnung in Krisenzeiten zu beseitigen, so ist das rechtsfehlerfrei. Weiteres Verhalten des Klägers in der jüngeren Vergangenheit konnte das Landesarbeitsgericht nicht in seine Würdigung einbeziehen, da es insoweit an Tatsachenvortrag fehlt.
III. Die Kündigung ist auch nicht wegen fehlerhafter Anhörung des Personalrats unwirksam. Das hat schon das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt.
1. Nach § 79 Abs. 1 des Personalvertretungsgesetzes der DDR vom 22. Juli 1990 (GBl. I S. 1014) – PersVG-DDR –, der nahezu wörtlich mit § 79 Abs. 1 BPersVG übereinstimmt, ist der Personalrat vor ordentlichen Kündigungen zu hören. Nach § 79 Abs. 4 beider Gesetze ist eine Kündigung unwirksam, wenn der Personalrat nicht beteiligt worden ist. Kündigungsberechtigt war das Oberschulamt Leipzig. Die Schule, an der der Kläger zuletzt beschäftigt wurde, war nicht zur Kündigung berechtigt. Nach § 82 Abs. 1 PersVG-DDR/BPersVG wäre die Stufenvertretung zu beteiligen gewesen. Eine solche bestand bei der Schulaufsichtsbehörde nicht.
2. Eine andere Vertretung war nach § 82 Abs. 6, § 116 b Abs. 2 Nr. 5 PersVG-DDR nicht zu beteiligen.
a) Es kann dahingestellt bleiben, ob diese Vorschriften auf die vorliegende Kündigung überhaupt noch anzuwenden waren oder ob nicht bereits ausschließlich das Bundespersonalvertretungsgesetz galt, das eine entsprechende Regelung nicht enthält (vgl. Senatsurteil vom 9. Juni 1993 – 8 AZR 659/92 – n.v., zu B II 2 a der Gründe).
b) Auch bei Annahme der Weitergeltung der §§ 82, 116 b PersVG-DDR ergab sich nicht die Notwendigkeit, einen anderen Personalrat anzuhören.
aa) Die Regelung des § 82 Abs. 1 und Abs. 5 PersVG-DDR ist zwingend. Ist bei der für die Entscheidung zuständigen Dienststelle eine Stufenvertretung nicht gebildet worden, ergibt sich daraus entgegen der Ansicht der Revision nicht eine Beteiligungszuständigkeit des Personalrates der nachgeordneten, nicht entscheidungsbefugten Dienststelle (vgl. Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, Stand November 1993, § 82 Rz 18 und 48; Dietz/Richardi, BPersVG, 2. Aufl., § 82 Rz 6 und 22; Grabendorff/Windscheid/Ilbertz/Widmaier, BPersVG mit WO, 7. Aufl., § 82 Rz 27). Auch im Einverständnis der Beteiligten kann von der Zuständigkeitsregelung des § 82 Abs. 1 und 5 PersVG-DDR nicht abgewichen werden, so daß aus einer etwaigen Zusage, eine nicht zuständige Personalvertretung zu beteiligen, eine Zuständigkeit nicht begründet werden kann.
bb) Eine Zuständigkeit des Kreisschulpersonalrates oder des Schulpersonalrates folgt nicht aus § 82 Abs. 6 PersVG-DDR. Diese Vorschrift begründet keine neue sachliche Zuständigkeit für eine Personalvertretung. Sie betrifft, wie sich aus den dort aufgeführten Fällen des § 69 Abs. 3 und 4, §§ 70, 71, 72 Abs. 4 ergibt, die Beteiligung der Stufenvertretung im „Instanzenzug”. Wesentlich ist in diesen Fällen, daß die personalvertretungsrechtliche Zuständigkeit beim jeweils zuständigen örtlichen Personalrat liegt und die Stufenvertretungen erst in Aktion treten, nachdem die erste örtliche Ebene ausgeschöpft ist. Ist ein Hauptpersonalrat noch nicht gebildet, der im mehrstufigen Beteiligungsverfahren mitwirken kann, soll nach § 82 Abs. 6 PersVG-DDR die im Instanzenzug in einer vorangegangenen Stufe bereits beteiligte Personalvertretung oder, falls auch diese nicht vorhanden ist, die bereits beteiligte und zuständige Personalvertretung an seine Stelle treten, um sich nochmals an der zu treffenden Maßnahme zu beteiligen. Der Sinn des § 82 Abs. 6 PersVG-DDR liegt also allein darin, ein mehrstufiges Verfahren auch dann zu gewährleisten, wenn ein Hauptpersonalrat nicht besteht.
cc) Dieselben Überlegungen wie für § 82 Abs. 6 PersVG-DDR gelten auch für § 116 b Abs. 2 Nr. 5 Satz 4 PersVG-DDR. § 116 b PersVG-DDR will die in § 82 Abs. 6 PersVG-DDR getroffene Regelung nicht inhaltlich erweitern. Eine analoge Anwendung des § 82 Abs. 6 PersVG-DDR hätte das Vorhandensein einer ursprünglichen personalvertretungsrechtlichen Zuständigkeit des Kreispersonalrates und/oder Schulpersonalrates zum Zeitpunkt der Kündigung des Klägers vorausgesetzt. Auch § 116 b Abs. 2 Nr. 5 PersVG-DDR will nur den „Instanzenzug” sichern unter der Voraussetzung, daß ein personalvertretungsrechtlich erstzuständiger Personalrat vorhanden ist.
3. Die Unwirksamkeit der Kündigung kann auch nicht daraus abgeleitet werden, daß das Sächsische Staatsministerium für Kultus die Einleitung der Wahl eines Hauptpersonalrates bzw. Bezirkspersonalrates in rechtswidriger Weise unterlassen haben soll. Eine Rechtsvorschrift, aus der eine solche Folge hergeleitet werden könnte, existiert nicht und kann auch nicht aus der Denkschrift zum Vertrag über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion vom 18. Mai 1990 entnommen werden. Dem dort geäußerten Anliegen hat das PersVG-DDR bereits Rechnung getragen.
IV. Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, daß sich die Kündigungsfrist nach dem gemäß Abs. 4 Satz 4 EV anwendbaren § 55 Abs. 2 des Arbeitsgesetzbuches der Deutschen Demokratischen Republik – AGB-DDR – richtet und mit der Kündigung vom 24. September 1991 zum 31. Dezember 1991 eingehalten ist. Die Kündigungsfrist von 3 Monaten zum Schuljahresende gemäß § 9 der Arbeitsordnung für pädagogische Kräfte vom 29. November 1979 (GBl. I S. 444), zuletzt geändert durch die zweite Verordnung zur Arbeitsordnung für pädagogische Kräfte vom 25. Januar 1990 (GBl. I S. 24), war nach dem 2. Oktober 1990 nicht mehr anwendbar. Diese Bestimmung gehört nicht zu dem in Anlage I zum Einigungsvertrag aufgeführten DDR-Recht, das seit dem 3. Oktober 1990 als Bundesrecht weitergilt. Dementsprechend könnte sie nur gemäß Art. 9 EV als Landesrecht weitergelten, wenn der Beklagte die Gesetzgebungskompetenz für den Erlaß dieser Kündigungsfristenregelung besäße. Die Regelung der Kündigungsfristen für Lehrkräfte gehört jedoch nicht zum Schulrecht, sondern zum materiellen Arbeitsrecht. Insofern hat der Bund von seinem konkurrierenden Gesetzgebungsrecht Gebrauch gemacht.
Die Kündigungsfrist des § 53 Abs. 2 BAT-O findet unabhängig von der Tarifbindung der Parteien nach § 53 Abs. 3 BAT-O keine Anwendung. Diese Bestimmung stellt ausdrücklich klar, daß die Regelungen des Einigungsvertrages in Anlage I Kapitel XIX Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 1 vorgehen (BAG Urteil vom 25. März 1993 – 6 AZR 252/92 – BB 1993, 2162, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Gerichts vorgesehen).
B. Der Kläger hat in der Revisionsinstanz klargestellt, daß sein Feststellungsantrag allein den punktuellen Streitgegenstand der §§ 4, 7 KSchG umfaßt. Der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses war daher nicht mehr zu prüfen.
C. Der Weiterbeschäftigungsantrag war ausdrücklich nur für den Fall des Obsiegens mit dem Feststellungsantrag gestellt. Er fällt nicht zur Entscheidung an, weil der Kläger mit seinem Feststellungsantrag unterlegen ist.
D. Der Kläger hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.
Unterschriften
Dr. Ascheid, Dr. Müller-Glöge, Dr. Mikosch, Schmidt, Dr. Pühler
Fundstellen