Näher zu beleuchten gilt es die Situation eines mehrfachen Arbeitgeberwechsels innerhalb des TV-L im Laufe des Erwerbslebens der Beschäftigten.
Der Arbeitnehmer war vom 01.11.1990 bis zum 14.10.2002 beim Land Baden-Württemberg beschäftigt. Vom 15.10.2002 bis einschließlich 30.06.2006 stand er in einem Arbeitsverhältnis zu einer Universität, die dem Geltungsbereich des TV-L unterliegt. Seit dem 01.07.2006 ist er beim Land Niedersachsen angestellt. Der Arbeitnehmer vertrat die Auffassung, dass die Zeiten in beiden Vorbeschäftigungsverhältnissen als Beschäftigungszeit anzurechnen ist und er somit Anspruch auf das Jubiläumsgeld hat.
Der Arbeitgeber rechnete nur die Zeit in dem unmittelbar davorliegenden Arbeitsverhältnis zur Universität nach § 34 Abs. 3 S. 3 TV-L auf die Beschäftigungszeit an.
Das BAG entschied zu einem vergleichbar gelagerten Sachverhalt im Geltungsbereich des TVöD:
Die knapp zwölfjährige Beschäftigung des Arbeitnehmers beim Land Baden-Württemberg vom 01.11.1990 bis zum 14.10.2002 gilt im Arbeitsverhältnis mit dem Land Niedersachsen nicht als Beschäftigungszeit i. S. v. § 34 Abs. 3 Satz 3 oder Satz 4 TVöD. Die Voraussetzung des "Arbeitgeberwechsels" ist bezogen auf das Land Baden-Württemberg nicht erfüllt. Nur die ca. drei Jahre und acht Monate dauernde Beschäftigung bei der Universität ist als Beschäftigungszeit anzurechnen.
§ 34 Abs. 3 Satz 3 TVöD bezieht sich nur auf den unmittelbar vorherigen Arbeitgeber und nicht auf frühere Arbeitgeber. Gleiches gilt hinsichtlich eines Arbeitgeberwechsels zwischen öffentlich-rechtlichen Arbeitgebern nach § 34 Abs. 3 Satz 4 TV-L. „Wechseln“ bedeutet nach allgemeinem Sprachgebrauch „sich ablösen“, „sich abwechseln“, „sich ändern“, „aufeinanderfolgen“. Ein Wechsel im Sinne einer Ablösung oder einer Nachfolge bezieht sich demnach nur auf das unmittelbar Vorausgegangene, nicht auf die noch weiter zurückliegende Vergangenheit. Durch das Erfordernis des „Wechsels“ haben sich die Tarifvertragsparteien gegen eine Berücksichtigung jeglicher im öffentlichen Dienst zurückgelegter Beschäftigungszeiten entschieden.
Das BAG begründet seine Auffassung mit dem eindeutigen Wortlaut von § 34 Abs. 3 S. 3 und S. 4 TVöD. In den genannten Vorschriften werde der vorherige Arbeitgeber stets im Singular bezeichnet ("Zeiten bei dem anderen Arbeitgeber" bzw. " Wechsel von einem anderen öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber"). Nur bezüglich dieses einen vorherigen anderen Arbeitgebers kann ein Wechsel in das aktuelle Arbeitsverhältnis vorliegen.
Dieses am Wortlaut orientierte Verständnis der Norm steht nach Auffassung des BAG nicht im Widerspruch zur Zielsetzung der Vorschrift, nach der die Tarifvertragsparteien die Treue zum Flächendienst honorieren und insoweit dem Gedanken der Einheit des öffentlichen Dienstes Rechnung tragen wollen.
Dies zwingt aber nicht zu einer unbegrenzten Rückwirkung bei der Anerkennung von Beschäftigungszeiten.
Für den Bund und die Obersten Bundesbehören lässt das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat mit Rundschreiben vom 12.05.2021, Az. D5-31001/20#2 eine übertarifliche Anrechnung wie folgt zu:
Das Bundesministerium hat im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen sein Einverständnis erklärt, dass abweichend vom Urteil des BAG vom 19.11.2020 bei der Festsetzung der Beschäftigungszeit alle vorherigen Zeiten bei einem Arbeitgeber nach § 34 Absatz 3 Satz 3 und 4 TV-L als Beschäftigungszeit für die Berechnung des Anspruchs und der Dauer des Krankengeldzuschusses (§ 22 Abs. 3 TVöD) und das Jubiläumsgeld (§ 23 Abs. 2 TVöD) anerkannt werden können. Nach der Verlautbarung des Ministeriums kann mit dieser übertariflichen Maßnahme die bewährte Verwaltungspraxis gemäß dem Rundschreiben vom 22.12.2005 – DII2-220 210-2/0 – fortgesetzt werden. Das Ministerium geht davon aus, dass Mehraufwendungen innerhalb der bestehenden Finanzplanungsansätze aufgefangen werden.