Entscheidungsstichwort (Thema)
Annahme Verzug. böswilliges Unterlassen
Leitsatz (amtlich)
Wird einem Arbeitnehmer wegen einer unstreitigen Vertragsverletzung außerordentlich gekündigt und erweist sich diese Kündigung als unverhältnismäßig, muss sich der Arbeitnehmer, der mit dem Kündigungsschutzantrag gleichzeitig den Weiterbeschäftigungsantrag gestellt hat, den unterlassenen Verdienst anrechnen lassen, wenn er nach Verkündung des arbeitsgerichtlichen Urteils der Aufforderung, im Rahmen eines Prozessrechtsarbeitsverhältnisses zu arbeiten, nicht nachkommt.
Leitsatz (redaktionell)
Das Bundesarbeitsgericht bittet, sämtliche Schriftsätze in 7-facher Ausfertigung bei dem Bundesarbeitsgericht einzureichen.
Normenkette
BGB § 615 Sätze 1, 8
Verfahrensgang
ArbG Trier (Urteil vom 20.02.2002; Aktenzeichen 4 Ca 1992/00) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 20.02.2002 – 4 Ca 1992/00 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Ansprüche des Klägers für Zeiten seiner Nichtbeschäftigung. Der 61-jährige Kläger ist seit dem 20.08.1979 bei der Beklagten zu einem Bruttomonatsgehalt von zuletzt 4.700,– DM als Versandmitarbeiter beschäftigt gewesen. Am 14.11.2000 kam es anlässlich einer Arbeitsanweisung für den Kläger zu einem Wortwechsel zwischen dem Kläger und seinem Vorgesetzten, dem Prokuristen Sch. Das Gespräch endete damit, dass der Kläger zuletzt im Beisein einer Arbeitskollegin den Prokuristen mit den Worten anschrie er sei „das größte Arschloch, was im Betrieb rumlaufe”. Wegen dieses Vorfalls kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 20.11.2000 fristlos, hilfsweise ordentlich zum 30.06.2001. Gegen die Kündigung erhob der Kläger Kündigungsschutzklage. Gleichzeitig beantragte er für den Fall des Obsiegens in erster Instanz die Weiterbeschäftigung zu den bisherigen Arbeitsbedingungen.
Mit Teil-Urteil vom 14.03.2001, den Parteien zugestellt am 29. bzw. 30.03.2001 gab das Arbeitsgericht Trier der Kündigungsschutzklage des Klägers statt und verurteilte die Beklagte zur Weiterbeschäftigung. Das Arbeitsgericht stützte die Entscheidung auf eine umfassende Interessenabwägung mit dem Ergebnis, dass der Ausspruch einer Kündigung nicht verhältnismäßig sei. Die gegen das Urteil gerichtete Berufung der Beklagten blieb erfolglos, auch die erkennende Kammer sah mit Urteil vom 16.08.2001 (4 Sa 447/01) den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht gewahrt und wies die Berufung der Beklagten zurück. Unter dem 28.03.2001, das Schreiben ging dem Kläger nicht vor dem 31.03.2001 zu, schrieb die Beklagte wörtlich:
„Aufgrund des ergangenen Teil-Urteils des Arbeitsgerichts Trier fordern wir Sie hiermit auf, ihre Beschäftigung mit sofortiger Wirkung wieder aufzunehmen. Verstehen Sie diese Beschäftigung nicht als normale Weiterbeschäftigung, sondern als Prozessbeschäftigung geltend bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens”.
Durch Schreiben vom 02.04.2001 antwortete die Prozessbevollmächtigte des Klägers wörtlich:
„Unter Bezugnahme auf Ihr Schreiben vom 28.03.2001 teilen wir Ihnen mit, dass unser Mandant an einem Prozessrechtsarbeitsverhältnis nicht interessiert ist. Sie haben unserem Mandanten verhaltensbedingt gekündigt. Zu der Annahme eines Prozessrechtsarbeitsverhältnisses ist er damit auch nicht verpflichtet.”
Der Kläger hat bei der Beklagten ab dem 01.10.2001 seine Tätigkeit wieder aufgenommen, er war vom 20.08. bis 28.09.2001 arbeitsunfähig erkrankt.
Mit der vorliegenden Klage verfolgt der Kläger, soweit noch für das Berufungsverfahren von Bedeutung Vergütungsfortzahlung aus Annahmeverzug für die Zeit vom 01.04. bis 31.08.2000. Er macht weiter geltend ebenfalls aus den Grundsätzen des Annahmeverzuges einen Monatsbetrag von 56,22 EUR, hierbei handelt es sich um Beträge, die laut einer Betriebsvereinbarung von der bisherigen Vergütung des Klägers einbehalten wurden.
Der Kläger hat geltend gemacht, die Beklagte habe den Annahmeverzug nicht beendet, für ihn sei es, da eine verhaltensbedingte außerordentliche Kündigung ausgesprochen wurde, unzumutbar, dem Angebot auf Weiterbeschäftigung in einem Prozessrechtsarbeitsverhältnis nachzukommen. Deswegen liege auch kein böswilliges Unterlassen anderweitigen Erwerbs vor.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, der Kläger müsse sich den unterlassenen Verdienst, der ihm zugeflossen wäre, hätte er das Arbeitsangebot der Beklagten angenommen, anrechnen lassen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Trier vom 20.02.2002 verwiesen. Im vorbezeichneten Urteil hat das Arbeitsgericht, soweit für das Berufungsverfahren noch von Bedeutung, die Klage abgewiesen. Es hat im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger hätte ab dem 01.04.2001 zur Meidung der Anrechnung anderweitigen Verdienstes dem Angebot der Beklagten nachkommen müssen, dies folge insbesonder...