Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Vertrauen auf Nichtkündigung innerhalb Wartezeit nach Ablauf der Probezeit. Kündigung kurz vor Ablauf der Sechs-Monats-Frist kein unzeitgemäßer Zeitpunkt. Keine Sitten- oder Treuwidrigkeit der Kündigung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Arbeitnehmer kann nicht darauf vertrauen, dass er nach Ablauf der Probezeit nicht doch noch innerhalb der Wartezeit von sechs Monaten gekündigt wird.

2. Eine Kündigung kurz vor Ablauf der Wartezeit erfolgt nicht zur Unzeit.

3. Kündigungen können maßregelnd im Sinne des § 612a BGB sein.

 

Normenkette

BGB §§ 138, 242, 612 a; KSchG § 1 Abs. 1; BGB §§ 305 ff.; ZPO § 97 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Ludwigshafen (Entscheidung vom 19.11.2020; Aktenzeichen 5 Ca 834/19)

 

Tenor

  1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein - Auswärtige Kammern Landau - vom 19. November 2020, Az. 5 Ca 834/19, wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
  2. Die Revision wird nicht zugelassen.
 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Wartezeitkündigung und Zahlungsansprüche.

Der 1965 geborene Kläger (geschieden, zwei Kinder) war seit dem 01.05.2019 bei der Beklagten, die an mehreren Standorten Einrichtungs- und Küchenhäuser betreibt, als "Leiter Küchenhaus" beschäftigt. Die Beklagte beschäftigt wesentlich mehr als zehn Arbeitnehmer. Im schriftlichen Arbeitsvertrag mit Datum vom 02.04.2019 haben die Parteien ua. folgendes vereinbart:

"5. Vergütung

Der Mitarbeiter erhält für seine Leistungen:

5.1. Ein monatliches Fixum in Höhe von € 2.500,- (in Worten: ...) brutto.

5.2. Für die Betreuung der Ausbildungsakademie eine monatliche Prämie in Höhe von € 500,- (in Worten: ...) brutto.

5.3. Eine Hausumsatzprovision von 3, aus dem Monatsumsatz des ihm unterstellten Hauses.

5.4 Ein monatliches Bruttoabsicherungsgehalt in Höhe von 5000,- Euro (in Worten: ...) gilt als vereinbart.

5.5. Jahresprämie ab 2020 bei Erreichen der Küchenhaus-Umsatz-Planzahlen:

€ 2.500,00 (in Worten: ...) brutto (2019 anteilig). Ist das Arbeitsverhältnis gekündigt (...) entfällt die Prämie. ...

5.6. Jahresprämie ab 2020 bei Erreichen der Küchenhaus-Deckungs- Beitrags-Planzahl: € 2.500,00 (in Worten: ...) brutto (2019 anteilig). Ist das Arbeitsverhältnis gekündigt (...) entfällt die Prämie.

...

8. Vertragsdauer und Kündigungsfristen

8.1. Die Probezeit beträgt 3 Monate und kann aus wichtigen Gründen verlängert werden. Innerhalb der Probezeit beträgt die Kündigungsfrist zwei Wochen.

8.2 Die Kündigungsfrist für eine ordentliche Kündigung von 3 Monaten zum Monatsende gilt hiermit als vereinbart. ..."

Nach Ablauf der dreimonatigen Probezeit zahlte die Beklagte dem Kläger ab August 2019 eine monatliche Zulage iHv € 500,00 brutto. In einem Schreiben vom 15.07.2019 heißt es hierzu:

"... wie im persönlichen Gespräch vereinbart, werden wir Ihnen ab 01.08.2019 eine monatliche Zulage in Höhe von € 500,00 brutto abrechnen.

Wir freuen uns auf eine weitere Zusammenarbeit und grüßen Sie freundlich."

Die Beklagte stellte dem Kläger einen Dienstwagen zur Verfügung, dessen geldwerter Vorteil mit € 381,00 (1%) sowie € 22,80 (Whg/Arbeit) berechnet wurde. Sie übernahm für den Kläger, der mit Hauptwohnsitz in A-Stadt wohnt, in den ersten drei Monaten die Kosten für eine Unterkunft in L.. Die Beklagte rechnete auszugsweise wie folgt ab:

Monat 2019/2020

Fixum €

Prämie Akademie€

Umsatzprovision €

Ausgleich Garantie €

Zulage €

Kfz €

Summe €

Mai

2.500,00

500,00

1.542,25

457,75

x

x

5.000,00

Juni

2.500,00

500,00

1.527,68

472,32

x

x

5.000,00

Juli

2.500,00

500,00

1.658,23

341,77

x

x

5.000,00

Aug.

2.500,00

500,00

1.555,67

444,33

500,00

402,80

5.902,80

Sept.

2.500,00

500,00

1.533,35

466,65

500,00

402,80

5.902,80

Okt.

2.500,00

500,00

1.671,76

328,24

500,00

402,80

5.902,80

Nov.

2.500,00

500,00

1.588,04

411,96

500,00

402,80

5.902,80

Dez.

2.500,00

500,00

1.461,51

638,49

500,00

402,80

5.902,80

Jan.

2.500,00

500,00

1.551,01

448,99

500,00

402,80

5.902,80

Außerdem gewährte sie dem Kläger im Juni 2019 ein Urlaubsgeld iHv € 333,33 brutto, im September und Oktober eine Vergütung "VSO" iHv je € 87,50 brutto. Mit Neuberechnung aus Juni 2020 zahlte sie ihm noch weitere € 451,01 brutto.

Mit Schreiben vom 23.10.2019 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 31.01.2020. Gegen diese Kündigung erhob der Kläger mit Schriftsatz vom 05.11.2019 Klage. Er machte geltend, die Kündigung sei zur Unzeit erklärt worden; er habe sich ab 01.08.2019 auf eigene Kosten eine Zweitwohnung in L. gemietet. Es sei sitten- und treuwidrig, dass die Beklagte nach Ablauf der bestandenen Probezeit das Arbeitsverhältnis kündige. Sie habe nicht einmal angedeutet, dass sie mit seinen Leistungen oder seinem Verhalten nicht zufrieden sei, sondern die Probezeit ablaufen lassen und ihm darüber hinaus eine Zulage gewährt. Außerdem macht er - zuletzt noch - Zahlungsansprüche iHv. € 40.988,50 brutto geltend. Ihm stehe zusätzlich zu der gezahlten Umsatzprovision von Mai bis Juli 2019 eine Vergütung von € 8.000,00 brutto (€ 2.500,00 Fixum + € 5.000,00 Bruttoabsic...

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