Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialversicherung. Tätigwerden aufgrund projektgebundener Einzelaufträge als "Toningenieur", "Sound Designer" und "Pro Tools Operator". abhängige Beschäftigung. selbstständige Tätigkeit. Abgrenzung. arbeitsgerichtlichen Grundsätze zur arbeitsrechtlichen Beurteilung programmgestaltender Mitarbeiter nicht übertragbar auf Sozialversicherungsrecht. Annahme einer ausreichenden Altersvorsorge iSv § 7a Abs 6 S 1 Nr 2 SGB 4. Vorliegen einer "Entscheidung" iSv § 7a Abs 6 S 1 SGB 4
Orientierungssatz
1. Die vom BAG auf der Grundlage der Rechtsprechung des BVerfG entwickelten Grundsätze zur arbeitsrechtlichen Beurteilung programmgestaltender Mitarbeiter lassen sich nicht auf die Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung im Sinne von § 7 Abs 1 SGB 4 und selbständiger Tätigkeit übertragen.
2. Zur sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung einer Tätigkeit als "Toningenieur", "Sound Designer" und "Pro Tools Operator" für Fernsehsender im Rahmen von projektgebundenen Einzelaufträgen ohne die Möglichkeit einer programmgestaltenden Mitwirkung.
3. Nach der überwiegend vertretenen Auffassung ist eine im Sinne von § 7a Abs 6 S 1 Nr 2 SGB 4 ausreichende Altersvorsorge anzunehmen, wenn das Risiko des Alters abgesichert ist. Dieses kann durch eine freiwillige Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung oder durch eine private Lebens-/Rentenversicherung für den Fall des Erlebens des 60. oder eines höheren Lebensjahres erfolgen.
4. § 7a Abs 6 SGB 4 ist dahingehend einschränkend auszulegen, dass es einer Absicherung gegen das finanzielle Risiko von Krankheit nicht bedarf, wenn bereits aus anderen Gründen (hier: gemäß § 5 Abs 5 SGB 5) Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Krankenversicherung besteht (vgl LSG Berlin-Potsdam vom 18.9.2013 - L 9 KR 384/11, juris RdNr 35 ff).
5. Soweit der Gesetzgeber in § 7a Abs 6 S 1 SGB 4 an den Begriff der "Entscheidung" anknüpft, ist hiermit nur eine solche über die Feststellung der Versicherungspflicht gemeint. Die Bekanntgabe eines Bescheides, der lediglich das Vorliegen eines Elementes der Versicherungspflicht, namentlich einer Beschäftigung, regelt reicht dagegen nicht (vgl LSG Berlin-Potsdam vom 18.9.2013 - L 9 KR 384/11 juris RdNr 30, LSG Stuttgart vom 17.12.2013 - L 11 R 2190/12, juris RdNr 60; Entgegen LSG München vom 28.5.2013 - L 5 R 863/12, juris RdNr 52).
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 15.3.2011 geändert. Der Bescheid der Beklagten vom 24.1.2011 und der Widerspruchsbescheid vom 21.11.2008 werden aufgehoben. Es wird festgestellt, dass der Kläger in seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1.) am 8. und 9.2., 15.2., 22.2., 25. bis 29.2., 3. bis 6.3., 11. bis 13.3., 18. bis 20.3., 3.4., 7. bis 11.4., 17. und 18.4., 23. bis 25.4., 6.10., 9.10, 14. bis 18.10., 22. bis 25.10., 29.10. bis 1.11., 6. bis 8.11., 14.11., 21.11., 28.11., 9. bis 13.12.2008, 15.1., 20.1., 23.1., 27.1., 30.1., 3.2., 6.2., 10.2., 13. und 14.2., 17.2., 7.9., 2.10. bis 5.10., 10. bis 17.10., 23. und 24.10., 28. bis 31.10., 4. bis 7.11., 11. bis 14.11., 18. bis 21.11., 27. und 28.11., 4. und 5.12., 11. und 12.12., 18. und 19.12., 29.9. bis 1.10.2009, 5.1., 8.1., 12.1., 15.1., 19.1., 25. und 26.1., 29.1., 2.2., 4. und 5.2.2010 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- oder Rentenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung oder nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers aus dem gesamten Verfahren. Im Übrigen sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.
Gerichtskosten fallen in beiden Instanzen nicht an.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens (§ 7a Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch [SGB IV]) über die Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung wegen einer für die Beigeladene zu 1) erbrachten Tätigkeit als "Toningenieur", "Pro Tools Operator" sowie als "Sounddesigner".
Die im Handelsregister (HR B 00000) des Amtsgerichts (AG) L eingetragene Beigeladene zu 1) bietet nach dem Inhalt des Registereintrags für Fernsehsender redaktionelle Ausarbeitungen im Bereich Wort und Bild, die Nachbearbeitung von Wort und Bild aller Art, die Planung und Beratung von Medienproduktionen, die Durchführung von Fernsehproduktionen, Kompositionen und die Berichterstattung über Medienevents an. Kunden der Beigeladenen zu 1) sind u.a. private Fernsehanstalten, für welche die Beigeladene zu 1) in dem Zeitraum von Februar 2008 bis Februar 2010 Dienstleistungen im Rahmen der Realisierung der TV-Formate "Deutschland sucht den Superstar", "Tarzan sucht Jane", "Schwiegertochter gesucht", "Ich weiß, wer gut für Dich ist" sowie "Supertalent" übernommen hat. Zur Erfüllung ihrer Vertragspflichten bedient sich die Beigeladene zu 1)...