Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialversicherungspflicht bzw -freiheit. Chefredakteur einer Kirchenzeitung. Werkvertrag. abhängige Beschäftigung. selbstständige Tätigkeit

 

Orientierungssatz

1. Ist der Chefredakteur einer Zeitung in die Organisation seines Auftraggebers eingegliedert und diesem gegenüber weisungsgebunden, ist ein festes zeitliches Arbeitsvolumen pro Jahr bei einer festen jährlichen Vergütung vereinbart und hat er ein unternehmerisches Risiko nicht zu tragen, so ist von dem Bestehen einer abhängigen Beschäftigung auszugehen.

3. Dieser Zuordnung widerspricht nicht das Fehlen eines Entgeltfortzahlungsanspruchs im Krankheitsfall und von bezahltem Urlaub.

4. Die steuerrechtliche Bewertung des Vertragsverhältnisses ist unerheblich.

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 26.08.2016 wird zurückgewiesen und die Klage gegen den Bescheid vom 16.11.2018 abgewiesen. Die Kosten des Berufungsrechtszuges trägt die Klägerin mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die ihre Kosten selbst tragen. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird endgültig auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahren (§ 7a Sozialgesetzbuch Viertes Buch [SGB IV]) darüber, ob die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) für Klägerin vom 1.7.2011 bis zum 31.12.2016 als Chefredakteur der Kirchenzeitung für das Bistum B der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.

Bei der Klägerin handelt es sich um eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (Amtsgericht [AG] B, HRB xxx) mit dem Unternehmensgegenstand "Verlag, Herstellung und Vertrieb von Büchern, Zeitschriften und elektronischen Medien, Handel mit einschlägigen Artikeln und alle diesem Hauptzweck dienenden Rechtsgeschäften". Hauptgesellschafter der Klägerin ist der jeweilige Generalvikar des Bistums B mit einer jeweiligen Gesamtbeteiligung von 89,20% bzw. später 90,55%.

Die Zusammenarbeit der Klägerin mit dem Bistum B erfolgte im streitigen Zeitraum auf der Basis des Gesellschaftsvertrages der Klägerin in der Fassung vom 8.5.2006 (GesV), auf den Bezug genommen wird. Nach dessen § 7 Abs. 4 GesV hat die Geschäftsführung vor der Anstellung eines Chefredakteurs bzw. vor der Ernennung seines Stellvertreters das Einvernehmen mit dem Herausgeber herbeizuführen. Herausgeber der Kirchenzeitung ist das Bistum B.

Die Kirchenzeitung erscheint im wöchentlichen Turnus in neun Regionalausgaben als Print-Ausgabe und E-Paper im Verlag der Klägerin. In den meisten Wochen des Jahres ist sie 40 Seiten stark. In der nachrichtenarmen Zeit (z.B. Sommerferien) erscheint die Zeitung in einem Umfang von 32 Seiten. Sie besteht aus einem überregionalen Teil, einem Bistumsteil, regionalen Seiten sowie den Pfarrnachrichten und Anzeigen. Im Einzelnen umfasst der überregionale Teil zwölf Seiten. Dazu gehören die Rubriküberschriften: Werkstatt, Unterhaltung, Service, Thema der Woche, Aus aller Welt, Horizonte, Glauben heute sowie Medien. Die entsprechenden überregionalen Beiträge erscheinen nicht nur in der Kirchenzeitung für das Bistum B, sondern auch in den Kirchenzeitungen, die von den anderen deutschen Bistümern herausgegeben werden. Dieser überregionale Teil der Kirchenzeitung wird von der zentralen Redaktion der Verlagsgruppe C GmbH ("Verbund P") mit Sitz in P erstellt. Daneben umfasst die 40seitige Kirchenzeitung 17 Seiten (ansonsten zwölf Seiten), die das regionale Geschehen betreffen, den sog. Bistumsteil sowie den jeweiligen Regionalteil. Die Seiten betreffen die Überschriften: Bistum, Aus der Region und Bei den Nachbarn. Hinzu kommt das Titelblatt der Zeitung. Während die Seiten "Bistum" und "Bei den Nachbarn" im gesamten Bistumsgebiet identisch sind, beinhalten die Seiten "Aus der Region" Berichterstattungen über unterschiedliche Ereignisse in den jeweiligen Bistumsregionen (B Stadt, B Land, N, L usw.). Bei der Rubrik "Pfarrnachrichten" handelt es sich um die Ankündigung der kirchlichen Ereignisse im jeweiligen regionalen Verbreitungsgebiet (z.B. Gottesdienstordnung der Kirchengemeinden). In der 40seitigen Ausgabe der Kirchenzeitung umfassen die Pfarrnachrichten üblicherweise sechs Seiten und die Anzeigen insgesamt fünf Seiten.

Die Klägerin kooperiert hinsichtlich des überregionalen Teils der Kirchenzeitung seit 2004 mit der O Verlagsgesellschaft (O), welche zwischenzeitlich in Verlagsgruppe C GmbH umfirmierte, einem Zusammenschluss von vier katholischen Kirchenzeitungsverlagen. Die Verlagsgruppe unterhält eine Zentralredaktion, die den überregionalen Teil für die Kirchenzeitungen der Gesellschafter sowie für andere Verlage (z.B. die Klägerin) erstellt. Die publizistische Eigenständigkeit der beteiligten Bistumszeitungen, die sich auf die Berichterstattung aus ihrem Verbreitungsgebiet konzentrieren können, bleibt in diesem Kooperationsmodell erhalten.

Der Kooperation liegt der am 19.7.2004 durch die Klägerin noch m...

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