Das Berufsbildungsgesetz sieht in § 8 die Möglichkeit der Verkürzung oder Verlängerung der Ausbildungsdauer durch Entscheidung der zuständigen Stelle vor. Sowohl die Verkürzung als auch die Verlängerung der Ausbildungszeit sind antragsbedürftige Verwaltungsakte, mit deren positiven Bekanntgabe die Ausbildungsdauer unmittelbar verändert wird. Insofern bedarf es zwar keiner entsprechenden Anpassung des im Ausbildungsvertrag ursprünglich festgelegten Ausbildungsendes, sie ist aber aus Gründen der Transparenz und Information der Auszubildenden zu empfehlen; die Anpassung kann z. B. mittels eines Änderungsvertrages oder eines Nachtrages zum Ausbildungsvertrag erfolgen.
Wird der Ausbildungsvertrag nachträglich geändert, so gelten gem. § 11 Abs. 4 BBiG die Absätze 1-3 des § 11 BBiG entsprechend. Ferner haben Ausbildende gem. § 36 Abs. 1 Satz 4 BBiG die Eintragung der Änderung in das Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse zu beantragen.
2.3.1.1.1 Verkürzung der Berufsausbildung
Die zuständige Stelle ist gem. § 8 Abs. 1 Satz 1 BBiG auf gemeinsamen Antrag des Auszubildenden und Ausbildenden hin verpflichtet, die Ausbildungszeit zu kürzen, wenn zu erwarten ist, dass das Ausbildungsziel in der gekürzten Zeit erreicht wird. Ob eine entsprechende Prognose abgegeben werden kann, hängt zum einen maßgeblich von den Leistungen des Auszubildenden ab. Dieser muss entsprechende Tatsachen im Einzelnen darlegen, damit die zuständige Stelle den Sachverhalt bewerten kann. Zum anderen wird die zuständige Stelle auch prüfen, ob der Auszubildende auch innerhalb der verkürzten Ausbildungszeit mit allen wesentlichen Betriebsabläufen vertraut gemacht werden kann. Die entsprechende Kenntnis hierüber hat der Ausbildende der zuständigen Stelle zu verschaffen.
Zu beachten ist, dass die bloße Eintragung des Ausbildungsvertrages in das von der zuständigen Stelle geführte Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse (siehe hierzu Ziffer 2.2.1.4) nicht als konkludenter Kürzungsantrag nebst konkludenter Bewilligung anzusehen ist.
2.3.1.1.2 Verlängerung der Berufsausbildung
In Ausnahmefällen kann die zuständige Stelle auf Antrag des Auszubildenden die Ausbildungszeit verlängern. Voraussetzung hierfür ist nach § 8 Abs. 2 Satz 1 BBiG, dass die Verlängerung erforderlich ist, um das Ausbildungsziel zu erreichen. Die zuständige Stelle hat vor ihrer Entscheidung den Ausbildenden anzuhören (§ 8 Abs. 2 Satz 2 BBiG). Zur Beschleunigung des Verfahrens empfiehlt es sich deshalb, dem Antrag auf Verlängerung eine Stellungnahme des Ausbildenden beizufügen. Da § 8 Abs. 2 Satz 1 BBiG eine Ausnahmeregel aufstellt, sind Verlängerungsgründe nur außergewöhnliche, nicht alltägliche Fallgestaltungen, die die Ausbildung planwidrig erschwert haben; der Wunsch, bis zur Abschlussprüfung weiterhin Berufsausbildungsbeihilfe zu erhalten, gehört nicht zu den nach § 8 Abs. 2 Satz 1 BBiG berücksichtigungsfähigen Gründen.
Denkbar ist eine Verlängerung z. B. bei einem Ausfall der Ausbildung aus betrieblichen Gründen, der Inanspruchnahme der Mutterschutzfristen vor und nach der Entbindung oder längeren Krankheitszeiten des Auszubildenden, die das Erreichen des Ausbildungsziels gefährden. Ein Anspruch auf Verlängerung der Ausbildungszeit gem. § 8 Abs. 2 BBiG scheidet nach einem Beschluss des Verwaltungsgerichts Gießen indessen aus, wenn der Auszubildende innerhalb eines 3-jährigen Ausbildungsverhältnisses aufgrund Erkrankungen nur etwa 2 Monate Ausbildung absolvieren konnte und deshalb eine Verlängerung derart lang bemessen sein müsste, dass nahezu die gesamte Ausbildung nachgeholt werden müsste. Die Erwartung, dass eine anstehende Abschlussprüfung aufgrund mangelhafter beruflicher Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten nicht bestanden wird, reicht für sich genommen nicht als Verlängerungsgrund aus.