§ 8 Abs. 1 Satz 2 BBiG regelte in seiner bis zum 31.12.2019 geltenden Fassung, dass Ausbildende und Auszubildende auch die Verkürzung der täglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit beantragen können, soweit hierfür ein berechtigtes Interesse der/des Auszubildenden nachgewiesen wurde. Durch ihre Positionierung in § 8 Abs. 1 stellte die Ausbildung in Teilzeit einen Unterfall der Verkürzung der Ausbildungszeit dar. Diese kam in erster Linie für leistungsstarke Auszubildende und für Auszubildende, die Kinder betreuen oder einen Angehörigen pflegen, in Betracht.
Mit der BBiG-Novelle 2020 ist die Möglichkeit der Teilzeitberufsausbildung formal aus § 8 BBiG herausgelöst und in einer eigenen Vorschrift - § 7a BBiG - neu geregelt und dabei deutlich flexibilisiert worden. Hierdurch steht auch Personen, bei denen das Erreichen des Ausbildungsziels bisher bei einer verkürzten Ausbildungszeit nicht zu erwarten war, die Option der Teilzeitberufsausbildung zur Verfügung. Da anders als bisher auf die Anforderung des "berechtigten Interesses" verzichtet wird, können nunmehr auch Auszubildende, die die insoweit anerkannten Gründe wie Kindererziehung oder die Pflege von Angehörigen nicht nachweisen konnten, eine Teilzeitberufsausbildung absolvieren.
Voraussetzung hierfür ist, dass über die Ausbildung in Teilzeit eine Verständigung zwischen der/dem Auszubildenden und dem Ausbildenden erfolgt, denn der Gesetzgeber hat durch Verwendung des Wortes "kann" in § 7a Abs. 1 Satz 1 BBiG und der Vorgabe, dass die Vereinbarung der Teilzeitberufsausbildung im Berufsausbildungsvertrag zu erfolgen hat (vgl. § 7a Abs. 1 Satz 2 BBiG), sichergestellt, dass eine Teilzeitberufsausbildung nur mit Einverständnis des Ausbildenden möglich ist. Ein einseitiger Anspruch des Auszubildenden besteht daher nicht.
Sofern das Einverständnis des Ausbildenden jedoch vorliegt, kann die Ausbildung für die gesamte Ausbildungszeit oder für einen bestimmten Zeitraum der Berufsausbildung mit einer verringerten täglichen oder wöchentlichen Ausbildungszeit durchgeführt werden.
Die Kürzung der täglichen oder wöchentlichen Ausbildungszeit ist gem. § 7a Abs. 1 Satz 3 BBiG auf 50 Prozent einer Vollzeitausbildung begrenzt. Die Dauer der Ausbildung verlängert sich entsprechend, höchstens jedoch bis zum Eineinhalbfachen der Dauer, die in der Ausbildungsordnung für die betreffende Berufsausbildung in Vollzeit festgelegt ist (§ 7a Abs. 2 Satz 1 BBiG).
- Die Ausbildungsordnung sieht regulär eine Dauer von drei Jahren für die Berufsausbildung vor. Wird die Berufsausbildung als Teilzeitberufsausbildung durchgeführt, darf sie maximal 4,5 Jahre in Anspruch nehmen.
- Eine in der Ausbildungsordnung für eine Berufsausbildung festgelegte dreieinhalbjährige Ausbildungsdauer wird in Teilzeit in maximal fünf und einem Viertel Jahren absolviert.
- Vereinbaren die Vertragsparteien bei einer dreijährigen Ausbildung eine Kürzung der täglichen Ausbildungszeit auf 50 Prozent, verlängert sich die Ausbildungsdauer bei gleichbleibender Teilzeitregelung nicht etwa um 100 % auf sechs Jahre, sondern auf maximal viereinhalb Jahre.
Sonach führt jede Verkürzung der täglichen bzw. wöchentlichen Ausbildungszeit zu einer "automatischen" Verlängerung der Ausbildungsdauer. Hierbei ist nach § 7a Abs. 2 Satz 3 BBiG die Dauer der Teilzeitberufsausbildung auf ganze Monate abzurunden.
Bei einer dreijährigen Berufsausbildung vereinbaren die Vertragsparteien für sechs Monate eine Kürzung der täglichen Arbeitszeit auf 75 %. Damit würde sich die Ausbildungszeit eigentlich um 25 Prozent von sechs Monaten verlängern, d. h. um eineinhalb Monate; nach der Abrundungsregel ist es jedoch – abgerundet – nur ein Monat.
Die von den Vertragsparteien gewählte Teilzeitvariante kann zur Folge haben, dass zum Ende der Ausbildungszeit ein Prüfungstermin nicht erreicht wird. Für diesen Fall haben die Auszubildenden gem. § 7a Abs. 3 BBiG die Möglichkeit, die Verlängerung des Berufsausbildungsverhältnisses bis zur nächsten möglichen Abschlussprüfung zu verlangen. Denkbar ist aber auch ein gemeinsamer Antrag von Ausbildenden und Auszubildenden auf Verkürzung der Ausbildungsdauer nach § 8 Abs. 1 BBiG, um auf diese Weise einen früheren Prüfungstermin zu nutzen (vgl. § 7a Abs. 4 BBiG).
Die Verkürzung der täglichen bzw. wöchentlichen Ausbildungszeit hat auf den Besuch der Berufsschule grundsätzlich keinen Einfluss, d. h. der Auszubildende muss weiterhin in vollem Umfang die Berufsschule besuchen. Die Einbeziehung der Berufsschulzeiten in die Teilzeitberufsausbildung sollte daher soweit möglich zwischen Betrieb, Auszubildenden und Berufsschule abgestimmt werden.
Soweit mit unter den Geltungsbereich des TVAöD fallenden Auszubildenden eine Teilzeitberufsausbildung vereinbart werden soll, ist dies auf der Grundlage des § 7a BBiG möglich. Der TVAöD steht einer Teilzeitberufsausbildung nicht entgegen.