Entscheidungsstichwort (Thema)
Kirchlicher Presseverband. Betriebsverfassung
Leitsatz (amtlich)
- Der Begriff der Religionsgemeinschaft in § 118 Abs. 2 BetrVG ist ebenso zu verstehen wie der Begriff der Religionsgesellschaft i.S. des Art. 137 Abs. 3 WRV.
- Nach dem Selbstverständnis der evangelischen Kirche umfaßt die Religionsausübung nicht nur die Bereiche des Glaubens und des Gottesdienstes, sondern auch die Freiheit zur Entfaltung und zur Wirksamkeit in der Welt, wie es ihrer religiösen Aufgabe entspricht. Hierzu zählt auch die Öffentlichkeitsarbeit mit publizistischen Mitteln als Teil kirchlicher Mission.
- Auf einen rechtlich selbständigen evangelischen Presseverband als Teil der evangelischen Kirche findet das Betriebsverfassungsgesetz keine Anwendung.
Normenkette
BetrVG § 118 Abs. 2; GG Art. 140; WRV Art. 137 Abs. 3
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers wird der Beschluß des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 22. Februar 1990 – 6 TaBV 52/89 -aufgehoben.
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluß des Arbeitsgerichts Kiel vom 6. Oktober 1989 – 3a BV 33/89 – abgeändert.
Es wird festgestellt, daß die Durchführung einer Betriebsratswahl bei dem Antragsteller unzulässig ist.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
A. Die Beteiligten streiten darüber, ob mit Rücksicht auf die Unanwendbarkeit des Betriebsverfassungsgesetzes auf Religionsgemeinschaften und deren karitative und erzieherische Einrichtungen bei dem Antragsteller kein Betriebsrat gewählt werden darf.
Der Antragsteller ist privatrechtlich als eingetragener Verein organisiert. Nach seiner Satzung führt er die Bezeichnung “Evangelischer Presseverband Nord e.V.; er ist dem Landesverband der Inneren Mission Schleswig-Holstein e.V. angeschlossen und verfolgt ausschließlich und unmittelbar kirchliche Zwecke (vgl. § 1). Er hat die Aufgabe, “den Öffentlichkeitsauftrag der Kirche durch publizistische Mittel aller Art zu erfüllen”, insbesondere durch einen kirchlichen Nachrichtendienst, durch Herausgabe von Informationen für Pastoren, kirchliche Körperschaften und Mitarbeiter kirchlicher Werke, durch Mitarbeit in kirchlichen Blättern, durch Wahrnehmung kirchlicher Interessen in Rundfunk, Fernsehen und Film und durch Verlagsgründung zwecks Herausgabe und Vertrieb von Zeitschriften, Büchern und Schriften (vgl. § 2). Vereinsmitglieder können evangelisch-lutherische Kirchen, Kirchenkreise und Kirchengemeinden sowie andere Körperschaften und Vereine ohne Rücksicht auf ihre Rechtsform oder kirchliche Zugehörigkeit sein, wenn sie den Vereinszweck bejahen und diesen fördern wollen (vgl. § 4). Der Vereinsvorstand besteht aus vier von der Mitgliederversammlung zu wählenden und drei von der Nordelbischen Kirche (NEK) entsandten Mitgliedern; der Vorstandsvorsitzende muß von der Kirchenleitung der NEK bestätigt werden (vgl. § 7). Beschlüsse der Mitgliederversammlung über eine Änderung der Satzung oder die Auflösung des Vereins bedürfen der Zweidrittelmehrheit der abgegebenen Stimmen und der Zustimmung der Kirchenleitung der NEK (vgl. § 8 Abs. 2). Vorstand und Vereinsmitglieder haben keine Ansprüche auf Erträge oder Vermögen des Vereins, bei einer Vereinsauflösung fällt das die Einlagen übersteigende Vermögen an die NEK, die es unmittelbar für die vom Verein verfolgten kirchlichen Zwecke zu verwenden hat (§§ 10, 11).
Die Betätigung des Vereins ist in einen sogenannten gemeinnützigen Teil, nämlich den Evangelischen Pressedienst (e p d Hamburg und Kiel), und in einen sogenannten wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gegliedert, der aus den Nordelbischen Stimmen, dem Nordelbischen Nachrichtenspiegel, der Lutherischen Verlagsgesellschaft mbH, dem Evangelischen Presseverband Nord GmbH (Kirchenzeitung) und der Evangelischen Bücherstube GmbH besteht. Alle Gesellschaftsanteile hieran hält der Verein. Alles zusammen wird durch eine gemeinsame Geschäftsstelle geleitet, die Geschäftsführung obliegt einem vom Vereinsvorstand berufenen und ihm unterstellten Direktor im Rahmen der vom Vorstand für ihn aufgestellten Geschäftsanweisung (vgl. § 7 Abs. 4, § 9 der Satzung). Alle wesentlichen wirtschaftlichen, finanziellen und personellen Entscheidungen auch bei den Gesellschaften mit beschränkter Haftung trifft der Antragsteller mit seinem Leitungsapparat.
Am 18. Juli 1989 erließ der beteiligte Wahlvorstand ein Wahlausschreiben zur Wahl eines aus drei Personen bestehenden Betriebsrats. In die Wählerliste nahm er zehn Mitarbeiter des gemeinnützigen Teils, fünf des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs, sieben der Evangelischen Presseverlag Nord GmbH und fünf der Evangelischen Bücherstube GmbH auf. Die Wahl ist bisher nicht durchgeführt worden. Auf den Antrag des Vereins ist dem Wahlvorstand im Wege einer rechtskräftig gewordenen einstweiligen Verfügung aufgegeben worden, die Wahl bis zur Rechtskraft der Entscheidung im vorliegenden Verfahren auszusetzen (ArbG Kiel, Beschluß vom 24. Oktober 1989 – 3a BV Ga 32/89 –).
Der antragstellende Verein hat geltend gemacht, es dürfte kein Betriebsrat gewählt werden, weil die Anwendung des Betriebsverfassungsgesetzes auf ihn nach § 118 Abs. 2 BetrVG ausgeschlossen sei. Er sei Teil der Evangelischen Kirche als einer Religionsgemeinschaft i.S. des Gesetzes, zumindest aber ihre erzieherische Einrichtung. Seine satzungsmäßigen Aufgaben und Tätigkeiten seien nach dem maßgeblichen kirchlichen Selbstverständnis Wesens- und Lebensäußerungen der Kirche, mit denen diese auf ihre Mitglieder und die Öffentlichkeit im Sinne des § 118 Abs. 2 BetrVG erzieherisch einwirken wolle. Erzieherisch i.S. dieser Bestimmung sei anders zu verstehen als in Absatz 1 des § 118 BetrVG.
Der Antragsteller hat beantragt
festzustellen, daß die Durchführung einer Betriebsratswahl bei dem Antragsteller unzulässig ist.
Der Wahlvorstand hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Er hat erwidert, die Betriebsratswahl sei statthaft. Der Antragsteller sei nicht nach § 118 Abs. 2 BetrVG von der Anwendung des Betriebsverfassungsgesetzes ausgenommen. Er sei weder eine Religionsgesellschaft noch eine ihr zugehörende erzieherische Einrichtung. Erzieherisch i.S. des § 118 Abs. 2 BetrVG sei genau so zu verstehen wie in Absatz 1 derselben Bestimmung. Die Voraussetzungen hierfür lägen bei dem Antragsteller und seinen Untergliederungen, die zusammen einen einheitlichen Betrieb führten, nicht vor.
Das Arbeitsgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Die Beschwerde des Antragstellers hiergegen blieb erfolglos. Mit seiner vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Antragsteller seinen Sachantrag weiter, während der Wahlvorstand beantragt, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
B. Die Rechtsbeschwerde ist begründet.
Das Landesarbeitsgericht hat den Sachantrag zu Unrecht als unbegründet erachtet. Seine mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen Feststellungen genügen, um in der Sache selbst entscheiden zu können. Dem Sachantrag war stattzugeben. Bei dem Antragsteller darf gemäß § 118 Abs. 2 BetrVG kein Betriebsrat gewählt werden, weil der Antragsteller mit seinen Untergliederungen Teil einer Religionsgemeinschaft, nämlich der Evangelischen Kirche, ist.
I. Das Landesarbeitsgericht hat zur Begründung seiner gegenteiligen Ansicht im wesentlichen ausgeführt: Der Antragsteller sei weder eine Religionsgemeinschaft i.S. des § 118 Abs. 2 BetrVG noch Teil einer solchen. Als Teil einer Religionsgemeinschaft müßte der Antragsteller unter der Leitung kirchlicher Organe stehen. Hiervon gehe auch § 118 Abs. 2 BetrVG aus, wonach zwischen der Religionsgemeinschaft selbst und ihren Einrichtungen zu unterscheiden sei. Der Antragsteller stehe nicht unter kirchlicher Leitung. Sein Vorstand bestehe aus drei von der NEK entsandten Vertretern sowie vier von der Mitgliederversammlung zu wählenden Vorstandsmitgliedern. Vereinsmitglieder könnten jedoch nicht nur Kirchen, sondern auch “andere Körperschaften und Vereine ohne Rücksicht auf ihre Rechtsform und kirchliche Zugehörigkeit sein, wenn sie den Vereinszweck bejahen und diesen fördern wollen”. Der Vorstandsvorsitzende könne aus diesen sonstigen Mitgliedern gewählt werden, seine Wahl bedürfe lediglich der Bestätigung der Kirchenleitung der NEK. Auch der Direktor des Antragstellers werde nicht von der NEK bestimmt, sondern vom Vorstand berufen. Der Antragsteller sei auch keine erzieherische Einrichtung i.S. des § 118 Abs. 2 BetrVG.
II. Der Senat kann die Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht teilen. Der Antragsteller ist Teil der Evangelisch-lutherischen Kirche und damit einer Religionsgemeinschaft i.S. des § 118 Abs. 2 BetrVG.
1. Der Begriff der Religionsgemeinschaft in § 118 Abs. 2 BetrVG ist ebenso zu verstehen wie der Begriff der Religionsgesellschaft i.S. des Art. 137 Abs. 3 WRV (vgl. statt vieler: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Stand Dezember 1989, Art. 140 Rz 18). Hiervon ist auch das Landesarbeitsgericht ausgegangen.
2. Nach seinem § 118 Abs. 2 findet das Betriebsverfassungsgesetz keine Anwendung auf Religionsgemeinschaften und ihre karitativen und erzieherischen Einrichtungen unbeschadet deren Rechtsform.
Die Herausnahme der Kirchen und ihrer karitativen und erzieherischen Einrichtungen aus dem Geltungsbereich des Betriebsverfassungsgesetzes beruht auf dem den Religionsgemeinschaften in Art. 140 GG in Verb. m. Art. 137 Abs. 3 WRV gewährleisteten Recht, ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes zu ordnen und zu verwalten (vgl. BAGE 29, 405, 409, 410 = AP Nr. 10 zu § 118 BetrVG 1972, zu III 1 der Gründe). Damit nimmt der Gesetzgeber auf das verfassungsrechtlich Gebotene Rücksicht (BVerfGE 46, 73, 95 = AP Nr. 1 zu Art. 140 GG. zu B II 4 der Gründe).
Das den Kirchen verfassungsrechtlich verbürgte Selbstbestimmungsrecht bezieht sich nicht nur auf die organisierte Kirche und ihre rechtlich selbständigen Teile; vielmehr sind alle der Kirche in bestimmter Weise zugeordneten Einrichtungen ohne Rücksicht auf ihre Rechtsform Objekte, bei deren Ordnung und Verwaltung die Kirche grundsätzlich frei ist, wenn die Einrichtungen nach kirchlichem Selbstverständnis ihrem Zweck oder ihrer Aufgabe entsprechend berufen sind, ein Stück Auftrag der Kirche in dieser Welt wahrzunehmen und zu erfüllen (BVerfGE 46, 73, 85 = AP Nr. 1 zu Art. 140 GG, zu B II 2a der Gründe; BVerfGE 53, 366, 391 = AP Nr. 6 zu Art. 140 GG, zu C I 2a der Gründe). Die von der Verfassung gewährleistete selbständige Regelungs- und Verwaltungsbefugnis der Kirche erstreckt sich nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts mithin auch auf ihre Vereinigungen, die sich nicht die allseitige, sondern nur die partielle Pflege des religiösen oder weltanschaulichen Lebens ihrer Miglieder zum Ziel gesetzt haben. Voraussetzung ist aber, daß der Zweck der Vereinigung gerade auf die Erreichung eines solchen Zieles gerichtet ist. Das gilt ohne weiteres für organisatorisch oder institutionell mit Kirchen verbundene Vereinigungen wie kirchliche Orden, deren Daseinszweck eine Intensivierung der gesamtkirchlichen Aufgaben enthält. Es gilt aber auch für andere selbständige oder unselbständige Vereinigungen, wenn und soweit ihr Zweck die Pflege oder Förderung eines religiösen Bekenntnisses oder die Verkündung des Glaubens ihrer Mitglieder ist. Maßstab für das Vorliegen dieser Voraussetzungen kann das Ausmaß der institutionellen Verbindung mit einer Religionsgemeinschaft oder die Art der mit der Vereinigung verfolgten Ziele sein (BVerfGE 24, 236, 246 f.; 46, 73, 86 f.; 53, 366, 391, 392). Für die Zuordnung einer Einrichtung zur Kirche kommt es deshalb auf ihre Zugehörigkeit zur Kirchenverwaltung nicht entscheidend an; es genügt, wenn die Einrichtung der Kirche so nahe steht, daß sie teilhat an der Verwirklichung eines Stücks Auftrag der Kirche im Geist christlicher Religiosität, im Einklang mit dem Bekenntnis der christlichen Kirche und in Verbindung mit den Amtsträgern der Kirche. Die verfassungsrechtlich garantierte Freiheit der Kirche im Staat schließt ein, daß sich die Kirche zur Erfüllung ihres Auftrags auch der Organisationsformen des staatlichen Rechts bedienen kann, ohne daß dadurch die Zugehörigkeit der auf dieser Rechtsgrundlage gegründeten Einrichtung zur Kirche aufgehoben würde. In der Mitwirkung von Laien an der Verwaltung solcher Einrichtungen kann keine Lockerung der Zuordnung zur Kirche gesehen werden (BVerfGE 53, 366, 392; vgl. insgesamt BAGE 41, 5, 14 f. = AP Nr. 24 zu § 118 BetrVG 1972, zu B II 1 der Gründe).
3. Mißt man den Antragsteller an diesen Maßstäben, so ist er Teil der Evangelischen Kirche, auf den sich das den Religionsgemeinschaften verfassungsrechtlich verbürgte Selbstordnungs- und Selbstverwaltungsrecht erstreckt.
a) Nach dem Selbstverständnis der Evangelischen Kirche umfaßt die Religionsausübung nicht nur die Bereiche des Glaubens und des Gottesdienstes, sondern auch die Freiheit zur Entfaltung und zur Wirksamkeit in der Welt, wie es ihrer religiösen Aufgabe entspricht (vgl. BVerfGE 53, 366, 392 f. = AP Nr. 6 zu Art. 140 GG, zu C I 2b der Gründe). Hierzu zählt auch die Öffentlichkeitsarbeit mit publizistischen Mitteln als Teil kirchlicher Mission.
Kirchliche Publizistik ist eine kirchliche Funktion; ihren Auftrag in der Welt von heute soll und will die Kirche auch mit publizistischen Mitteln erfüllen (vgl. Stammler, Evangelisches Staatslexikon, 3. Aufl., Sp. 2623, 2624), wie es dem Öffentlichkeitsauftrag der Kirche entspricht (vgl. Schlaich, Handbuch des Staatskirchenrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. II, § 24, S. 231, besonders S. 243, 258 und 269). Dieser kirchlichen Aufgabenstellung entspricht der Zweck des antragstellenden Vereins. Nach näherer Maßgabe des § 2 der Vereinssatzung hat der Verein die Aufgabe, “den Öffentlichkeitsauftrag der Kirche durch publizistische Mittel aller Art zu erfüllen”. Hierzu zählen alle vom antragstellenden Verein wahrgenommenen Betätigungen, auch solche, bei denen er sich Untergliederungen in Form von Gesellschaften mit beschränkter Haftung bedient.
b) Der Antragsteller ist als eingetragener Verein nach staatlichem Recht organisiert. Damit ist er zwar der Evangelischen Kirche nicht unmittelbar inkorporiert; er ist ihr aber einschließlich seiner Untergliederungen in dem oben dargestellten Sinne organisatorisch zugeordnet. Diese Zuordnung ergibt sich aus objektiv nachprüfbaren Zuordnungskriterien (vgl. zur Nachprüfbarkeit von Zuordnungskriterien: Ehlers, ZevKR 32, 158 ff., 160 mit Fn 12).
aa) Die Geschäfte des Vereins werden von einem Geschäftsführer geführt, der dem aus sieben Personen bestehenden Vereinsvorstand unterstellt ist und nach dessen Geschäftsanweisung zu arbeiten hat. Dem Vorstand als dem eigentlichen Leitungsgremium gehören drei geborene Mitglieder an, nämlich drei von der Nordelbischen Kirche (NEK) entsandte Vertreter, von denen mindestens einer rechtskundig sein soll (§ 7 Abs. 2 lit. b der Satzung). Die übrigen vier Vorstandsmitglieder sind von der Mitgliederversammlung zu wählen (§ 7 Abs. 2 lit. a der Satzung). Diese Mitglieder müssen nicht Mitglieder der Nordelbischen Kirche oder einer Kirchengemeinde sein. Die Tatsache, daß auf diese Weise unter Umständen nicht kirchlich gebundene Vorstandsmitglieder den Vorstand gegenüber kirchengebundenen Vorstandsmitgliedern majorisieren könnten, ist jedoch entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts rechtlich unerheblich. Hierin ist keine Lockerung der Zuordnung zu sehen, denn zum Vorstand gehören immer drei von der NEK entsandte Vorstandsmitglieder. Die kirchliche Einbindung wird zudem dadurch manifestiert, daß der Vorstand aus seiner Mitte den Vorsitzenden und einen Stellvertreter wählt und daß der Vorsitzende von der Kirchenleitung der Nordelbischen Kirche bestätigt werden muß (§ 7 Abs. 2 Satz 2 der Satzung). Bei dieser Bestätigung handelt es sich nicht etwa nur um einen deklaratorischen Akt; vielmehr kann nur Vorsitzender werden, wer von der Kirchenleitung der NEK bestätigt worden ist.
bb) Die hinreichende kirchliche Zuordnung folgt aber auch aus den Satzungsbestimmungen über denen Änderung oder über die Auflösung des Vereins. Beides setzt neben einer Zweidrittelmehrheit der abgegebenen Stimmen der Mitgliederversammlung zu ihrer Wirksamkeit die Zustimmung der Kirchenleitung der NEK voraus (§ 8 Abs. 2 der Satzung).
cc) Zudem machen auch die Bestimmungen in den §§ 10 und 11 der Satzung über die Gemeinnützigkeit des Vereins und darüber, daß sein Vermögen, soweit es Kapitalanteile der Mitglieder oder den gemeinen Wert etwa von Mitgliedern geleisteter Sachanlagen übersteigt, an die Nordelbische Kirche fällt, deutlich, daß auch finanziell eine hinreichende Zuordnung zur Kirche vorliegt. Dies zeigt sich auch daran, daß “die von den Landeskirchen zur Verfügung gestellten Mittel in den Haushaltsplan aufzunehmen” sind (vgl. § 10 Abs. 2 letzter Satz der Satzung).
dd) Bei dieser Ausrichtung des Vereins und der personellen Struktur der Vereinsführung, die ersichtlich eine organisatorische Verbindung zur Nordelbischen Evangelisch-lutherischen Landeskirche als Amtskirche gewährleisten sollen, besteht kein Zweifel, daß der Verein durch nachprüfbare Verzahnungen organisatorischer Art auf verschiedener Ebene wie auch i.S. unmittelbarer Teilhabe an der Verwirklichung des wesentlichen Teils kirchlichen Auftrags, hier ihres Öffentlichkeitsauftrags, der Kirche zugeordnet ist.
ee) Dies gilt auch hinsichtlich der von den dem Verein nachgeordneten Gesellschaften mit beschränkter Haftung geführten Verlage bzw. für den Buchhandel. Angesichts der institutionalisierten einheitlichen Leitung durch die gemeinsame Geschäftsstelle, an deren Spitze ein Direktor steht, der wiederum institutionell dem alle Einrichtungen beherrschenden Vorstand unterstellt ist, handelt es sich insgesamt – wovon die Beteiligten auch übereinstimmend ausgehen – um einen einheitlichen Betrieb i.S. der Rechtsprechung des Senats. Denn alle wesentlichen Entscheidungen im personellen und sozialen Bereich werden nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts von einer einheitlichen Leitung getroffen (vgl. insoweit: Senatsbeschluß BAGE 59, 319 = AP Nr. 9 zu § 1 BetrVG 1972).
III. Insgesamt liegen daher die Voraussetzungen des § 118 Abs. 2 BetrVG vor, so daß das Betriebsverfassungsgesetz nicht anzuwenden ist. Dies schließt aus, daß im Betrieb des antragstellenden Vereins ein Betriebsrat gemäß den Regeln des Betriebsverfassungsgesetzes eingerichtet werden darf.
Auf die weiteren Erwägungen des Landesarbeitsgerichts kommt es hiernach nicht mehr an.
Unterschriften
Dr. Seidensticker, Dr. Steckhan, Schliemann, Dr. Scholz
Der ehrenamtliche Richter Neuroth ist wegen Ablaufs der Amtszeit verhindert zu unterschreiben.
13. 8. 1991
Dr. Seidensticker
Fundstellen
BAGE, 170 |
JR 1992, 132 |
RdA 1991, 384 |
AfP 1992, 326 |