Entscheidungsstichwort (Thema)
Karenzentschädigung und Verjährungsfrist
Leitsatz (redaktionell)
Ansprüche auf Karenzentschädigung gemäß § 74 HGB sind Ansprüche auf andere Dienstbezüge iS des § 196 Abs 1 Nr 8 BGB und unterliegen daher der zweijährigen Verjährung des § 196 BGB.
Normenkette
BGB §§ 198, 201, 222, 242; HGB §§ 74b, 74c; BGB § 196 Abs. 1 Nr. 8
Verfahrensgang
Hessisches LAG (Entscheidung vom 16.09.1981; Aktenzeichen 2 Sa 284/81) |
ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 17.11.1980; Aktenzeichen 3 Ca 449/79) |
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Zahlung einer Karenzentschädigung.
Der Kläger war seit dem 1. September 1972 bei der Beklagten in Frankfurt am Main als Angestellter beschäftigt, zunächst als Koordinator in der Zentralen Unternehmensplanung, zuletzt als Assistent des Vorsitzenden der Geschäftsführung. Die Parteien beendeten das Arbeitsverhältnis einvernehmlich zum 30. November 1975, nachdem der Kläger am 15. Oktober 1975 gekündigt hatte.
Die Parteien haben ein Wettbewerbsverbot für das gesamte Gebiet der Bundesrepublik vereinbart. Darin verpflichtete sich der Kläger, für die Dauer von zwei Jahren nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht für ein Konkurrenzunternehmen der Beklagten oder einer ihrer Tochter- und Beteiligungsgesellschaften tätig zu werden. Die Beklagte sagte dem Kläger für die Dauer der Wettbewerbsenthaltung eine Entschädigung in Höhe der Hälfte der zuletzt bezogenen Leistungen zu. Der Kläger verdiente bei der Beklagten zuletzt im monatlichen Durchschnitt einschließlich Sonderzahlungen 5.686,46 DM brutto.
Unmittelbar nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nahm der Kläger eine Tätigkeit für eine deutsche Gesellschaft in Indonesien auf. Während der Geltungsdauer des Wettbewerbsverbots erhielt er von seinem neuen Arbeitgeber folgende Bruttogehälter: für die Zeit vom 1. Dezember 1975 bis zum 31. Dezember 1976 monatlich 4.000,-- DM, jedoch im Juli 1976 6.333,-- DM sowie im Dezember 1976 6.000,-- DM; für die Zeit vom 1. Januar bis zum 30. November 1977 monatlich 4.500,-- DM, jedoch im Juli und im November 1977 6.750,-- DM. Weiter erhielt er eine monatliche steuerfreie Aufwandsentschädigung von zunächst 2.750,-- DM, ab Januar 1977 von 3.350,-- DM. Daneben stand ihm kostenlos ein Bungalow sowie ein Wagen zum Dienstgebrauch zur Verfügung.
Mit Schreiben vom 14. Dezember 1975 forderte der Kläger die Beklagte erstmals zur Zahlung der vereinbarten Karenzentschädigung auf. Die Beklagte verlangte daraufhin unter dem 6. Januar 1976 die Vorlage nachprüfbarer Unterlagen über den erzielten Verdienst. Als Antwort übersandte der Kläger mit Schreiben vom 11. Januar 1976 Fotokopien seiner Lohnsteuerkarte sowie eines Vertrages, aus dem sich ein monatliches Bruttogehalt von 4.000,-- DM ergab. Da die Beklagte bezweifelte, daß der Kläger sein Arbeitseinkommen vollständig angegeben habe, verlangte sie unter dem 16. und 27. Januar 1976 weitere Auskünfte und Nachweise. Der Kläger wiederholte sein Zahlungsverlangen unter dem 23. November 1978. Daraufhin forderte die Beklagte ihn mit Schreiben vom 6. Dezember 1978 erneut auf, Nachweise über Tätigkeit und Einkommen beizubringen. In dem Schreiben heißt es:
"Wie Ihnen bereits im Januar 1976 mitgeteilt
wurde, benötigen wir zur Prüfung Ihres
eventuellen Anspruchs auf Karenzentschädi-
gung sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach
den Nachweis, bei welchen Arbeitgebern Sie
während der Dauer des Wettbewerbsverbotes
tätig sind oder welche sonstigen Erwerbstä-
tigkeit und welche Gesamtbezüge Sie beziehen.
Hierzu würde die Vorlage aller einschlägigen
Gehaltsabrechnungen oder die Vorlage der aus-
gefüllten Lohnsteuer-Karten oder der Einkom-
menssteuer-Bescheide für den betreffenden
Zeitraum voraussichtlich ausreichend sein.
Soweit sich aus diesen Unterlagen Ihr jewei-
liger Arbeitgeber oder Ihre sonstige Tätigkeit
nicht entnehmen läßt, wären zusätzlich die be-
treffenden Vertragsunterlagen vorzulegen."
Am 28. Februar 1979 übersandte der Kläger Fotokopien von Gehaltsabrechnungen für die Jahre 1975 bis 1977. Die Beklagte hielt die vorgelegten Unterlagen nicht für ausreichend und verweigerte die Zahlung.
Darauf hat der Kläger am 10. Dezember 1979 Klage eingereicht. Er hat zunächst die Auffassung vertreten, ihm stehe eine Karenzentschädigung von insgesamt 56.830,93 DM zu. Er hat vorgetragen, es müsse berücksichtigt werden, daß er wegen der ungünstigen Arbeitsmarktlage im Großraum Frankfurt gezwungen gewesen sei, seinen Wohnsitz ins Ausland zu verlegen. Die Aufwandsentschädigung habe zum Ausgleich der auslandsbedingten Mehraufwendungen dienen sollen, sie sei kein Arbeitsentgelt. Die in Indonesien für Europäer anfallenden Mehrkosten seien erheblich. Das werde deutlich bei einem Vergleich mit den Zulagen der Bundesbeamten bei Auslandstätigkeit in Indonesien. Ein mit seinen Dienstbezügen vergleichbarer Beamter erhalte bei einer dienstlichen Verwendung in Indonesien eine monatliche Auslandszulage von 4.532,-- DM. Dieser Betrag beruhe auf Erfahrung und genauer Berechnung, er liege weit über dem, was er als Auslandszulage erhalten habe.
Auf Verjährung eines Teiles seiner Entschädigungsansprüche könne die Beklagte sich nicht berufen. Ansprüche auf Karenzentschädigung verjährten nach § 195 BGB erst in 30 Jahren. Außerdem habe die Beklagte die Ansprüche mit ihrem Schreiben vom 6. Dezember 1978 anerkannt, wodurch die Verjährung jedenfalls unterbrochen worden sei.
Das Arbeitsgericht hat die Klage zunächst durch Versäumnisurteil vom 24. September 1980 abgewiesen. Darauf hat der Kläger beantragt,
das Versäumnisurteil aufzuheben und die
Beklagte zu verurteilen, an ihn
56.830,93 DM nebst 4 % Zinsen seit Kla-
gezustellung zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, das Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten. Sie hat geltend gemacht, mögliche Ansprüche des Klägers für die Zeit vom 1. Dezember 1975 bis zum 31. Dezember 1976 seien nach § 196 Abs. 1 Nr. 8 BGB verjährt. Bei der Karenzentschädigung handele es sich um Dienstbezüge. Außerdem habe der Kläger keinen Anspruch auf Karenzentschädigung für die Zeit ab 1. Januar 1977. Der Kläger habe damals erheblich mehr als 4.500,-- DM brutto monatlich verdient. Er müsse sich die Aufwandsentschädigung als anderweiten Erwerb anrechnen lassen; in Wahrheit handele es sich dabei um verdecktes Gehalt. Zu diesem seien auch der Nutzungswert des Bungalows und des Dienstwagens hinzuzurechnen. Im übrigen könne der Kläger nicht die erhöhte Anrechnungsgrenze von 125 % gemäß § 74 c Abs. 1 Satz 2 HGB in Anspruch nehmen. Er sei nicht gezwungen gewesen, seinen Wohnsitz zu verlegen. Vielmehr habe er bereits bei den Verhandlungen über die Vertragsbeendigung erklärt, er werde ins Ausland gehen und sich dort in seiner neuen Stellung finanziell verbessern. Das Wettbewerbsverbot sei daher für die Wohnsitzverlegung nicht ursächlich gewesen.
Das Arbeitsgericht hat das klageabweisende Versäumnisurteil aufrechterhalten. Die vom Kläger aus Gründen des Prozeßrisikos auf eine Forderung von 20.000,-- DM begrenzte Berufung hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die Revision des Klägers, mit der er sein begrenztes Klageziel weiter verfolgt.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist zum Teil begründet. Die Beklagte schuldet dem Kläger Karenzentschädigung in Höhe von insgesamt 15.795,99 DM.
I. Für die Zeit vom 1. Dezember 1975 bis zum 31. Dezember 1976 sind die Ansprüche des Klägers auf Karenzentschädigung verjährt. Die Verjährungsfrist begann spätestens am 31. Dezember 1976 und endete am 31. Dezember 1978. Die gerichtliche Geltendmachung durch die am 14. Dezember 1979 zugestellte Klage war verspätet (§ 196 Abs. 1 Nr. 8, § 198 Satz 1, § 201 Satz 1 BGB). Die Beklagte beruft sich insoweit mit Erfolg auf ein Leistungsverweigerungsrecht (§ 222 Abs. 1 BGB).
1. Zu Recht sind die Vorinstanzen davon ausgegangen, daß Ansprüche auf Karenzentschädigung der zweijährigen Verjährung nach § 196 Abs. 1 Nr. 8 BGB unterliegen. Dieses Ergebnis wird auch weithin in der Literatur vertreten (so, allerdings ohne nähere Begründung: Schlegelberger/Schröder, HGB, 5. Aufl., § 74 b Rz 4; Baumbach/Duden/Hopt, HGB, 25. Aufl., § 74 b Anm. 3; Buchner, Wettbewerbsverbot, 1981, S. 99; Röhsler/Borrmann, Wettbewerbsbeschränkungen für Arbeitnehmer und Handelsvertreter, 1981, S. 98; vgl. ferner Grüll, Die Konkurrenzklausel, 4. Aufl., S. 57, der die Karenzentschädigung rechtlich als Arbeitseinkommen ansehen will). Brüggemann/Würdinger bejahen die Anwendung der kurzen Verjährungsfrist mit der Begründung, bei der monatlich zu zahlenden Karenzentschädigung handele es sich um einen auf dem Angestelltenverhältnis beruhenden Dienstbezug (HGB, 3. Aufl., § 74 b Anm. 1). Diese Auffassung hält auch der Senat für zutreffend.
§ 196 Abs. 1 Nr. 8 BGB sieht die kurze Verjährungsfrist vor für die Ansprüche der im Privatdienst Stehenden wegen des Gehalts, Lohnes oder anderer Dienstbezüge. Zu den "anderen Dienstbezügen" zählen alle geldwerten Leistungen, die der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer - außer Gehalt und Lohn - in einem Arbeitsverhältnis oder im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis zu erbringen hat. Die Karenzentschädigung ist vertragsmäßige Gegenleistung des Arbeitgebers dafür, daß der Arbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses keinen Wettbewerb treibt (statt vieler: Senatsurteil vom 5. August 1968 - 3 AZR 128/67 - AP Nr. 24 zu § 74 HGB, zu III 4 der Gründe). Sie ist Ausgleich für die mit der Wettbewerbsenthaltung eintretende Verdienstminderung und Fortkommenserschwer (Senatsurteil vom 20. April 1967 - 3 AZR 314/66 - AP Nr. 20 aa0, zu II 4 a der Gründe; BAG 25, 444, 449 = AP Nr. 2 zu § 74 c HGB, zu II 3 a der Gründe). Sie muß nach ausdrücklicher gesetzlicher Regelung ebenso wie das dem Arbeitnehmer zustehende Gehalt am Schlusse des Monats gezahlt werden (§ 74 b Abs. 1, § 64 Satz 1 HGB). Arbeitsverhältnis, Wettbewerbsvereinbarung und Karenzentschädigung sind rechtlich und wirtschaftlich aufs engste miteinander verflochten. Es gibt kein arbeitsrechtliches Wettbewerbsverbot ohne Arbeitsverhältnis. Steht aber die für die Wettbewerbsenthaltung zu gewährende Entschädigung mit dem Arbeitsverhältnis in unlösbarem Zusammenhang, so stellt sie einen anderen Dienstbezug im Sinne des § 196 Abs. 1 Nr. 8 BGB dar.
2. Die Beklagte hat die Ansprüche des Klägers nicht mit ihrem Schreiben vom 6. Dezember 1978 anerkannt. In diesem Schreiben ist zwar die Rede von einem "eventuellen Anspruch auf Karenzentschädigung sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach", es werden aber zur Prüfung dieses Anspruchs Nachweise über Tätigkeit und Bezüge verlangt. Erläuternd wird hinzugefügt, voraussichtlich werde die Vorlage der Steuernachweise ausreichen. Aus diesem Schreiben geht wohl die Bereitschaft der Beklagten hervor, einen berechtigten, aber noch nachzuweisenden Anspruch zu erfüllen, der Anspruch wird aber nicht als bestehend anerkannt. Es wird nicht zum Ausdruck gebracht, man sei sich über das Bestehen des Anspruchs klar. Für ein Anerkenntnis im Sinne des § 208 BGB wäre dies jedoch zu verlangen (BGHZ 58, 103, 104 m.w.N.).
3. Der Vortrag des Klägers, das Schreiben der Beklagten vom 6. Dezember 1978 bedeute ein Anerkenntnis seiner Ansprüche, enthält gleichzeitig den Vorwurf, die Berufung auf die Verjährung stelle eine unzulässige Rechtsausübung dar. Dies trifft jedoch nicht zu.
Zwar kann der Einrede der Verjährung der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegengehalten werden, wenn der Schuldner den Gläubiger durch sein Verhalten, sei es auch unabsichtlich, von der rechtzeitigen Erhebung der Klage abgehalten hat, zum Beispiel indem er den Gläubiger zu der Annahme veranlaßte, es werde auch ohne Rechtsstreit eine gütliche Einigung zu erzielen sein (BAG 14, 294, 303 = AP Nr. 2 zu § 626 BGB Kündigungserschwerung, zu III der Gründe; MünchKomm-von Feldmann, § 194 BGB Rz 10). Dabei muß aber die Untätigkeit des Gläubigers gerade auf das Verhalten des Schuldners zurückgehen, etwa weil dieser einen bestimmten Irrtum erregt oder einen Vertrauenstatbestand erzeugt hat (Senatsurteil vom 29. Juli 1966 - 3 AZR 20/66 - AP Nr. 115 zu § 242 BGB Ruhegehalt, zu 6 b der Gründe m.w.N.).
So liegen die Dinge hier jedoch nicht. Nachdem die Beklagte dem Kläger bereits im Januar 1976 mitgeteilt hatte, welche Nachweise sie zur Prüfung und Berechnung ihrer Entschädigungsleistungen brauchte, war es der Kläger, der für lange Zeit untätig blieb. Erst im November 1978, also nach Ablauf der Wettbewerbsvereinbarung, forderte er die Beklagte erneut zur Zahlung auf. Diese wiederholte ihre frühere Aufforderung, bestimmte Unterlagen vorzulegen. Hieraus konnte der Kläger nach Treu und Glauben nicht entnehmen, er werde schon mit der Beklagten zu einer vertretbaren Einigung kommen. Vielmehr mußte er davon ausgehen, daß die Beklagte, wie bereits bisher, alles zur Wahrung ihrer Rechte unternehmen werde. Demgemäß konnte der Kläger sich auch nicht darauf verlassen, die Beklagte werde sich nicht auf Verjährung berufen; er mußte sich darauf einrichten, alles Erforderliche zur Unterbrechung der Verjährung einzuleiten.
II. Für die Zeit vom 1. Januar bis zum 30. November 1977 steht dem Kläger Karenzentschädigung zu. Diese erreicht jedoch nicht die verlangte Höhe von 20.000,-- DM.
1. Anspruchsgrundlage für die Forderung des Klägers ist die zwischen den Parteien getroffene Wettbewerbsvereinbarung mit Verweisungen auf die gesetzlichen Regeln, insbesondere auf die Anrechnungsbestimmung des § 74 c HGB. Über den Inhalt der Vereinbarung besteht kein Streit. Unstreitig ist auch, daß der Kläger im Verbotszeitraum keinen Wettbewerb betrieben und damit die von ihm geschuldete Leistung erbracht hat. Streit herrscht zwischen den Parteien - soweit es noch um die Zeit vom 1. Januar bis zum 30. November 1977 geht - darüber, ob der Kläger durch die Wettbewerbsvereinbarung gezwungen war, seinen Wohnsitz zu verlegen, ferner darüber, was sich der Kläger auf die Karenzentschädigung anrechnen lassen muß.
2. Nach § 74 c Abs. 1 Satz 1 HGB muß sich der zur Wettbewerbsunterlassung Verpflichtete auf die fällige Entschädigung anrechnen lassen, was er während des Zeitraums, für den die Entschädigung gezahlt wird, durch anderweite Verwertung seiner Arbeitskraft erwirbt, soweit die Entschädigung unter Hinzurechnung dieses Betrags den Betrag der zuletzt von ihm bezogenen vertragsmäßigen Leistungen um mehr als ein Zehntel übersteigen würde. Als anderweiten Erwerb braucht sich der Kläger nur das ihm gezahlte Gehalt anrechnen zu lassen. Soweit das Landesarbeitsgericht angenommen hat, die steuerfreie Aufwandsentschädigung sowie die Überlassung eines Bungalows und eines Dienstwagens gehörten ebenfalls zum Arbeitsentgelt, kann ihm nicht gefolgt werden.
Anzurechnen als anderweiter Erwerb ist nur, was dem Arbeitnehmer für die Arbeitsleistung gewährt wird. Dazu zählt nicht, was er als Erstattung von Auslagen oder als Ersatz für Mehraufwendungen erhält. Da Mehraufwendungen nach Tätigkeit und Verwendungsort erheblich schwanken können, ist der Arbeitnehmer zur näheren Darlegung verpflichtet. Das folgt schon aus seiner gesetzlichen Pflicht, über die Höhe seines Erwerbs Auskunft zu erteilen (§ 74 c Abs. 2 HGB). Die Karenzentschädigung soll dem Arbeitnehmer nicht auf Kosten des Arbeitgebers einen durch die Wettbewerbsenthaltung nicht veranlaßten Gewinn bringen (BAG 25, 444, 449 = AP Nr. 2 zu § 74 c HGB, zu II 3 a der Gründe).
Der Kläger ist seiner Darlegungspflicht nachgekommen. Er hat darauf verwiesen, daß Beamte im Falle einer Auslandstätigkeit nach § 55 des Bundesbesoldungsgesetzes (BBesG) einen pauschalen Auslandszuschlag erhalten und daß dieser bei einem Beamten mit vergleichbarem Gehalt und Verwendung in Indonesien rund 4.500,-- DM im Monat betrage. Diesem Vorbringen ist die Beklagte nicht substantiiert entgegengetreten. Das Landesarbeitsgericht hätte seiner Entscheidung daher den Vortrag des Klägers zugrundelegen müssen.
Nach der für den umstrittenen Zeitraum maßgeblichen Vorschrift des § 55 Abs. 2 Satz 1 BBesG in der Fassung vom 23. Mai 1975 (BGBl I S. 1173) erhalten verheiratete Beamte, Richter und Soldaten, die mit ihrem Ehegatten am ausländischen Dienstort eine gemeinsame Wohnung haben, den Auslandszuschlag nach der Anlage VI a. Die gleiche Regelung gilt für Angestellte des öffentlichen Dienstes (Nr. 7 der SR 2 d BAT). Der Zuschlag soll die quantitativen und qualitativen Mehraufwendungen sowie die immaterielle Belastung, die am ausländischen Dienstort anfallen, pauschal abgelten (Schreiben des Bundesministers des Inneren vom 10. Juli 1975, abgedruckt bei Schwegmann/Summer, Bundesbesoldungsgesetz, II, § 55 Rz 18). Die Höhe des Zuschlags bestimmt sich nach der Verordnung des Bundesministers des Inneren vom 6. Juli 1975 über die Zuteilung von Dienstorten im Ausland zu einer Stufe des Auslandszuschlags (BGBl I S. 1869). Diese sieht eine Stufenzuweisung von 1 bis 12 vor (Lüttich: 1; Abu Sabi: 12). Indonesien hat die Stufe 10. Der Auslandszuschlag belief sich für einen Beamten mit einem monatlichen Gehalt einschließlich Ortszuschlag von rund 4.500,-- DM auf einen Betrag von 3.835,-- DM (BGBl I 1975 S. 1220, 1221, 1224, 1225). Hieran gemessen ist die dem Kläger gewährte Aufwandsentschädigung von 3.350,-- DM nicht überhöht.
Zu Unrecht hält die Beklagte entgegen, bei diesem Vergleich werde öffentliches Recht in unzulässiger Weise mit privatem Recht vermischt. Der Höhe des Auslandszuschlags liegen Berechnungen des Statistischen Bundesamtes zugrunde (Schreiben des Bundesministers des Inneren, aa0). Auf derartige Erfahrungswerte kann auch das Arbeitsrecht nicht verzichten. Sie werden im Arbeitsrecht häufig angewandt, z.B. bei der Anpassung von Versorgungsleistungen. Es bestehen daher keine Bedenken, auf Erhebungen und Erfahrungen gegründete Kostenfaktoren auch für die Frage heranzuziehen, welche zusätzlichen Belastungen bei Tätigkeiten im Ausland anfallen und welche Beträge erforderlich sind, um die Mehraufwendungen zu decken.
Auch die Überlassung eines Bungalows ist nicht Teil des Arbeitsentgelts des Klägers. Wegen der sehr unterschiedlichen Wohnverhältnisse in Ostasien hätte der Arbeitgeber den Kläger und seine Familie andernfalls in einem Hotel europäisch-amerikanischen Zuschnitts unterbringen und die dadurch entstehenden Kosten übernehmen müssen. Inwiefern eine Vergütung für geleistete Arbeit darin liegen sollte, daß dem Kläger kostenfrei ein Wagen zum Gebrauch für dienstliche Zwecke zur Verfügung stand, ist nicht ersichtlich.
3. Auf die erhöhte Anrechnungsgrenze des § 74 c Abs. 1 Satz 2 HGB (125 % der letzten Bezüge), kann der Kläger sich allerdings nicht berufen. Diese Anrechnungsgrenze gilt nur, wenn der Angestellte durch das Wettbewerbsverbot gezwungen worden ist, seinen Wohnsitz zu verlegen. Das Wettbewerbsverbot muß für den Umzug ursächlich sein (Senatsurteil vom 23. Februar 1982 - 3 AZR 676/79 - AP Nr. 9 zu § 74 c HGB, zu 2 der Gründe m.w.N.). Das Wettbewerbsverbot war aber nicht ursächlich für den vom Kläger vorgenommenen Wohnsitzwechsel.
Die Beklagte hat unwidersprochen vorgetragen, der Kläger habe bei den Verhandlungen über die einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses erklärt, er werde ins Ausland gehen und sich in seiner neuen Position finanziell verbessern. Danach waren ganz andere Gründe als das Wettbewerbsverbot für den Entschluß des Klägers bestimmend. Es kann nicht davon gesprochen werden, daß das Wettbewerbsverbot den Kläger gezwungen hätte, seinen Wohnsitz zu verlegen. Zudem hat der Kläger nicht substantiiert vorgetragen, daß er im Großraum Frankfurt keine andere Stelle habe finden können. Die bloße Behauptung der für ihn ungünstigen Arbeitsmöglichkeiten im Frankfurter Raum reicht nicht aus.
4. Der Kläger hat bei der Beklagten zuletzt im monatlichen Durchschnitt 5.686,46 DM verdient. Die Karenzentschädigung beläuft sich danach auf 2.843,23 DM. Die Anrechnungsgrenze (110 % des Gehaltes) liegt bei 6.255,11 DM. Der Kläger hat in der streitbefangenen Zeit neun Monate jeweils 4.500,-- DM verdient, für zwei Monate - Juli und November 1977 - 6.750,-- DM. Nach der Rechtsprechung des Senats darf anderweites Einkommen grundsätzlich nur auf die Entschädigung für denjenigen Monat angerechnet werden, in dem es erzielt worden ist (BAG 25, 385, 391 = AP Nr. 34 zu § 74 HGB, zu II 1 der Gründe).
Danach ergibt sich folgende Berechnung für die Monate, in denen der Kläger 4.500,-- DM als Gehalt bezogen hat: Gehalt zuzüglich Karenzentschädigung = 7.343,23 DM. Dieser Betrag übersteigt die Anrechnungsgrenze von 110 % (6.255,11 DM) um 1.088,12 DM monatlich. Dieser Posten ist daher von der Karenzentschädigung abzuziehen. Es verbleibt ein Betrag von 1.755,11 DM monatlich. Für neun Monate errechnet sich eine Summe von 15.795,99 DM.
Für die Monate, in denen er 6.750,-- DM verdient hat, kann der Kläger keine Karenzentschädigung verlangen, weil der anzurechnende Mehrbetrag (3.338,12 DM) die monatliche Karenzentschädigung übersteigt.
Dr. Gehring Schaub Griebeling
Dr. Kiefer Lichtenstein
Fundstellen
BAGE 45, 289-298 (LT1) |
BAGE, 289 |
BB 1985, 198-198 (LT1) |
DB 1984, 2099-2100 (LT1) |
ARST 1984, 170-170 (LT1) |
BlStSozArbR 1985, 23-23 (T) |
JR 1985, 440 |
NZA 1984, 354-354 (LT1) |
WM IV 1985, 37-39 (LT1) |
AP § 74 HGB (LT1), Nr 44 |
AR-Blattei, ES 1830 Nr 138 (LT1) |
AR-Blattei, Wettbewerbsverbot Entsch 138 (LT1) |
EzA § 196 BGB, Nr 5 (LT1) |
MDR 1984, 1050-1051 (LT1) |
VersR 1984, 1080-1080 (LT1) |