Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf Anordnung von Bereitschaftsdienst
Orientierungssatz
Die tarifliche Vorschrift der Nr 8 SR 2c BAT beinhaltet die Verpflichtung des Arztes, Bereitschaftsdienst zu leisten und regelt die Grenzen, innerhalb derer Bereitschaftsdienst angeordnet werden darf; sie enthält aber keine Verpflichtung zur Anordnung von Bereitschaftsdienst.
Normenkette
BAT Anlage SR; BAT § 17
Verfahrensgang
LAG Niedersachsen (Entscheidung vom 13.03.1984; Aktenzeichen 8 Sa 187/83) |
ArbG Braunschweig (Entscheidung vom 24.11.1983; Aktenzeichen 5 Ca 504/83) |
Tatbestand
Die Parteien streiten über den Abschluß einer Nebenabrede zum Arbeitsvertrag.
Der Kläger ist seit dem 1. Oktober 1979 Oberarzt in der geburtshilflich-gynäkologischen Abteilung des Kreiskrankenhauses G , dessen Träger der Beklagte ist. Mit Vertrag vom 1. Dezember 1981 haben die Parteien u. a. die sinngemäße Anwendung des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT/VKA) unter Berücksichtigung der jeweils in Frage kommenden Sonderregelungen mit allen künftigen Änderungen und Ergänzungen in der jeweils gültigen Fassung vereinbart. Ergänzend zu dem bereits am 6. September 1979 abgeschlossenen Dienstvertrag vereinbarten die Parteien am 17. September 1979 "in Anlehnung an § 4 II BAT" folgende Nebenabrede:
"§ 1
Aufgrund der Ergebnisse der Aufzeichnungen
über die von den Oberärzten der Frauen-Klinik
innerhalb der Rufbereitschaft tatsächlich anfallenden
durchschnittlichen Arbeitsbelastung
wird auf der Basis der Stufe B der SR 2 c Nr. 8
Abs. 2 + 15 v.H. für Ausfallzeiten nach den
"Anhaltszahlen für die Besetzung der Krankenhäuser
mit Ärzten" der DKG eine monatliche
RUFBEREITSCHAFTSPAUSCHALE von z.Zt. DM 4.408,08
gezahlt.
§ 2
Die Vereinbarung tritt am 01.10.1979 in Kraft
und ist abweichend von Nr. 8 Abs. 6 SR 2 c BAT
mit einer Frist von drei Monaten jeweils zum Ende
eines Kalenderjahres kündbar. Die erstmalige
Vereinbarung kann mit einer Frist von einem Monat
nach Ablauf von sechs Monaten gekündigt werden."
Mit Schreiben vom 1. Oktober 1979 an den Kläger führte der Chefarzt der Frauenklinik u.a. folgendes aus:
"Mit dem heutigen Datum sind Sie zum Oberarzt
in unserer Frauenklinik ernannt worden.....
Aus gegebenem Anlasse lassen Sie mich die Regelung
des Aufenthaltes im Bereitschaftsdienste, - wie
er nun schon seit Jahren von Oberarzt Junge
(und seinen Vorgängern) und mir gehalten wurde
und werden wird -, präzisieren:
Auch in Zukunft muß ich wegen der akuten Notsituationen
in unserem Fachgebiete davon ausgehen können,
daß Sie (und wir beiden anderen) zwar von zu Hause,
jedoch innerhalb 5 Minuten den Dienst in der Klinik
aufnehmen können.
Eventuelle Veränderungen Ihres Wohnsitzes innerhalb
der Stadt G müßten daher im Detail mit mir
besprochen werden. Auf diesen Punkt muß ich im
Interesse der uns anvertrauten Patientinnen ebenfalls
ausdrücklich hinweisen.
Entschuldigen Sie, bitte, diese Form, die sonst
zwischen uns nicht üblich ist, aber ich bedarf
eines Schriftsatzes, falls auch wir hier (daher
der "gegebene Anlaß") in der Zukunft einmal
juristisch belangt werden sollten."
Mit Schreiben vom 8. September 1982 kündigte der Beklagte die Nebenabrede vom 17. September 1979 zum 31. Dezember 1982 unter Hinweis auf die Tarifverhandlungen über die Neuregelung der Bereitschaftsdienste in den Krankenhäusern.
Von Januar bis März 1983 wurden Aufzeichnungen über die Arbeitsleistungen gefertigt, die nach den Berechnungen des Beklagten einen durchschnittlichen Arbeitsanfall von 36,05 % und nach den Aufzeichnungen des Klägers von 25 % bis 40 % in den Zeiten ergab, in denen Dienste außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit erbracht wurden. Den Abschluß einer Nebenabrede über die Zuweisung zum Bereitschaftsdienst der Stufe C (Nr. 8 Abs. 2 SR 2 c BAT) bot der Beklagte nicht an, zahlte aber bis zum 30. Juni 1983 die entsprechende Vergütung.
Mit Schreiben vom 9. Juni 1983 ordnete der Beklagte ab 1. September des Jahres Rufbereitschaft für Oberärzte an und bot dem Kläger mit Schreiben vom 20. Juni 1983 den Abschluß einer Nebenabrede an, in der festgelegt war, daß es sich bei dem Dienst außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit um Rufbereitschaft handelt. Gleichzeitig stellte der Beklagte in dem Schreiben vom 20. Juni 1983 in Abrede, daß jemals Bereitschaftsdienst für Oberärzte angeordnet worden sei; bei dem bisherigen Dienst habe es sich vielmehr immer um Rufbereitschaft gehandelt.
Der Kläger lehnte mit Schreiben vom 29. Juni 1983 den Abschluß der angebotenen Nebenabrede ab und forderte ab 1. Juli 1983 die Bereitschaftsdienstvergütung der Stufe C. In dem Antwortschreiben des Beklagten vom 30. Juni 1983 teilte dieser mit, daß für den Juli 1983 die bisherige Vergütungspauschale nicht mehr gezahlt werde, sondern die Rufbereitschaft zukünftig nach den jeweils eingereichten Zeitnachweisen vergütet werde, was auch geschah.
Der Kläger hat vorgetragen, er habe einen Anspruch auf Abschluß der begehrten Nebenabrede. Die Voraussetzungen für die Anordnung von Rufbereitschaft seien nicht gegeben. Die mit Schreiben vom 9. Juni 1983 angeordnete Rufbereitschaft sei wegen Verstoßes gegen Tarifrecht unwirksam. Es falle nicht nur in Ausnahmefällen Arbeit an. Auch außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit sei vielmehr ein erheblicher Arbeitsanfall zu erwarten. Im Interesse der Patienten stoße die mit einer größeren Bewegungsfreiheit verbundene Anordnung von Rufbereitschaft auf erhebliche Bedenken, da in der Frauenklinik auch in der Nacht und an den Wochenenden mit Geburten und damit operativen Eingriffen zu rechnen sei. Der Zuschnitt der Frauenklinik lasse es nicht zu, von den Oberärzten lediglich Rufbereitschaft leisten zu lassen. Die Frauenklinik gehöre zu den geburtenstärksten Kliniken im Land. Im Oktober 1983 habe der Arbeitsanfall 45 %, im November 1983 41 %, im Dezember 1983 37 % und im Januar 1984 35,9 % innerhalb der Dienste, die außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit geleistet worden seien, betragen. Die gesamte über die Kernarbeitszeit von 8.00 Uhr bis 16.00 Uhr hinaus anfallende Arbeit sei als Bereitschaftsdienst zu rechnen. Pausen innerhalb der Arbeitszeit könnten nicht gesondert ausgewiesen werden, da diese mit den dienstfreien Zeiten abgegolten würden. Dies geschehe schon dadurch, daß vor Beginn jeder offiziellen Dienstübernahme Informationsvisiten und Besprechungen mit dem den Dienst abgebenden Arzt stattfänden, die mindestens 30 Minuten währten. Des weiteren dauere die Übergabe nach Ablauf der Kernarbeitszeit mindestens 60 Minuten. Sofern während des Bereitschaftsdienstes Routinearbeiten anfielen und aufgezeichnet würden, handele es sich um einen Vorteil des Beklagten, weil sie eigentlich als Mehrarbeit zu vergüten seien. Durch den mit Schreiben vom 1. Oktober 1979 angeordneten Bereitschaftsdienst habe der Chefarzt, der das Weisungsrecht für die ihm zugeordneten Ärzte seiner Abteilung habe, sein Weisungsrecht ordnungsgemäß mit Verbindlichkeit für den Beklagten ausgeübt. Es handele sich auch tatsächlich um Bereitschaftsdienst, was der Beklagte durch die entsprechende Vergütung in der Vergangenheit anerkannt habe.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, mit ihm
eine Nebenabrede zum Dienstvertrag folgenden
Inhaltes abzuschließen: Zum Zwecke
der Vergütungsberechnung wird der Bereitschaftsdienst
gemäß Nr. 8 Abs. 2 der
SR 2 c Ärzte zum BAT ab 1. September 1983
der Stufe C zugeteilt. Die Nebenabrede
ist gemäß Nr. 8 Abs. 5 SR 2 c BAT kündbar.
Der Beklagte hat Klagabweisung beantragt und vorgetragen, der Kläger habe keinen Anspruch auf Abschluß einer Nebenabrede, durch die Bereitschaftsdienst zugewiesen werde. Die Organisation der Dienste in den Abteilungen des Krankenhauses außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit sei Sache des Arbeitgebers. Für den Kläger sei kein Bereitschaftsdienst, sondern Rufbereitschaft angeordnet worden. Auch der Chefarzt der Frauenklinik habe lediglich Rufbereitschaft, wenn auch mit unzutreffender Bezeichnung angeordnet. Bis zum Prozeß sei ihm, dem Beklagten, dieses Schreiben vom 1. Oktober 1979, das lediglich eine Begriffsverwechslung beinhalte, unbekannt gewesen. Die Aufzeichnungen des Klägers zu seinen Arbeitsleistungen während der Rufbereitschaft gingen zudem von einer falschen Bemessung der regelmäßigen täglichen Arbeitszeit aus. So habe der Kläger die Pausen nicht berücksichtigt, die seine regelmäßige Arbeitszeit verlängerten, und normale Routinetätigkeiten in die Bemessung mit einbezogen. Abgesehen davon, daß der Bereitschaftsdienst mit den vorhandenen Assistenzärzten sichergestellt werden könne, sei die Anordnung von Bereitschaftsdienst in dem Umfang, in dem Rufbereitschaft bestehe, tarifvertraglich nicht möglich.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers im wesentlichen zurückgewiesen, lediglich bezogen auf den Zeitraum vom 1. Juli 1983 bis zum 31. August 1983 hat es das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und den Beklagten zum Abschluß der begehrten Nebenabrede für diesen Zeitraum verurteilt.
Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter. Der Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Abschluß der beantragten Nebenabrede. Seit dem 1. September 1983 hat der Kläger keinen einer bestimmten Stufe zuzuweisenden Bereitschaftsdienst mehr geleistet.
I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Kläger habe nur einen Anspruch auf Abschluß der begehrten Nebenabrede für die Zeit vom 1. Juli bis 31. August 1983. Für diesen Zeitraum habe gemäß Schreiben des Chefarztes der Frauenklinik vom 1. Oktober 1979 die Pflicht bestanden, Bereitschaftsdienst zu leisten. Diese Anordnung sei jedoch durch das Schreiben vom 9. Juni 1983 mit Wirkung vom 1. September 1983 aufgehoben worden. Der Bereitschaftsdienst für diese Zeit sei gemäß Nr. 8 Abs. 2 SR 2 c BAT der Stufe C zuzuweisen, da aufgrund der Berechnung in den Monaten Januar bis März 1983 davon auszugehen sei, daß der errechnete Prozentsatz von 36,05 % Arbeitsleistung während des Bereitschaftsdienstes als erfahrungsgemäßer Durchschnittswert auch für Juli und August 1983 zugrundegelegt werden könne.
Für die Zeit ab 1. September 1983 sei kein dahingehender Anspruch gegeben, selbst wenn das Vorbringen des Klägers im Hinblick auf den Arbeitsanfall während der von ihm außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit geleisteten Dienste zutreffend sei. Die Anordnung von Rufbereitschaft mit Schreiben vom 9. Juni 1983 verstoße dann zwar gegen Nr. 8 Abs. 6 Satz 2 SR 2 c BAT und sei rechtwidrig. Daraus ergebe sich aber kein Anspruch des Klägers, ab 1. September 1983 so gestellt zu werden, als hätte der Beklagte Bereitschaftsdienst angeordnet. Ein derartiger Anspruch ergebe sich nicht aus einer unzulässigen Rechtsausübung der Beklagten. Denn die Anordnung von Bereitschaftsdienst wäre wegen Verstoßes gegen Nr. 8 Abs. 7 Satz 1 SR 2 c BAT rechtswidrig. Der Kläger könne nicht verlangen, daß an die Stelle einer rechtswidrig angeordneten Rufbereitschaft ein rechtswidriger Bereitschaftsdienst trete. Er könne nur eine Regelung beanspruchen, die mit den tariflichen Bestimmungen übereinstimme. Insoweit bestehe nicht nur ein Wahlrecht des Beklagten zwischen Rufbereitschaft und Bereitschaftsdienst, es komme auch eine Kombination von Überstunden und Rufbereitschaft oder Bereitschaftsdienst in Betracht.
II. Diese Ausführungen des Landesarbeitsgerichts halten der revisionsrechtlichen Überprüfung stand.
1. Gemäß Nr. 8 Abs. 1 Satz 1 SR 2 c BAT ist der Arzt verpflichtet, sich auf Anordnungen des Arbeitgebers außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle aufzuhalten, um im Bedarfsfall die Arbeit aufzunehmen (Bereitschaftsdienst). Demnach hat der Kläger jedenfalls bis zum 31. August 1983 aufgrund der Anweisung des Chefarztes mit Schreiben vom 1. Oktober 1979 Bereitschaftsdienst geleistet. Dem steht nicht entgegen, daß sich der Kläger nicht innerhalb des Krankenhauses aufhalten mußte. Der vom Arbeitgeber bestimmte Aufenthaltsort kann sich vielmehr innerhalb oder außerhalb des Betriebes befinden; für die Annahme von Bereitschaftsdienst ist allein entscheidend, daß der Arbeitnehmer erforderlichenfalls seine Arbeitstätigkeit unverzüglich aufnehmen kann (BAGE 8, 25, 28 = AP Nr. 5 zu § 7 AZO).
2. Seit dem 1. September 1983 leistet der Kläger keinen Bereitschaftsdienst mehr.
a) Die Anordnung von Bereitschaftsdienst ist vom Beklagten - nachdem die Nebenabrede schon zuvor zum 31. Dezember 1982 gekündigt worden war - durch die mit Schreiben vom 9. Juni 1983 erfolgte Anordnung ab 1. September 1983 Rufbereitschaft zu leisten, abgelöst worden. Da Rufbereitschaft i. S. von Nr. 8 Abs. 6 Satz 1 SR 2 c BAT lediglich eine Aufenthaltsanzeigeverpflichtung und die Pflicht zur Arbeitsaufnahme bei Abruf beinhaltet, war der Kläger damit ab diesem Zeitpunkt nicht mehr verpflichtet, sich zur Arbeitsaufnahme an einem vom Arbeitgeber bestimmten Ort aufzuhalten. Seine Verpflichtung beschränkte sich vielmehr darauf, seinen von ihm selbst gewählten Aufenthaltsort dem Beklagten anzuzeigen und auf Abruf die Arbeit aufzunehmen.
b) Allerdings durfte im Streitfall Rufbereitschaft nicht angeordnet werden, da aufgrund der Erfahrungen in der Vergangenheit nicht davon ausgegangen werden konnte, Arbeit falle lediglich in Ausnahmefällen an (Nr. 8 Abs. 6 Satz 2 SR 2 c BAT). Nach den Berechnungen des Beklagten betrug der Arbeitsanfall während des Bereitschaftsdienstes in den Monaten Januar bis März 1983 durchschnittlich 36,05 %, also über 1/3. Arbeitsleistungen in einem derartigen Umfang können nicht mehr als Ausnahmefall angesehen werden. Zwar haben die Tarifvertragsparteien nicht ausgeführt, was unter Ausnahmefällen zu verstehen ist. Nach dem herkömmlichen Sprachgebrauch ist jedoch unter Ausnahme eine Abweichung von der geltenden Regel zu verstehen (vgl. Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache 1976, Stichwort Ausnahme). Das bedeutet, Rufbereitschaft darf nur dann angeordnet werden, wenn Arbeit zwar anfällt, die Zeiten ohne Arbeitsanfall aber die Regel sind. Ist aber nach den bisherigen Erfahrungen voraussichtlich mit dem Anfall von Arbeit zu rechnen, liegt kein Ausnahmefall mehr vor (vgl. Crisolli/Ramdohr, Das Tarifrecht der Angestellten im öffentlichen Dienst, Teil II, Stand Januar 1986, Anl. 2 c Anm. 31). Für die Beurteilung ist dabei allerdings nicht allein ein bestimmter Prozentsatz von Arbeitsanfall von Bedeutung, sondern auch die Häufigkeit der einzelnen Arbeitseinsätze. Insofern läßt sich, wie auch ein Vergleich mit den tariflichen Regelungen zum Bereitschaftsdienst deutlich macht, keine starre oder absolute Grenze ziehen. Der tariflich geregelte Bereitschaftsdienst kennt nämlich keine Grenzen der Arbeitsleistung nach unten. Bereitschaftsdienst kann auch bei einer Arbeitsleistung von 0 bis 10 v.H. innerhalb des Bereitschaftsdienstes angeordnet werden. Es hat aber gemäß Nr. 8 Abs. 2 a SR 2 c BAT eine Zuordnung zur Stufe B (mehr als 10 bis 25 v.H. Arbeitsleistung innerhalb des Bereitschaftsdienstes) zu erfolgen, wenn der Arzt in der Zeit von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr erfahrungsgemäß durchschnittlich mehr als dreimal dienstlich in Anspruch genommen wird. Das läßt erkennen, daß die Tarifvertragsparteien bei der Abgrenzung von Rufbereitschaft zum Bereitschaftsdienst einerseits nicht auf einen bestimmten Prozentsatz von Arbeitsleistung abstellen wollten, andererseits bei der Bewertung von Leistungen außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit nicht nur der prozentualen zeitlichen Belastung, sondern auch der Häufigkeit der Einsätze besondere Bedeutung beigemessen haben.
c) Der Kläger hat nach der Berechnung des Beklagten innerhalb des Bereitschaftsdienstes zu 36,05 %, nach seiner eigenen Berechnung zu 25 bis 40 % Arbeit geleistet. Es kann dahingestellt bleiben, welche der beiden Berechnungen zutrifft. Denn auch bei dem von dem Beklagten errechneten Prozentsatz kann nicht davon ausgegangen werden, Arbeit falle während des Bereitschaftsdienstes nur in Ausnahmefällen an. Es sind aus dem Vortrag der Parteien auch keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, daß erwartet werden konnte, der in den Monaten Januar bis März 1983 von dem Beklagten errechnete Arbeitsleistungsanteil werde sich in der Zeit nach September 1983 allein aufgrund der Anordnung von Rufbereitschaft(statt Bereitschaftsdienst) deutlich verringern. Wesentliche organisatorische Änderungen sind von dem Beklagten nicht getroffen worden. Er hat erkennbar lediglich das Aufenthaltsbestimmungsrecht verändert, wobei es dem Kläger auch in der Vergangenheit gestattet war, das Krankenhaus während des Bereitschaftsdienstes zu verlassen.
3. Aus der tarifwidrigen Anordnung von Rufbereitschaft, die nicht in eine solche von Bereitschaftsdienst umgedeutet werden kann, folgt - ungeachtet dessen, daß der Beklagte die Anordnung in der jetzigen Form nicht aufrechterhalten darf - kein Anspruch des Klägers auf Abschluß der begehrten Nebenabrede.
a) Entgegen der Auffassung der Revision wandelt sich eine unzulässigerweise angeordnete Rufbereitschaft nicht automatisch in Bereitschaftsdienst um. Der Rufbereitschaft ist ebenso wie dem Bereitschaftsdienst kein bestimmter Anteil an Arbeitsleistung begriffsimmanent (vgl. zum Bereitschaftsdienst BAG Urteil vom 27. Februar 1985 - 7 AZR 552/82 - AP Nr. 12 zu § 17 BAT = RdA 1985, 380). Wesentliches Unterscheidungskriterium zwischen Rufbereitschaft und Bereitschaftsdienst ist vielmehr allein, ob der Arbeitnehmer seinen Aufenthaltsort selbst bestimmen kann oder nicht. Bereitschaftsdienst ist seinem Wesen nach eine Aufenthaltsbeschränkung, die mit der Verpflichtung verbunden ist, bei Bedarf unverzüglich tätig zu werden (BAG Urteil vom 27. Februar 1985 - 7 AZR 52/82 -, aaO; Böhm/Spiertz/Sponer/Steinherr, BAT, 3. Aufl., Bd. IV, SR 2 a BAT Nr. 6 Rz 7; Uttlinger/Breier/Kiefer, BAT, Stand Juli 1986, Anlage 2 c, Erl. a zu Nr. 8), während der Arbeitnehmer bei der Rufbereitschaft seinen Aufenthaltsort grundsätzlich selbst wählen kann (vgl. Röhsler, Die Arbeitszeit 1973, S. 34). Zwar wird die Rufbereitschaft auch als "schwächere" oder "besonders leichte Form des Bereitschaftsdienstes" bezeichnet (vgl. Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese, BAT, Stand Dezember 1986, SR 2 a Erl. 11; Röhsler, aaO), dies aber nicht wegen eines verschieden hohen Arbeitsanfalls, sondern wegen der Möglichkeit, wenn auch in Grenzen, den Aufenthaltsort frei zu wählen. Diese Unterscheidung haben auch die Tarifvertragsparteien in ihrer Definition in Nr. 8 Abs. 1 und 6 SR 2 c BAT getroffen. Dem Arbeitsanfall kommt bei der Begriffsabgrenzung keine Bedeutung zu. Beachtet werden muß die zu erwartende oder erfahrungsgemäß anfallende Arbeitsleistung allein bei der Frage, ob Rufbereitschaft oder Bereitschaftsdienst angeordnet werden darf. Deshalb ist trotz der Unzulässigkeit der Anordnung von Rufbereitschaft eine Umdeutung in Bereitschaftsdienst ausgeschlossen (BAG Urteil vom 27. Februar 1985, aaO).
b) Die tarifliche Vorschrift der Nr. 8 SR 2 c BAT beinhaltet die Verpflichtung des Arztes, Bereitschaftsdienst zu leisten und regelt die Grenzen, innerhalb derer Bereitschaftsdienst angeordnet werden darf; sie enthält aber keine Verpflichtung zur Anordnung von Bereitschaftsdienst.
aa) Das Weisungsrecht, das den Arbeitgeber berechtigt, Zeit, Ort und Art der Leistung näher zu bestimmen, findet seine Grenzen in den Vorschriften der Gesetze, des Kollektiv- und des Einzelarbeitsvertragsrechts; es darf gemäß § 315 Abs. 1 BGB nur nach billigem Ermessen ausgeübt werden (vgl. BAGE 47, 363, 375 = AP Nr. 27 zu § 611 BGB Direktionsrecht; BAGE 47, 238, 249 = AP Nr. 1 zu § 4 TVG Bestimmungsrecht; BAGE 33, 71, 75 = AP Nr. 26 zu § 611 BGB Direktionsrecht, zu III 1 der Gründe; BAG Urteil vom 19. Juni 1985 - 5 AZR 57/84 - AP Nr. 11 zu § 4 BAT).
bb) Im Streitfalle kann nicht davon ausgegangen werden, nur die Anordnung von Bereitschaftsdienst entspreche billigem Ermessen. Denn die Anordnung von Bereitschaftsdienst in der bisherigen Form oder anstelle von Rufbereitschaft wäre ebenfalls unzulässig, da nach Nr. 8 Abs. 7 SR 2 c BAT Bereitschaftsdienst der Stufe C lediglich sechsmal im Monat angeordnet werden darf, die Anzahl der monatlichen Bereitschaftsdienste in der Vergangenheit und die der derzeitigen Rufbereitschaften aber wesentlich höher lag. Abgesehen davon würde auch die Anordnung von Bereitschaftsdienst in der tarifvertraglich zulässigen Anzahl nicht der gegebenen Sachlage gerecht werden. Ein beachtlicher Teil der Arbeitsleistungen des Klägers innerhalb der Rufbereitschaftszeiten fällt nämlich in einem festen Block nach Ende der regelmäßigen Arbeitszeit an. Ebenso sind an den Wochenenden feste Blöcke erkennbar. Es überwiegt also in diesen Zeiten erfahrungsgemäß die Zeit mit Arbeitsleistung, was wiederum einer Anordnung von Bereitschaftsdienst entgegensteht. Insofern käme bei der vorliegenden Gestaltung eher in Betracht, diese Zeiten als Vollarbeit vorzusehen und ggfls. eine Lösung durch Ausweitung des Arbeitszeitrahmens über zeitversetzte oder geteilte Dienste zu finden (BAG Urteil vom 19. Juni 1985, aaO). Auch das Schrifttum spricht sich für Schichtdienste, zeitversetzte Dienste und geteilte Dienste aus, um die Inanspruchnahme durch Bereitschaftsdienste zu verringern (vgl. u.a. Böhm/Spiertz/Sponer/Steinherr, aa0, SR 2 a BAT Nr. 6 Rz 18). Borrmann (RdA 1981, 271, 277) vertritt sogar die Auffassung, der Krankenhausträger müsse für Zeiten im Anschluß an die regelmäßige Arbeitszeit, in denen erfahrungsgemäß mehr als 50 % Arbeitsleistung anfällt, entsprechende Arbeitszeit festsetzen bzw. Überstunden anordnen; es liege dann kein nach dem BAT zulässiger Bereitschaftsdienst vor. Auch die Tarifvertragsparteien haben bei der Neuregelung des 50. Änderungstarifvertrages an derartige Maßnahmen gedacht, wie sich aus dem bei Uttlinger/Breier/Kiefer (aaO, Erl. f zu Nr. 8) wiedergegebenen Einführungsrundschreiben der TdL/VKA - unter III - ergibt.
cc) Soweit die Revision darauf abstellt, der Zuschnitt der Frauenklinik lasse die Anordnung von Rufbereitschaft für die Oberärzte überhaupt nicht zu, führt dies nicht dazu, allein die Anordnung von Bereitschaftsdienst der Stufe C als billigem Ermessen entsprechend anzusehen. Auch wenn es nicht auszuschliessen ist, daß bei Ausdehnung des Arbeitszeitrahmens ergänzend Bereitschaftsdienst anstelle von Rufbereitschaft anzuordnen ist, was von der konkreten Gestaltung und dem in der verbleibenden Zeit zu erwartenden Arbeitsanfall abhängt, schließt die Besonderheit der Frauenklinik die Anordnung von Rufbereitschaft bei den Oberärzten nicht aus. Der Kläger hat auch in der Vergangenheit seinen Bereitschaftsdienst nicht in der Klinik verbracht, sondern mußte von zu Hause gerufen werden. Insofern konnte er auch trotz des Bereitschaftsdienstes die Arbeit nicht sofort aufnehmen. Es ist nicht ersichtlich, weshalb dann Rufbereitschaft auszuschließen ist, bei der die Arbeit im Falle des Abrufs innerhalb kürzester Frist aufgenommen werden kann. Die Abwägung der beiderseitigen Interessen führt daher unter den gegebenen Umständen nicht zwingend zu einer Anordnung von Bereitschaftsdienst.
4. Der Kläger hat aber auch aufgrund betrieblicher Übung keinen Anspruch auf Anordnung von Bereitschaftsdienst (zum Begriff der betrieblichen Übung vgl. BAGE 40, 126, 133 = AP Nr. 1 zu § 3 TVArb Bundespost mit weiteren Nachweisen). Denn trotz der über Jahre hinweg andauernden Anordnung von Bereitschaftsdienst für die Oberärzte der Frauenklinik konnte der Kläger daraus nicht den Schluß ziehen, daß auch zukünftig Bereitschaftsdienst angeordnet wird bzw. angeordnet bleibt. Er mußte vielmehr mit der Möglichkeit einer Änderung der auf seinen Arbeitsvertrag anzuwendenden tarifvertraglichen Regelungen und damit der arbeitsrechtlichen Gegebenheiten rechnen. Keinesfalls konnte der Kläger darauf vertrauen, der Beklagte werde die Änderung der Nr. 8 SR 2 c BAT, wie sie durch den 50. Änderungstarifvertrag vom 22. November 1982 zum 1. Januar 1983 erfolgt ist, unbeachtet lassen. Jedenfalls mußte er insoweit mit einer Reaktion rechnen, als die bisherige Handhabung gegen die Nr. 8 Abs. 7 SR 2 c BAT verstieß. Auch eine durch organisatorische oder personelle Maßnahmen bedingte Änderung der Gegebenheiten, die zu einer anderen Gestaltung der Dienste außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit führen, mußte der Kläger in Erwägung ziehen. Der Kläger konnte weder erwarten Bereitschaftsdienst auf Dauer noch einer bestimmten Stufe oder in gleichbleibendem Umfang leisten zu können.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Dr. Röhsler Dörner Schneider
Hohnheit Schmidt
Fundstellen