Entscheidungsstichwort (Thema)
Tariflicher Aufschlag zum Urlaubsentgelt
Leitsatz (redaktionell)
Dem vom Grundwehrdienst zurückgekehrten Angestellten steht die Zulage zum Urlaubsentgelt nach § 47 Abs 2 Unterabs 2 BAT nur unter den dort genannten Voraussetzungen zu (im Anschluß an das Urteil des BAG vom 27. Januar 1981, 6 AZR 331/78 = AP Nr 2 zu § 47 BAT).
Normenkette
BUrlG §§ 11, 13; BAT § 47 Abs. 2; ArbPlSchG § 6 Abs. 2, § 1 Abs. 1; BAT § 47 Abs. 2 Unterabs. 2
Verfahrensgang
LAG Nürnberg (Entscheidung vom 12.12.1983; Aktenzeichen 4 Sa 106/82) |
ArbG Nürnberg (Entscheidung vom 20.07.1982; Aktenzeichen 8 Ca 149/82 A) |
Nachgehend
BVerfG (Entscheidung vom 06.03.1992; Aktenzeichen 1 BvR 1010/87) |
Tatbestand
Der Kläger ist seit Januar 1979 beim beklagten Landkreis als Assistenzarzt im Angestelltenverhältnis beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis ist u. a. der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) anzuwenden, sowie der Tarifvertrag über eine Zuwendung für Angestellte.
§ 47 Abs. 2 BAT i. d. F. des 45. Änderungstarifvertrages vom 31. Oktober 1979 lautet:
"(2) Als Urlaubsvergütung werden die Vergütung
(§ 26) und die Zulagen, die in Monatsbeträgen
festgelegt sind, weitergezahlt. Der Teil der
Bezüge, der nicht in Monatsbeträgen festgelegt
ist, wird nach Maßgabe des § 36 Abs. 1 Unter-
abs. 2 durch eine Zulage (Aufschlag) für jeden
Urlaubstag nach Unterabsatz 2 als Teil der Ur-
laubsvergütung berücksichtigt.
Der Aufschlag beträgt 108 v. H. des Tagesdurch-
schnitts der Zulagen, die nicht in Monatsbeträ-
gen festgelegt sind, der Zeitzuschläge nach
§ 35 Abs. 1 Satz 2 Buchst. b) bis d), der Über-
stundenvergütungen (ausgenommen die Überstunden-
pauschvergütung nach Nr. 5 SR 2 s) und des Zeit-
zuschlags nach § 35 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a)
für ausgeglichene Überstunden, der Bezüge nach
§ 34 Abs. 1 Satz 2 sowie der Vergütungen für
Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft des
vorangegangenen Kalenderjahres.
Hat das Arbeitsverhältnis erst nach dem
30. Juni des vorangegangenen Kalenderjahres
oder erst in dem laufenden Kalenderjahr begon-
nen, treten als Berechnungszeitraum für den
Aufschlag an die Stelle des vorangegangenen
Kalenderjahres die vor dem Beginn des Urlaubs
liegenden vollen Kalendermonate, in denen das
Arbeitsverhältnis bestanden hat. Hat das Ar-
beitsverhältnis bei Beginn des Urlaubs minde-
stens sechs volle Kalendermonate bestanden,
bleibt der danach berechnete Aufschlag für den
Rest des Urlaubsjahres maßgebend.
Ändert sich die arbeitsvertraglich vereinbarte
regelmäßige Arbeitszeit (§ 34) oder die regel-
mäßige Arbeitszeit (§ 15 Abs. 1 bis 4 und die
entsprechenden Sonderregelungen hierzu) - mit
Ausnahme allgemeiner Veränderungen der Arbeits-
zeit -, sind Berechnungszeitraum für den Auf-
schlag die nach der Änderung der Arbeitszeit
und vor dem Beginn des Urlaubs liegenden vollen
Kalendermonate. Unterabsatz 3 Satz 2 gilt ent-
sprechend.
Sind nach Ablauf des Berechnungszeitraumes all-
gemeine Vergütungserhöhungen eingetreten, er-
höht sich der Aufschlag nach Unterabsatz 2 um
80 v. H. des von den Tarifvertragsparteien
festgelegten durchschnittlichen Vomhundertsatzes
der allgemeinen Vergütungserhöhung.
...
Protokollnotizen zu Absatz 2:
...
2. Der Tagesdurchschnitt nach Unterabsatz 2 beträgt
bei der Verteilung der durchschnittlichen regel-
mäßigen wöchentlichen Arbeitszeit auf fünf Tage
3/65, bei der Verteilung auf sechs Tage 1/26 des
Monatsdurchschnitts aus der Summe der Zulagen,
die nicht in Monatsbeträgen festgelegt sind, der
Zeitzuschläge nach § 35 Abs. 1 Satz 2 Buchst. b)
bis d), der Überstundenvergütungen (ausgenommen
die Überstundenpauschvergütung nach Nr. 5 SR 2 s),
des Zeitzuschlags nach § 35 Abs. 1 Satz 2
Buchst. a) für ausgeglichene Überstunden, der
Bezüge nach § 34 Abs. 1 Satz 2, der Vergütungen
für Bereitschaftsdienst und der Vergütungen für
Rufbereitschaft, die für das vorangegangene Ka-
lenderjahr zugestanden haben. Ist die durch-
schnittliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit
weder auf fünf noch auf sechs Tage verteilt, ist
der Tagesdurchschnitt entsprechend zu ermitteln.
Maßgebend ist die Verteilung der Arbeitszeit zu
Beginn des Kalenderjahres. Bei der Berechnung
des Monatsdurchschnitts bleiben die Kalendermo-
nate unberücksichtigt, für die dem Angestellten
weder Vergütung noch Urlaubsvergütung noch
Krankenbezüge zugestanden haben. Außerdem bleibt
bei der Berechnung des Monatsdurchschnitts die
Zeit vor dem Beginn des dritten vollen Kalender-
monats des Bestehens des Angestelltenverhältnis-
ses unberücksichtigt.
Sind nach Unterabsatz 3 oder Unterabsatz 4 Be-
rechnungszeitraum die vor dem Beginn des Urlaubs
liegenden vollen Kalendermonate, treten diese an
die Stelle der Kalendermonate des vorangegangenen
Kalenderjahres. Maßgebend ist die Verteilung der
Arbeitszeit zu Beginn des Arbeitsverhältnisses
bzw. zu Beginn des Zeitraums, von dem an die
Arbeitszeit geändert worden ist."
§ 2 ZuwendungsTV lautet:
"(1) Die Zuwendung beträgt - unbeschadet des
Absatzes 2 - 100 v. H. der Urlaubsvergütung nach
§ 47 Abs. 2 BAT, die dem Angestellten zugestanden
hätte, wenn er während des ganzen Monats Septem-
ber Erholungsurlaub gehabt hätte.
...
Für den Angestellten, dessen Arbeitsverhältnis
später als am 1. September begonnen hat, tritt
an die Stelle des Monats September der erste
volle Kalendermonat des Arbeitsverhältnisses."
Vom 1. Oktober 1979 bis 31. Dezember 1980 leistete der Kläger seinen Grundwehrdienst und setzte danach seine Tätigkeit beim Beklagten fort.
Im Jahre 1981 hat der Kläger Urlaub vom 24. August bis 28. August (= 5 Urlaubstage) und vom 5. Oktober bis 16. Oktober (= 10 Urlaubstage) erhalten.
Vor und nach dem Wehrdienst hat der Kläger Bereitschafts- und Rufbereitschaftsdienst geleistet. Die Beklagte brachte bei der Berechnung der Urlaubsvergütung keinen Aufschlag nach § 47 Abs. 2 BAT in Ansatz. Ebenso verfuhr die Beklagte bei der Berechnung der Zuwendung nach § 2 ZuwendungsTV. Der Kläger ist mit der Berechnung nicht einverstanden. Mit seiner Klage begehrt er von der Beklagten, ihm entsprechend einer von ihm vorgelegten Berechnung Zuschläge unter Berücksichtigung seiner im Jahre 1981 geleisteten Bereitschaftsdienste zu zahlen.
Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 6.332,18 DM brutto nebst Zinsen zu zahlen. Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen Klaganspruch weiter. Der Beklagte bittet, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf den Aufschlag zum Urlaubsentgelt nach § 47 Abs. 2 BAT.
2. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts ist nicht zu beanstanden. Sie stimmt jedenfalls im Ergebnis mit dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 27. Januar 1981 - 6 AZR 331/78 - (AP Nr. 2 zu § 47 BAT mit zust. Anm. von Clemens) überein. Danach steht auch dem vom Grundwehrdienst zurückgekehrten Angestellten die Zulage zum Urlaubsentgelt nach § 47 Abs. 2 BAT nur unter den dort genannten Voraussetzungen zu. Dieser Auffassung tritt der erkennende Senat bei.
Zwar ist durch die Änderung der Protokollnotiz Nr. 2 zu § 47 Abs. 2 BAT nicht auf die tatsächlich gezahlten Vergütungen für Bereitschaftsdienst und für Rufbereitschaft im Bezugszeitraum für die Berechnung des Aufschlags zur Urlaubsvergütung abzustellen, sondern darauf, ob diese Vergütungen dem Arbeitnehmer im vorangegangenen Kalenderjahr zugestanden haben. Daraus ergibt sich aber für die hier zu beurteilende Fallgestaltung keine Änderung in der rechtlichen Beurteilung gegenüber dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 27. Januar 1981 (aaO).
3. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht angenommen, daß dem Kläger ein Aufschlag nach § 47 Abs. 2 BAT nicht für den Urlaub im Jahre 1981 zusteht, weil nach § 47 Abs. 2 Unterabs. 2 BAT der Aufschlag nach den Vergütungen für Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft des vorangegangenen Kalenderjahres zu berechnen ist und der Kläger im Jahre 1980 keinen Bereitschaftsdienst und keine Rufbereitschaft geleistet hat.
4. Entgegen der Auffassung der Revision ist aus § 47 Abs. 2 Unterabs. 3 BAT kein für den Kläger günstigeres Ergebnis herleitbar. Diese Bestimmung sieht als Berechnungszeitraum die vor dem Beginn des Urlaubs liegenden abgerechneten vollen Kalendermonate vor, wenn das Arbeitsverhältnis erst nach dem 30. Juni des vorangegangenen Kalenderjahres oder erst in dem laufenden Kalenderjahr begonnen hat.
Diese Voraussetzungen treffen auf den Kläger nicht zu. Das Arbeitsverhältnis des Klägers hat im Januar 1979 begonnen und ist in seinem Bestand durch den Grundwehrdienst nicht berührt worden (§ 1 Abs. 1 ArbPlSchG). Ein Anhaltspunkt dafür, daß die Tarifvertragsparteien abweichend hiervon als Beginn des Arbeitsverhältnisses auch die Wiederaufnahme der Tätigkeit nach Beendigung der Wehrdienstzeit behandeln wollten, ist nicht ersichtlich.
5. Ein anderes Ergebnis ist auch nicht im Hinblick auf § 6 ArbPlSchG geboten.
a) Das Bundesarbeitsgericht (aaO) hat bereits dargelegt, daß § 6 Abs. 2 ArbPlSchG nicht zum Inhalt hat, daß ein Arbeitnehmer in seinem Gehalt so zu stellen ist, als wenn er während des Grundwehrdienstes gearbeitet hätte. Während dieser Zeit ruht das Arbeitsverhältnis. Daraus sich ergebende Nachteile der Vergütungsberechnung für die Zeit nach Ableistung des Wehrdienstes behebt § 6 ArbPlSchG nicht, sofern die Vergütung sich nicht auch nach der Dauer der Berufs- oder Betriebszugehörigkeit richtet. An dieser Auffassung ist festzuhalten.
b) Zwar darf dem Arbeitnehmer nach § 6 Abs. 1 ArbPlSchG aus der Abwesenheit, die durch den Wehrdienst veranlaßt war, in beruflicher und betrieblicher Hinsicht kein Nachteil entstehen. Damit ist aber nicht zugleich verbunden, daß der Kläger auch Anspruch auf jeden Vorteil hätte, der bei Weiterarbeit ohne Teilnahme am Wehrdienst eingetreten wäre. Der Anspruch auf die Zulage zum Urlaubsentgelt knüpft an die tatsächliche Leistung von Rufbereitschaft und Bereitschaftsdienst an. Der Kläger hat keinen solchen Dienst geleistet, er hat auch nichts dafür vorgetragen, daß er während der Wehrdienstzeit überhaupt Bereitschaftsdienst oder Rufbereitschaft geleistet haben würde.
6. Ohne Erfolg beruft sich der Kläger auf die Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes. Auch hierzu hat der Sechste Senat des Bundesarbeitsgerichts im Urteil vom 27. Januar 1981 (aaO) bereits dargelegt, daß § 47 Abs. 2 BAT keinen Verstoß in dieser Hinsicht enthält. Dieser Auffassung ist beizupflichten. Die von den Tarifvertragsparteien an die Vergütungen für bestimmte Tätigkeiten in vorangehenden Zeitabschnitten geknüpften Anspruchsvoraussetzungen enthalten keine unsachgemäßen Unterscheidungen.
7. Steht dem Kläger danach die Zulage nach § 47 Abs. 2 BAT nicht zu, entfällt entsprechend auch ein Anspruch auf die Zuwendung in der vom Kläger begehrten Höhe.
Dr. Leinemann Dr. Peifer Dr. Olderog
Dr. Haible Hannig
Fundstellen
Haufe-Index 441546 |
RdA 1987, 315 |
AP § 47 BAT (Leitsatz 1 und Gründe), Nr 7 |
EzBAT § 47 BAT Urlaubsvergütung, Nr 4 (Leitsatz und Gründe) |
PersV 1991, 238 (Kurzwiedergabe) |