Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung einer Gebietsärztin

 

Leitsatz (amtlich)

  • Ein Gebietsarzt erfüllt jedenfalls dann nach zweijähriger Tätigkeit als solcher das Tätigkeitsmerkmal “mit entsprechender beruflicher Erfahrung” der VergGr. 13 Beispiel Nr. 5 der Anlage 1 Tätigkeitsmerkmale zum MDK-T, wenn er darüber hinaus über weitere Zusatzqualifikationen verfügt.
  • Die in dem Beispiel Nr. 5 der VergGr. 13 der Anlage 1 Tätigkeitsmerkmale zum MDK-T geforderte berufliche Erfahrung bezieht sich auf das Gebiet der Anerkennung als Facharzt und nicht allgemein auf Erfahrungen in der Sozialmedizin.
 

Normenkette

TVG § 1 Tarifverträge: Medizinischer Dienst; Manteltarifvertrag für die Beschäftigten (Angestellte und Arbeiterinnen/Arbeiter) der Medizinischen Dienste der Krankenversicherung (MDK) und des Medizinischen Dienstes der Spitzenverbände der Krankenkassen (MDS) vom 15. Oktober 1991 (MDK-T) § 15; Tätigkeitsmerkmale der Anlage 1 zum MDK-T VergGr. 11, 12, 13 Beispiel Nr. 5

 

Verfahrensgang

LAG München (Urteil vom 29.02.1996; Aktenzeichen 10 a Sa 460/94)

ArbG München (Urteil vom 10.08.1993; Aktenzeichen 8 Ca 13188/92)

 

Tenor

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Eingruppierung der Klägerin, letztlich, ob die Klägerin einen Anspruch darauf hat, ab 1. Dezember 1991 nach VergGr. 13 Beispiel Nr. 5 der Anlage 1 – Tätigkeitsmerkmale – zum Manteltarifvertrag für die Beschäftigten (Angestellte und Arbeiterinnen/Arbeiter) der Medizinischen Dienste der Krankenversicherung (MDK) und des Medizinischen Dienstes der Spitzenverbände der Krankenkassen (MDS) (MDK-T) vom 15. Oktober 1991 vergütet zu werden.

Die Klägerin ist approbierte Ärztin und verfügt seit dem 29. November 1989 über die Gebietsanerkennung (Facharzt) für Orthopädie. In den Jahren 1990 und 1991 hat sie weitere Qualifikationen mit den Zusatzbezeichnungen “Physikalische Therapie”, “Sportmedizin”, “Chirotherapie” und “Neuraltherapie” aufgrund entsprechender Ausbildungen und Prüfungen erworben. Nach ihrer Approbation war sie in der chirurgischen Abteilung eines Krankenhauses, einer orthopädischen Praxis, der orthopädischen Abteilung des Städtischen Krankenhauses M… und in der physikalischen Therapie und medizinischen Rehabilitation dieses Krankenhauses tätig.

Mit Schreiben vom 6. Juni 1991 bewarb sie sich auf eine Stellenausschreibung des Beklagten, mit der dieser eine(n) “Ärztin/Arzt für Orthopädie mit Interesse an sozialmedizinischen Aufgaben” suchte. Die Parteien schlossen daraufhin den Arbeitsvertrag vom 30. Juli 1991, nach dem die Klägerin ab 1. Oktober 1991 mit der “Funktion: ärztliche Gutachterin” auf unbestimmte Zeit angestellt wurde. Nach § 3 des Vertrages sollten für das Arbeitsverhältnis der BAT und die zur Ergänzung sowie Abänderung abgeschlossenen Tarifverträge sowie sonstigen tariflichen Vereinbarungen gelten bis zum Zeitpunkt des Abschlusses von Tarifverträgen für den Medizinischen Dienst. Nach § 5 des Vertrages war die Klägerin in die VergGr. Ib der Anlage 1a/1b zum BAT eingruppiert.

Das Arbeitsverhältnis endete am 31. März 1993.

Am 15. Oktober 1991 wurde zwischen der Tarifgemeinschaft der Medizinischen Dienste der Krankenversicherung und mehreren Gewerkschaften der MDK-T abgeschlossen. Der Tarifvertrag nebst Anlagen trat nach § 49 rückwirkend am 1. Juli 1991 in Kraft.

Die Klägerin erhielt im Zeitraum vom 1. Oktober 1991 bis 31. März 1992 zunächst Vergütung nach VergGr. 11 der Anlage 1 zum MDK-T und ab 1. April 1992 bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses am 31. März 1993 Vergütung nach VergGr. 12 der Anlage 1 zum MDK-T, wobei die Parteien sich darüber einig sind, daß der Klägerin von Beginn des Beschäftigungsverhältnisses am 1. Oktober 1991 an Vergütung nach VergGr. 12 der Anlage 1 zum MDK-T zusteht.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, mit Rücksicht auf ihre Gebietsanerkennung, ihre längere Berufserfahrung auf diesem Gebiet und die von ihr erworbenen Zusatzqualifikationen habe sie Anspruch auf Vergütung aus der VergGr. 13 Beispiel Nr. 5 des MDK-T, da sie “Gebietsärztin mit entsprechender beruflicher Erfahrung” sei. Das Tätigkeitsmerkmal “entsprechende berufliche Erfahrung” im Sinne dieses Tätigkeitsbeispiels beziehe sich auf Erfahrungen auf dem Gebiet, für das die Anerkennung erfolgt sei, und nicht auf Erfahrungen in der Sozialmedizin.

Die Klägerin hat zunächst beantragt:

Es wird festgestellt, daß die Klägerin für die Zeit vom 1. Oktober 1991 bis 31. März 1993 in die Vergütungsgruppe MDK-T 13 eingruppiert war.

Hilfsweise:

Es wird festgestellt, daß die Klägerin vom 1. Oktober 1991 bis 31. März 1992 in die Vergütungsgruppe MDK-T 12 eingruppiert war.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat die Auffassung vertreten, für eine Vergütung aus der VergGr. 13 Beispiel Nr. 5 MDK-T sei nicht nur berufliche Erfahrung in dem anerkannten Gebiet, sondern eine solche auf dem Gebiet der Sozialmedizin erforderlich.

Das Arbeitsgericht hat der Klage im Hauptantrag für die Zeit ab 1. Dezember 1991 und im Hilfsantrag für die Zeit vom 1. Oktober bis 30. November 1991 entsprochen. Auf die Berufung des Beklagten, mit der dieser das erstinstanzliche Urteil nur insoweit angegriffen hat, als es der Klägerin Vergütung aus VergGr. 13 zugesprochen hat, hat das Landesarbeitsgericht München die Klage abgewiesen. Mit ihrer Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Die Klägerin hat jedenfalls für die Zeit ab 1. Dezember 1991 bis 31. März 1993 Anspruch auf Vergütung aus der VergGr. 13 MDK-T.

I. Die Klage ist zulässig. Es handelt sich um eine im öffentlichen Dienst allgemein übliche Eingruppierungsfeststellungsklage, bei der nach der ständigen Rechtsprechung des Senats das nach § 46 Abs. 2 ArbGG in Verbindung mit § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche besondere rechtliche Interesse an der Feststellung unbedenklich zu bejahen ist (vgl. z. B. Senatsurteile vom 19. März 1986 – 4 AZR 470/84 – AP Nr. 114 zu §§ 22, 23 BAT 1975 und vom 10. Mai 1995 – 4 AZR 74/94 – AP Nr. 2 zu § 1 TVG Tarifverträge: Medizinischer Dienst).

II. Die Klage ist auch begründet.

1. Auf das Arbeitsverhältnis findet aufgrund der Vereinbarung der Parteien im Arbeitsvertrag der Manteltarifvertrag für die Beschäftigten (Angestellte und Arbeiterinnen/Arbeiter) der Medizinischen Dienste der Krankenversicherung (MDK) und des Medizinischen Dienstes der Spitzenverbände der Krankenkassen (MDS) (MDK-T) vom 15. Oktober 1991 nebst Anlage 1 – Tätigkeitsmerkmale – Anwendung.

a) Für die Eingruppierung der Klägerin ist sonach folgende Bestimmung des MDK-T heranzuziehen:

“§ 15

Eingruppierung

Die Eingruppierung erfolgt aufgrund der von den Beschäftigten überwiegend ausgeübten Tätigkeit nach Maßgabe der Anlage 1.”

Diese tarifliche Bestimmung ist dahin auszulegen, daß dem Arbeitnehmer bei Erfüllung der tariflichen Anforderungen ein entsprechender Vergütungsanspruch zusteht und der Entscheidung des Arbeitgebers nur deklaratorische Bedeutung zukommt. Für die Eingruppierung ist die überwiegende Tätigkeit maßgebend, wobei die “Tätigkeitsmerkmale” der Anlage 1 entscheidend sind.

b) Für die Entscheidung über den geltend gemachten Vergütungsanspruch kommt es daher auf folgende Bestimmungen der Anlage 1 zum MDK-T – Tätigkeitsmerkmale – an:

“Vergütungsgruppe 11

Beschäftigte mit Tätigkeiten, die eine abgeschlossene, wissenschaftliche Hochschulbildung oder gleichwertige Kenntnisse und Fähigkeiten erfordern

z.B. 

1. 

Sachgebietsleiter/in

2.

Referent/in

3.

Apotheker/in

Vergütungsgruppe 12

Beschäftigte mit Tätigkeiten, die sich durch die besondere Schwierigkeit und Bedeutung des Aufgabengebietes aus der Vergütungsgruppe 11 herausheben

z.B. 

1. 

Arzt/Ärztin

2.

Zahnarzt/Zahnärztin

3.

Gebietsarzt/Gebietsärztin

4.

Referent/in mit schwierigen Aufgaben

5.

Apotheker/in mit schwierigen Aufgaben

Vergütungsgruppe 13

Beschäftigte mit Tätigkeiten, die sich durch die besondere Schwierigkeit und Bedeutung des Aufgabengebietes aus der Vergütungsgruppe 12 herausheben

z.B. 

1. 

Referent/in mit besonderen Aufgaben

2.

Abteilungsleiter/in

3.

Ärzte/Ärztinnen mit sozialmedizinischer Weiterbildung und/oder schwierigen Aufgaben

4.

Gebietsärzte/Gebietsärztinnen/Zahnärzte/Zahnärztinnen mit sozialmedizinischer Weiterbildung

5.

Gebietsärzte/Gebietsärztinnen/Zahnärzte/Zahnärztinnen mit entsprechender beruflicher Erfahrung

…”

2.a) Die von der Klägerin in Anspruch genommenen Tätigkeitsmerkmale der VergGr. 13 bauen auf der VergGr. 12 auf, die ihrerseits die Erfüllung der Anforderungen der VergGr. 11 voraussetzt. Ersichtlich ist die Eingangsvergütungsgruppe für Ärzte und Zahnärzte die VergGr. 12, da diese dort als Beispiel für die VergGr. 12 genannt sind. Unerheblich ist, daß für Beschäftigte mit Tätigkeiten, die eine abgeschlossene wissenschaftliche Hochschulbildung erfordern, die VergGr. 11 vorgesehen ist.

b) Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, die Klägerin erfülle nicht die erforderliche weitere Voraussetzung der VergGr. 13 Beispiel Nr. 5 MDK-T, Gebietsärzte usw. “mit entsprechender beruflicher Erfahrung”, da für diese nicht nur ärztliche oder – was die Klägerin wohl unstreitig jedenfalls für den wesentlichen Vertragszeitraum erfülle – fachärztliche Berufserfahrung ausreiche, sondern diese Vergütungsgruppe eine “sozialmedizinische” berufliche Erfahrung verlange, die die Klägerin, auch nach ihrem ausdrücklichen eigenen Vortrag eben nicht aufweise.

c) Dem folgt der Senat nicht.

Aus den zitierten tariflichen Bestimmungen folgt, daß die Erfordernisse einer Vergütungsgruppe dann als erfüllt anzusehen sind, wenn ein Beschäftigter eine einem dieser Vergütungsgruppe zugeordneten Beispiel entsprechende Tätigkeit überwiegend auszuüben hat.

Die Klägerin hat unstreitig die Tätigkeit einer Gebietsärztin für Orthopädie ausgeführt.

Für die Eingruppierung von Ärzten maßgeblich sind nach der tariflichen Regelung die jeweiligen “Obersätze” der VergGr. 12 – 16, die die Wertigkeit der unter die jeweilige Vergütungsgruppe fallenden Tätigkeit festlegen sollen (§ 15 MDK-T).

Auf die Überprüfung der Merkmale der jeweiligen “Obersätze” kommt es nicht an, wenn der Beschäftigte die Voraussetzungen eines Beispiels erfüllt. Denn die Beispiele stehen nach dem erkennbaren Willen der Tarifvertragsparteien dafür, daß dann die Voraussetzungen der jeweiligen Vergütungsgruppe erfüllt sind, mit anderen Worten ein Fall des jeweiligen Obersatzes vorliegt.

So haben die Tarifvertragsparteien das Merkmal “Beschäftigte mit Tätigkeiten, die sich durch die besondere Schwierigkeit und Bedeutung des Aufgabengebietes aus der VergGr. 12 herausheben”, durch Beispiele erläutert.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist dann, wenn eines der Beispiele gegeben ist, auch das Merkmal des Oberbegriffs erfüllt (Urteile vom 5. Juli 1978 – 4 AZR 795/76 – AP Nr. 7 zu §§ 22, 23 BAT 1975; vom 29. April 1981 – 4 AZR 1007/78 – AP Nr. 11 zu § 1 TVG Tarifverträge: Rundfunk und vom 12. Dezember 1990 – 4 AZR 306/90 – AP Nr. 1 zu § 12 AVR Diakonisches Werk = EzA § 3 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 4). Die Tarifvertragsparteien des MDK-T haben mit den Beispielen erkennbar ihre Auffassung zum Ausdruck gebracht, daß die beispielhaft angeführten Qualifikationen verbunden mit ärztlicher Tätigkeit gegebenenfalls bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen die Merkmale der Vergütungsgruppe erfüllen. Daran sind die Gerichte bei der Auslegung gebunden. Andernfalls würde den Beispielen entgegen dem Willen der Tarifvertragsparteien der typische Charakter für ihre Vergütungsgruppen abgesprochen. Auch wenn es entbehrlich ist, die allgemeinen Merkmale der Vergütungsgruppe zu prüfen, falls die Voraussetzungen eines Beispiels erfüllt sind, ist gleichwohl bei der Auslegung von unbestimmten Rechtsbegriffen in den Beispielen (z. B. “mit schwierigen Aufgaben” im Beispiel Nr. 3 der VergGr. 13) die Wertigkeit zu berücksichtigen, die in den Merkmalen des jeweiligen Oberbegriffs zum Ausdruck kommt. Unbestimmte Rechtsbegriffe sind nach ihrem Wesen auslegungs- und ausfüllungsbedürftig. Dann ist es geboten, hierfür die von den Tarifvertragsparteien in den Oberbegriffen festgelegte Wertigkeit der Tätigkeit jeweils mit heranzuziehen. Auf die Merkmale des Oberbegriffs allein kommt es nur an, wenn es um eine Tätigkeit geht, die in den Beispielen nicht ihren Niederschlag gefunden hat, aber auch hier sind nach dem Willen der Tarifvertragsparteien bei der Auslegung der Merkmale des Oberbegriffs die Beispiele wiederum als Maßstab für die Bewertung zu berücksichtigen.

3. Somit ist vorliegend zu prüfen, ob die Klägerin das von ihr für sich in Anspruch genommene Beispiel Nr. 5 der VergGr. 13 erfüllt, ob also die “entsprechende(r) berufliche(r) Erfahrung” auf dem Gebiet der Anerkennung als Gebietsarzt genügt oder ob diese auf dem Gebiet der Sozialmedizin erworben worden sein muß.

a) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages folgt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Wenn der Tarifwortlaut nicht eindeutig ist, ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Läßt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, dann können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages, ggf. auch die praktische Tarifübung ergänzend heranziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (vgl. Senatsurteile vom 23. September 1992 – 4 AZR 66/92 – AP Nr. 8 zu § 1 TVG Tarifverträge: Großhandel, zu I 2a der Gründe, m.w.N.; vom 21. Juli 1993 – 4 AZR 468/92 – AP Nr. 144 zu § 1 TVG Auslegung; vom 14. Dezember 1994 – 4 AZR 865/93 – AP Nr. 121 zu § 1 TVG Tarifverträge: Metallindustrie und vom 10. Mai 1995 – 4 AZR 74/94 – AP Nr. 2 zu § 1 TVG Tarifverträge: Medizinischer Dienst sowie schließlich die zusammenfassende Darstellung von Schaub, Auslegung und Regelungsmacht von Tarifverträgen, NZA 1994, 597 ff.).

b) Nach dem Wortlaut der Ziff. 5 der VergGr. 13 wird Vergütung nach dieser Vergütungsgruppe gezahlt, wenn es sich u.a. um eine Gebietsärztin mit entsprechender beruflicher Erfahrung handelt. Die Klägerin ist unbestritten Gebietsärztin für Orthopädie. Wie die Revision zutreffend ausführt, bedeutet das Wort “entsprechend” soviel wie “gleichkommen”, “mit etwas übereinstimmen”, “angemessen sein” (vgl. Duden, Das Bedeutungswörterbuch, 2. Aufl., Bd. 10); “gemäß”, “korrespondierend”, “einschlägig” (vgl. Knaurs Lexikon der sinnverwandten Wörter, 1982).

Das zeigt aber, daß nach dem Wortlaut des Beispiels berufliche Erfahrungen auf dem Anerkennungsgebiet ausreichend sind. Das gleiche ergibt sich aus dem Gesamtzusammenhang des MDK-T. Denn wenn im Beispiel Nr. 1 zur VergGr. 12 der Arzt/die Ärztin und im Beispiel Nr. 3 zur VergGr. 12 der Gebietsarzt/die Gebietsärztin aufgeführt sind, so wird deutlich, daß beide Arztgruppen, der “einfache” und der Gebietsarzt/Facharzt jeweils ohne sozialmedizinische Weiterbildung die gleiche Vergütung aus der VergGr. 12 erhalten. Haben sie die sozialmedizinische Weiterbildung, so erhalten sie Vergütung aus VergGr. 13; Beispiel Nr. 3 für den Arzt und Beispiel Nr. 4 für den Gebietsarzt. Die fehlende sozialmedizinische Weiterbildung kann der Gebietsarzt “mit entsprechenden beruflichen Erfahrungen” ausgleichen und erhält dann ebenfalls Vergütung nach VergGr. 13 (Beispiel Nr. 5), worin insoweit eine Besserstellung gegenüber dem “einfachen” Arzt gesehen werden kann, der nach Beispiel Nr. 3 “mit schwierigen Aufgaben” betraut sein muß, um Vergütung aus der VergGr. 13 zu erhalten.

Die Bedenken des Beklagten gegen diese Auslegung greifen nicht durch. Ärzte und Gebietsärzte ohne sozialmedizinische Weiterbildung werden nach VergGr. 12 vergütet. Ärzte und Gebietsärzte mit sozialmedizinischer Weiterbildung werden nach VergGr. 13 vergütet. Ärzte ohne sozialmedizinische Weiterbildung, aber mit schwierigen Aufgaben und Gebietsärzte ohne sozialmedizinische Weiterbildung, aber mit entsprechender beruflicher Erfahrung werden nach VergGr. 13 vergütet. Damit sollte offensichtlich den Ärzten Rechnung getragen werden, die (noch) keine sozialmedizinische Weiterbildung aufweisen, aber mit schwierigen Aufgaben betraut sind, und den Gebietsärzten, die die sozialmedizinische Weiterbildung nicht mehr durchlaufen können, aber der Sache nach ihnen wegen ihrer beruflichen Erfahrung gleichstehen.

Hinzu kommt, daß die Tarifvertragsparteien durch Aufzählung der “Gebietsärzte mit entsprechender beruflicher Erfahrung” in einem besonderen Beispiel Nr. 5 deutlich gemacht haben, diese Gruppe von Ärzten solle auch besonders betrachtet werden. Anderenfalls hätten sie im Beispiel Nr. 4 nur die Wörter “oder mit entsprechender beruflicher Erfahrung” anzufügen brauchen, wenn sie klarstellen wollten, daß die geforderte Berufserfahrung der sozialmedizinischen Weiterbildung entsprechen sollte.

III. Daß die Klägerin angesichts ihrer beruflichen Tätigkeit als Fachärztin für Orthopädie zumindest ab dem noch im Streit befindlichen Zeitraum 1. Dezember 1991 bis 31. März 1993 berufliche Erfahrungen auf ihrem Fachgebiet erworben hatte, hat selbst der Beklagte nicht in Abrede gestellt. Hinzu kommt, daß die Klägerin eine ganze Reihe von Zusatzqualifikationen erworben hat und nach ihrer Approbation auch in orthopädischen Abteilungen eines Krankenhauses tätig war. Der Senat brauchte daher nicht zu entscheiden, ob eine zweijährige Tätigkeit nach der Gebietsanerkennung generell ausreicht, um berufliche Erfahrungen im Sinne der VergGr. 13 Beispiel Nr. 5 MDK-T zu belegen. Ebensowenig ist zwischen den Parteien noch streitig, daß die Klägerin für die Zeit 1. Oktober bis 30. November 1991 Anspruch auf Vergütung aus der VergGr. 12 hatte.

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

 

Unterschriften

Schaub, Friedrich, Schneider, Hecker, Gotsche

 

Fundstellen

Haufe-Index 884861

BB 1998, 596

RdA 1998, 64

MedR 1998, 140

RiA 1998, 284

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