Entscheidungsstichwort (Thema)

Rationalisierungsentschädigung bei Teil-Betriebsaufgabe

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Anspruch auf Entschädigung nach dem Rationalisierungsschutzvertrag erwächst nur dann, wenn die Rationalisierungsmaßnahmen im Betrieb stattgefunden haben. Eine Rationalisierung der Branche ist nicht anspruchsauslösend.

 

Normenkette

TVG § 1 Tarifverträge: Graphisches Gewerbe; Tarifvertrag zur Abwendung sozialer Härten bei Rationalisierungsmaßnahmen in der Druckindustrie vom 6. Juli 1984 §§ 3, 8

 

Verfahrensgang

LAG Köln (Urteil vom 15.01.1993; Aktenzeichen 12 Sa 911/92)

ArbG Aachen (Urteil vom 02.09.1992; Aktenzeichen 2 Ca 1074/92)

 

Tenor

  • Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 15. Januar 1993 – 12 Sa 911/92 – aufgehoben.
  • Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 2. September 1992 – 2 Ca 1074/92 – wird zurückgewiesen.
  • Der Kläger hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Zahlung einer Entschädigung nach dem Tarifvertrag zur Abwendung sozialer Härten bei Rationalisierungsmaßnahmen (Rationalisierungsschutzvertrag – im folgenden: TV –) in der Druckindustrie vom 6. Juli 1984.

Der Kläger war seit dem 10. Oktober 1979 als Fotosetzer bei der Beklagten beschäftigt. Er erzielte zuletzt einen Stundenlohn von 25,95 DM brutto bei einer Arbeitszeit von 7,5 Stunden täglich.

Die Parteien sind jeweils Mitglied der die Tarifverträge für die Druckindustrie abschließenden Tarifvertragsparteien. Die Beklagte produziert überwiegend Prospekte und Werbeschriften. Dementsprechend sind Hauptkunden verschiedene Werbeagenturen. Ursprünglich wurde der Satz an der Fotosatzmaschine MC 100 Compografik hergestellt. Dies vollzog sich im wesentlichen in drei Schritten: Zunächst wurde der Text erfaßt, sodann angeordnet und gestaltet und schließlich auf Film belichtet. Anschließend ging der Film nach eventueller vorheriger Korrektur in die Abteilung Montage, wo die Druckplatte hergestellt wurde. Heute erfolgt die Fotosatzherstellung i.d.R. im DTP-Verfahren, einem rechnerisch gestalteten Textsystem, welches die Satzherstellung vereinfacht. Die Kunden der Beklagten haben sich die DTP-Geräte selbst angeschafft und liefern daher die bereits fertig belichteten Filme zur Montage an. Die Beklagte stellte daraufhin im März 1992 die Satztätigkeit ein. Die Satzabteilung wurde geschlossen. Mit Schreiben vom 27. September 1991 kündigte die Beklagte das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis deshalb wegen Schließung der kompletten Satzabteilung zum 30. März 1992.

Mit seiner der Beklagten am 28. April 1992 zugestellten Klage hat der Kläger eine Entschädigung nach § 8 TV in rechnerisch unstreitiger Höhe von 21.408,75 DM brutto nebst 4 % Zinsen seit Klagezustellung geltend gemacht. Er hat die Auffassung vertreten, seine Entlassung beruhe auf einer Maßnahme nach § 3 TV. Die von der Beklagten vorgenommene Schließung der Fotosatzabteilung stelle eine organisatorische Maßnahme zur Änderung des Produktions- und Arbeitsablaufes dar, die mit Rationalisierung zu begründen sei. Die Beklagte habe durch die Einsparung von zwei Arbeitskräften und sachlichen Betriebsmitteln ihre Druckerzeugnisse kostengünstiger und damit unter Steigerung des wirtschaftlichen Erfolges produzieren können. Diese organisatorische Änderung sei durch die technische Entwicklung bedingt. Die Satzmaschine, an der der Kläger gearbeitet habe, sei technisch überholt und damit nicht mehr konkurrenzfähig gewesen. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei die vorliegende außerbetriebliche technische Entwicklung auch ausreichend, um einen Anspruch auf Entschädigung zu begründen. Dies ergebe sich insbesondere auch aus der Tarifauskunft der Gewerkschaft vom 22. Juni 1987 in einem anderen Verfahren, nach der die technische Entwicklung außerhalb des Betriebes für eine Maßnahme im Sinne der Änderung des Arbeits- und Produktionsablaufes ausreichend sei. Ebenso sei nach Sinn und Zweck des Tarifvertrages nicht erforderlich, daß eine innerbetriebliche technische Entwicklung vorliege, um einen Anspruch auf Entschädigung zu begründen.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 21.408,75 DM brutto nebst 4 % Zinsen seit Klagezustellung zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Entlassung des Klägers sei nicht aufgrund einer Maßnahme nach § 3 TV erfolgt. Die Kündigung stelle zwar eine Rationalisierungsmaßnahme dar, die Einstellung der Satztätigkeit nicht. Auf den Wegfall der Tätigkeit im Satzbereich habe die Beklagte keinerlei Einfluß gehabt, er sei ihr von außen aufgezwungen worden. Die Initiative dazu sei ausschließlich von den Kunden ausgegangen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Beklagte verfolgt mit der Revision ihren ursprünglichen Klagabweisungsantrag weiter. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die geltend gemachte Abfindung nach dem Rationalisierungsschutzvertrag.

I.1. Auf das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien fand aufgrund beiderseitiger Tarifbindung gemäß § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG der Rationalisierungsschutzvertrag vom 6. Juli 1984 unmittelbar und zwingend Anwendung.

Der Betrieb der Beklagten unterliegt gemäß § 1 TV in Verbindung mit § 1 Ziff. 2 Abs. IIa des Manteltarifvertrages für die gewerblichen Arbeitnehmer der Druckindustrie im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (MTV) auch dem persönlichen Geltungsbereich des Rationalisierungsschutzvertrages, denn es handelt sich bei der Beklagten um einen im Anhang zu § 1 MTV aufgeführten Betrieb der Druckindustrie.

2. Für die Beurteilung des vom Kläger geltend gemachten Anspruchs sind damit folgende Regelungen des Rationalisierungsschutzvertrages maßgeblich:

  • “Die Nutzung der technischen Entwicklung und der Rationalisierung dient der Wirtschaftlichkeit der Betriebe und der Steigerung der Produktivität der Volkswirtschaft. Sie ist deshalb unter anderem in der Lage, den erreichten Lebensstandard zu sichern und zu verbessern.

    Um jedoch soziale Härten zu vermeiden oder zu mildern, die im Zuge von Rationalisierungsmaßnahmen eintreten können, haben die Tarifvertragsparteien die folgenden Bestimmungen vereinbart:

  • § 2 Grundsatz

    Technische Entwicklung und Rationalisierung sollen in ihrer Auswirkung neben den wirtschaftlichen auch sozialen Gesichtspunkten Rechnung tragen.

  • § 3 Begriffsbestimmung

    Maßnahmen im Sinne dieses Abkommens sind Änderungen von Arbeitstechniken, Arbeits- und Produktionsabläufen, auch durch organisatorische Maßnahmen, die mit technischer Entwicklung und Rationalisierung zu begründen sind, sofern sie zur Freisetzung, Lohnminderung oder Umsetzung, verbunden mit Lohnminderung, führen.

  • § 4 Planungen

    Bei Maßnahmen im Sinne des § 3 ist der Betriebsrat so früh wie möglich einzuschalten, um die Auswirkungen zu beraten mit dem Ziel, gemeinsam einen Plan zu erarbeiten, nach dem soziale Härten vermieden werden können.

  • § 8 Entschädigung

    Als Entschädigung für die Aufgabe des sozialen Besitzstandes bei Entlassungen infolge von Maßnahmen im Sinne des § 3 erhalten Arbeitnehmer:

    nach vollendetem

     voll- Jahre der endete 

     Betriebszugehörigkeit 

     10 

    15

    20

    25

    40. Lebensjahr 

     5 

    6

    7

    8

    50. Lebensjahr 

     6 

    7

    8

    9

    55. Lebensjahr 

     7 

    8

    9

    10

    58. Lebensjahr 

     8 

    9

    10

    12

    Monatslöhne

    …”

II. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts kann der Kläger keine Entschädigung nach § 8 TV verlangen. Hiernach erhalten Arbeitnehmer nur bei Entlassungen infolge von Maßnahmen im Sinne von § 3 TV eine Entschädigung.

1. Das Landesarbeitsgericht hat das Vorliegen einer Maßnahme im Sinne des § 3 TV unzutreffend bejaht. Die Tarifvertragsparteien haben nicht selbst definiert, was sie unter “Änderungen von Arbeitstechniken, Arbeits- und Produktionsabläufe, auch durch organisatorische Maßnahmen, die mit technischer Entwicklung und Rationalisierung zu begründen sind”, verstehen. Der Tarifvertrag ist daher auszulegen. Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages folgt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Wortlaut auszugehen. Dabei ist jedoch der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen, ohne am Buchstaben zu haften. Soweit der Tarifwortlaut nicht eindeutig ist, ist der in den tariflichen Normen zum Ausdruck kommende wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefern und so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Läßt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, dann können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an die Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages, ggf. auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (BAG Urteil vom 23. September 1992 – 4 AZR 66/92 – AP Nr. 8 zu § 1 TVG Tarifverträge: Großhandel, zu I 2a der Gründe, m.w.N.).

2.a) Der Begriff der Maßnahme des § 3 TV erfordert Änderungen von Arbeitstechniken, Arbeits- und Produktionsabläufen. Da die Tarifvertragsparteien die Begriffe Arbeitstechniken und Arbeits- und Produktionsabläufe mittels Komma getrennt haben, handelt es sich insoweit um eine alternative Aufzählung, so daß es genügt, wenn eines der beiden Tatbestandsmerkmale gegeben ist. Das Landesarbeitsgericht hat insoweit richtig erkannt, daß die Beklagte durch den Wegfall eines vollständigen Arbeitsganges und die Schließung der Satzabteilung ihren Arbeits- und Produktionsablauf durch organisatorische Maßnahmen geändert hat. Das entspricht der Senatsrechtsprechung zum gleichlautenden Tarifvertrag in der Fassung vom 2. Oktober 1969, nach dem die Stillegung von Produktionsabschnitten und die Vergabe des Druckes an andere Unternehmen die Änderung von Produktionsabläufen durch organisatorische Maßnahmen bewirkt (BAG Urteil vom 12. März 1975 – 4 AZR 248/74 – AP Nr. 3 zu § 1 TVG Tarifverträge: Graphisches Gewerbe).

b) Weiterhin setzt § 3 TV voraus, daß die Änderung im Arbeitsund Produktionsablauf mit technischer Entwicklung und Rationalisierung zu begründen ist. Wie das Berufungsgericht und beide Parteien annehmen, müssen technische Entwicklung und Rationalisierung jeweils kumulativ vorliegen. Dies folgt aus dem Wortlaut des Tarifvertrages durch die Verwendung des Wortes “und” (BAG Urteil vom 12. März 1975 – 4 AZR 248/74 – AP, aaO).

Das Landesarbeitsgericht ist davon ausgegangen, die Maßnahmen, in deren Folge der Kläger entlassen wurde, hätten ihren Grund in einer Rationalisierung. Dies unterliegt bereits erheblichen Bedenken.

Vom Begriff der Rationalisierung werden Maßnahmen erfaßt, die die zweckmäßigere Gestaltung der Arbeitsvorgänge zum Ziel haben, um die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens zu steigern (vgl. § 106 Abs. 3 Nr. 4 BetrVG; Fitting/Auffarth/Kaiser/Heither, BetrVG, 17. Aufl., § 106 Rz 17). Diese Maßnahmen können im technischen, betriebsorganisatorischen oder wirtschaftlichen Bereich liegen. Rationalisierungsmaßnahmen gehören nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu den innerbetrieblichen Umständen, aus denen sich die betrieblichen Erfordernisse für eine Kündigung ergeben können. Eine Kündigung wegen Auftrags mangels, durch den die Beschäftigungsmöglichkeit eines Arbeitnehmers entfällt, beruht demgegenüber nach der kündigungsrechtlichen Terminologie auf außerbetrieblichen Umständen (vgl. BAGE 55, 262 = AP Nr. 42 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung; BAG Urteil vom 15. Juni 1989 – 2 AZR 600/88 – AP Nr. 45 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung, zu II 1a der Gründe).

Wenn die Tarifvertragsparteien in §§ 8, 3 Rationalisierungsschutzvertrag den Anspruch auf eine Entschädigung nicht nur von einer betriebsbedingten Kündigung durch den Arbeitgeber abhängig machen, sondern eine Freisetzung, die mit “technischer Entwicklung und Rationalisierung” zu begründen ist, fordern, so spricht viel dafür, daß nur eine Kündigung wegen einer Unternehmerentscheidung aus innerbetrieblichen Gründen anspruchsbegründend wirken soll.

Diese Frage bedarf jedoch keiner abschließenden Entscheidung, denn die von der Beklagten durchgeführte organisatorische Maßnahme zur Änderung des Arbeits- und Produktionsablaufes ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts jedenfalls nicht durch technische Entwicklung in dem Betrieb der Beklagten bedingt.

3. Die Beklagte hat in ihrem Betrieb unstreitig keine neue Technik eingeführt.

a) Das Landesarbeitsgericht meint insoweit zu Unrecht, hierauf könne verzichtet werden. Es reiche aus, daß die Kunden der Beklagten unter Einsatz des DTP-Verfahrens den Fotosatz herstellen und damit die neue Technik nutzen. Diese allgemeine außerbetriebliche branchenspezifische Entwicklung stelle eine technische Entwicklung im Sinne des § 3 TV dar.

Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Nach der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 12. März 1975 – 4 AZR 248/74 – AP, aaO) bedarf es für eine technische Entwicklung im Sinne des § 3 Rationalisierungsschutzvertrag (i.d.F. vom 2. Oktober 1969) des Vollzugs einer konkreten technischen Maßnahme im Rahmen der allgemeinen technischen Gesamtentwicklung im betreffenden Betrieb oder Unternehmen, was insbesondere z. B. bei der Einführung neuer Maschinen oder Fabrikationsmethoden der Fall ist.

b) Die gegen diese Rechtsprechung des Senats vorgebrachten Argumente des Berufungsgerichts überzeugen nicht. Aus der Präambel des Rationalisierungsschutzvertrages geht hervor, die Nutzung der technischen Entwicklung solle nicht nur zur Steigerung der Produktivität der Volkswirtschaft, sondern auch zur Wirtschaftlichkeit der Betriebe führen. Dies spricht für die Betriebsbezogenheit der Maßnahmen. Die Steigerung der Produktivität der Volkswirtschaft, ist dabei nur mittelbare Folge, vorausgesetzt die Betriebe arbeiten wirtschaftlich. Das Landesarbeitsgericht hat richtig erkannt, daß unter Nutzung “gebrauchen, sich zu eigen machen” zu verstehen ist. Gerade dieses ist bei den Kunden, nicht dagegen bei der Beklagten erfolgt.

Auch aus Sinn und Zweck des Rationalisierungsschutzvertrages läßt sich entnehmen, daß es sich um eine technische Entwicklung innerhalb des Betriebes handeln muß. Der Rationalisierungsschutzvertrag soll nach der Präambel die sozialen Härten vermeiden oder mildern, die im Zuge von Rationalisierungsmaßnahmen eintreten können. Der Arbeitgeber soll wegen der höheren Wirtschaftlichkeit des Betriebes, die durch die Nutzung neuer Technik entsteht, die den Arbeitnehmern erwachsenden Nachteile ausgleichen.

Aus § 2 ergibt sich, daß neben den wirtschaftlichen auch die sozialen Auswirkungen der technischen Entwicklung berücksichtigt werden sollen. Das bedeutet, daß die Arbeitnehmer Leistungen erhalten, die Nachteile infolge der technischen Entwicklung erlitten haben. Technische Entwicklung und soziale Auswirkungen müssen sich in demselben Betrieb vollziehen. Andernfalls ergäbe die Regelung keinen Sinn, denn eine Abgrenzung des entschädigungsberechtigten Arbeitnehmerkreises wäre nicht mehr möglich, wenn sich jeder von Entlassung aus betriebsbedingten Gründen betroffene Arbeitnehmer eines Betriebes auf die allgemeine bzw. branchenspezifische technische Entwicklung in anderen Betrieben berufen könnte. Auf eine technische Entwicklung außerhalb des Betriebes kann es auch aus Praktikabilitätsgründen nicht ankommen, denn für einen Außenstehenden ist die technische Entwicklung in anderen Betrieben kaum überschaubar.

Für das Erfordernis der innerbetrieblich genutzten technischen Entwicklung spricht auch § 4 TV, nach dem der Betriebsrat bei Maßnahmen nach § 3 so früh wie möglich zu beteiligen ist. Dies kann nur gewährleistet werden, wenn sich die technische Entwicklung im eigenen Betrieb vollzieht. Wäre auch die technische Entwicklung in anderen Betrieben erfaßt, ergäbe § 4 TV keinen Sinn.

c) Dem Landesarbeitsgericht kann auch nicht gefolgt werden, soweit es ausführt, die durch die Änderung des Arbeits- und Produktionsablaufes bedingte Erhaltung der Konkurrenzfähigkeit erfülle die Voraussetzung des § 3 TV.

Die Konkurrenzfähigkeit kann unabhängig von einer technischen Entwicklung erhalten werden. Es fehlt der Kausalzusammenhang.

4. Die vom Kläger beigebrachte Auskunft der IG Druck und Papier vom 22. Juni 1987 führt zu keinem anderen Auslegungsergebnis. Darin sind keine Tatsachen, sondern lediglich Rechtsauffassungen einer Tarifvertragspartei niedergelegt, die keinen Rückschluß auf den gemeinsamen Willen der Tarifvertragsparteien zulassen. Vielmehr spricht gerade der Umstand, daß die Tarifvertragsparteien in Kenntnis der Senatsrechtsprechung zu dem wortgleichen § 3 des Rationalisierungsschutztarifvertrages vom 2. Oktober 1969, die Regelung unverändert in den neuen Rationalisierungsschutzvertrag vom 6. Juli 1984 übernommen haben, dafür, daß sie eine von der Senatsrechtsprechung abweichende Regelung nicht vereinbart haben.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

 

Unterschriften

Schaub, Dr. Wißmann, Schneider, Schmalz

Der ehrenamtliche Richter Dr. Konow ist infolge Ablaufs der Amtszeit an der Unterschriftsleistung verhindert.

Schaub

 

Fundstellen

Haufe-Index 856653

BB 1994, 1711

NZA 1995, 38

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