Entscheidungsstichwort (Thema)
Dienstreise. Fahrzeiten. Arbeitszeit
Leitsatz (amtlich)
Die Wegezeiten (Dauer der Hin- und Rückfahrt) einer Dienstreise gelten nicht als Arbeitszeit im Sinne von § 2 Abs. 1 ArbZG, wenn der Arbeitgeber lediglich die Benutzung eines öffentlichen Verkehrsmittels vorgibt und dem Arbeitnehmer überlassen bleibt, wie er die Zeit nutzt.
Orientierungssatz
- Nach § 17 Abs. 2 Unterabs. 1 BAT (jetzt: § 44 Abs. 2 TVöD) gelten bei Dienstreisen als vergütungspflichtige Arbeitszeit nur die Zeiten, in denen der Arbeitnehmer durch das Dienstgeschäft am auswärtigen Beschäftigungsort in Anspruch genommen wird. Die Tarifvertragsparteien haben in § 17 Abs. 2 Unterabs. 1 Satz 2 und Unterabs. 2 einen ausreichenden Ausgleich für die während der Wegezeiten auftretenden Einbußen an Freizeit eingeräumt. Danach ist mindestens die Dauer der regelmäßigen täglichen Arbeitszeit zu vergüten und bei eintägigen Dienstreisen mit mehr als zwei Stunden Wegezeit kann eine Stunde als Arbeitszeit angerechnet werden.
- Diese Regelung verstößt nicht gegen höherrangiges Recht (ArbZG, Arbeitszeit-Richtlinie; Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG).
- Wegezeiten einer Dienstreise, bei denen der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer lediglich die Benutzung eines öffentlichen Verkehrsmittels vorgibt und es dem Arbeitnehmer überlässt, wie er die Zeiten nutzt, ist keine Arbeitszeit iSd. ArbZG oder der Arbeitszeit-Richtlinie.
- Für die Beurteilung als Arbeitszeit iSd. öffentlich-rechtlichen Arbeitsschutzes ist maßgebend, ob der Arbeitnehmer sie im Interesse des Arbeitgebers aufwendet und wie hoch der Grad der Belastung des Arbeitnehmers ist.
Normenkette
GG Art. 3 Abs. 1; ArbZG §§ 1-3
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 20. Juli 2005 – 15 Sa 1812/04 – wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die vergütungs- und arbeitszeitrechtliche Behandlung der bei Dienstreisen anfallenden Wegezeiten.
Der Kläger ist als wissenschaftlicher Angestellter bei einem Bundesamt in Vollzeit beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis sind auf Grund arbeitsvertraglicher Vereinbarung der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) vom 23. Februar 1961 und die ihn ergänzenden oder ändernden Tarifverträge anzuwenden. Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit des Klägers betrug im Jahr 2002 nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BAT 38,5 Stunden.
Zu Dienstreisen heißt es in § 17 BAT:
“(2) Bei Dienstreisen gilt nur die Zeit der dienstlichen Inanspruchnahme am auswärtigen Geschäftsort als Arbeitszeit. Es wird jedoch für jeden Tag einschließlich der Reisetage mindestens die dienstplanmäßige bzw. betriebsübliche Arbeitszeit berücksichtigt.
Muss bei eintägigen Dienstreisen von Angestellten, die in der Regel an mindestens zehn Tagen im Monat außerhalb ihres ständigen Dienstortes arbeiten, am auswärtigen Geschäftsort mindestens die dienstplanmäßige bzw. betriebsübliche Arbeitszeit abgeleistet werden und müssen für die Hin- und Rückreise zum und vom Geschäftsort einschließlich der erforderlichen Wartezeiten mehr als zwei Stunden aufgewendet werden, wird der Arbeitszeit eine Stunde hinzugerechnet.”
Nach Nr. 4 der in dem Bundesamt bestehenden Gesamtdienstvereinbarung vom 29. Dezember 1999 (GDV-Gleitzeit) beträgt die Regelarbeitszeit montags bis freitags 7 Stunden und 42 Minuten. Nr. 8 der Vereinbarung regelt die Auswirkungen von Arbeitsunterbrechungen/Abwesenheitszeiten auf die Arbeitszeit. Sie lautet auszugsweise:
“(2) Bei ganz- und mehrtägigen Dienstreisen ist für jeden Reisetag die für den Beschäftigen jeweils geltende Regelarbeitszeit zugrunde zu legen.
Bei Dienstreisen, deren Dauer die Regelarbeitszeit unterschreitet, ist die Dauer der tatsächlichen dienstlichen Abwesenheit zugrunde zu legen.
Ist Dienst am Geschäftsort oder während der Reisezeit vorgeschriebener Dienst über die Regelarbeitszeit hinaus zu verrichten, so ist die tatsächliche Dauer der Dienstverrichtung zugrunde zu legen. Aktenstudium ist hiervon ausgenommen.”
Der dem Kläger übertragene Aufgabenbereich erfordert häufige Dienstreisen, für die er öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen hat. Hierfür erhielt er im Jahr 2002 die Zeiten gemäß Nr. 8 Abs. 2 der GDV-Gleitzeit gutgeschrieben. Dagegen wandte sich der Kläger im Mai 2002. Er machte geltend, es seien auch die Hin- und Rückfahrzeiten zu berücksichtigen und seinem Gleitzeitkonto gutzuschreiben. Das lehnte die Beklagte ab.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, dem Gleitzeitkonto des Klägers für das Jahr 2002 weitere 155 Stunden und fünf Minuten gutzuschreiben,
2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die dienstlichen Wege- und die auswärtigen Geschäftszeiten so einzuteilen, dass die Arbeitszeit des Klägers einschließlich der dienstlichen Wegezeiten arbeitstäglich nicht zehn Stunden überschreitet, soweit keine außergewöhnlichen Fälle im Sinne des § 14 Arbeitszeitgesetz gegeben sind.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Landesarbeitsgericht zugelassene Revision des Klägers.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Bei den vom Kläger durchgeführten Dienstreisen sind die Zeiten der Hin- oder Rückreise weder auf Grund tariflicher Vorschriften noch nach allgemeinem Arbeitsrecht vergütungspflichtige Arbeitszeit. Die Regelung des § 17 Abs. 2 BAT ist wirksam. Sie verstößt nicht gegen höherrangiges Recht. Die Beklagte ist auch nicht auf Grund der Bestimmungen des öffentlich-rechtlichen Arbeitszeitschutzes verpflichtet, ihre bisherige Praxis der Dienstreiseanordnungen zu ändern und anfallende Wegezeiten als Arbeitszeit zu berücksichtigen. Das haben die Vorinstanzen zu Recht entschieden.
I. Ein Anspruch auf Gutschrift der streitbefangenen Dienstreisestunden besteht nicht.
1. Ein Gleitzeitkonto dient der Ermittlung der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit im Verhältnis zu der vom Arbeitnehmer geschuldeten Arbeitszeit. Jede gutzuschreibende Arbeitsstunde entspricht dem Gegenwert einer Stundenvergütung. Das Gleitzeitkonto drückt den Freistellungs- oder Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers aus (vgl. BAG 13. Dezember 2000 – 5 AZR 334/99 – AP BGB § 394 Nr. 31 = EzA TVG § 4 Friseurhandwerk Nr. 1). Die vom Kläger erstrebte Gutschrift von 155 Stunden und fünf Minuten kann mithin zu einer entsprechenden Vergütung als Arbeitszeit führen.
2. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien waren im Jahr 2002 kraft Vereinbarung die Vorschriften des BAT anzuwenden. Danach hat der vollbeschäftigte Angestellte als Gegenleistung für seine vertraglich vereinbarte Arbeitsleistung Anspruch auf die in §§ 26 ff. BAT näher geregelte Vergütung. Welche Stunden als vergütungspflichtige Arbeitszeit zu berücksichtigen sind, richtet sich nach §§ 15 ff. BAT; für Dienstreisen gilt § 17 Abs. 2 BAT.
a) Eine Dienstreise liegt vor, wenn der Angestellte zu einem Ort fahren muss, an dem ein Dienstgeschäft zu erledigen ist (vgl. 23. Juli 1996 – 1 ABR 17/96 – AP BetrVG 1972 § 87 Ordnung des Betriebes Nr. 26 = EzA BetrVG 1972 § 87 Arbeitszeit Nr. 55). Hierfür ist unerheblich, ob der Angestellte die Dienstreise von seiner Wohnung aus oder vom Sitz der Beschäftigungsbehörde aus antritt (BAG 22. Februar 1978 – 4 AZR 579/76 – AP BAT § 17 Nr. 3 = EzA BAT § 17 Nr. 2).
Eine Dienstreise enthält typischerweise drei Phasen. Das sind Hin- und Rückreise, die Zeiten der Wahrnehmung des Dienstgeschäfts selbst und der Aufenthalt am Ort vor und nach Erledigung des Dienstgeschäfts (“Wartezeiten” iSv. § 17 Abs. 2 Unterabs. 2 BAT). Nach § 17 Abs. 2 Unterabs. 1 BAT gilt als Arbeitszeit die Zeit der dienstlichen Inanspruchnahme am auswärtigen Geschäftsort, mindestens die dienstplanmäßige oder betriebsübliche Arbeitszeit. Nach der ausdrücklichen tariflichen Regelung sind damit Wegezeiten, die durch die auswärtige Erledigung von Dienstgeschäften erforderlich werden, keine Arbeitszeit iSv. § 15 Abs. 1 Satz 1 BAT.
Der Inhalt der Tarifbestimmung ist entgegen der Auffassung des Klägers nicht zweifelhaft. Er meint, es könne nicht richtig sein, dass “die gleiche Tätigkeit, nämlich die Dienstreise” unterschiedlich als Arbeitszeit oder als Ruhezeit bewertet werde, je nachdem, ob sie innerhalb oder außerhalb der normalen Dienstzeit liegt. Damit verkennt er den Regelungsgehalt des § 17 Abs. 2 Unterabs. 1 Satz 2 BAT. Die Vorschrift knüpft nicht an die zeitliche Lage der Dienstreise an, sondern an das Unterschreiten der dienstüblichen Arbeitszeit. Dem Angestellten wird nicht deshalb für jeden Tag einer Dienstreise mindestens die dienstübliche Arbeitszeit gutgebracht, weil es sich dabei um Arbeitszeit iSd. Tarifrechts oder des § 2 ArbZG handelt. Vielmehr betrifft die Vorschrift die Vergütung. Die Berücksichtigung mindestens der dienstüblichen Arbeitszeit stellt sicher, dass der Angestellte durch die Wahrnehmung des auswärtigen Termins keine Vergütungseinbuße erleidet. Sie trägt damit ua. den Vorschriften zum Annahmeverzug Rechnung, nach denen der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die vereinbarte Vergütung für Zeiten der Nichtbeschäftigung bereits dann schuldet, wenn er ihm keinen ordnungsgemäßen Arbeitsplatz zur Verfügung stellt (§§ 611, 615, 293 ff. BGB).
Die von dem Kläger unternommenen Reisen zur auswärtigen Erledigung seiner Aufgaben waren Dienstreisen iSd. Tarifrechts. Der Kläger macht nicht geltend, dass bestimmte Wegezeiten deshalb während seiner Dienstreisen als vergütungspflichtige Arbeitszeit zu behandeln seien, weil er auf Anordnung der Beklagten dienstliche Aufgaben verrichtet habe. Er fordert vielmehr deren allgemeine Berücksichtigung als Arbeitszeit. Ob Fahrzeiten dann als Arbeitszeit iSd. § 17 Abs. 2 BAT zu beurteilen sind, wenn der Angestellte selbst ein Fahrzeug zu steuern hat oder wenn er auf Grund konkreter Weisung des Arbeitgebers oder wegen des ihm übertragenen Aufgabenvolumens die Fahrzeiten zur Erledigung dienstlicher Arbeiten nutzen muss, ist deshalb offenzulassen (vgl. dazu BAG 28. Januar 2004 – 5 AZR 530/02 – BAGE 109, 254). Nicht ausreichend ist, dass der Kläger geltend macht, seine Fahrzeiten seien überwiegend mit Aktenstudium ausgefüllt gewesen. Hierauf hat die Beklagte nach seinem Vorbringen keinen Einfluss genommen. Die Behandlung der Wegezeiten durch die Beklagte entspricht damit der tariflichen Regelung des § 17 Abs. 2 BAT sowie der hiermit im Einklang stehenden Nr. 8 Abs. 2 GDV-Gleitzeit. Sie hat für jeden Tag der Dienstreise die dienstplanmäßige Arbeitszeit berücksichtigt und dem Gleitzeitkonto gutgeschrieben.
b) Die tarifliche Behandlung von Wegezeiten nach Maßgabe des § 17 Abs. 2 BAT verstößt nicht gegen höherrangiges Recht.
aa) Bestimmungen des öffentlich-rechtlichen Arbeitsschutzes stehen der Anwendung der Tarifnorm nicht entgegen. Es ist für den in Form der Zeitgutschrift erhobenen Entgeltanspruch unerheblich, ob die Fahrzeiten des Klägers als Arbeitszeit iSv. § 2 Abs. 1 ArbZG und Art. 2 Nr. 1 der für den Anspruchszeitraum maßgeblichen Arbeitszeit-Richtlinie 93/104/EG des Rates vom 23. November 1993 (ABl. EG Nr. L 307 vom 13. Dezember 1993 S. 18) zu beurteilen sind. Weder das Arbeitszeitgesetz noch die Arbeitszeit-Richtlinie 93/104/EG regeln die Vergütung von Arbeitsstunden, die den Rahmen der höchstzulässigen Arbeitszeiten überschreiten. Sie betreffen insoweit nur den öffentlich-rechtlichen Arbeitsschutz (Senat 24. Oktober 2000 – 9 AZR 634/99 – AP BUrlG § 11 Nr. 50 = EzA BUrlG § 11 Nr. 48; BAG 5. Juni 2003 – 6 AZR 114/02 – BAGE 106, 252; 28. Januar 2004 – 5 AZR 530/02 – BAGE 109, 254; 19. Februar 2004 – 6 AZR 211/03 – ZTR 2004, 417). Ein Verstoß gegen das Arbeitszeitgesetz oder die Arbeitszeit-Richtlinie führt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts überdies lediglich zur Nichtigkeit der Dienstreiseanordnung nach § 134 BGB, nicht aber zur Nichtigkeit der Vergütungsregelung; § 139 BGB ist nicht anzuwenden (BAG 28. Januar 2004 – 5 AZR 530/02 – aaO).
bb) Auch der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG ist nicht verletzt.
(1) Die Tarifvertragsparteien haben bei ihrer Normsetzung den allgemeinen Gleichheitssatz zu beachten. Streitig ist lediglich, ob sich diese Bindung aus einer unmittelbaren oder einer nur mittelbaren Geltung des Art. 3 Abs. 1 GG ergibt. Für den Prüfmaßstab selbst ist die dogmatische Herleitung ohne Bedeutung (vgl. BAG 27. Mai 2004 – 6 AZR 129/03 – BAGE 111, 8).
(2) Der Gleichheitssatz verbietet es, wesentlich gleich liegende Sachverhalte ohne sachlichen Grund unterschiedlich zu behandeln. Eine Ungleichbehandlung liegt vor, wenn sich für die vorgenommene Differenzierung kein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonst wie einleuchtender Grund finden lässt, wenn also die Regelung als willkürlich anzusehen ist. Der Gleichheitssatz wird durch eine Tarifnorm verletzt, wenn die Tarifvertragsparteien es versäumt haben, tatsächliche Gleichheiten oder Ungleichheiten der zu ordnenden Lebensverhältnisse zu berücksichtigen, die so bedeutsam sind, dass sie bei einer am allgemeinen Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtung hätten beachtet werden müssen (ständige Rechtsprechung vgl. zB Senat 19. März 1996 – 9 AZR 1051/94 – BAGE 82, 230). Je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen bestimmen sich die Anforderungen an die Sachgründe vom Willkürverbot bis hin zu einer Prüfung der Verhältnismäßigkeit. Ein um so engerer Prüfmaßstab ist angezeigt, je mehr sich die Differenzierungsgründe den in Art. 3 Abs. 2 und Abs. 3 GG geregelten Benachteiligungsverboten nähern (vgl. ErfK/Dieterich 6. Aufl. Art. 3 GG Rn. 40 mwN).
Die gerichtliche Kontrolle wird durch die den Tarifvertragsparteien in Art. 9 Abs. 3 GG gewährleistete Tarifautonomie begrenzt. Den Tarifvertragsparteien steht eine Einschätzungsprärogative zu, soweit es um die Beurteilung des tatsächlichen Regelungsbedarfs, insbesondere der betroffenen Interessen und die Rechtsfolgen geht. Ihnen steht ein Beurteilungsspielraum zu, soweit es um die inhaltliche Gestaltung der Regelungen geht (vgl. Senat 18. Mai 1999 – 9 AZR 419/98 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Fleischerhandwerk Nr. 1 = EzA BUrlG § 5 Nr. 19). Es ist deshalb nicht Aufgabe der Gerichte zu prüfen, ob die Tarifvertragsparteien die zweckmäßigste, vernünftigste und gerechteste Lösung für das Regelungsproblem gefunden haben. Vielmehr genügt es regelmäßig, wenn sich für ihre sachverhaltsbezogene Regelung ein sachlich vertretbarer Grund ergibt (ständige Rechtsprechung vgl. BAG 6. November 2002 – 5 AZR 487/01 – AP GG Art. 3 Nr. 300; 7. Dezember 2005 – 5 AZR 228/05 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Lufthansa Nr. 34 = EzA EntgeltfortzG § 3 Nr. 15).
(3) Gemessen daran wird die Gruppe “Angestellte auf Dienstreise” gegenüber der Gruppe “Angestellte in der Beschäftigungsbehörde” nicht gleichheitswidrig behandelt.
Aus der Regelung in § 17 Abs. 2 Unterabs. 1 Satz 1 BAT ergibt sich eine unterschiedliche Behandlung, wenn bei einer Dienstreise die Wegezeiten und die Zeit der tatsächlichen Inanspruchnahme der Arbeitsleistung am auswärtigen Geschäftsort die Dauer der dienstüblichen Arbeitszeit übersteigen. Die dienstreisenden Angestellten können die Wegezeiten zwar mit Aktenstudium, Vor- oder Nachbereitung des auswärtigen Termins ausfüllen, müssen das aber nicht. Sie können diese Zeiten nach ihren eigenen Vorstellungen nutzen, sofern sie kein Fahrzeug zu steuern haben und auch nicht angewiesen sind, in dieser Zeit bestimmte vorgegebene Arbeitsaufgaben zu erledigen. Angestellte auf Dienstreise erleiden dennoch im Interesse des Arbeitgebers ein Freizeitopfer; denn selbst in der Zeit, in der keine Arbeitsleistung erbracht werden muss, sind sie in ihrer Möglichkeit, selbstbestimmt ihre Freizeit zu gestalten, eingeschränkt. Eine solches Opfer wird der Gruppe der ausschließlich in der Beschäftigungsbehörde eingesetzten Angestellten nicht abverlangt. Diese können außerhalb der Dienstzeiten über ihre Freizeit beliebig verfügen, insbesondere ohne diese in einem Verkehrsmittel verbringen zu müssen. Die unterschiedliche Behandlung erschöpft sich daher in der Einbuße an selbstbestimmter Freizeitgestaltung. Diese ungleiche Behandlung ist jedoch nicht willkürlich, sondern sachlich gerechtfertigt.
Die Revision verkennt, dass die Tarifvertragsparteien nicht jede Beeinträchtigung der Möglichkeit, Freizeit selbst zu gestalten, einer tatsächlich erbrachten Arbeitsleistung gleichstellen müssen. Für den aufgezeigten Nachteil haben die Tarifvertragsparteien mit den Regelungen in § 17 Abs. 2 Unterabs. 1 Satz 2 und Unterabs. 2 BAT bei pauschalierender Betrachtung einen ausreichenden Ausgleich vorgesehen.
Nach § 17 Abs. 2 Unterabs. 1 Satz 2 BAT werden arbeitsfreie Wegezeiten für die Reisetage, an denen die betriebsübliche Arbeitszeit am auswärtigen Geschäftsort nicht erreicht wird, vergütungsrechtlich so behandelt, als wäre tatsächlich am auswärtigen Geschäftsort bis zum Ende der betriebsüblichen Arbeitszeit gearbeitet worden. Nach Maßgabe des § 17 Abs. 2 Unterabs. 2 BAT wird zudem bei eintägigen Dienstreisen mit mehr als zwei Stunden Wegezeit (einschließlich Wartezeit) zu der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit eine weitere zu vergütende Arbeitsstunde hinzugerechnet.
Den Tarifvertragsparteien steht angesichts der Notwendigkeit, tarifliche Regelungen nur typisierend und pauschalierend treffen zu können, eine Einschätzungsprärogative (vgl. Senat 16. August 2005 – 9 AZR 378/04 – AP TVG § 1 Gleichbehandlung Nr. 8 = EzA GG Art. 3 Nr. 103) zu. Dies gilt auch für die Frage, ob bei der Regelung der vergütungspflichtigen Arbeitszeit der Gesichtspunkt, inwieweit die Freizeit beeinträchtigt wird, überhaupt und wenn ja in welchem Umfang berücksichtigt werden muss. Anhaltspunkte dafür, dass die Tarifvertragsparteien die ihnen zustehende Einschätzungsprärogative überschritten haben, sind weder festgestellt noch ersichtlich.
II. Der Feststellungsantrag ist ebenfalls unbegründet.
1. Der Klageantrag ist zulässig.
a) Er ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die Beklagte soll bei der Anordnung von Dienstreisen nicht die gesamte Abwesenheitszeit des Klägers als Arbeitszeit berücksichtigen, sondern die “Wegezeiten”, gemeint sind die Wegezeiten für die Hin- und Rückfahrt. Sie sollen als Arbeitszeit zusätzlich zu den Zeiten der tatsächlichen Inanspruchnahme durch das Dienstgeschäft als Arbeitszeit beurteilt werden. Beides zusammen soll die Höchstgrenze von durchschnittlich zehn Stunden arbeitstäglich nicht übersteigen. Die “Wartezeiten” vor Ort beurteilt auch der Kläger nicht als Arbeitszeit.
Der nach seinem Wortlaut alle denkbaren Formen einer Dienstreiseanordnung erfassende Feststellungsantrag ist entsprechend dem Vorbringen des Klägers einschränkend auszulegen. Es geht ausschließlich um Dienstreisen, bei denen die Beklagte dem Kläger die Art des zu benutzenden öffentlichen Verkehrsmittels vorgibt und es im Übrigen ihm überlässt, wie er die Fahrzeiten nutzt.
b) Das für diesen Antrag nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche besondere Feststellungsinteresse ergibt sich aus dem Streit der Parteien über die arbeitsschutzrechtliche Zulässigkeit der Dienstreiseanordnungen der Beklagten.
2. Der so zu verstehende Feststellungsantrag ist unbegründet. Reine Wegezeiten, die dem Arbeitnehmer durch die Beschränkung auf ein öffentliches Verkehrsmittel lediglich ein Freizeitopfer abverlangen, sind keine Arbeitszeit iSv. § 2 Abs. 1 ArbZG oder Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 2003/88/EG vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (Arbeitszeit-Richtlinie). Diese Frage ist europarechtlich geklärt. Das Verfahren zur Vorabentscheidung durch den EuGH (Art. 234 EG) ist nicht einzuleiten.
a) Ein Anspruch des Klägers ergibt sich nicht aus § 618 Abs. 1 BGB iVm. § 3 Satz 2 ArbZG.
aa) Nach § 618 Abs. 1 BGB hat der Arbeitgeber Dienstleistungen, die unter seiner Anordnung oder seiner Leitung vorzunehmen sind, so zu regeln, dass der Arbeitnehmer gegen Gefahr für Leben und Gesundheit soweit geschützt ist, als die Natur der Dienstleistung es gestattet. Diese Pflicht des Arbeitgebers wird durch die Normen des staatlichen Arbeitsschutzrechts konkretisiert. Deren Einhaltung wird damit zugleich arbeitsvertraglich geschuldet (BAG 10. März 1976 – 5 AZR 34/75 – AP BGB § 618 Nr. 17 = EzA BGB § 618 Nr. 2; Senat 17. Februar 1998 – 9 AZR 84/97 – BAGE 88, 63). Dem entspricht die Regelung in § 106 Satz 1 GewO. Das Weisungsrecht des Arbeitgebers wird durch zwingendes Gesetzesrecht beschränkt (vgl. Senat 16. März 2004 – 9 AZR 93/03 – BAGE 110, 60). Dazu gehören die im Interesse des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer festgelegten Grenzen der höchstzulässigen täglichen Arbeitszeit. Sie darf nach § 3 Satz 1 ArbZG werktäglich acht Stunden nicht überschreiten und kann nach § 3 Satz 2 ArbZG nur unter den dort näher bestimmten Vorraussetzungen auf bis zu zehn Stunden verlängert werden. Nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit ist dem Arbeitnehmer nach § 5 Abs. 1 ArbZG regelmäßig eine ununterbrochene Ruhezeit von elf Stunden zu gewähren.
Diese arbeitsschutzrechtlichen Vorgaben sind bei der Anordnung von Dienstreisen einzuhalten. Mit einer Dienstreiseanordnung konkretisiert der Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer die zu erbringende Arbeitsleistung. Er legt fest, dass der Arbeitnehmer eine bestimmte Aufgabe außerhalb des normalen Arbeitsortes zu erbringen hat. Damit weist er ihn zugleich an, zum Zielort anzureisen und dort zu arbeiten. Schließlich trifft er auch eine zeitliche Bestimmung, indem er voraussichtlichen Beginn und Ende des auswärtigen Dienstgeschäftes und damit zugleich mittelbar die Reisezeiten festlegt. Alle diese Weisungen beziehen sich auf die Arbeitsleistung (BAG 23. Juli 1996 – 1 ABR 17/96 – AP BetrVG 1972 § 87 Ordnung des Betriebes Nr. 26 = EzA BetrVG 1972 § 87 Arbeitszeit Nr. 55).
bb) Trotz dieses Bezugs zur Arbeitsleistung sind Wegezeiten, wie sie hier vorliegen, keine Arbeitszeit, sondern gehören im Sinne des Arbeitszeitschutzes zur Ruhezeit. Das ergibt die gebotene Auslegung der Bestimmungen.
(1) Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz ArbZG ist Arbeitszeit iSd. ArbZG “die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne die Ruhepausen”. Der Wortlaut der Norm schließt die Auslegung des Klägers nicht von vornherein aus. Sie ist jedoch mit den Bestimmungen des ArbZG und insbesondere dem mit ihm verfolgten Zweck nicht zu vereinbaren.
(2) Nach § 1 Nr. 1 ArbZG dient das Gesetz dem Arbeits- und Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer. Es beschränkt deshalb die höchstzulässige tägliche und wöchentliche Arbeitszeit, die der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer abverlangen darf und bestimmt zugleich die Mindestruhezeiten zwischen zwei Arbeitseinsätzen. Diese Schranken der höchstzulässigen Beschäftigung beruhen auf arbeitsmedizinischem Erfahrungswissen über die einem Arbeitnehmer zumutbare Belastung. Es geht um ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den Zeiten, in denen der Arbeitnehmer arbeitet, und den Zeiten, in denen er ruht. Abgestellt wird damit auf die mit der “Arbeit” verbundene Belastung des Arbeitnehmers. Nach ihr bestimmt sich, ob Sicherheit oder Gesundheit des Arbeitnehmers gefährdet sind, wenn durch die von ihm abverlangte Beschäftigung die höchstzulässige Grenze von zehn Stunden überschritten oder gegenläufig die Ruhezeit von elf Stunden unterschritten wird (vgl. BAG 11. Oktober 2000 – 5 AZR 122/99 – BAGE 96, 45).
(3) Nach der Konzeption des ArbZG unterfällt nicht jede im Interesse des Arbeitgebers liegende Beschäftigung des Arbeitnehmers dem gesetzlichen Arbeitszeitschutz. Das verdeutlichen die an den Grad der Beanspruchung des Arbeitnehmers anknüpfenden Regelungen des ArbZG. Von der sog. Vollarbeit werden Bereitschaften abgegrenzt, wobei das Gesetz an die herkömmliche Unterscheidung zwischen Arbeitsbereitschaft, Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft anknüpft.
(3.1) Arbeitsbereitschaft ist die Zeit wacher Aufmerksamkeit im Zustand der Entspannung (BAG 9. März 2005 – 5 AZR 385/02 – EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 177 mwN). Während eines Bereitschaftsdienstes hat sich der Arbeitnehmer an einem vom Arbeitgeber bestimmten Ort aufzuhalten, um bei Bedarf sofort die Arbeit aufnehmen zu können (Senat 16. März 2004 – 9 AZR 93/03 – BAGE 110, 60). Rufbereitschaft verpflichtet den Arbeitnehmer zwar ebenfalls, auf Abruf die Arbeit aufzunehmen. Er kann sich hierfür aber an einem Ort seiner Wahl aufhalten, der dem Arbeitgeber anzuzeigen ist. In der Sache muss der Arbeitnehmer seine jederzeitige Erreichbarkeit sicherstellen (vgl. Senat 24. Oktober 2000 – 9 AZR 634/99 – AP BUrlG § 11 Nr. 50 = EzA BUrlG § 11 Nr. 48).
(3.2) Wurde Arbeitsbereitschaft schon seit Inkrafttreten des ArbZG vom 6. Juni 1994 als Arbeitszeit beurteilt, gelten Bereitschaftsdienstzeiten erst auf Grund des Gesetzes zu Reformen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 seit dem 1. Januar 2004 als Arbeitszeit iSd. ArbZG (vgl. Senat 16. März 2004 – 9 AZR 93/03 – BAGE 110, 60). Die bis dahin gesetzlich bestimmte Beurteilung von Bereitschaftsdiensten als Ruhezeit (vgl. BAG 18. Februar 2003 – 1 ABR 2/02 – BAGE 105, 32) war europarechtswidrig. Nach der Rechtsprechung des EuGH sind Bereitschaftsdienste insgesamt und nicht nur die Zeiten aktiver Betätigung Arbeitszeit iSd. der Arbeitszeit-Richtlinie 93/104/EG (vgl. EuGH 3. Oktober 2000 – C-303/98 – [Simap] EuGHE I 2000, 7963, 7997; 3. Juli 2001 – C-241/99 – [CIG] EuGHE I 2001, 5139; 9. September 2003 – C-151/02 – [Jaeger] EuGHE I 2003, 8389). Mit der Neufassung der §§ 5 und 7 ArbZG hat der Gesetzgeber diesen Zustand beseitigt. Keine Änderung haben dagegen § 5 Abs. 3 und § 7 Abs. 2 Nr. 1 ArbZG erfahren, denen zwingend zu entnehmen ist, dass Rufbereitschaft keine Arbeitszeit iSd. ArbZG ist (vgl. BAG 18. Februar 2003 – 1 ABR 2/02 – aaO).
cc) Gemessen an diesen Vorgaben sind Wegezeiten keine Arbeitszeit iSv. § 3 ArbZG.
(1) Wegezeiten können auf Grund der Umstände des Einzelfalles als Arbeitszeit zu beurteilen sein. Das kommt in Betracht, wenn der Arbeitnehmer sie zur Erledigung seiner Arbeitsaufgaben nutzen muss. Die Bearbeitung von Akten, E-Mails, Vor- und Nachbereitung des auswärtigen Termins ist dann Vollarbeit. Es macht keinen Unterschied, ob derartige Arbeiten am Schreibtisch im Betrieb/in der Dienststelle oder im Zug, Bus oder Flugzeug verrichtet werden. Fehlt es jedoch – wie hier – an solchen Anforderungen des Arbeitgebers, sind Gesundheit und Sicherheit des Arbeitnehmers durch ein Überschreiten der täglich höchstzulässigen Arbeitszeit von zehn Stunden nicht gefährdet. Der Arbeitnehmer kann während er sich in Beförderungsmitteln aufhält nach Belieben arbeiten. Ihm steht auch frei, private Angelegenheiten zu erledigen. “Dösen” oder Schlafen sind ebenso gestattet wie die Einnahme von Getränken oder Speisen. Seine Belastung bleibt damit noch hinter der Beanspruchung durch eine Rufbereitschaft zurück. Er muss sich nicht auf Abruf zur Arbeitsleistung zur Verfügung halten.
(2) Schon deshalb greift auch der Vergleich des Klägers mit Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst nicht durch. Er meint, die Dienstreise stelle eine notwendige Unterbrechung der beruflichen Tätigkeit dar, die ohne die Dienstreise ununterbrochen fortgesetzt werden könne. Die Zeit sei deshalb mit der Situation eines Arztes oder eines Rettungssanitäters zwischen zwei Einsätzen vergleichbar. Das überzeugt nicht. Typisch für Arbeitsbereitschaft und Bereitschaftsdienst ist, dass der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber während dieser Bereitschaften uneingeschränkt zur Verfügung steht. Beim Bereitschaftsdienst steht hinter dem Warten auf Arbeit die Vollarbeit. Sie kann und soll sich beim Bereitschaftsdienst bestimmungsgemäß aktualisieren. Arbeitsbereitschaft, wie sie dem vom Kläger herangezogenen Urteil des EuGH zu Grunde lag (5. Oktober 2004 – C-397/01 bis C-403/01 – [Pfeiffer ua.] EuGHE I 2004, 8835), setzt den ununterbrochenen Aufenthalt der Rettungssanitäter im Betrieb voraus, unterbrochen durch die tatsächlichen Rettungseinsätze. Dagegen dienen die Fahrzeiten einer Dienstreise lediglich der Beförderung des Arbeitnehmers an den auswärtigen Ort. Er ist nicht damit konfrontiert, jederzeit bei Bedarf unverzüglich die Arbeit aufnehmen zu müssen.
(3) Entgegen der Auffassung des Klägers ist für die arbeitszeitrechtliche Beurteilung unerheblich, ob ein Arbeitnehmer “aus seinem familiären und sozialen Umfeld herausgerissen” wird. Bei den Höchstgrenzen zulässiger Beschäftigung geht es ausschließlich um die in § 1 Nr. 1 ArbZG festgelegten Schutzziele. Das sind Sicherheit und Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer bei der Arbeitszeitgestaltung. Weitergehende soziale Gesichtspunkte wie Freizeit und Möglichkeit zur freien Entfaltung der Persönlichkeit gehören nicht dazu. Aspekte der Freizeitgestaltung gewinnen nach § 1 Nr. 2 ArbZG lediglich bei der Beschäftigung des Arbeitnehmers an Sonntagen oder an anerkannten Feiertagen an Bedeutung. Soweit im Schrifttum angenommen wird, reine Fahrzeiten hätten auch ohne zusätzliche Arbeitsleistung belastenden Charakter (Buschmann FS Hanau S. 197, 209), ist das für ihre Beurteilung als Arbeitszeit ohne Bedeutung. So erscheint auch die Differenzierung des Klägers zwischen den Fahrzeiten und den Wartezeiten vor Ort, die auch er nicht als Arbeitszeit gewürdigt wissen will, gekünstelt. Beide Zeitspannen unterscheiden sich im Wesentlichen nur durch die während der Fahrt eingeschränkte Bewegungsfreiheit und die geringere Gestaltungsmöglichkeit. In beiden Fällen kann der Arbeitnehmer am gewohnten familiären und sozialen Leben nicht teilhaben.
b) Entgegen der Revision führt eine europarechtskonforme Auslegung zu keinem anderen Ergebnis. Sind während der Fahrzeiten im öffentlichen Verkehrsmittel keine Arbeitsleistungen zu erbringen, bleiben diese Zeiten im Hinblick auf die Ziele der Richtlinie hinter der Rufbereitschaft zurück und sind deshalb auch iSd. Gemeinschaftsrecht Ruhezeit. Das kann der Senat ohne Vorabentscheidungsersuchen abschließend entscheiden.
aa) Für den auf das künftige Verhalten der Beklagten abzielenden Klageantrag kommt es auf das zum Zeitpunkt des Schlusses der Revisionsverhandlung geltende Recht an (vgl. Senat 16. März 2004 – 9 AZR 93/03 – BAGE 110, 60). Das ist hier der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (ABl. EG Nr. L 299 vom 18. November 2003 S. 9) zu entnehmen, die mit Wirkung zum 2. August 2004 die Richtlinie 93/104/EG des Rates vom 23. November 1993 neu gefasst hat. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (3. Oktober 2000 – C-303/98 – [Simap] EuGHE I 2000, 7963, 7997; 3. Juli 2001 – C-241/99 – [CIG] EuGHE I 2001, 5139; 9. September 2003 – C-151/02 – [Jaeger] EuGHE I 2003, 8389) zu der früheren Richtlinie 93/104/EG, die insoweit gleiche Regelungen enthielt, sind Zeiten des Bereitschaftsdienstes Arbeitszeit, nicht aber Zeiten der Rufbereitschaft.
bb) Der von dem Kläger angeregten Vorlage an den EuGH bedarf es nicht. Nach Art. 234 EG besteht eine Pflicht zur Einholung einer Vorabentscheidung nur, soweit die Auslegung des Gemeinschaftsrechts zweifelhaft ist. Das ist hier nicht der Fall. Mit den Entscheidungen zum Bereitschaftsdienst und zur Rufbereitschaft (3. Oktober 2000 – C-303/98 – [Simap] EuGHE I 2000, 7963, 7997; 3. Juli 2001 – C-241/99 – [CIG] EuGHE I 2000, 5139; 9. September 2003 – C-151/02 – [Jaeger] EuGHE I 2003, 8389) hat der EuGH die charakteristischen Merkmale des Begriffs “Arbeitszeit” aufgezeigt. Im Revisionsverfahren der Parteien ist dieser Begriff lediglich auf den festgestellten Sachverhalt anzuwenden.
III. Der Kläger hat die Kosten des erfolglosen Revisionsverfahrens gem. § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.
Unterschriften
Düwell, Krasshöfer, Furche, Heilmann
Vermerk Richterin am Bundesarbeitsgericht Reinecke ist infolge Urlaubs an der Unterschrift verhindert.
Düwell
Fundstellen
Haufe-Index 1672647 |
BAGE 2008, 41 |
BB 2007, 272 |
DB 2007, 115 |
DStR 2007, 861 |