Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung eines Weinkontrolleurs
Orientierungssatz
Nimmt der Kläger das tarifliche Heraushebungsmerkmal der besonderen Leistungen für seine Eingruppierung in Anspruch, so reicht zum schlüssigen Vortrag eine genaue Darstellung seiner eigenen Tätigkeit nicht aus. Der Tatsachenvortrag muß vielmehr einen wertenden Vergleich mit den nicht unter das Heraushebungsmerkmal fallenden Tätigkeiten ermöglichen.
Verfahrensgang
LAG Rheinland-Pfalz (Entscheidung vom 24.09.1992; Aktenzeichen 4 Sa 351/92) |
ArbG Trier (Entscheidung vom 31.03.1992; Aktenzeichen 2 (1) Ca 1192/90) |
Tatbestand
Tatbestand
Die Parteien streiten über die tarifgerechte Eingruppierung des Klägers in der Zeit vom 1. Januar 1990 bis zum 19. April 1991.
Der Kläger ist seit dem 20. April 1983 beim chemischen Untersuchungsamt T des beklagten Landes als Weinkontrolleur beschäftigt. Er ist Diplom-Ingenieur (FH) für Weinbau und Kellerwirtschaft. Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft beiderseitiger Verbandszugehörigkeit der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) Anwendung.
Für den streitgegenständlichen Zeitraum bezog der Kläger Vergütung nach VergGr. IV b BAT. Seit dem 20. April 1991 wird er aufgrund Bewährungsaufstiegs nach VergGr. IV a Fallgruppe 1 c des Teils II Abschn. E Unterabschn. I der Anlage 1 a zum BAT vergütet.
Von der Arbeitszeit des Klägers entfallen 30 % auf das Erstellen von Prüfberichten sowie das Studium von Akten, Literatur und Rechtsvorschriften, 10 % auf die wirtschaftliche und rechtliche Beratung von Betrieben der Weinwirtschaft, 10 % auf die sensorische Begutachtung von Wein und ähnlichen Getränken, 40 % auf die Überwachung des Verkehrs mit Wein u.a. im Rahmen der Überprüfung von Betrieben der Weinwirtschaft, 5 % auf die Überwachung des Verkehrs mit Wein durch Überprüfung und Auswertung z.B. von Begleitdokumenten und Erntemeldungen und 5 % auf die Tätigkeit als Sachverständiger vor Gericht u.a.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, daß seine Tätigkeit sich durch besondere Leistungen aus der VergGr. IV b Fallgruppe 1 BAT herausgehoben habe, so daß er richtig in VergGr. IV a Fallgruppe 1 BAT eingruppiert gewesen sei. Dies ergebe sich aus der Größe der in seine Zuständigkeit fallenden Betriebe, der Vielfalt ihrer Erzeugnisse, dem Umfang und der Komplexität der zu beachtenden Vorschriften des nationalen und des Gemeinschaftsrechts, der hohen mit seiner Tätigkeit für die wirtschaftliche Lage der Betriebe verbundenen Verantwortung und dem großen Maß an Selbständigkeit, die er bei seiner Tätigkeit habe. Auch sei er an einer über mehrere Jahre laufenden, groß angelegten Überprüfung der Lage "P M " maßgeblich beteiligt gewesen.
Der Kläger hat zuletzt beantragt
festzustellen, daß das beklagte Land verpflichtet
ist, ihn vom 1. Januar 1990 bis zum 19. April
1991 nach VergGr. IV a BAT zu vergüten.
Das beklagte Land hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Nach Meinung des beklagten Landes war der Kläger zutreffend in VergGr. IV b BAT eingruppiert. Seine Tätigkeit habe sich nämlich im streitbefangenen Zeitraum nicht durch besondere Leistungen aus VergGr. IV b Fallgruppe 1 BAT herausgehoben. Die vom Kläger dargelegten Tätigkeiten seien vielmehr ausnahmslos solche, die üblicherweise einem Weinkontrolleur mit abgeschlossener Fachhochschulausbildung obliegen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Die verkündete Urteilsformel des Berufungsurteils enthält den Satz "Die Revision wird zugelassen". In dem vollständig abgefaßten und mit den Unterschriften aller Richter versehenen Urteil, das den Parteien zugestellt worden ist, hat dieser Satz zunächst gefehlt. Er ist vom Landesarbeitsgericht nachträglich durch Berichtigungsbeschluß nach § 319 ZPO in den Urteilstenor eingefügt worden.
Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter. Das beklagte Land beantragt Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision mußte erfolglos bleiben. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen.
A. Die Revision ist aufgrund der Zulassung im verkündeten Tenor des angefochtenen Urteils statthaft. Insoweit ist es unschädlich, daß die Revisionszulassung im Tenor des vollständig abgefaßten und den Parteien zugestellten Urteils zunächst nicht enthalten war. Hierbei handelte es sich nämlich angesichts der vorangegangenen Verkündung der Revisionszulassung um eine offenbare Unrichtigkeit des Urteils, die das Landesarbeitsgericht durch Beschluß nach § 319 ZPO nachträglich berichtigen konnte (vgl. BAGE 52, 375, 376 ff. = AP Nr. 20 zu § 319 ZPO, m.w.N.; BGHZ 78, 22).
B. Die Revision ist aber nicht begründet.
I. Die Klage ist zwar zulässig. Es handelt sich um eine im öffentlichen Dienst allgemein übliche Eingruppierungsfeststellungsklage, bei der nach der ständigen Rechtsprechung des Senats das nach § 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche besondere rechtliche Interesse an der Feststellung unbedenklich zu bejahen ist. Dies gilt auch dann, wenn wie im vorliegenden Fall der Feststellungsantrag auf einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum beschränkt ist. Mit dem begehrten Feststellungsurteil wird nämlich für die Vergangenheit der Status des Klägers bestimmt, der über die für den streitbefangenen Zeitraum zu leistende Vergütung hinaus auch für die Zukunft Bedeutung haben kann, etwa bei der Anrechnung von Beschäftigungszeiten (Senatsurteile vom 19. März 1986 - 4 AZR 470/84 - AP Nr. 114 zu §§ 22, 23 BAT 1975; vom 10. März 1993 - 4 AZR 204/92 -, n.v., zu II 1 der Gründe).
II. Die Klage ist aber nicht begründet. Der Kläger hat die Voraussetzungen für eine Eingruppierung in VergGr. IV a BAT nicht dargetan.
1. Kraft beiderseitiger Verbandszugehörigkeit richtet sich das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nach dem BAT. Zutreffend haben die Vorinstanzen im Anschluß an das Senatsurteil vom 12. Dezember 1990 (- 4 AZR 251/90 - AP Nr. 154 zu §§ 22, 23 BAT 1975) angenommen, daß für die Eingruppierung des Klägers als Weinkontrolleur die in VergGr. IV a und IV b des Teils II Abschn. E Unterabschn. I der Anlage 1 a zum BAT für weinbautechnische Angestellte enthaltenen Tätigkeitsmerkmale heranzuziehen sind.
a) Diese lauteten in der am 1. Januar 1990 geltenden Fassung wie folgt:
Vergütungsgruppe IV a
1. Gartenbau-, landwirtschafts- und weinbautech-
nische Angestellte aller Fachrichtungen mit
Abschlußprüfung einer sechssemestrigen höheren
Fachschule, die sich durch besondere Leistun-
gen aus der Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 1
herausheben...
(Hierzu Protokollnotizen Nr. 1 und 6)
...
Vergütungsgruppe IV b
1. Gartenbau-, landwirtschafts- und weinbautech-
nische Angestellte aller Fachrichtungen mit
Abschlußprüfung einer sechssemestrigen höheren
Fachschule und entsprechender Tätigkeit nach
sechsmonatiger Berufsausübung nach Ablegung
der Prüfung...
In dem in Protokollnotiz Nr. 6 enthaltenen Beispielkatalog zu VergGr. IV a Fallgruppen 1 und 4 sind weder die Tätigkeit eines Weinkontrolleurs noch verwandte Tätigkeiten ausdrücklich aufgeführt.
b) Mit Wirkung vom 1. Januar 1991 ist die Fallgruppe 1 der VergGr. IV a durch die neuen Fallgruppen 1, 1 a, 1 b und 1 c ersetzt worden. In den Fallgruppen 1, 1 a und 1 b ist weiterhin das Heraushebungsmerkmal der "besonderen Leistungen" enthalten, in Fallgruppe 1 a und 1 b allerdings beschränkt auf ein Drittel der Tätigkeit. Fallgruppe 1 c setzt dagegen keine besonderen Leistungen voraus, dafür aber achtjährige Bewährung in VergGr. IV b Fallgruppe 1.
Die Fallgruppe 1 der VergGr. IV b lautet seit dem 1. Januar 1991 folgendermaßen:
Vergütungsgruppe IV b
1. Gartenbau-, landwirtschafts- und weinbautech-
nische Angestellte aller Fachrichtungen mit
abgeschlossener einschlägiger Fachhochschul-
ausbildung und entsprechender Tätigkeit nach
sechsmonatiger Berufsausübung nach Ablegung
der Prüfung...
2. Als Diplom-Ingenieur (FH) für Weinbau- und Kellerwirtschaft erfüllt der Kläger die Voraussetzungen der Vergütungsgruppe IV b sowohl in der bis zum 31. Dezember 1990 als auch in der seitdem geltenden Fassung. Als Weinkontrolleur übt er, wie der Senat in seinem Urteil vom 12. Dezember 1990 - 4 AZR 251/90 - (AP, aaO) ausgeführt hat, eine Tätigkeit aus, für die diese Ausbildung einschlägig ist. Hierüber besteht auch zwischen den Parteien kein Streit.
3. Der Kläger hat aber im streitbefangenen Zeitraum noch nicht die Voraussetzungen für die Eingruppierung in VergGr. IV a erfüllt. Da die in VergGr. IV a Fallgruppe 1 c geforderte achtjährige Bewährung in VergGr. IV b Fallgruppe 1 während des streitbefangenen Zeitraums noch nicht vorlag, weil der Kläger erst seit dem 20. April 1983 als Weinkontrolleur bei dem beklagten Land beschäftigt ist, konnte eine Eingruppierung in VergGr. IV a nur aufgrund der in den Fallgruppen 1, 1 a und 1 b geforderten "besonderen Leistungen" in Betracht kommen. Aus dem Vortrag des Klägers ergibt sich aber, wie die Vorinstanzen zutreffend erkannt haben, nicht, daß sich seine Tätigkeit durch besondere Leistungen aus der VergGr. IV b Fallgruppe 1 herausgehoben hätte.
a) Zwar ist es insoweit unschädlich, wenn der Sachvortrag des Klägers die Bildung von Arbeitsvorgängen nicht ermöglicht. Besondere Leistungen können sich nämlich auch aus der zusammenfassenden Betrachtung aller Arbeitsvorgänge ergeben, so daß es in diesem Fall auf den Zuschnitt des einzelnen Arbeitsvorganges nicht ankommt (BAG Urteil vom 12. Dezember 1990 - 4 AZR 251/90 - AP, aaO).
b) Der Kläger einer Eingruppierungsfeststellungsklage hat aber diejenigen Tatsachen vorzutragen und im Bestreitensfalle zu beweisen, aus denen der rechtliche Schluß möglich ist, daß er die im Einzelfall für sich beanspruchten tariflichen Tätigkeitsmerkmale unter Einschluß der darin vorgesehenen Qualifizierungen erfüllt. Zutreffend sind die Vorinstanzen in diesem Zusammenhang davon ausgegangen, daß zum schlüssigen Vortrag jedenfalls dann, wenn der Kläger das Heraushebungsmerkmal der besonderen Leistungen für sich in Anspruch nimmt, eine genaue Darstellung seiner eigenen Tätigkeit nicht ausreicht (BAGE 34, 158, 167 f. = AP Nr. 36 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Allein aus der Betrachtung der Tätigkeit des Klägers sind nämlich noch keine Rückschlüsse darauf möglich, ob sie sich durch besondere Leistungen aus der VergGr. IV b Fallgruppe 1 BAT heraushebt. Diese Wertung erfordert vielmehr einen Vergleich mit den unter diese Vergütungsgruppe fallenden nicht herausgehobenen Tätigkeiten und setzt einen entsprechenden Tatsachenvortrag voraus. So hat der Senat in seinem Urteil vom 12. Dezember 1990 - 4 AZR 251/90 - (AP, aaO) die Schlüssigkeit der wegen besonderer Leistungen auf Eingruppierung in VergGr. IV a Fallgruppe 1 BAT gerichteten Klage eines Weinkontrolleurs insbesondere deshalb angenommen, weil der damalige Kläger zur Begründung der besonderen Schwierigkeit seiner Tätigkeit darauf hingewiesen hatte, daß das in seinen Zuständigkeitsbereich fallende Weinanbaugebiet als einziges in der Bundesrepublik Deutschland in zwei Zonen aufgeteilt sei, für die unterschiedliche Rechtsvorschriften gelten.
c) An einem derartigen Vortrag, der Grundlage für einen wertenden Vergleich mit der Tätigkeit anderer Weinkontrolleure sein könnte, fehlt es hier.
aa) Zwar hat der Kläger umfangreiche Ausführungen zu den von ihm benötigten Rechtskenntnissen, zu den sich aus der Produktvielfalt der Betriebe für seine Tätigkeit ergebenden Anforderungen, zu der hohen mit seiner Tätigkeit für das wirtschaftliche Schicksal der Betriebe verbundenen Verantwortung und zum großen Maß an Selbständigkeit bei seiner gutachterlichen Tätigkeit gemacht. Er hat aber nicht substantiiert dargetan, inwieweit sich seine Tätigkeit gegenüber derjenigen anderer Weinkontrolleure herausheben soll. Dasselbe gilt auch für die vom Kläger herausgestellte Beteiligung an der über mehrere Jahre durchgeführten Kontrolle der Lage "P M ". Allein die zeitliche Dauer einer Maßnahme und die Zahl der mit ihr befaßten Bediensteten lassen noch keine Schlüsse darauf zu, ob sie im Vergleich zur üblichen Tätigkeit von Weinkontrolleuren besondere Leistungen erfordert.
bb) Soweit der Kläger sich darauf berufen hat, daß sich seine Tätigkeit insofern von derjenigen anderer Weinkontrolleure durch besondere Leistungen abhebe, als zu seinem Aufgabenbereich in erster Linie Großbetriebe gehörten, fehlt es ebenfalls an einer substantiierten Darstellung der Umstände, aus denen sich die besonderen Leistungen ergeben sollen. Allein der mit der Überprüfung eines Großbetriebes verbundene größere zeitliche Aufwand kann nicht mit der deutlich wahrnehmbaren erhöhten Qualität der Arbeit gleichgesetzt werden, die mit dem Hervorhebungsmerkmal "besondere Leistungen" gefordert wird. Im übrigen darf nicht übersehen werden, daß es besondere Leistungen des Weinkontrolleurs erfordernde Umstände wie z.B. die Unübersichtlichkeit der betrieblichen Buchführung gibt, die eher bei Kleinbetrieben vorliegen werden als bei Großbetrieben.
cc) Schließlich ergibt sich aus dem Vortrag des Klägers auch nichts dafür, daß etwa jeder Weinkontrolleur sich in seiner Tätigkeit durch besondere Leistungen gegenüber sonstigen in VergGr. IV b BAT eingruppierten weinbautechnischen Angestellten herausheben würde, so daß es auf eine Heraushebung der Tätigkeit des Klägers gegenüber anderen Weinkontrolleuren nicht ankäme.
d) Die in diesem Zusammenhang mit der Revision erhobenen Verfahrensrügen, wonach das Berufungsgericht den Kläger nach § 139 ZPO zur Ergänzung seines Sachvortrags hätte auffordern und gegebenenfalls auch nach § 144 ZPO von Amts wegen ein Sachverständigengutachten hätte einholen müssen, greifen nicht durch.
aa) Nachdem schon im erstinstanzlichen Urteil die Klageabweisung damit begründet worden war, daß der Kläger nicht dargelegt habe, inwieweit sich seine Tätigkeiten gegenüber denjenigen eines in VergGr. IV b BAT eingruppierten Weinkontrolleurs herausheben, bedurfte es keines richterlichen Hinweises mehr, um den Kläger auf die Entscheidungserheblichkeit eines entsprechenden Tatsachenvortrags aufmerksam zu machen.
bb) Da jeder Vortrag zu den nach Auffassung des Klägers an die Tätigkeit eines "normalen" Weinkontrolleurs zu stellenden Anforderungen fehlte, andererseits dem Kläger aber ein solcher Vortrag aufgrund seiner Fachkenntnisse ohne weiteres möglich war, bestand auch keine Veranlassung für das Landesarbeitsgericht, hierzu von Amts wegen ein Sachverständigengutachten einzuholen.
C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Schaub Schneider Dr. Wißmann
Müller-Tessmann Wehner
Fundstellen
BB 1994, 364 |
NZA 1994, 514 |
NZA 1994, 514-515 (LT1) |
ZTR 1994, 203-204 (LT1) |
AP Nr 173 zu §§ 22, 23 BAT 1975 (LT1) |
PersV 1995, 520 (L) |