Entscheidungsstichwort (Thema)
Befristeter Arbeitsvertrag. Vorrang der SR 2a MTA vor Art. 1 § 1 BeschFG 1985
Leitsatz (redaktionell)
Vorrang der SR 2a MTA vor Art. 1 § 1 Abs. 1 BeschFG 1985; ergänzende Vertragsauslegung bei Nichteinigung der Arbeitsvertragsparteien über die nach Nr. 2 Abs. 1 SR 2a MTA zu vereinbarende tarifvertragliche Grundform des befristeten Arbeitsverhältnisses.
Normenkette
BeschFG 1985 Art. 1 § 1 Abs. 1; BGB §§ 620, 133, 157
Verfahrensgang
LAG Hamm (Urteil vom 11.08.1988; Aktenzeichen 17 Sa 1483/87) |
ArbG Herne (Urteil vom 14.07.1987; Aktenzeichen 2 Ca 844/87) |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 11. August 1988 – 17 Sa 1483/87 – insoweit aufgehoben, als über den Feststellungsantrag und über die Kosten des Rechtsstreits entschieden worden ist.
Der Rechtsstreit wird im Umfang der Aufhebung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten sich darüber, ob das zuletzt zwischen ihnen für die Zeit vom 1. Januar 1986 bis zum 30. Juni 1987 vereinbarte Arbeitsverhältnis durch Zeitablauf sein Ende gefunden hat.
Die im Jahre 1955 geborene Klägerin ist Volljuristin. Seit August 1984 ist sie Mitglied der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr.
Mit Schreiben vom 30. März 1984 bewarb sich die Klägerin beim Arbeitsamt R um eine Anstellung als Volljuristin in der Widerspruchsstelle. Zu diesem Zeitpunkt waren wegen des Wechsels des Mitarbeiters J auf einen Dienstposten beim Arbeitsamt H und wegen des Auslaufens eines befristeten Arbeitsvertrages der Beklagten mit Herrn S, der wie die Klägerin Volljurist ist, zwei Planstellen in der Widerspruchsstelle beim Arbeitsamt R zu besetzen.
Auf der Planstelle von Herrn J – Kennziffer 676/84 – wurde die Volljuristin W befristet für die Zeit vom 16. April 1984 bis 31. Mai 1985 eingestellt. Die Planstelle von Herrn S übernahm der Volljurist Sch nach erfolgreicher sechsmonatiger Erprobung im Herbst 1984 in einem Dauerarbeitsverhältnis.
Die Klägerin wurde mit Vertrag vom 24. Mai 1984 zum 1. Juni 1984 befristet bis zum 31. Dezember 1984 als vollbeschäftigte Angestellte auf bestimmte Zeit nach der Anlage 2a (SR 2a) zum Manteltarifvertrag für die Angestellten der Beklagten (MTA) als Aushilfsangestellte in der Widerspruchsstelle beim Arbeitsamt R der Beklagten eingestellt. Dabei erfolgte die Einstellung der Klägerin zur Vertretung von urlaubs- bzw. krankheitsbedingt ausgefallenen Mitarbeitern der Widerspruchstelle. Dieser Grund der Befristung des Arbeitsverhältnisses ist auch in einem von der Klägerin unterzeichneten Vermerk des Arbeitsamtes R aufgenommen. Die Klägerin wurde in der Widerspruchsstelle als Sachbearbeiterin für Angelegenheiten nach dem Sozialgerichtsgesetz (SGG) und nach dem Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) eingesetzt.
Die Planstelle von Herrn J wurde am 26. November 1984 von der Beklagten zur Dauerbesetzung ausgeschrieben, worauf sich die Klägerin Anfang Dezember 1984 bewarb.
Unter dem 19. Dezember 1984 schlossen die Parteien eine schriftliche Änderungsvereinbarung zum Arbeitsvertrag vom 24. Mai 1984, worin aufgenommen ist, daß die Klägerin befristet bis zum 31. August 1985 beim Arbeitsamt R weiterbeschäftigt wird. Der Grund für diese befristete Weiterbeschäftigung der Klägerin war, daß die Planstelle J und eine im Haushalt 1985 für die Widerspruchsstelle beim Arbeitsamt R neu eingerichtete Planstelle mit der Kennziffer 154/85 zum 1. September 1985 unbefristet besetzt werden sollten. Dabei wurde die Stelle 154/85 von der Beklagten am 5. März 1985 zur unbefristeten Besetzung ausgeschrieben. Die Klägerin wurde über den 31. Dezember 1984 hinaus weiterhin als Sachbearbeiterin für Angelegenheiten nach dem SGG/OWiG in der Widerspruchsstelle eingesetzt.
Um die zum 1. September 1985 unbefristet zu besetzenden zwei Planstellen in der Widerspruchsstelle des Arbeitsamtes R bewarben sich Anfang 1985 die Klägerin, Frau W und Herr H. Herr H absolvierte zu dieser Zeit bei der Beklagten noch eine Ausbildung für den gehobenen Dienst. Allen Beteiligten war klar, daß Herr H eine dieser Planstellen, nämlich die mit der Kennziffer 676/84 erhalten würde.
Anläßlich einer Tagung der Leiter der Abteilung Verwaltung der Arbeitsämter im Bezirk des Landesarbeitsamts Nordrhein-Westfalen Ende Februar/Anfang März 1985 wurde beschlossen, daß die Planstellen in den Widerspruchsstellen der Arbeitsämter zukünftig nur noch zu 20 % mit Volljuristen unbefristet besetzt werden sollten.
Zu dieser Zeit waren in der Widerspruchsstelle des Arbeitsamts R auf den neun Planstellen bereits drei Volljuristen auf Dauer beschäftigt.
Da sich auf die Ausschreibung der Stelle 154/85 außer Volljuristen keine anderen Beschäftigten der Beklagten meldeten, beantragte die Leitung des Arbeitsamts R mit Schreiben vom 23. Juli 1985 beim Landesarbeitsamt Nordrhein-Westfalen die Genehmigung, diese Planstelle zum 1. September 1985 je zur Hälfte mit der Klägerin und Frau W auf Dauer zu besetzen. Mit der Beschäftigung zu 20 Wochenstunden hatten sich die Klägerin und Frau W zuvor einverstanden erklärt mit dem Ziel, später in ein unbefristetes Vollzeitdauerarbeitsverhältnis bei der Beklagten gelangen zu können.
Das Landesarbeitsamt Nordrhein-Westfalen teilte dem Arbeitsamt R darauf mit Erlaß vom 6. August 1985 folgendes mit:
„Besetzung der unter Kennziffer 154/85 ausgeschriebenen Stelle eines Sachbearbeiters für Angelegenheiten nach dem SGG und nach dem OWiG
Von den in der Bearbeitungsstelle für Angelegenheiten nach dem SGG und nach dem OWiG Ihrer Dienststelle zur Verfügung stehenden neun Stellen (einschließlich der des Ersten Sachbearbeiters) sind bereits drei Stellen mit Hochschulabsolventen besetzt.
Aus personalpolitischen Gründen strebe ich ein angemessenes Verhältnis zwischen in der Bundesanstalt für Arbeit ausgebildeten Kräften und Juristen an. In diesem Zusammenhang nehme ich auf die Ausführungen in der Ergebnisniederschrift über die Tagung der Leiter der Abteilung Verwaltung (RdVfg. 33/85 vom 21. Mai 1985 – IIIb101 – 1203.22 – Seiten 22 und 23) Bezug.
Der von Ihnen vorgesehenen Besetzung der Stelle jeweils zur Hälfte mit der Angestellten Bärbel T und der ehemaligen Angestellten Ursula W vermag ich daher nicht zuzustimmen. Ich bitte deshalb, für die Besetzung eines Dienstpostens einen anderen geeigneten Mitarbeiter vorzusehen bzw. eine erneute Stellenausschreibung zu beantragen.”
Die Stelle 154/85 in der Widerspruchsstelle des Arbeitsamts R wurde daraufhin im September 1985 unter der neuen Kennziffer 604/85 erneut ausgeschrieben.
Die Klägerin schied dann zunächst zum 31. August 1985, wie in die Änderungsvereinbarung vom 19. Dezember 1984 aufgenommen war, bei der Beklagten aus.
Demgegenüber wurde die Mitarbeiterin W in der Widerspruchsstelle des Arbeitsamts R zunächst bis zum 31. Dezember 1985 weiterbeschäftigt. Mit ihr war nämlich von der Beklagten bereits am 13. Mai 1985 eine Abänderungsvereinbarung dahingehend getroffen worden, daß ihr Arbeitsverhältnis über den 31. Mai 1985 hinaus wegen erhöhten Arbeitsanfalls bis zum 31. Dezember 1985 verlängert wird.
Beim Ausscheiden der Klägerin war dieser seitens der Leitung des Arbeitsamts R gesagt worden, daß sie möglicherweise nach Ablauf von vier Monaten einen Vertrag nach dem Beschäftigungsförderungsgesetz für die Dauer von 18 Monaten erhalten könne, wenn sie bis dahin keine andere Arbeitsstelle finden würde.
Nach vorheriger Rücksprache mit dem beim Arbeitsamt R beschäftigten Herrn F richtete die Klägerin dann unter dem 26. November 1985 folgendes Schreiben an das Arbeitsamt R :
„Nach Rücksprache mit Herrn F bewerbe ich mich für eine Anstellung als Sachbearbeiterin für Angelegenheiten nach dem Sozialgerichtsgesetz und Ordnungswidrigkeitengesetz ab dem 1. Januar 1986 für die Dauer von 18 Monaten.”
Zu dieser Zeit hatte sich die Klägerin bei zahlreichen Arbeitsämtern der Beklagten im Bezirk des Landesarbeitsamtes Nordrhein-Westfalen auf ausgeschriebene Dauerarbeitsplätze in den Widerspruchsstellen ohne Erfolg beworben. Hierunter fiel auch die ergebnislose Bewerbung der Klägerin auf die ausgeschriebene Planstelle 604/85 in der Widerspruchsstelle des Arbeitsamts R .
Unter dem 13. Dezember 1985 teilte das Arbeitsamt R der Klägerin folgendes mit:
„Sehr geehrte Frau T,
wie Ihnen bereits anläßlich ihrer Vorstellung mitgeteilt wurde, benötigt das Arbeitsamt R vorübergehend eine Mitarbeiterin, die gewillt und in der Lage ist, eine Tätigkeit als Verwaltungsangestellte zeitlich befristet auszuüben.
Nach der bestehenden Arbeitsbelastung bin ich in der Lage, Ihnen ein befristetes Arbeitsverhältnis für die Zeit vom 01.01.1986 bis 30.06.1987 anzubieten. Einen entsprechenden Arbeitsvertrag habe ich vorbereitet.
Ich empfehle Ihnen, sich bei der Abteilung Arbeitsvermittlung/Arbeitsberatung meiner Dienststelle arbeitssuchend zu melden, damit Sie in ein Dauerarbeitsverhältnis bei einem anderen Arbeitgeber vermittelt werden können. Sollten Sie während des Laufs des befristeten Arbeitsvertrages die Möglichkeit haben, eine Dauerbeschäftigung außerhalb des Arbeitsamtes aufnehmen zu können, bin ich bereit, die vertragliche Bindung jederzeit mit Ihnen zu lösen.”
Die Parteien schlossen dann noch im Dezember 1985 ohne Angabe des Tages einen schriftlichen Arbeitsvertrag. Dort heißt es, soweit hier von Bedeutung:
„§ 1
Frau Bärbel T wird ab 01.01.1986 als vollbeschäftigte Angestellte gemäß Art. 1 § 1 Abs. 1 des Beschäftigungsförderungsgesetzes 1985 vom 26. April 1985 (BGBl. I S. 710) als Zeitangestellte mit einer durchschnittlichen regelmäßigen Arbeitszeit von 40 Stunden wöchentlich für die Zeit bis zum 30.06.1987 beim Arbeitsamt R eingestellt.
§ 2
Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Manteltarifvertrag für die Angestellten der BA vom 21. April 1961 (MTA) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der jeweils geltenden Fassung. Außerdem finden die für die BA jeweils geltenden sonstigen Tarifverträge Anwendung; die Protokollnotiz Nr. 1 zu Nr. 1 der Anlage 2 a gilt nicht.”
Mit Haushaltsverfügung des Landesarbeitsamts Nordrhein-Westfalen, die am 24. Februar 1986 beim Arbeitsamt R einging, wurden dem Arbeitsamt R zwei weitere Planstellen für seine Widerspruchsstelle zugeteilt.
Damit standen der Widerspruchsstelle des Arbeitsamts R insgesamt elf Planstellen zur Verfügung, von denen sieben Planstellen schon Ende 1985 mit Mitarbeitern im Dauerarbeitsverhältnis besetzt waren, wovon drei Volljuristen waren.
Die Stelle mit der Kennziffer 676/84 wurde zum 1. Januar 1986 mit dem Mitarbeiter H, der seine Ausbildung erfolgreich abgeschlossen hatte, besetzt.
Zum 1. Februar 1986 wurde eine weitere Planstelle mit dem Inspektor L besetzt. Dieser befand sich schon seit dem 1. September 1985 in einem Dauerdienstverhältnis zur Beklagten, wobei er in der Rechtsauskunftsstelle des Arbeitsamts R eingesetzt war.
Die restlichen zwei Stellen in der Widerspruchsstelle beim Arbeitsamt R konnten trotz mehrmaliger Ausschreibung bisher nicht mit Mitarbeitern in Dauerarbeitsverhältnissen besetzt werden, da sich nur Volljuristen hierauf bewarben, deren Einstellung nach Vorstehendem wegen der 20 %-Klausel von der Beklagten abgelehnt wurde.
Zum 1. Juli 1986 wechselte zudem Herr K, der in einem Dauerarbeitsverhältnis in der Widerspruchsstelle des Arbeitsamts R eingesetzt war, zum Arbeitsamt C. Diese Stelle besetzte die Beklagte mit der Mitarbeiterin W, die vor dem Arbeitsgericht H mit Erfolg gegen die Befristung ihres Arbeitsverhältnisses geklagt hatte.
Zwischen den Parteien ist umstritten, ob dem Arbeitsamt R bei Abschluß des letzten Arbeitsvertrages mit der Klägerin im Dezember 1985 bereits bekannt war, daß seiner Widerspruchsstelle in 1986 zumindest eine Planstelle zusätzlich zur Verfügung gestellt würde.
Mit der am 6. April 1987 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat die Klägerin die Unwirksamkeit der mit ihr vereinbarten Befristung des Arbeitsverhältnisses zum 30. Juni 1987 geltend gemacht. Außerdem hat sie ihre Weiterbeschäftigung durch die Beklagte über den 30. Juni 1987 hinaus begehrt.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, sie stehe bei der Beklagten in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis, da nach der Protokollnotiz Nr. 1 zu Nr. 1 SR 2a MTA eine Befristung ihres Arbeitsverhältnisses durch die Beklagte nur aus den dort genannten Gründen zulässig sei. Derartige Gründe hätten jedoch bei Vertragsabschluß nicht vorgelegen. Zwar sei die Geltung der Protokollnotiz Nr. 1 zu Nr. 1 SR 2a MTA in § 2 ihres Arbeitsvertrages ausgeschlossen. Dies sei aber unerheblich, da diese tarifliche Regelung aufgrund ihrer Mitgliedschaft bei der ÖTV kraft zwingender Tarifbindung auf ihr Arbeitsverhältnis zur Beklagten anzuwenden sei. Soweit Art. 1 § 1 BeschFG 1985 bei einer Neueinstellung wie bei ihr eine Befristung des Arbeitsverhältnisses bis zu 18 Monaten zulasse, gehe die tarifliche Regelung in der Protokollnotiz Nr. 1 zu Nr. 1 SR 2a MTA vor, da sie für sie günstiger sei.
Selbst wenn aber die Regelungen des BeschFG 1985 den tariflichen Regelungen vorgehen sollten, sei die Befristung des letzten Arbeitsvertrages ab dem 1. Januar 1986 auch nach den Bestimmungen des BeschFG 1985 nicht gerechtfertigt. Denn dieses Arbeitsverhältnis stehe mit den vorausgegangenen befristeten Arbeitsverhältnissen zur Beklagten in einem engen sachlichen Zusammenhang, da sie weiterhin als Sachbearbeiterin in der Widerspruchsstelle des Arbeitsamts R mit denselben Tätigkeiten beschäftigt worden sei.
Stehe sie aber in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zur Beklagten, sei diese verpflichtet, sie zu den bisherigen Bedingungen weiterzubeschäftigen.
Die Klägerin hat beantragt
- festzustellen, daß das zwischen den Parteien im Dezember 1985 begründete Arbeitsverhältnis unbefristet über den 30. Juni 1987 hinaus fortbesteht;
- die Beklagte zu verurteilen, sie über den 30. Juni 1987 hinaus zu unveränderten Arbeitsbedingungen tatsächlich weiterzubeschäftigen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Protokollnotiz Nr. 1 zu Nr. 1 SR 2a MTA stelle keine eigenständige Tarifnorm dar. Sie wiederhole nur in deklaratorischer Weise die geltende Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Zulässigkeit befristeter Arbeitsverträge. Deswegen sei es zulässig gewesen, die Klägerin nach der Regelung für Neueinstellungen in Art. 1 § 1 BeschFG 1985 befristet für die Zeit vom 6. November 1985 bis zum 31. Dezember 1986 einzustellen.
Bei dem Abschluß des Arbeitsvertrages zur Klägerin zum 1. Januar 1986 habe es sich auch um eine Neueinstellung im Sinne des Art. 1 § 1 BeschFG 1985 gehandelt, da zum einen zwischen diesem Arbeitsverhältnis und dem zum 31. August 1985 beendeten vier Monate gelegen hätten. Zum anderen habe zwischen diesen Arbeitsverhältnissen ein enger sachlicher Zusammenhang nicht schon deswegen vorgelegen, weil die Beschäftigung in beiden Arbeitsverhältnissen gleichartig gewesen sei. Ansonsten würde nämlich von einem Arbeitgeber in jedem Fall die unzweckmäßige Einarbeitung des Angestellten in eine neue Tätigkeit verlangt werden. Zudem gebe es für einen Volljuristen bei einem Arbeitsamt keine andere sinnvolle Tätigkeit als diejenige in der Widerspruchsstelle.
Aber selbst wenn es sich bei der Regelung in der Protokollnotiz Nr. 1 zu Nr. 1 SR 2a MTA um eine eigenständige Tarifnorm handeln sollte, sei dieser dadurch genügt, daß die Klägerin nach Art. 1 § 1 BeschFG 1985 befristet eingestellt worden sei. Denn dort sei gesetzlich als Sachgrund für den Abschluß eines befristeten Arbeitsverhältnisses die „Beschäftigungsförderung” anerkannt worden.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Berufung eingelegt. Im Berufungsverfahren hat die Klägerin ihren Weiterbeschäftigungsantrag auf gerichtlichen Hinweis mit Zustimmung der Beklagten dahin richtiggestellt, daß sie beantragt hat, die Beklagte zu verurteilen, sie bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses über den 30. Juni 1987 hinaus mit Tätigkeiten der Vergütungsgruppe IV b MTA weiterzubeschäftigen.
Die Beklagte hat im Berufungsverfahren ihr erstinstanzliches Vorbringen im wesentlichen wie folgt ergänzt:
Abgesehen von der Anwendung des BeschFG 1985 habe bei Abschluß des befristeten Arbeitsvertrages mit der Klägerin ab dem 1. Januar 1986 ein sachlicher Grund für die Befristung vorgelegen. Denn sie habe Ende Februar/Anfang März 1985 die Weisung herausgegeben, daß auf den Planstellen der Widerspruchsstellen ihrer Arbeitsämter höchstens nur 20 % Volljuristen in Dauerarbeitsverhältnissen beschäftigt werden sollten. Diese 20 %-Grenze sei Ausfluß des Ermessens des Arbeitgebers, aus personalpolitischen Erwägungen die Anforderungsprofile dieser Dienstposten festzulegen. Hierdurch solle die Aufstiegsmöglichkeit für die von ihr ausgebildeten Sachbearbeiter offengehalten werden. Bei Abschluß des letzten befristeten Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin im Dezember 1985 seien jedoch unstreitig mehr als 20 % an Volljuristen in der Widerspruchsstelle des Arbeitsamts R beschäftigt gewesen. Damit habe festgestanden, daß die Klägerin nur befristet bis zur Besetzung ihrer Stelle mit einem von ihr ausgebildeten Sachbearbeiter habe weiterbeschäftigt werden können. Das Arbeitsamt R habe bei Abschluß des letzten Arbeitsvertrages mit der Klägerin im Dezember 1985 nicht damit rechnen können, daß ihm im Jahre 1986 zwei weitere Planstellen für die Widerspruchsstelle zugeteilt werden würden. Es sei davon ausgegangen, daß Mitte 1987 die Stelle der Klägerin von einem von ihr ausgebildeten Sachbearbeiter eingenommen werden würde.
Auf die Auflage des Berufungsgerichts, unter Beweisantritt aufzuzeigen, für welchen konkreten Bewerber die Stelle, die die Klägerin ab dem 1. Januar 1986 eingenommen habe, offengehalten werden sollte, hat die Beklagte zunächst behauptet, diese sei für ihren Mitarbeiter L offengehalten worden. Dieser sei auf der Stelle der Klägerin nach ihrem Ausscheiden zum 30. Juni 1987 ab dem 1. Juli 1987 eingesetzt worden.
Nachdem die Klägerin darauf hingewiesen hatte, daß Herr L bereits zum 1. Februar 1986 in die Widerspruchsstelle des Arbeitsamts R gewechselt sei, hat die Beklagte ihre Behauptung, die Stelle der Klägerin sei ab dem 1. Juli 1987 mit Herrn L besetzt worden, zurückgenommen. Sie hat jedoch weiterhin an ihrem Vortrag festgehalten, bei Abschluß des letzten Arbeitsvertrages mit der Klägerin im Dezember 1985 sei beabsichtigt gewesen, etwa im Sommer/Herbst 1987 die Stelle der Klägerin mit einem von ihr ausgebildeten Sachbearbeiter zu besetzen. Diesen Mitarbeiter könne sie namentlich nicht benennen.
Die Klägerin hat hierauf erwidert: Soweit die Beklagte neue Gründe für die Befristung ihres letzten Arbeitsverhältnisses vorgetragen habe, seien diese lediglich nachgeschoben. Es sei unzutreffend, daß jemals beabsichtigt gewesen sei, ihre Stelle Mitte 1987 mit einem ausgebildeten Mitarbeiter der Beklagten zu besetzen. Zutreffend sei allein, daß sie auf der Stelle der Mitarbeiterin W, die zunächst aufgrund der letzten Befristung ihres Arbeitsverhältnisses zum 31. Dezember 1985 bei der Beklagten ausgeschieden sei, nach dem BeschFG 1985 befristet von der Beklagten ab dem 1. Januar 1986 eingestellt worden sei.
Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Beklagte verurteilt wird, die Klägerin bis zur rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses der Parteien zu den bisherigen Arbeitsbedingungen weiterzubeschäftigen.
Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter, während die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist im wesentlichen begründet. Sie führt insoweit zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, als das Landesarbeitsgericht über den Feststellungsantrag entschieden hat. Im Umfang der Aufhebung war der Rechtsstreit an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen, denn es bedarf noch tatsächlicher Feststellungen, ob das Arbeitsverhältnis der Parteien aus Aushilfsgründen wirksam bis zum 30. Juni 1987 befristet worden ist.
I. Die Revision ist begründet, soweit das Landesarbeitsgericht angenommen hat, die Befristung des Arbeitsverhältnisses zum 30. Juni 1987 sei aus tarifrechtlichen Gründen unwirksam, da die Beklagte weder Gründe in der Person noch sachliche Gründe i. S. der Protokollnotiz Nr. 1 zu Nr. 1 SR 2a MTA vorgetragen habe und es ihr nach Nr. 2 SR 2a MTA verwehrt sei, die Befristung auf die von ihr dargelegten Aushilfsgesichtspunkte zu stützen. Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts haben sich die Arbeitsvertragsparteien nicht auf eine bestimmte Grundform des befristeten Arbeitsverhältnisses i. S. der Nr. 2 Abs. 1 SR 2a MTA geeinigt. Diese Vertragslücke ist im Wege ergänzender Vertragsauslegung dahin zu schließen, daß unter Berücksichtigung der von der Beklagten vorgetragenen Sachgründe davon auszugehen ist, daß die Parteien bei Kenntnis der Unwirksamkeit des in § 2 des Arbeitsvertrages enthaltenen Ausschlusses der Protokollnotiz Nr. 1 zu Nr. 1 SR 2a MTA die in Nr. 1 Buchst. a und c SR 2a MTA geregelten Grundformen des befristeten Arbeitsverhältnisses vereinbart hätten. Eine kumulative Vereinbarung dieser beiden Befristungstypen ist tarifrechtlich möglich, denn die von der Beklagten geltend gemachten Befristungsgründe (Wunsch des Arbeitnehmers und Aushilfsgründe) betreffen einerseits die Arbeitnehmer-, andererseits die Arbeitgebersphäre und widersprechen sich nicht.
Soweit das Landesarbeitsgericht in Form einer Hilfserwägung das Vorliegen eines die Befristung rechtfertigenden Aushilfstatbestandes verneint hat, hält das angefochtene Urteil ebenfalls einer revisionsgerichtlichen Prüfung nicht stand. Da es hierzu noch tatsächlicher Feststellungen bedarf, ist der Senat zu einer abschließenden Entscheidung nicht in der Lage.
1. Dem Landesarbeitsgericht ist im Ausgangspunkt darin zu folgen, daß im Streitfall nur der letzte Arbeitsvertrag einer gerichtlichen Befristungskontrolle unterliegt. Dies entspricht der inzwischen gefestigten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. grundlegend das Urteil des Senats vom 8. Mai 1985, BAGE 49, 73, 78 ff. = AP Nr. 97 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu II der Gründe). Danach kommt es für die Frage, ob die Befristung eines Arbeitsverhältnisses rechtswirksam ist, grundsätzlich nur auf den zwischen den Parteien zuletzt abgeschlossenen befristeten Arbeitsvertrag an. Denn wollen die Arbeitsvertragsparteien im Anschluß an einen befristeten Arbeitsvertrag ihr Arbeitsverhältnis noch für eine bestimmte Zeit fortsetzen und schließen sie deshalb vorbehaltlos einen weiteren befristeten Arbeitsvertrag ab, so bringen sie damit jedenfalls regelmäßig zum Ausdruck, daß der neue Vertrag fortan für ihre Rechtsbeziehungen allein maßgeblich sein soll. Des neuen Arbeitsvertrages hätte es nicht bedurft, wenn die Befristung des vorangegangenen Vertrages unwirksam gewesen wäre, sich die Parteien deshalb bereits in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis befunden hätten und sie dieses aufrechterhalten wollten. Ein unbefristetes und ein befristetes Arbeitsverhältnis mit sonst gleichem Inhalt können nicht nebeneinander bestehen; beide schließen einander aus. Der Abschluß eines befristeten Arbeitsvertrages neben einem schon bestehenden unbefristeten Arbeitsvertrag hat deshalb nur dann Sinn, wenn die Vertragsparteien über die Wirksamkeit der Befristung des früheren Vertrages im Zweifel sind und sie infolgedessen den weiteren befristeten Vertrag nur für den Fall abschließen, daß sie nicht bereits aufgrund des vorangegangen Vertrages in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis stehen. Fehlt es – wie hier – an einem solchen Vorbehalt, so tritt der neu abgeschlossene befristete Arbeitsvertrag an die Stelle eines früheren unbefristeten Arbeitsvertrages.
2. Das Landesarbeitsgericht hat weiterhin zu Recht angenommen, daß der im Arbeitsvertrag vom Dezember 1985 enthaltene Ausschluß der Protokollnotiz Nr. 1 zu Nr. 1 der Sonderregelungen der Anlage 2a des Manteltarifvertrages für die Angestellten der Bundesanstalt für Arbeit (MTA) unwirksam ist. Diese Protokollnotiz, bei der es sich um eine tarifvertragliche Abschlußnorm handelt, gilt im Streitfall wegen der beiderseitigen Tarifgebundenheit der Parteien bei Abschluß des Arbeitsvertrages vom Dezember 1985 unmittelbar und zwingend (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG). Selbst wenn man zugunsten der Beklagten davon ausgeht, daß es sich trotz der bis zum 31. August 1985 vereinbarten Befristung des Arbeitsverhältnisses bei dem Abschluß des weiteren Arbeitsvertrages vom Dezember 1985 mangels Vorliegens eines engen sachlichen Zusammenhanges um eine „Neueinstellung” i. S. des Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 2 BeschFG 1985 gehandelt hat, gelangt die gesetzliche Befristungsregelung des Art. 1 § 1 Abs. 1 BeschFG 1985 im Streitfall nicht zur Anwendung, denn die Protokollnotiz Nr. 1 zu Nr. 1 SR 2a MTA stellt gegenüber der gesetzlichen Befristungsregelung des Art. 1 § 1 Abs. 1 BeschFG 1985 für den Arbeitnehmer eine günstigere Tarifnorm dar, weil sie die Zulässigkeit befristeter und deshalb vom zwingenden gesetzlichen Kündigungsschutzrecht ausgenommener Arbeitsverträge von strengeren Voraussetzungen abhängig macht als das Gesetz.
a) Der Senat hat im Urteil vom 15. März 1989 (– 7 AZR 449/88 –, zur Veröffentlichung in der Fachpresse bestimmt) im Anschluß an die Senatsentscheidung vom 25. September 1987 (BAGE 56, 155 = AP Nr. 1 zu § 1 BeschFG 1985) entschieden, daß die Protokollnotiz Nr. 1 zu Nr. 1 SR 2a MTA als für den Arbeitnehmer günstigere Tarifnorm der gesetzlichen Befristungsregelung des Art. 1 § 1 Abs. 1 BeschFG 1985 vorgeht. An dieser Rechtsprechung hält der Senat auch nach erneuter Prüfung fest. Dies gilt ebenso für die Qualifikation dieser Protokollnotiz als eigenständige tarifvertragliche Abschlußnorm i. S. des § 4 Abs. 1 TVG (Senatsurteil vom 15. März 1989, aaO, unter II 2 der Gründe). Bei fehlender Tarifgebundenheit des Arbeitnehmers zum Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages können daher die Arbeitsvertragsparteien wirksam die Geltung der Protokollnotiz Nr. 1 zu Nr. 1 SR 2a MTA ausschließen.
b) Die inhaltliche Kollision der hier streitigen Protokollnotiz mit der gesetzlichen Befristungsregelung des Art. 1 § 1 BeschFG 1985 hat das Landesarbeitsgericht zutreffend mittels eines normativen Günstigkeitsvergleiches gelöst.
Vergleicht man den objektiven Regelungsgehalt des Art. 1 § 1 BeschFG 1985 mit dem Inhalt der hier streitigen Protokollnotiz, so ergibt sich, daß die tarifliche Regelung für den Arbeitnehmer günstiger ist als die gesetzliche. Die gesetzliche Regelung läßt in dem dort festgelegten Rahmen befristete und damit nicht bestandsgeschützte Arbeitsverhältnisse zu, ohne daß ein sachlicher Grund für die Befristung vorzuliegen braucht, während die Tarifnorm die Wirksamkeit der Befristung vom Vorliegen eines sachlichen oder eines in der Person des Angestellten liegenden Grundes abhängig macht. Die hier streitige Protokollnotiz stellt somit für die Zulässigkeit befristeter Arbeitsverträge strengere Voraussetzungen auf als das Gesetz, indem sie dem Arbeitnehmer einen größeren Schutz für den Bestand seines Arbeitsverhältnisses bietet.
c) Wegen der bei Abschluß des Arbeitsvertrages (Dezember 1985) bestehenden beiderseitigen Tarifbindung konnten die Parteien die für die Klägerin gegenüber Art. 1 § 1 Abs. 1 BeschFG 1985 günstigere Befristungsregelung der Protokollnotiz Nr. 1 zu Nr. 1 SR 2a MTA einzelvertraglich nicht wirksam ausschließen (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG). Der in § 2 des Arbeitsvertrages enthaltene Ausschluß der hier streitigen Protokollnotiz ist daher unwirksam.
3. Soweit das Landesarbeitsgericht weiterhin angenommen hat, der Beklagten sei es im Hinblick darauf, daß die Klägerin gemäß § 1 des Arbeitsvertrages als „Zeitangestellte” eingestellt worden sei, nach Nr. 2 SR 2a MTA verwehrt, sich zur sachlichen Rechtfertigung auf die von ihr geltend gemachten Aushilfstatbestände zu berufen, kann dem nicht gefolgt werden.
a) Das Landesarbeitsgericht hat ohne nähere Begründung angenommen, daß die in § 1 des Arbeitsvertrages vom Dezember 1985 enthaltene Formulierung, nach der die Klägerin „gemäß Art. 1 § 1 Abs. 1 BeschFG 1985 vom 26. April 1985 (BGBl. I S. 710) als Zeitangestellte mit einer durchschnittlichen regelmäßigen Arbeitszeit von 40 Stunden wöchentlich für die Zeit bis zum 30. Juni 1987 beim Arbeitsamt R eingestellt” wird, dahin zu verstehen sei, daß damit die Arbeitsvertragsparteien die tarifvertragliche Grundform des befristeten Arbeitsvertrages i. S. der Nr. 1 Buchst. a SR 2a MTA festgelegt hätten.
Es kann dahingestellt bleiben, ob es sich bei der Regelung in § 1 des Arbeitsvertrages um eine typische oder untypische Klausel handelt. Selbst wenn man zugunsten der Klägerin davon ausgeht, daß hier eine untypische Regelung vorliegt, darf das Revisionsgericht auch bei untypischen Willenserklärungen die vom Berufungsgericht unterlassene Auslegung jedenfalls dann selbst vornehmen, wenn es um die Auslegung einer Vertragsurkunde geht und besondere Umstände des Einzelfalls, die der Auslegung eine bestimmte, der Beurteilung des Revisionsgerichts entzogene Richtung geben könnten, ausscheiden (ständige Rechtsprechung, vgl. etwa BAG Urteile vom 9. März 1972 – 5 AZR 246/71 – AP Nr. 12 zu § 622 BGB, zu 2 der Gründe und vom 26. März 1986, BAGE 51, 319, 327 = AP Nr. 103 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu III 3 b der Gründe).
b) Das Landesarbeitsgericht hat keine Tatsachenfeststellungen darüber getroffen, ob der Klägerin bei Abschluß des letzten Arbeitsvertrages (Dezember 1985) die aus der Sicht der Beklagten maßgeblichen Befristungsgründe mündlich mitgeteilt worden sind. Eine Aufklärung des Sachverhalts ist aber entbehrlich, denn es bedarf entgegen der Ansicht der Klägerin weder aus tarifrechtlichen noch aus Gründen des staatlichen Rechts einer Einigung der Parteien darüber, welcher konkrete Befristungsgrund maßgeblich sein soll.
Der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts hat im Urteil vom 8. Dezember 1988 – 2 AZR 308/88 – (AP Nr. 6 zu § 1 BeschFG 1985, unter 2 der Gründe, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Gerichts bestimmt) klargestellt, daß es bei einer Zeitbefristung (im Unterschied zur Zweckbefristung), soweit nicht tarifvertragliche Formvorschriften dies erfordern, weder einer Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien über den Befristungsgrund noch eines entsprechenden Hinweises seitens des Arbeitgebers bedarf (ebenso KR-Hillebrecht, 3. Aufl., § 620 BGB Rz 151 m.w.N.). Das Vorliegen eines sachlichen Grundes ist eine objektive Wirksamkeitsvoraussetzung für die Befristung eines Arbeitsverhältnisses (ständige Rechtsprechung seit BAGE GS 10, 65, 70 ff. = AP Nr. 16 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu C der Gründe). Befristungen des Arbeitsverhältnisses sind unzulässig, wenn sie als Gestaltungsmittel objektiv funktionswidrig verwendet werden. Das ist anzunehmen, wenn dem Arbeitnehmer der durch die Kündigungsbestimmungen gewährleistete Bestandsschutz seines Arbeitsverhältnisses ohne sachlichen Grund entzogen wird.
Soweit der Senat in dem Urteil vom 30. September 1981 (BAGE 36, 229, 234 = AP Nr. 61 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, unter 5 der Gründe) für den Fall eines befristeten Probearbeitsverhältnisses ausnahmsweise eine Einigung der Parteien über den Sachgrund der Erprobung gefordert hat, hält der Senat an dieser Rechtsprechung nicht mehr fest.
c) Auch aus tarifrechtlichen Gründen bedurfte es im Streitfall bei Abschluß des letzten befristeten Arbeitsvertrages (Dezember 1985) weder eines Hinweises der Beklagten auf bestimmte Befristungsgründe noch einer Einigung der Parteien über die Maßgeblichkeit bestimmter Befristungsgründe. Nach Nr. 2 Abs. 1 SR 2a MTA ist im Arbeitsvertrag lediglich die tarifvertragliche Grundform des befristeten Arbeitsverhältnisses zu vereinbaren, und zwar in der Weise, daß anzugeben ist, ob der Angestellte als Zeitangestellter, als Angestellter für Aufgaben von begrenzter Dauer oder als Aushilfsangestellter eingestellt wird. Welche Ausdrucksweise dabei zu verwenden ist, ist nicht vorgeschrieben. Die Regelung in § 1 des Arbeitsvertrages vom Dezember 1985, nach der die Klägerin „gemäß Art. 1 § 1 Abs. 1 BeschFG 1985 als Zeitangestellte mit einer durchschnittlichen regelmäßigen Arbeitszeit von 40 Stunden wöchentlich für die Zeit bis zum 30. Juni 1987” eingestellt wird, läßt sich nicht dahin verstehen, daß die Arbeitsvertragsparteien damit die tarifvertragliche Grundform des befristeten Arbeitsverhältnisses i. S. der Festlegung des in Nr. 1 Buchst. a SR 2a MTA geregelten Grundtyps vereinbaren wollten. Für das Fehlen einer Einigung über den tarifvertraglichen Grundtyp des befristeten Arbeitsverhältnisses spricht, daß in § 1 des Arbeitsvertrages der tarifvertragliche Begriff des „Zeitangestellten” nicht unter Bezugnahme auf entsprechende Regelungen in Nr. 1 Buchst. a bzw. in Nr. 2 Abs. 2 Satz 1 SR 2a MTA verwendet wird. Die Formulierung, nach der die Klägerin „gemäß Art. 1 § 1 Abs. 1 BeschFG 1985 als Zeitangestellte” eingestellt wird, deutet vielmehr darauf hin, daß die Arbeitsvertragsparteien den Begriff „Zeitangestellte” i. S. des allgemeinen Sprachgebrauchs und nicht im tarifvertraglichen Sinne benutzen wollten. Den Hinweis auf die gesetzliche Befristungsregelung konnte die Klägerin nur dahin verstehen, daß die Beklagte sie nicht unbefristet, sondern im Rahmen eines nach Maßgabe des Art. 1 § 1 Abs. 1 BeschFG 1985 befristeten Arbeitsverhältnisses beschäftigen wollte.
Daß die Arbeitsvertragsparteien den Begriff der „Zeitangestellten” nicht im tarifvertraglichen Sinne verstanden haben, ergibt sich weiterhin daraus, daß sie in § 2 des Arbeitsvertrages vom Dezember 1985 die Geltung der entsprechenden Protokollnotiz (Nr. 1 zu Nr. 1 SR 2a MTA) ausgeschlossen haben. Der – wegen beiderseitiger Tarifbindung zwar unwirksame – Ausschluß der mit der Nr. 1 Buchst. a SR 2a MTA im systematischen Zusammenhang stehenden Protokollnotiz spricht für die Annahme, daß die Parteien die tarifvertraglich gebotene Festlegung des Grundtyps des befristeten Arbeitsverhältnisses für entbehrlich gehalten haben. Ansonsten wäre es nicht zu verstehen, wieso die Parteien gerade diejenige tarifvertragliche Regelung, für die eine Festlegung des tarifvertraglichen Grundtyps des befristeten Arbeitsverhältnisses von Bedeutung ist, nämlich die für „Zeitangestellte” geltende Protokollnotiz Nr. 1 zu Nr. 1 SR 2a MTA in § 2 des Arbeitsvertrages ausgeschlossen haben.
d) Haben sich die Parteien somit nicht über die nach Nr. 2 Abs. 1 SR 2a MTA erforderliche Angabe der tarifvertraglichen Grundform des befristeten Arbeitsverhältnisses geeinigt, liegt eine Vertragslücke vor. Im Streitfall sind die Parteien offensichtlich davon ausgegangen, daß es wegen der Bezugnahme auf Art. 1 § 1 Abs. 1 BeschFG 1985 und wegen des – allerdings unwirksamen – Ausschlusses der Protokollnotiz Nr. 1 zu Nr. 1 SR 2a MTA nicht erforderlich war, sich über die maßgebliche Grundform des befristeten Arbeitsverhältnisses i. S. der Nr. 2 Abs. 1 SR 2a MTA zu einigen.
Die Lücke in einem Vertrag, die durch die Unwirksamkeit einer Klausel entsteht, kann im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung geschlossen werden (BGH Urteil vom 1. Februar 1984 – VIII ZR 54/83 – BGHZ 90, 69, 74; BGH Urteil vom 30. Oktober 1974 – VIII ZR 69/73 – BGHZ 63, 132, 136; BAG Urteil vom 8. November 1972 – 4 AZR 15/72 – AP Nr. 3 zu § 157 BGB; BAG Urteil vom 16. November 1979 – 2 AZR 1052/77 – AP Nr. 1 zu § 154 BGB). Die ergänzende Vertragsauslegung geht der von der Revision befürworteten Anwendung der Grundsätze vom Wegfall der Geschäftsgrundlage vor (BGHZ 90, 69, 74; BGHZ 81, 135, 143; Larenz, Allgemeiner Teil des BGB, 7. Aufl., § 29 I, S. 545; Ulmer, BB 1982, 1125, 1130). Die mit Hilfe der ergänzenden Vertragsauslegung ermöglichte Durchführung des Regelungsplanes der Vertragsparteien hat Vorrang vor einer bei Wegfall der Geschäftsgrundlage unter Umständen notwendigen Korrektur der vertraglichen Abreden.
Eine ergänzende Vertragsauslegung führt im Streitfall zu dem Ergebnis, daß die Parteien bei Kenntnis der Unwirksamkeit des vertraglichen Auschlusses der Protokollnotiz Nr. 1 zu Nr. 1 SR 2a MTA als tarifvertragliche Grundformen des befristeten Arbeitsverhältnisses die in Nr. 1 Buchst. a und c SR 2a MTA geregelten Grundtypen vereinbart hätten. Für eine derartige Annahme spricht, daß sich die Beklagte im vorliegenden Rechtsstreit zur sachlichen Rechtfertigung der Befristung auf zwei Gründe berufen hat, die diesen beiden tarifvertraglichen Grundformen des befristeten Arbeitsverhältnisses entsprechen und sich nicht gegenseitig ausschließen. Bei dem von der Beklagten zunächst in der ersten Instanz angeführten Sachgrund „Wunsch des Arbeitnehmers” handelt es sich um einen „in der Person des Angestellten liegenden Grund” i. S. der Protokollnotiz Nr. 1 zu Nr. 1 der SR 2a MTA und damit um einen für das Arbeitsverhältnis eines „Zeitangestellten” i. S. der Nr. 1 Buchst. a SR 2a MTA charakteristischen Sachgrund. Der von der Beklagten weiterhin zur sachlichen Rechtfertigung vorgetragene Sachgrund (Befristung wegen der bevorstehenden Übernahme von Auszubildenden) stellt einen Aushilfstatbestand i. S. der Nr. 1 Buchst. c SR 2a MTA dar. Da die Klägerin an einer erneuten Einstellung durch die Beklagte interessiert war, ist anzunehmen, daß sie bei Kenntnis der Erforderlichkeit einer Einigung über die nach Nr. 2 Abs. 1 SR 2a MTA erforderlichen Angaben sich mit der Beklagten darüber geeinigt hätte, diejenigen tarifvertraglichen Grundformen im Arbeitsvertrag anzugeben, die den von der Beklagten für maßgeblich erachteten Befristungsgründen entsprechen.
II. Die Vorinstanzen haben zutreffend angenommen, daß der Befristungsgrund „Wunsch des Arbeitnehmers” im Streitfall nicht vorliegt. Diese Würdigung entspricht den Grundsätzen, die der Senat in einem vergleichbaren Fall im Urteil vom 26. April 1985 – 7 AZR 316/84 – (AP Nr. 91 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag) aufgestellt hat.
Im erneuten Berufungsverfahren wird das Landesarbeitsgericht daher nur noch zu prüfen haben, ob die Befristung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin bis zum 30. Juni 1987 aus den von der Beklagten dargelegten Aushilfsgründen sachlich gerechtfertigt ist. Dabei wird es die Grundsätze zu beachten haben, die der Senat in dem Urteil vom 6. Juni 1984 (– 7 AZR 458/82 – AP Nr. 83 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag) zur sachlichen Rechtfertigung einer mit der bevorstehenden Übernahme von Auszubildenden gerechtfertigten Befristung des Arbeitsverhältnisses aufgestellt hat. Dort hat der Senat ausgeführt (vgl. zu V 2 a der Gründe), es sei nicht unbedingt erforderlich, daß das befristete Arbeitsverhältnis gerade mit einem bestimmten, namentlich bezeichneten Auszubildenden verknüpft wird. Denkbar sei insbesondere auch, die Arbeitsverhältnisse ebenso vieler Arbeitnehmer zu befristen, wie Planstellen freigehalten werden müßten, um die Auszubildenden übernehmen zu können, die erwartungsgemäß zu einem bestimmten Zeitpunkt die Abschlußprüfung bestünden. Denn es müsse beim Arbeitgeber liegen, auf welche von mehreren freien Planstellen er den Auszubildenden bei der Übernahme in ein Arbeitsverhältnis einweise.
Diese Grundsätze hat das Landesarbeitsgericht nicht richtig angewandt, indem es ausgeführt hat, die Beklagte habe nicht angegeben, für welchen Auszubildenden die Planstelle, die die Klägerin seit dem 1. Januar 1986 innegehabt habe, ab dem 1. Juli 1987 hätte verwendet werden sollen. Eine derartige namentliche Bezeichnung ist nicht erforderlich. Die Beklagte kann vielmehr auch ohne personelle Konkretisierung darlegen, daß zum Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages (Dezember 1985) damit zu rechnen war, die von der Klägerin innegehabte Planstelle ab 1. Juli 1987 mit einem ausgebildeten Sachbearbeiter des gehobenen Dienstes auf Dauer besetzen zu können.
Das Landesarbeitsgericht wird gegebenenfalls zu prüfen haben, ob sich die offensichtlich an der nach Art. 1 § 1 Abs. 1 BeschFG 1985 zulässigen Höchstfrist von 18 Monaten ausgerichtete Dauer des Arbeitsverhältnisses am Sachgrund der Befristung orientiert. Dabei wird das Landesarbeitsgericht die vom Senat im Urteil vom 26. August 1988 (BAGE 59, 265 = AP Nr. 124 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag) aufgestellten Grundsätze zu beachten haben. Dort hat der Senat entschieden, daß es zur Wirksamkeit der Befristung eines Arbeitsvertrages außer einem sachlichen Grund für die Befristung nicht noch zusätzlich einer besonderen sachlichen Rechtfertigung auch der gewählten Dauer der Befristung bedarf. Die im Einzelfall vereinbarte Vertragsdauer hat nur Bedeutung im Rahmen der Prüfung des sachlichen Befristungsgrundes selbst; denn aus der vereinbarten Befristungsdauer lassen sich Rückschlüsse darauf ziehen, ob im konkreten Fall ein sachlicher Befristungsgrund überhaupt vorliegt oder ob ein solcher nur vorgeschoben ist. Überschreitet etwa die vereinbarte Vertragsdauer deutlich die bei Vertragsabschluß voraussehbare Dauer des Befristungsgrundes, so läßt sich die Vertragsdauer mit dem angegebenen Befristungsgrund nicht mehr erklären. Befristungsgrund und Befristungsdauer stehen dann nicht miteinander im Einklang, so daß der angegebene Befristungsgrund die vertraglich vereinbarte Befristung nicht zu tragen vermag. Ob dies vorliegend der Fall ist, wird das Landesarbeitsgericht gegebenenfalls im erneuten Berufungsverfahren zu prüfen haben.
III. Die Klägerin ist jedenfalls für die Dauer des weiteren Berufungsverfahrens weiterzubeschäftigen, da in der ersten Instanz das Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses über den 30. Juni 1987 hinaus festgestellt worden ist und besondere Umstände, aus denen sich im Einzelfall ein überwiegendes Interesse der Beklagten an der Nichtbeschäftigung der Klägerin ergeben könnte, nicht ersichtlich sind.
Unterschriften
Dr. Seidensticker, Schliemann, Dr. Becker, Breier, Straub
Fundstellen