Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslegung einer Betriebsvereinbarung;. Privatnutzung eines Geschäftswagens als Teil des „rentenfähigen Einkommens” bzw. des „Bruttoverdienstes der letzten 12 Monate”
Leitsatz (amtlich)
Es hängt vom Inhalt der Versorgungszusage ab, ob die (erlaubte) Privatnutzung eines Geschäftswagens bei der Betriebsrentenberechnung zu berücksichtigen ist.
Orientierungssatz
1. Da die gestattete Privatnutzung eines Geschäftswagens als Entgeltbestandteil anzusehen ist, kann sie bei entsprechender Gestaltung der Versorgungszusage auch bei der Betriebsrentenberechnung Berücksichtigung finden.
2. Im Einzelfall hängt dies vom Inhalt der Versorgungszusage ab. Ist diese weit gefaßt (zB Bruttoverdienste der letzten 12 Monate), so bedarf es eines ausdrücklichen Ausschlusses, sollen einzelne Verdienstbestandteile unberücksichtigt bleiben.
3. Das gilt jedenfall dann, wenn wie bei einer Gesamtversorgungszusage die betriebliche Altersversorgung auf den zuletzt erreichten Lebensstandard abstellt.
Normenkette
BetrVG § 77
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 27. Oktober 2000 – 3 Sa 215/00 – wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Höhe der dem Kläger zustehenden Betriebsrente.
Der am 20. März 1933 geborene Kläger war bei der Beklagten seit dem 1. Oktober 1976 als Verkaufsleiter beschäftigt. Dem Arbeitsverhältnis lag ein Arbeitsvertrag vom 28. Juni 1976 zugrunde, in dem es ua. heißt:
„§ 2, Arbeitsort und Arbeitszeit
1. Der Arbeitsort ist Buchloe.
2. Der Mitarbeiter ist bereit, Aufgaben auch außerhalb des Büros bei Kunden zu übernehmen, wobei die aus der Abwesenheit von den K-Werken entstehenden Mehrkosten nach der jeweils gültigen Reisedienstordnung der K-Werke abgegolten werden.
Die Außendiensttätigkeit darf nicht unter 40 % der Gesamtarbeitszeit liegen.
…
§ 5, Vergütungen
1. Das Arbeitsverhältnis fällt nicht in den Geltungsbereich der tariflichen Bestimmungen.
2. Als Vergütung wird vereinbart:
- monatliches Grundgehalt (brutto) …
monatliche Vergütung für Außendiensttätigkeit (brutto) …
…
- Desweiteren wird eine Erfolgsbeteiligung vereinbart, zahlbar in ¼ – oder ein ½ – Jahresraten.
…
Mit dieser Vergütung sind alle sonstigen tariflichen und freiwilligen Zusatzleistungen wie Urlaubsgeld, Weihnachtsgratifikation, Überstundenvergütung u.ä. abgegolten.
…
§ 6, Geschäftswagen
Dem Mitarbeiter steht ein Geschäftswagen (Mercedes 230) zur Verfügung, falls er einen solchen wünscht. Benutzt der Mitarbeiter seinen privaten Pkw für Geschäftsfahrten, so gilt die jeweils gültige Reisekostenordnung der K-Werke für die Abrechnung.
…
§ 10, Alters- und Hinterbliebenenversorgung
Dem Mitarbeiter wird zugesichert, daß er in die betriebliche Altersversorgung (Pensionszusage) einbezogen wird. Ein entsprechender Vertragsabschluß erfolgt nach 5-jähriger Betriebszugehörigkeit, nach den für den Betrieb allgemein gültigen Grundsätzen, d.h. ein Anspruch entsteht nach einer 10-jährigen Betriebszugehörigkeit.”
Während des gesamten Arbeitsverhältnisses stellte die Beklagte dem Kläger einen Geschäftswagen zur Verfügung, dessen Privatnutzung ihm von Beginn an gestattet war. Das Arbeitsverhältnis endete, kurz nachdem der Kläger das 65. Lebensjahr vollendet hatte, am 30. April 1998. In den zwölf Monaten davor betrug das Einkommen des Klägers 172.761,00 DM. Darin enthalten waren 9.192,00 DM geldwerter Vorteil für die Privatnutzung des Dienstwagens vom Typ BMW 528 i. Der Kläger hatte die pauschalierte Besteuerung in Höhe von 1 % des Kfz-Neuwertes (monatlich 766,00 DM) gewählt (§ 8 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG).
Für die betriebliche Altersversorgung des Klägers ist eine bei der Beklagten bestehende Betriebsvereinbarung maßgebend, die inhaltlich den Leistungsplan der früheren „Franz X. Huber'sche Unterstützungseinrichtung e.V.” vom 17. März 1983 übernommen hatte. Darin heißt es ua.:
„§ 2 Altersrenten
…
3. Als rentenfähiges Einkommen gilt der Bruttoverdienst der letzten zwölf Monate (einschließlich Urlaubs- und Weihnachtsgeld, ausschließlich vermögenswirksame Leistungen).
4. Die Höhe der Jahresrente berechnet sich wie folgt:
Rentenfähiges Einkommen × 0,3 % × anrechnungsfähige Dienstzeit = Jahresrente.
5. Die Gesamtbezüge aus der gesetzlichen Altersversicherung oder aus einer gleichwertigen befreienden Lebensversicherung einerseits und der Altersrente aus der Unterstützungseinrichtung andererseits dürfen 75 % des rentenfähigen Einkommens (§ 2.3) nicht übersteigen. Bei einer eventuellen notwendig werdenden Kürzung, wird eine Jahresmindestrente von DM 240,– als Treueprämie belassen.”
Laut Bescheid vom 27. Mai 1998 berechnete die Beklagte dem Kläger eine monatliche Betriebsrente in Höhe von 862,09 DM, die sie auch seit Mai 1998 auszahlt. Dabei setzte die Beklagte als letzten rentenfähigen Jahresverdienst einen Betrag von DM 163.569,00 an, berücksichtigte also den geldwerten Vorteil für die Privatnutzung des Dienstkraftfahrzeuges in Höhe von DM 9.192,00 nicht. Andernfalls betrüge die monatliche Betriebsrente für den Kläger DM 907,00, was zwischen den Parteien der Höhe nach unstreitig ist.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, gemäß dem Wortlaut von § 2 Nr. 3 der Versorgungsregelung sowie nach Sinn und Zweck dieser Pensionszusage müsse der geldwerte Vorteil für die Privatnutzung des Dienstwagens bei der Berechnung des ruhegehaltfähigen Einkommens mit berücksichtigt werden. Die Betriebsrente knüpfe an die Bruttoeinkünfte des letzten Vertragsjahres an. Damit müßten alle regelmäßigen Leistungen, soweit sie nicht ausdrücklich ausgenommen worden seien, in die Berechnung der Betriebsrente einfließen. Der Sachbezug in Form der gestatteten privaten Nutzung seines Firmenwagens habe einen erheblichen Teil seines Einkommens ausgemacht und zu seinem Lebensstandard gehört. Den Sachbezug nunmehr beim ruhegehaltfähigen Einkommen nicht zu berücksichtigen widerspreche der Zielsetzung der Versorgungszusage, den Lebensstandard auch nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses anteilig aufrechtzuerhalten.
Der Kläger, der zunächst noch über den Sachbezug hinaus weitere Leistungen der Beklagten als Bestandteile des ruhegehaltfähigen Einkommens berücksichtigt wissen wollte, hat beantragt,
- die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.963,91 DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
- festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, ihm ab Juli 1999 eine betriebliche Altersversorgung in Höhe von monatlich DM 1.013,16 brutto, fällig jeweils am letzten Tag des Monats, zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, weil § 2 Nr. 3 des Leistungsplanes auf den Bruttoverdienst und nicht auf das Bruttoeinkommen abstelle, könne der geldwerte Vorteil für die Privatnutzung des Firmen-Kfz nicht als rentenfähiges Einkommen berücksichtigt werden. Denn zum Bruttoverdienst gehörten nur die unmittelbaren Gegenleistungen des Arbeitgebers, also das Grundentgelt und die Jahressonderleistungen. Letztere seien im Leistungsplan der Versorgungsregelung ausdrücklich erwähnt, was bei Berücksichtigungsfähigkeit sämtlicher geldwerter Leistungen überflüssig gewesen wäre. Dementsprechend hätte auch die Sonderregelung zur privaten Dienstwagennutzung in dem Leistungsplan besonders erwähnt werden müssen, um berücksichtigungsfähig zu sein. Zudem sei die Dienstwagennutzung im Arbeitsvertrag nicht in § 5, der Vergütungsregelung, behandelt worden. Vielmehr sei in § 6 des Arbeitsvertrages dem Kläger eine Wahlmöglichkeit zwischen der Privatnutzung des Geschäftswagens oder der Abgeltung der mit dem privaten Fahrzeug des Klägers unternommenen Dienstfahrten eingeräumt worden. Die Möglichkeit der privaten Nutzung des Firmenfahrzeugs sollte einen umständlichen Aufwendungsersatz im einzelnen vermeiden helfen. Außerdem sei es der Beklagten auf ein gewisses Erscheinungsbild des Klägers in der Öffentlichkeit angekommen, da der Kläger sowohl bei seinen Dienstreisen als auch in seiner Freizeit die Beklagte in gewissem Umfang repräsentiert habe. Eine zusätzliche Vergütung sei nicht beabsichtigt worden und könne auch aus der steuerlichen Berücksichtigung des geldwerten Vorteils nicht abgeleitet werden. Bei gegenteiliger Auffassung könne der Arbeitnehmer gar, falls er nicht die Pauschalversteuerung wähle, durch die Zahl der gefahrenen Privatkilometer seine Einkommenshöhe (und damit seine Betriebsrente) beeinflussen.
Das Arbeitsgericht hat den geldwerten Vorteil für die Privatnutzung des Dienstwagens als ruhegehaltfähiges Einkommen angesehen. Es hat unter Abweisung der Klage im übrigen festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet sei, dem Kläger eine betriebliche Altersrente in Höhe von DM 907,00 monatlich zu zahlen und die Beklagte zur Zahlung der sich daraus ergebenden Ruhegeld-Rückstände verurteilt. Die Berufung der Beklagten blieb erfolglos, wobei das Landesarbeitsgericht nach entsprechender Klarstellung des Klägers die Beklagte zur künftig wiederkehrenden, monatlichen Betriebsrentenleistung in Höhe von DM 907,00 verurteilt hat. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihr Ziel einer vollständigen Klageabweisung weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht die Privatnutzung des Firmenfahrzeugs als Entgeltbestandteil aufgefaßt, der zum Bruttoverdienst des letzten Jahres gehört und bei der Berechnung der Betriebsrente des Klägers zu berücksichtigen ist.
I. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im wesentlichen damit begründet, daß für eine entsprechende Auslegung der Versorgungsregelung zunächst der Wortlaut von § 2 Nr. 3 des Leistungsplanes spreche. Die Betriebsrente solle an den konkret und tatsächlich innerhalb der letzten 12 Monate abgerechneten Bruttoverdienst anknüpfen. Damit sollten, wie für eine halbdynamische Versorgung typisch, alle regelmäßigen Leistungen bei der Berechnung der Betriebsrente erfaßt werden, die nicht ausdrücklich ausgenommen worden seien. Letzteres treffe nach dem Leistungsplan nur auf die vermögenswirksamen Leistungen zu. Dagegen könne aus der Erwähnung des Urlaubs- und Weihnachtsgeldes als Elemente des rentenfähigen Einkommens nicht geschlossen werden, daß die übrigen Vergütungsbestandteile bis auf die „Grundvergütung” ausgeschlossen worden seien. Die Versorgungsregelung kenne den Begriff der Grundvergütung nicht. Dagegen arbeite sie jedoch, wie eben im Fall der vermögenswirksamen Leistungen, mit ausdrücklichen Ausnahmen. Daher könne aus der positiven Erwähnung einzelner Gehaltsbestandteile nicht geschlossen werden, daß andere, nicht erwähnte Verdienstelemente von der Berücksichtigung ausgeschlossen worden sein sollten.
II. Die gegen diese Auslegung der Versorgungsregelung gerichteten Angriffe der Revision bleiben erfolglos.
1. Die Auslegung der Versorgungsregelung ergibt, daß der geldwerte Vorteil der Privatnutzung des Firmenwagens Bestandteil des Bruttoverdienstes der letzten 12 Monate im Sinne von § 2 Nr. 3 des Leistungsplanes ist.
a) Im Leistungsplan sind die Bestandteile des „Bruttoverdienstes” nicht ausdrücklich geregelt. Als Betriebsvereinbarung ist die Versorgungsordnung wegen ihres normativen Charakters wie ein Tarifvertrag gemäß den Regeln für die Auslegung von Gesetzen auszulegen(st. Rspr., vgl. BAG 17. November 1998 – 1 AZR 221/98 – AP BetrVG 1972 § 77 Auslegung Nr. 6 = EzA BetrVG 1972 § 112 Nr. 101, zu 1 der Gründe mwN). Da die Betriebsparteien den „Bruttoverdienst” nicht eigenständig definiert haben, und es sich auch nicht um einen juristischen Fachbegriff mit feststehender Bedeutung handelt, ist bei der Auslegung des Wortlautes vom allgemeinen Sprachgebrauch auszugehen. Dabei ergibt sich zunächst aus dem Wortbestandteil „Brutto-” nicht, daß alle zu versteuernden Einnahmen aus dem Arbeitsverhältnis gemäß § 2 Nr. 3 Leistungsplan zu berücksichtigen sind. Damit wird lediglich zum Ausdruck gebracht, daß beim rentenfähigen Einkommen die Steuern und Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung nicht abgezogen werden. Darüber hinaus sagt der Ausdruck „Brutto-” nichts darüber, welche Arbeitgeberleistungen der Berechnung zugrunde zu legen sind(BAG 14. August 1990 – 3 AZR 321/89 – AP BetrAVG § 1 Berechnung Nr. 12 = EzA BetrAVG § 1 Nr. 58, zu 1 b der Gründe). Unter Verdienst ist der durch Arbeit erworbene Lohn zu verstehen(Brockhaus/Wahrig Deutsches Wörterbuch 6. Band 1984 S 482 f.), das (Geld, Gehalt) was jemandem nach seinen Leistungen zukommt, der erworbene Anspruch auf etwas(Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm Nachdruck 1984 Band 25 S 230). Im Arbeitsleben werden „Verdienst” und „Einkommen” regelmäßig synonym verwendet – auch der auszulegende Leistungsplan tut dies –, was semantisch ungenau ist, da unter „Einkommen” die Gesamtheit der Einnahmen innerhalb eines bestimmten Zeitraumes zu verstehen ist und nicht nur die aus Arbeit resultierenden Einkünfte(Brockhaus/Wahrig aaO 2. Band 1981 S 403 f.). „Bruttoverdienst” ist also der aus dem Arbeitsverhältnis zu beanspruchende Verdienst ohne Abzüge der Steuern und Abgaben(im Gegensatz zu Nettoverdienst, vgl. Brockhaus/Wahrig aaO 1. Band 1980 S 804).
b) Als rentenfähiges „Einkommen” bestimmt § 2 Nr. 3 des Leistungsplanes den „Bruttoverdienst der letzten zwölf Monate”. Damit sind grundsätzlich alle innerhalb des letzten Jahres ausgezahlten Gehaltsbestandteile angesprochen, fixe ebenso wie variable (Provisionen), regelmäßige wie unregelmäßig oder nur einmal jährlich ausgezahlte (Gratifikationen, Urlaubsgeld, Gewinnbeteiligungen ua. Sonderleistungen). Der Leistungsplan verknüpft mit diesem weiten Einkommensbegriff die Betriebsrente mit sämtlichen Bezügen, die in den letzten 12 Monaten vor dem Ausscheiden den Lebensstandard des Arbeitnehmers mitbestimmt haben. Alle Verdienstbestandteile, die nicht ausdrücklich ausgenommen sind, zählen zum versorgungsfähigen Bruttoverdienst. Dies entspricht seiner Zweckbestimmung als Bemessungsgrundlage für die regelmäßigen Ruhestandsbezüge, die den Lebensstandard des ausgeschiedenen Arbeitnehmers anteilig sichern sollen.
Die Versorgungsregelung der Beklagten faßt also den Begriff des „rentenfähigen Einkommens” weit. Daß es für die Berücksichtigung der Privatnutzung eines Dienstwagens auf die Reichweite dieser Grundlage ankommt, hat der Senat schon in seinem Urteil vom 14. August 1990(– 3 AZR 321/89 – AP BetrAVG § 1 Berechnung Nr. 12 = EzA BetrAVG § 1 Nr. 58, zu 2 der Gründe) entschieden. Anders als eine Versorgungsordnung, die als ruhegeldfähiges Einkommen nur das durchschnittliche Bruttomonatseinkommen meint, das der Mitarbeiter als Vollzeitbeschäftigter auf der Basis der tariflich vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit in den letzten sechs voll abgerechneten Monaten vor Eintritt des Versorgungsfalles bezogen hat, schließt die Berechnungsbasis des Leistungsplanes der Beklagten eine Berücksichtigung der privaten Kfz-Nutzung nicht aus.
c) Dazu hätte es eines ausdrücklichen Ausschlusses bedurft. Entgegen der Annahme der Revision kann aus der ausdrücklichen Benennung des Urlaubs- und des Weihnachtsgelds als Bestandteile des rentenfähigen Einkommens nicht geschlossen werden, daß alle übrigen Vergütungsbestandteile mit Ausnahme der Grundvergütung bei der Berechnung des rentenfähigen Bruttoverdienstes ausgeschlossen sein sollen. Zum einen sind dem Leistungsplan Begriffe wie „Grundvergütung” oder „Grundgehalt” fremd. Zum anderen muß nach dem durch Auslegung ermittelten Gehalt des Begriffes „Bruttoverdienst der letzten zwölf Monate” die Erwähnung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld im Leistungsplan lediglich als deklaratorischer Hinweis verstanden werden. Diese Gehaltsbestandteile sind, sofern sie nur in den letzten 12 Monaten dem Arbeitnehmer ausgezahlt wurden, schon durch den Begriff des Bruttoverdienstes abgedeckt. Schließlich nimmt der Leistungsplan ausdrücklich einen Vergütungsbestandteil, die vermögenswirksamen Leistungen, von der Berücksichtigungsfähigkeit aus. Die ausdrückliche Herausnahme nur eines Gehaltsbestandteiles läßt den Schluß zu, daß einerseits „Bruttoverdienst” im Sinne obiger Auslegung umfassend verstanden wurde, andererseits, daß es für eine Nichtberücksichtigung einzelner Gehaltselemente einer ausdrücklichen Ausnahme bedarf. Hinzu kommt, daß der Leistungsplan diese einzige Ausnahme für einen Vergütungsbestandteil macht, der zum einen schon während des Arbeitslebens der Existenzsicherung durch Vermögensaufbau dienen soll, zum anderen bei der Gewährung von Voraussetzungen (vermögenswirksamer Vertrag) abhängig ist, die bei aus dem Arbeitsleben ausgeschiedenen Rentnern nicht mehr vorliegen (§ 2 5. VermBG vom 4. März 1994, BGBl. I S 406 f.).
2. Der mit der erlaubten privaten Nutzung des Firmenwagens erlangte geldwerte Vorteil war Bestandteil der Vergütung des Klägers für seine Arbeitsleistung.
a) Dem steht der zwischen den Parteien geschlossene schriftliche Arbeitsvertrag nicht entgegen. Zwar hat die Revision Recht, wenn sie darauf verweist, daß in der Vergütungsregelung des Arbeitsvertrages, dort § 5, die dem Kläger gestattete Privatnutzung des Firmenwagens nicht erwähnt wird. Die Revision kann aber nicht erfolgreich auf § 6 des Arbeitsvertrages in dem Sinne verweisen, daß dem Kläger dort ein Wahlrecht zwischen der Privatnutzung des Geschäftswagens oder dem Aufwendungsersatz für Dienstfahrten mit dem Privatwagen eingeräumt worden sei. Dem Wortlaut des § 6 Arbeitsvertrag kann nicht einmal entnommen werden, daß die beiden Sätze dieser Bestimmung alternativ im Sinne eines Wahlrechtes zu verstehen sind. Auch spricht ebensoviel dafür, daß in § 6 Satz 1 des Arbeitsvertrages die Privatnutzung überhaupt nicht angesprochen wird, da dem Kläger auf Wunsch ein „Geschäftswagen” zur Verfügung stehen soll. Aber selbst wenn der Kläger von einem Wahlrecht im Sinne der Auffassung der Beklagten Gebrauch gemacht hätte, änderte dies am Ergebnis nichts: Dann hätte der Kläger von Anfang an statt der Amortisation eines in seinem Eigentum stehenden Privatwagens über den Aufwendungsersatz von Dienstreisen die Stellung eines Firmenwagens zu Geschäftszwecken und zur unbeschränkten privaten Nutzung gewählt und die Beklagte hätte ihm nach Ausübung dieses beschränkten Leistungsbestimmungsrechtes (§ 315 BGB) diese Leistung weit mehr als 20 Jahre einschränkungslos erbracht. Damit hat sie ihm nicht nur einen geldwerten Vorteil im Sinne des Einkommenssteuerrechtes verschafft, sondern seinen Lebensstandard während des aktiven Arbeitslebens gesteigert, da für den Kläger die Kosten der Sachbezugversteuerung geringer waren als die Vorhaltekosten für einen privaten Kraftwagen der gehobenen Mittelklasse. Ob nun also schon im ursprünglichen Arbeitsvertrag so vorgesehen oder durch die langjährige Handhabung als Vertragsbestandteil konkludent konkretisiert, die Beklagte hat dem Kläger mit der Überlassung des Dienstwagens für private Zwecke Arbeitsentgelt in Form einer Naturalvergütung geleistet. Die Privatnutzung des Firmenwagens ist Bestandteil des Vergütungsanspruches des Klägers geworden, sie hätte von der Beklagten nicht in einseitiger Ausübung ihres Direktionsrechtes nach über 20 Jahren zurückgenommen werden können und fließt auch nach der Verkehrsanschauung als nicht unbedeutender Entgeltwert in die Gehaltsbemessung ein(st. Rspr., BAG 16. November 1995 – 8 AZR 240/95 – BAGE 81, 294, 297; 27. Mai 1999 – 8 AZR 415/98 – BAGE 91, 379, 381; herrschende Meinung auch in der Literatur, vgl. MünchArbR/Hanau Bd. 1 2. Aufl. § 68 Rn. 12 mwN; Schaub Arbeitsrechts-Handbuch 9. Aufl. § 68 I 5; für die parallele Behandlung im Steuerrecht vgl. BFH 21. Juni 1963 – VI 306/61 U – BFHE 77, 191 und Schreiben des Bundesministers der Finanzen vom 25. Mai 1979, BStBl. I S 301).
b) Die Berücksichtigung des geldwerten Vorteils bei der Berechnung des ruhegehaltfähigen Bruttoverdienstes entspricht auch Sinn und Zweck der Versorgungsregelung bei der Beklagten. Der Leistungsplan enthält eine Gesamtversorgungszusage (§ 2 Nr. 5), die eine Versorgung im Alter in einem von dem Leistungsplan selbst definierten Verhältnis zum zuletzt aufgrund von Arbeitgeberleistungen erreichten Lebensstandard gewährleisten will. Maßgeblich für die von der Beklagten garantierte Versorgung ist der während des aktiven Arbeitslebens erreichte Lebensstandard, der auch durch den nicht unerheblichen Entgeltbestandteil der Privatnutzung des Dienstwagens bestimmt wurde. Demgegenüber kann sich die Beklagte nicht darauf berufen, die Berücksichtigung eines solchen Sachbezuges führte zur Veränderung der Bemessungsgrundlage durch Zufälligkeiten oder die Einflußnahme des Arbeitnehmers. Dem Kläger vertraglich ein Recht zur Privatnutzung des Firmenwagens einzuräumen, beruhte auf einer freien Willensentscheidung der Beklagten. Dabei hat sie im schriftlichen Arbeitsvertrag mit der Nennung eines Wagentyps der gehobenen Mittelklasse (damals Mercedes 230, zuletzt BMW 528 i) die Größenordnung des geldwerten Vorteiles für die Privatnutzung von Beginn des Arbeitsverhältnisses an annähernd bestimmt.
c) Schließlich kann sich die Revision auch nicht mit Erfolg darauf berufen, bislang sei bei den Betriebsrenten die private Nutzung noch nie berücksichtigt worden. Abgesehen davon, daß dem Vortrag der Beklagten nicht zu entnehmen ist, wie viele der in Betracht zu ziehenden Rentenfälle bislang auf diese Art berechnet wurden, so vermag eine zugunsten der Beklagten zu unterstellende Verwaltungsübung nur dann ein Auslegungskriterium darzustellen, wenn nach Wortlaut und Systematik ein eindeutiges Auslegungsergebnis der Normativbestimmungen nicht gefunden werden kann(BAG 29. Mai 1964 – 1 AZR 281/63 – BAGE 16, 58, 64; 13. Oktober 1987 – 1 ABR 51/86 – AP BetrVG 1972 § 77 Auslegung Nr. 2 = EzA BGB § 611 Teilzeitarbeit Nr. 2, zu II 2 b der Gründe). Dies ist jedoch, wie ausgeführt, vorliegend nicht der Fall.
Unterschriften
Reinecke, Kremhelmer, Breinlinger, D. Offergeld, Lohre
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 21.08.2001 durch Kaufhold, Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 679345 |
BB 2002, 520 |
BB 2002, 735 |
DB 2002, 851 |
NWB 2002, 948 |
ARST 2002, 131 |
NZA 2002, 394 |
SAE 2002, 160 |
ZAP 2002, 493 |
AP, 0 |
AuA 2002, 286 |
EzA-SD 2002, 14 |
EzA |
PERSONAL 2002, 61 |
AUR 2002, 117 |
SPA 2002, 6 |