Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf Zuwendung bei Wechsel des Rechtsverhältnisses
Leitsatz (redaktionell)
Ein Angestellter behält den Anspruch auf eine anteilige Sonderzuwendung nach § 1 Abs 2 Nr 2 des Tarifvertrages über eine Zuwendung für Angestellte vom 12.10.1973 idF des Änderungstarifvertrages Nr 1 vom 7.11.1974 (Zuwendungs-TV) auch dann, wenn er im unmittelbaren Anschluß an das Arbeitsverhältnis zu demselben Arbeitgeber des Öffentlichen Dienstes in ein anderes Rechtsverhältnis der in § 1 Abs 1 Nr 2 Zuwendungs-TV genannten Art übertritt.
Normenkette
TVG § 1; BGB § 611; ZuwAngTVtr § 1 Abs. 2 Nr. 2 Fassung 1974-11-07, § 2 Abs. 2 Fassung 1974-11-04
Verfahrensgang
LAG Berlin (Entscheidung vom 22.09.1983; Aktenzeichen 4 Sa 66/83) |
ArbG Berlin (Entscheidung vom 20.04.1983; Aktenzeichen 33 Ca 8/83) |
Tatbestand
Die Klägerin war vom 1. Dezember 1980 bis zum 30. September 1982 bei dem beklagten Land als Pflegehelferin in der Nervenklinik Spandau tätig. Am 1. Oktober 1982 begann sie in demselben Krankenhaus des Landes ein Berufsausbildungsverhältnis als Lernschwester. Auf beide Beschäftigungsverhältnisse finden kraft beiderseitiger Tarifzugehörigkeit der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) und das gesamte übrige Tarifwerk des öffentlichen Dienstes Anwendung.
Der danach anzuwendende Tarifvertrag über eine Zuwendung für Angestellte vom 12. Oktober 1973 in der Fassung des Änderungs-TV Nr. 1 vom 7. November 1974 (Zuwendungs-TV) hat, soweit es hier interessiert, folgenden Wortlaut:
"§ 1 Anspruchsvoraussetzungen
(1) Der Angestellte erhält in jedem Kalenderjahr
eine Zuwendung, wenn er
1. am 1.12. im Arbeitsverhältnis steht und nicht
für den ganzen Monat Dezember ohne Vergütung
zur Ausübung einer entgeltlichen Beschäftigung
oder Erwerbstätigkeit beurlaubt ist
und
2. seit dem 1.10. ununterbrochen als Angestell-
ter, Arbeiter, Beamter, Richter, Soldat auf
Zeit, Berufssoldat, Auszubildender, Medizinal-
assistent, Praktikant, Lernschwester, Lern-
pfleger oder als Schülerin oder Schüler in der
Krankenpflegehilfe im öffentlichen Dienst ge-
standen hat
oder
im laufenden Kalenderjahr insgesamt 6 Monate
bei demselben Arbeitgeber im Arbeitsverhält-
nis gestanden hat oder steht
und
3. nicht in der Zeit bis einschließlich 31.3. des
folgenden Kalenderjahres aus seinem Verschulden
oder auf eigenen Wunsch ausscheidet.
(2) Der Angestellte, dessen Arbeitsverhältnis späte-
stens mit Ablauf des 30.11. endet und der minde-
stens vom Beginn des Kalenderjahres an ununter-
brochen in einem Rechtsverhältnis der in Absatz
1 Nr. 2 genannten Art im öffentlichen Dienst ge-
standen hat, erhält eine Zuwendung,
1. ...
2. wenn er im unmittelbaren Anschluß an das Ar-
beitsverhältnis zu einem anderen Arbeitgeber
des öffentlichen Dienstes in ein Rechtsverhält-
nis der in Absatz 1 Nr. 2 genannten Art über-
tritt und der bisherige Arbeitgeber das Aus-
scheiden aus diesem Grunde billigt oder
3. ...
§ 2 Höhe der Zuwendung
(1) .....
(2) Hat der Angestellte nicht während des ganzen Kalen-
derjahres Bezüge von demselben Arbeitgeber aus einem
Rechtsverhältnis der in § 1 Abs. 1 Nr. 2 genannten
Art oder während eines dieser Rechtsverhältnisse zu
demselben Arbeitgeber Mutterschaftsgeld nach § 13
Mutterschutzgesetz erhalten, vermindert sich die
Zuwendung um ein Zwölftel für jeden Kalendermonat,
für den er weder Bezüge noch Mutterschaftsgeld er-
halten hat. Die Verminderung unterbleibt für die
Kalendermonate, für die der Angestellte wegen der
Ableistung von Grundwehrdienst oder Zivildienst von
seinem Arbeitgeber keine Bezüge erhalten hat, wenn
er vor dem 1. Dezember entlassen worden ist und nach
der Entlassung unverzüglich die Arbeit wieder aufge-
nommen hat.
.....
(5) Hat der Angestellte nach § 1 Abs. 2 oder 3 dieses
Tarifvertrages oder entsprechenden Vorschriften ei-
nes anderen Tarifvertrages bereits eine Zuwendung
erhalten und erwirbt er für dasselbe Kalenderjahr
einen weiteren Anspruch auf eine Zuwendung, vermin-
dert sich diese Zuwendung um ein Zwölftel für jeden
Kalendermonat, für den die Zuwendung nach § 1 Abs. 2
oder 3 dieses Tarifvertrages oder entsprechenden
Vorschriften eines anderen Tarifvertrages gezahlt
worden ist. Der Erhöhungsbetrag wird für das nach
Absatz 3 zu berücksichtigende Kind in jedem Kalen-
derjahr nur einmal gezahlt."
Der Tarifvertrag über eine Zuwendung für Lernschwestern und Lernpfleger vom 12. Oktober 1973 in der Fassung des Änderungs-TV Nr. 1 vom 7. November 1974 (Zuwendungs-TV Lernschwestern) hat, soweit es hier interessiert, folgenden Wortlaut:
"§ 1 Anspruchsvoraussetzungen
(1) Die Schülerin (der Schüler) erhält in jedem Kalen-
derjahr eine Zuwendung, wenn sie (er)
1. am 1. Dezember seit dem 1. Oktober ununterbro-
chen bei demselben Ausbildungsträger im Ausbil-
dungsverhältnis steht
und
2. .....
Protokollnotizen:
1. Die Voraussetzung des Absatzes 1 Nr. 1 ist auch
dann erfüllt, wenn die Schülerin (der Schüler)
seit dem 1. Oktober bei demselben Ausbildungs-
träger in einem anderen Rechtsverhältnis gestan-
den hat, an das sich das Ausbildungsverhältnis
ohne Unterbrechung angeschlossen hat.
2. Für die Begriffe "öffentlicher Dienst" und "un-
mittelbarer Anschluß" gelten die Protokollnotizen
Nrn. 2 und 3 zu § 1 des Tarifvertrages über eine
Zuwendung für Angestellte vom 12. Oktober 1973
entsprechend.
§ 2 Höhe der Zuwendung
(1) .....
(2) Hat die Schülerin (der Schüler) nicht während des
ganzen Kalenderjahres Entgelt von demselben Ausbil-
dungsträger oder während des Ausbildungsverhältnis-
ses zu demselben Ausbildungsträger Mutterschafts-
geld nach § 13 Mutterschutzgesetz erhalten, vermin-
dert sich die Zuwendung um ein Zwölftel für jeden
Kalendermonat, für den sie (er) weder Entgelt noch
Mutterschaftsgeld erhalten hat. Die Verminderung
unterbleibt für die Kalendermonate, für die der
Schüler wegen der Ableistung von Grundwehrdienst
oder Zivildienst von seinem Ausbildungsträger kein
Entgelt erhalten hat, wenn er vor dem 1. Dezember
entlassen worden ist und nach der Entlassung un-
verzüglich die Ausbildung wieder aufgenommen hat.
.....
(4) Hat die Schülerin (der Schüler) nach § 1 Abs. 2
dieses Tarifvertrages oder entsprechenden Vor-
schriften eines anderen Tarifvertrages bereits
eine Zuwendung erhalten und erwirbt sie (er) für
dasselbe Kalenderjahr einen weiteren Anspruch auf
eine Zuwendung, vermindert sich diese Zuwendung
um ein Zwölftel für jeden Kalendermonat, für den
die Zuwendung nach § 1 Abs. 2 dieses Tarifvertra-
ges oder entsprechenden Vorschriften eines anderen
Tarifvertrages gezahlt worden ist. Der Erhöhungs-
betrag wird für das nach Absatz 3 zu berücksichti-
gende Kind in jedem Kalendermonat nur einmal ge-
zahlt.
Protokollnotiz zu Absatz 2:
Die Verminderung der Zuwendung unterbleibt für die
Kalendermonate, für die die Schülerin (der Schüler)
Bezüge aus einem anderen Rechtsverhältnis zu dem-
selben Ausbildungsträger erhalten hat, an das sich
das Ausbildungsverhältnis ohne Unterbrechung ange-
schlossen hat. Das gleiche gilt für die Kalender-
monate, für die die Schülerin während dieses
Rechtsverhältnisses zu demselben Ausbildungsträger
Mutterschaftsgeld nach § 13 Mutterschutzgesetz
oder der Schüler wegen der Ableistung von Grund-
wehrdienst oder Zivildienst keine Bezüge erhalten
hat."
Als Pflegehelferin erhielt die Klägerin eine Vergütung nach Vergütungsgruppe KR I BAT nebst Zulagen in Höhe von brutto 2.232,21 DM monatlich. Als Lernschwester erhielt sie ein Ausbildungsgeld, das im Oktober 827,64 DM zuzüglich Gefahren- und Erschwerniszulage betrug.
Die Parteien streiten darüber, in welcher Höhe der Klägerin für 1982 die tarifliche Jahressonderzuwendung zusteht. Die Beklagte hat der Klägerin eine Zuwendung in Höhe von 847,58 DM brutto gewährt auf der Grundlage ihres Entgelts als Lernschwester.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, ihr stehe für die Zeit vom 1. Januar bis zum 30. September 1982 die Jahressonderzuwendung zu auf der Grundlage ihrer Vergütung als Pflegehelferin nach § 1 Abs. 1 Zuwendungs-TV. Für die Zeit vom 1. Oktober bis zum 31. Dezember 1982 sei die Zuwendung nach ihrem Entgelt als Lernschwester gemäß § 1 Zuwendungs-TV Lernschwestern zu berechnen. Danach habe sie für die Zeit bis zum 30. September 1982 einen Anspruch in Höhe von 1.488,14 DM brutto und für den zweiten Zeitraum von 231,16 DM brutto. Nachdem ihr bereits 847,58 DM gewährt worden seien, habe sie noch einen Restanspruch von 871,72 DM brutto. Diesen der Höhe nach unstreitigen Betrag hat sie mit der am 28. Januar 1983 bei dem Arbeitsgericht eingereichten Klage geltend gemacht.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zur Zahlung von 871,72 DM
brutto nebst 4 % Zinsen seit dem 2. De-
zember 1982 zu verurteilen.
Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat die Ansicht vertreten, der Klägerin stehe im Jahr 1982 nur die Zuwendung nach dem Tarifvertrag über eine Zuwendung für Lernschwestern zu. Einen Anspruch nach dem Zuwendungs-TV habe die Klägerin deshalb nicht, weil ihr Arbeitsverhältnis als Pflegehelferin am 30. September 1982 geendet habe. Zwar habe sich das Ausbildungsverhältnis als Lernschwester hieran unmittelbar angeschlossen, doch sei es nicht mit einem a n d e r e n Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes abgeschlossen worden, wie es § 1 Abs. 2 Nr. 2 Zuwendungs-TV verlange, sondern mit demselben. Die Tarifvorschrift sei als Ausnahmevorschrift eng auszulegen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage entsprochen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des beklagten Landes zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt das beklagte Land seinen Klageabweisungsantrag weiter. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet. Die Klägerin hat im Jahr 1982 für die Zeit vom 1. Januar bis zum 30. September einen Anspruch auf eine Sonderzuwendung nach dem Zuwendungs-TV und für die Zeit vom 1. Oktober bis zum 31. Dezember nach dem Zuwendungs-TV Lernschwestern.
I. 1. Zutreffend haben die Vorinstanzen angenommen, der Klägerin stehe 1982 ein Anspruch auf eine Zuwendung nach dem Tarifvertrag für Lernschwestern und Lernpfleger zu. Dies wird auch von der Revision nicht in Abrede gestellt.
a) Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 Zuwendungs-TV Lernschwestern erhält die Schülerin (der Schüler) in jedem Kalenderjahr eine Zuwendung, wenn sie (er) am 1. Dezember seit dem 1. Oktober ununterbrochen bei demselben Ausbildungsträger im Ausbildungsverhältnis steht und nicht in der Zeit bis einschließlich 31. März des folgenden Kalenderjahres aus ihrem (seinem) Verschulden oder auf eigenen Wunsch ausscheidet.
Diese Anspruchsvoraussetzungen hat die Klägerin unstreitig erfüllt.
b) Nach § 2 Abs. 1 und 2 Zuwendungs-TV Lernschwestern hat die Schülerin (der Schüler) einen Anspruch auf eine Zuwendung in Höhe von 100 % des Entgelts, das ihr (ihm) zugestanden hätte, wenn sie (er) während des ganzen Monats Oktober Erholungsurlaub gehabt hätte, vermindert um je 1/12 für jeden Kalendermonat, in dem sie (er) während des betreffenden Kalenderjahres kein Entgelt von demselben Ausbildungsträger erhalten hat. Nach § 2 Abs. 4 Zuwendungs-TV Lernschwestern vermindert sich die Zuwendung darüber hinaus für jeden Kalendermonat um 1/12, in dem die Schülerin (der Schüler) bereits nach § 1 Abs. 2 dieses TV oder entsprechenden Vorschriften eines anderen Tarifvertrages eine Zuwendung erhalten hat, wenn sie (er) einen weiteren Anspruch auf eine Zuwendung erwirbt.
Der volle Anspruch der Klägerin nach dem Zuwendungs-TV Lernschwestern vermindert sich mithin um 9/12, wenn sie für die Zeit vom 1. Januar bis zum 30. September 1982 Anspruch auf eine Zuwendung nach dem Zuwendungs-TV hat.
2. a) Nach dem Zuwendungs-TV hat grundsätzlich nur der Angestellte einen Anspruch auf die jährliche Zuwendung, der am 1. Dezember des Kalenderjahres, für das die Zuwendung beansprucht wird, im Arbeitsverhältnis zu dem in Anspruch genommenen Arbeitgeber steht und nicht zu den in dem Tarifvertrag genannten Zwecken ohne Vergütung beurlaubt ist (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Zuwendungs-TV). Von diesem Grundsatz, dessen Voraussetzungen die Klägerin deswegen nicht erfüllt hat, weil sie bei dem beklagten Land bereits am 30. September 1982 ausgeschieden ist, macht § 1 Abs. 2 Zuwendungs-TV mehrere Ausnahmen, von denen hier nur die unter Nr. 2 genannte in Betracht kommt. Danach hat auch die Angestellte, deren Arbeitsverhältnis vor dem 1. Dezember endet, Anspruch auf eine anteilige Zuwendung, die mindestens vom Beginn des Kalenderjahres an ununterbrochen bei einem Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes beschäftigt war, im unmittelbaren Anschluß an das Arbeitsverhältnis zu einem anderen Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes in ein Rechtsverhältnis u. a. als Lernschwester übertritt und der bisherige Arbeitgeber das Ausscheiden aus diesem Grund billigt.
b) Das Land hat die Klägerin aus einem Angestelltenverhältnis als Pflegehelferin in ein Ausbildungsverhältnis als Lernschwester übernommen. Es meint, ein Anspruch der Klägerin sei deshalb nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 Zuwendungs-TV nicht gegeben, weil sie bei demselben Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes verblieben sei. Das ist jedoch unzutreffend. Eine an Sinn und Zweck der Tarifvorschrift orientierte Auslegung des § 1 Abs. 2 Nr. 2 Zuwendungs-TV ergibt vielmehr folgendes:
Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist die in den Zuwendungstarifverträgen des öffentlichen Dienstes geregelte Zuwendung nicht nur Entgelt für die im Bezugsjahr erbrachte Arbeitsleistung und damit vergangenheitsbezogen. Sie soll zugleich ein Anreiz sein, über den 31. März des folgenden Jahres hinaus in den Diensten des Arbeitgebers zu verbleiben; insoweit ist sie auch zukunftsbezogen. Nur dann, wenn eine vorherige Beendigung von dem Arbeitnehmer nicht veranlaßt wird und von ihm auch nicht zu vertreten ist, verzichten die Tarifverträge auf die zukunftsbezogene Voraussetzung, und der Arbeitnehmer behält den Zuwendungsanspruch (BAG Urteil vom 31. Januar 1979 - 5 AZR 551/77 - AP Nr. 101 zu § 611 BGB Gratifikation, zu 2 b der Gründe). Dabei trägt § 1 Abs. 2 Nr. 2 Zuwendungs-TV dem Gedanken der Einheit des öffentlichen Dienstes Rechnung und gibt auch dem Angestellten eine Zuwendung, der, wie bereits dargestellt, vor dem Stichtag im unmittelbaren Anschluß an das Arbeitsverhältnis bei dem bisherigen Arbeitgeber zu einem anderen Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes in ein Rechtsverhältnis der in Abs. 1 Nr. 2 genannten Art überwechselt. Sinn dieser Ausnahmeregelung ist es, den Arbeitnehmer zu belohnen, der, wenn auch in einem anderen Rechtsverhältnis, im öffentlichen Dienst verbleibt. Er soll durch den Wechsel des Arbeitgebers innerhalb des öffentlichen Dienstes keinen Nachteil erleiden. Eine an Sinn und Zweck dieser Vorschrift ausgerichtete Auslegung kann deshalb nur zu dem Ergebnis kommen, daß auch der Angestellte, der bei demselben Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes verbleibt, wenn auch aufgrund eines anderen Rechtsverhältnisses der in § 1 Abs. 2 Nr. 2 Zuwendungs-TV genannten Art, einen Anspruch auf eine Zuwendung behält. Denn dieser Angestellte erbringt ein noch höheres Maß an Betriebstreue als der zu einem anderen Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes überwechselnde Angestellte.
Zu Unrecht beruft sich die Revision darauf, bei der hier vertretenen Auslegung des § 1 Abs. 2 Nr. 2 Zuwendungs-TV erhalte ein Arbeitnehmer, der, was häufig geschehe, im Laufe des Kalenderjahres aus einem Ausbildungsverhältnis in ein Angestelltenverhältnis übergewechselt sei, entgegen der von dem beklagten Land geübten Praxis nicht die volle Sonderzuwendung nach dem Zuwendungs-TV. Dieser Fall ist in § 1 Abs. 1 Nr. 2, 1. Alternative in Verbindung mit § 2 Abs. 2 Zuwendungs-TV ausdrücklich zugunsten der wechselnden Arbeitnehmer geregelt. Danach erhält ein Angestellter, der am 1. Dezember in einem Arbeitsverhältnis und seit dem 1. Oktober ununterbrochen u. a. als Auszubildender oder Lernschwester im öffentlichen Dienst gestanden hat, die volle Zuwendung. Die ausdrückliche Regelung dieses in der Praxis häufig auftretenden Falles zeigt aber, daß die Tarifvertragsparteien den Arbeitnehmern bei einem Wechsel des Rechtsverhältnisses zu demselben Arbeitgeber gerade keine Nachteile erwachsen lassen, ihm vielmehr den höchstmöglichen Anspruch erhalten wollten. Dies spricht gerade für die hier vertretene Auslegung des Zuwendungs-TV. Eine andere Auslegung würde darüber hinaus dem Gleichbehandlungsgrundsatz widersprechen, da kein vernünftiger Grund für eine Benachteiligung des bei dem alten Arbeitgeber im Rahmen eines anderen Rechtsverhältnisses verbleibenden, gegenüber dem mit Zustimmung des alten Arbeitgebers zu einem anderen Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes wechselnden Angestellten ersichtlich ist.
c) Dem steht auch nicht die Protokollnotiz zu § 2 Abs. 2 des Zuwendungs-TV Lernschwestern entgegen. Nach deren Regelung unterbleibt die in § 2 Abs. 2 vorgesehene Kürzung der Zuwendung für die Lernschwestern für die Kalendermonate, für die die Schülerin (der Schüler) Bezüge aus einem anderen Rechtsverhältnis zu demselben Ausbildungsträger erhalten hat, an das sich das Ausbildungsverhältnis ohne Unterbrechung angeschlossen hat. Nach § 2 Abs. 4 Zuwendungs-TV Lernschwestern vermindert sich jedoch die Zuwendung um 1/12 für jeden Kalendermonat, für den nach den Vorschriften eines anderen Tarifvertrages bereits eine Zuwendung gezahlt wurde. Die Klägerin erhielte danach in keinem Fall für irgendeinen Zeitraum im Jahr eine doppelte Zuwendung.
II. Nach alledem hat die Klägerin im Jahr 1982 Anspruch auf eine Zuwendung nach dem Tarifvertrag für Angestellte für die Zeit vom 1. Januar bis zum 30. September und nach dem Tarifvertrag über eine Zuwendung für Lernschwestern für die Zeit vom 1. Oktober bis zum 31. Dezember 1982.
Dr. Gehring Michels-Holl Schneider
Döring Dr. Florack
Fundstellen
BlStSozArbR 1985, 215-216 (T) |
AP § 611 BGB Gratifikation (LT1), Nr 122 |
RiA 1986, 10-11 (T) |