Entscheidungsstichwort (Thema)
Stufenzuordnung nach § 16 Abs. 2 TV-L. Zulässigkeit der Privilegierung der beim selben Arbeitgeber erworbenen einschlägigen Berufserfahrung?. Arbeitnehmerfreizügigkeit. Stufenzuordnung und Arbeitnehmerfreizügigkeit
Leitsatz (amtlich)
Es verstößt nicht gegen die unionsrechtlichen Freizügigkeitsvorschriften, dass § 16 Abs. 2 TV-L die beim selben Arbeitgeber erworbene einschlägige Berufserfahrung gegenüber entsprechenden Zeiten bei anderen Arbeitgebern privilegiert, wenn Arbeitnehmer nur in der Bundesrepublik Deutschland beschäftigt waren und keine Qualifikationen in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union erworben haben.
Orientierungssatz
1. § 16 Abs. 2 Satz 3 TV-L verstößt nicht gegen Art. 45 Abs. 2 AEUV und Art. 7 Abs. 1 der Freizügigkeitsverordnung (EU) Nr. 492/2011, wenn Arbeitnehmer nur in der Bundesrepublik Deutschland beschäftigt waren und keine Qualifikationen in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union erworben haben. Der Anwendungsbereich der Freizügigkeitsvorschriften ist nicht eröffnet. Das ist durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union geklärt.
2. Art. 45 Abs. 2 AEUV und Art. 7 Abs. 1 der Freizügigkeitsverordnung (EU) Nr. 492/2011 sind nicht auf Tätigkeiten anzuwenden, die keinerlei Berührungspunkte mit einem der Sachverhalte aufweisen, auf die das Unionsrecht abstellt und die mit keinem Element über die Grenzen eines Mitgliedstaats hinausweisen.
3. Ein Unionsbürger kann sich gegenüber nationalen Normen daher nicht auf die Arbeitnehmerfreizügigkeit berufen, wenn er niemals in einem anderen Mitgliedstaat gewohnt, gearbeitet, studiert, ein Hochschuldiplom oder einen Berufsabschluss erworben oder anderweitig von seinem Recht auf Arbeitnehmerfreizügigkeit Gebrauch gemacht hat. Die Unionsbürgerschaft bezweckt nicht, den sachlichen Anwendungsbereich der Verträge auf interne Sachverhalte auszudehnen, die keinerlei Bezug zum Unionsrecht aufweisen.
4. Die Rechtsprechungslinie des Gerichtshofs der Europäischen Union zu dem für die Freizügigkeitsbestimmungen nötigen Auslandsbezug ist durch dessen Entscheidung vom 5. Dezember 2013 (– C-514/12 – [Zentralbetriebsrat der gemeinnützigen Salzburger Landeskliniken Betriebs GmbH]) nicht aufgegeben worden. Die in dieser Sache behandelte kollektive Streitigkeit zwischen dem Zentralbetriebsrat und der österreichischen Krankenhausgesellschaft wies ohne Weiteres einen grenzüberschreitenden Bezug auf.
5. Der Senat lässt wegen des hier fehlenden Auslandsbezugs offen, ob es durch § 16 Abs. 2 Satz 3 TV-L zu einer mittelbaren Ungleichbehandlung von Wanderarbeitnehmern und Grenzgängern kommt, ob eine solche mittelbare Benachteiligung ggf. gerechtfertigt ist und ob diese Fragen durch den Gerichtshof der Europäischen Union im Sinn eines sog. acte éclairé geklärt sind.
Normenkette
AEUV Art. 45, 267; EUVO 492/2011 Art. 7 Fassung: 2011-04-05; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 9 Abs. 3; TV-L § 16 Abs. 2 Sätze 2-3
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 6. Oktober 2015 – 7 Sa 773/15 – wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die tarifliche Stufenzuordnung der Klägerin.
Die Klägerin ist Erzieherin mit staatlicher Anerkennung. Sie ist beim beklagten Land seit 6. Januar 2014 als Erzieherin tätig. Auf das Arbeitsverhältnis ist aufgrund vertraglicher Bezugnahme der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder in der für das Land Berlin geltenden Fassung anzuwenden (künftig nur TV-L). Die Klägerin erhält seit ihrer Einstellung Vergütung nach Entgeltgruppe 8 Stufe 2 TV-L.
Nach zwei Berufspraktika und dem Erwerb ihrer staatlichen Anerkennung als Erzieherin war die Klägerin vom 15. März 1999 bis 30. Juni 1999 und vom 1. Oktober 2001 bis 31. Dezember 2013 bei mehreren privaten Arbeitgebern in der Bundesrepublik Deutschland als Erzieherin beschäftigt.
§ 16 TV-L lautet auszugsweise:
„Stufen der Entgelttabelle
(1) |
1Die Entgeltgruppen 9 bis 15 umfassen fünf Stufen und die Entgeltgruppen 2 bis 8 sechs Stufen. … |
(2) |
1Bei der Einstellung werden die Beschäftigten der Stufe 1 zugeordnet, sofern keine einschlägige Berufserfahrung vorliegt. 2Verfügen Beschäftigte über eine einschlägige Berufserfahrung von mindestens einem Jahr aus einem vorherigen befristeten oder unbefristeten Arbeitsverhältnis zum selben Arbeitgeber, erfolgt die Stufenzuordnung unter Anrechnung der Zeiten der einschlägigen Berufserfahrung aus diesem vorherigen Arbeitsverhältnis. 3Ist die einschlägige Berufserfahrung von mindestens einem Jahr in einem Arbeitsverhältnis zu einem anderen Arbeitgeber erworben worden, erfolgt die Einstellung in die Stufe 2, beziehungsweise – bei Einstellung nach dem 31. Januar 2014 und Vorliegen einer einschlägigen Berufserfahrung von mindestens drei Jahren – in Stufe 3. 4Unabhängig davon kann der Arbeitgeber bei Neueinstellungen zur Deckung des Personalbedarfs Zeiten einer vorherigen beruflichen Tätigkeit ganz oder teilweise für die Stufenzuordnung berücksichtigen, wenn diese Tätigkeit für die vorgesehene Tätigkeit förderlich ist. |
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Protokollerklärungen zu § 16 Absatz 2: |
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1. |
Einschlägige Berufserfahrung ist eine berufliche Erfahrung in der übertragenen oder einer auf die Aufgabe bezogen entsprechenden Tätigkeit. |
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… |
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3. |
Ein vorheriges Arbeitsverhältnis im Sinne des Satzes 2 besteht, wenn zwischen dem Ende des vorherigen und dem Beginn des neuen Arbeitsverhältnisses ein Zeitraum von längstens sechs Monaten liegt; bei Wissenschaftlerinnen/Wissenschaftlern ab der Entgeltgruppe 13 verlängert sich der Zeitraum auf längstens zwölf Monate. |
(2a) |
Der Arbeitgeber kann bei Einstellung von Beschäftigten im unmittelbaren Anschluss an ein Arbeitsverhältnis im öffentlichen Dienst (§ 34 Absatz 3 Satz 3 und 4) die beim vorherigen Arbeitgeber nach den Regelungen des TV-L, des TVÜ-Länder oder eines vergleichbaren Tarifvertrages erworbene Stufe bei der Stufenzuordnung ganz oder teilweise berücksichtigen; Absatz 2 Satz 4 bleibt unberührt. |
(3) |
1Die Beschäftigten erreichen die jeweils nächste Stufe – von Stufe 3 an in Abhängigkeit von ihrer Leistung gemäß § 17 Absatz 2 – nach folgenden Zeiten einer ununterbrochenen Tätigkeit innerhalb derselben Entgeltgruppe bei ihrem Arbeitgeber (Stufenlaufzeit):
- Stufe 2 nach einem Jahr in Stufe 1,
- Stufe 3 nach zwei Jahren in Stufe 2,
- Stufe 4 nach drei Jahren in Stufe 3,
- Stufe 5 nach vier Jahren in Stufe 4 und
- Stufe 6 nach fünf Jahren in Stufe 5 bei den Entgeltgruppen 2 bis 8.”
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Die Klägerin will festgestellt wissen, dass das beklagte Land seit ihrer Einstellung verpflichtet ist, sie nach Stufe 5 der Entgeltgruppe 8 TV-L zu vergüten. Sie habe einschlägige Berufserfahrung von über 13 Jahren bei anderen Arbeitgebern gesammelt. Wäre diese einschlägige Berufserfahrung angerechnet worden, hätte sie bei der Einstellung Stufe 5 zugeordnet werden müssen. Nach dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 5. Dezember 2013 (– C-514/12 – [Zentralbetriebsrat der gemeinnützigen Salzburger Landeskliniken Betriebs GmbH]) sei es unzulässig, die bei anderen Arbeitgebern erworbenen Berufserfahrungszeiten unberücksichtigt zu lassen. Es sei unerheblich, dass die herangezogene Entscheidung die Anrechnung von Dienstzeiten betreffe, während § 16 Abs. 2 TV-L Berufserfahrungszeiten regle. In beiden Fällen seien ausländische Arbeitnehmer mit weitaus größerer Wahrscheinlichkeit betroffen als inländische Arbeitnehmer. Es fehle auch nicht an einem grenzüberschreitenden Element. Dass sie selbst nicht grenzüberschreitend tätig geworden sei, sei unschädlich. Die Grundfreiheit der Arbeitnehmerfreizügigkeit müsse nicht ausgeübt werden. Für eine mittelbare Diskriminierung genüge es, dass eine Bestimmung das in Art. 45 AEUV sowie Art. 7 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union (ABl. EU L 141 vom 27. Mai 2011 S. 1, Freizügigkeitsverordnung) verankerte Diskriminierungsverbot verletzen und die Freizügigkeit beeinträchtigen könne. § 16 Abs. 2 TV-L könne Arbeitnehmer davon abhalten, von ihrem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch zu machen. Der Eingriff in die Arbeitnehmerfreizügigkeit sei nicht gerechtfertigt.
Die Klägerin hat beantragt
festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, ihr mit Wirkung vom 6. Januar 2014 Entgelt nach Entgeltgruppe 8 Stufe 5 TV-L Berliner Fassung zu zahlen, und auszusprechen, dass die monatlichen Bruttovergütungsdifferenzen zwischen einem Entgelt der Entgeltgruppe 8 Stufe 5 TV-L Berliner Fassung und dem der Klägerin monatlich gezahlten Entgelt mit Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen sind.
Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat die Auffassung vertreten, die Regelung in § 16 Abs. 2 TV-L unterscheide sich grundlegend von den österreichischen Vorschriften, über die der Gerichtshof der Europäischen Union in dem von der Klägerin herangezogenen Urteil entschieden habe. Im Fall der Klägerin fehle der erforderliche Auslandsbezug, weil sie ihre einschlägige Berufserfahrung nur in der Bundesrepublik Deutschland erworben habe. Zudem führe § 16 Abs. 2 Satz 3 TV-L nicht zu einer mittelbaren Diskriminierung von Wanderarbeitnehmern. Werde die Ansicht der Klägerin zu Ende gedacht, handle es sich schon dann um eine unzulässige mittelbare Diskriminierung, wenn die Regelung nur einen einzigen inländischen Arbeitnehmer privilegiere oder einen einzigen Wanderarbeitnehmer benachteilige. Jedenfalls bestehe ein legitimes Interesse an der unterschiedlichen Behandlung bei der Stufenzuordnung. Anders als in dem Fall, über den der Gerichtshof der Europäischen Union mit Urteil vom 5. Dezember 2013 (– C-514/12 – [Zentralbetriebsrat der gemeinnützigen Salzburger Landeskliniken Betriebs GmbH]) entschieden habe, komme es nach § 16 Abs. 2 TV-L nicht auf die Vordienstzeit, sondern auf die Zeiten einer einschlägigen Berufserfahrung an. Nur die beim selben Arbeitgeber zurückgelegten Zeiten würden vollständig berücksichtigt. Die Tarifregelung in § 16 Abs. 2 TV-L sei objektiv gerechtfertigt und stehe auch in einem angemessenen Verhältnis zum verfolgten Ziel. Werde die von den Tarifvertragsparteien getroffene Regelung beanstandet, sei dies ein schwerwiegender Eingriff in die Tarifautonomie.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Mit der Revision will die Klägerin das erstinstanzliche Urteil wiederhergestellt wissen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
A. Die Berufung des beklagten Landes ist entgegen der Ansicht der Klägerin ordnungsgemäß ausgeführt.
I. Die Zulässigkeit der Berufung ist eine von Amts wegen zu prüfende Prozessfortsetzungsvoraussetzung. Zweck des § 520 ZPO ist es, die Beurteilung des Streitfalls durch das erstinstanzliche Gericht zu überprüfen und den Rechtsstreit für die Berufungsinstanz durch eine Zusammenfassung und Beschränkung des Rechtsstoffs ausreichend vorzubereiten. Aufgrund dieses Zwecks genügt die Berufungsbegründung den Anforderungen von § 64 Abs. 6 ArbGG iVm. § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 bis Nr. 4 ZPO nur dann, wenn sie erkennen lässt, in welchen Punkten tatsächlicher oder rechtlicher Art das angefochtene Urteil nach Ansicht des Berufungsklägers unrichtig ist und auf welchen Gründen diese Ansicht im Einzelnen beruht (vgl. für die st. Rspr. BAG 15. November 2016 – 9 AZR 125/16 – Rn. 11; 19. Juli 2016 – 3 AZR 88/15 – Rn. 20).
II. Diesen Erfordernissen wird die Berufungsbegründung des beklagten Landes gerecht. Entgegen der Auffassung der Klägerin hat sich das beklagte Land hinreichend mit der Erwägung des Arbeitsgerichts auseinandergesetzt, die Anrechnungsregelungen des § 16 Abs. 2 TV-L könnten inländische Arbeitnehmer davon abhalten, ihre Arbeitnehmerfreizügigkeit auszuüben. Das beklagte Land hat in der Berufungsbegründung ausgeführt, die Klägerin könne sich nicht auf die unionsrechtlichen Freizügigkeitsbestimmungen berufen, und das näher begründet. Damit hat das beklagte Land deutlich gemacht, dass es alle Erwägungen des Arbeitsgerichts für fehlerhaft hält, die auf der Annahme aufbauen, die Klägerin könne sich auf die Freizügigkeitsvorschriften berufen.
B. Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat das Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht abgeändert und die Klage abgewiesen. Die Klägerin war seit ihrer Einstellung am 6. Januar 2014 Stufe 2 der Entgeltgruppe 8 TV-L zugeordnet.
I. Die Klägerin wäre bei ihrer Einstellung am 6. Januar 2014 allerdings Stufe 5 der Entgeltgruppe 8 TV-L zuzuordnen gewesen, wenn sie ihre Berufserfahrung in einem Arbeitsverhältnis mit dem beklagten Land erworben hätte.
1. Nach der Protokollerklärung Nr. 1 zu § 16 Abs. 2 TV-L ist einschlägige Berufserfahrung eine berufliche Erfahrung in der übertragenen oder einer auf die Aufgabe bezogen entsprechenden Tätigkeit. Die Protokollerklärung ist dahin zu verstehen, dass erworbene Berufserfahrung bei der Einstellung nur dann zu berücksichtigen ist, wenn die frühere Tätigkeit im Wesentlichen unverändert fortgesetzt wird oder zumindest gleichartig war. Das setzt grundsätzlich voraus, dass der Beschäftigte die Berufserfahrung in einer Tätigkeit erlangt hat, die in ihrer eingruppierungsrechtlichen Wertigkeit der Tätigkeit entspricht, die er nach seiner Einstellung auszuüben hat (vgl. BAG 17. Dezember 2015 – 6 AZR 432/14 – Rn. 40; 5. Juni 2014 – 6 AZR 1008/12 – Rn. 31, BAGE 148, 217).
2. Diesen Maßstäben entsprechen jedenfalls die Arbeitsverhältnisse der Klägerin, die sie in der Zeit vom 1. Oktober 2001 bis 31. Dezember 2013 ununterbrochen mit anderen Arbeitgebern als dem beklagten Land begründet hatte.
a) Diese Tätigkeiten waren inhaltlich gleichartig und entsprachen in ihrer eingruppierungsrechtlichen Wertigkeit der jetzigen Tätigkeit der Klägerin als Erzieherin. Bei der vereinbarten Aufnahme der Arbeit mit dem beklagten Land hatte die Klägerin deshalb einschlägige Berufserfahrung von zwölf Jahren und drei Monaten erworben. Damit hätte sie die erforderliche Zeit von zehn Jahren für die Zuordnung zu Stufe 5 am 6. Januar 2014 überschritten gehabt, wenn die Zeiten ihrer Arbeitsverhältnisse mit anderen Arbeitgebern aus Gründen des Unionsrechts oder des nationalen Verfassungsrechts anrechnungsfähigen Zeiten mit dem beklagten Land gleichzustellen wären.
b) Die Klägerin erfüllt auch die weitere Voraussetzung, dass zwischen den früheren Arbeitsverhältnissen und dem Arbeitsverhältnis mit dem beklagten Land seit 1. Oktober 2001 keine Unterbrechung von mehr als sechs Monaten lag. Der tariflich ungeregelte Fall, welche Unterbrechungen bei einem Wechsel von einem anderen Arbeitgeber unschädlich sind, verlangt nach der Rechtsfolge des geregelten Falls der erneuten Einstellung durch denselben Arbeitgeber. Der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, die beiden Personengruppen gleichzubehandeln. Die Protokollerklärung Nr. 3 zu § 16 Abs. 2 TV-L ist daher auch auf § 16 Abs. 2 Satz 3 TV-L anzuwenden (vgl. BAG 3. Juli 2014 – 6 AZR 1088/12 – Rn. 24).
II. Die Zuordnung der Klägerin zunächst zu Stufe 2 der Entgeltgruppe 8 TV-L widerspricht jedoch weder dem Unionsrecht noch dem deutschen Verfassungsrecht.
1. § 16 Abs. 2 Satz 3 TV-L verstößt nicht gegen Art. 45 Abs. 2 AEUV und Art. 7 Abs. 1 der Freizügigkeitsverordnung, wenn Arbeitnehmer nur in der Bundesrepublik Deutschland beschäftigt waren und keine Qualifikationen in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union erworben haben. Der Anwendungsbereich der Freizügigkeitsvorschriften ist nicht eröffnet. Das ist durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union geklärt.
a) Die Regelungen über die Arbeitnehmerfreizügigkeit sind auf die Klägerin persönlich anwendbar.
aa) Sie ist unbedenklich Arbeitnehmerin iSd. autonom zu bestimmenden und nicht eng auszulegenden Arbeitnehmerbegriffs in Art. 45 AEUV. Als angestellte Erzieherin erbringt sie während einer bestimmten Zeit für einen anderen nach dessen Weisung Leistungen, für die sie als Gegenleistung eine Vergütung erhält (vgl. zB EuGH 10. September 2014 – C-270/13 – [Haralambidis] Rn. 27 f.; 28. Februar 2013 – C-544/11 – [Petersen] Rn. 30; BAG 15. Dezember 2016 – 6 AZR 430/15 – Rn. 54 mwN).
bb) Die Klägerin ist auch nicht in der öffentlichen Verwaltung iSd. Ausnahmeregelung des Art. 45 Abs. 4 AEUV beschäftigt.
(1) Der Begriff der öffentlichen Verwaltung iSv. Art. 45 Abs. 4 AEUV ist unionsweit einheitlich auszulegen. Er betrifft diejenigen Stellen, die eine unmittelbare oder mittelbare Teilnahme an der Ausübung hoheitlicher Befugnisse und an der Wahrnehmung von Aufgaben mit sich bringen, die auf die Wahrung der allgemeinen Belange des Staats oder anderer öffentlicher Körperschaften gerichtet sind. Solche Belange setzen ein Verhältnis besonderer Verbundenheit des jeweiligen Stelleninhabers zum Staat sowie die Gegenseitigkeit der Rechte und Pflichten voraus, die der Staatsangehörigkeit zugrunde liegen. Die Ausnahme in Art. 45 Abs. 4 AEUV gilt dagegen nicht für Stellen, die zwar dem Staat oder anderen öffentlich-rechtlichen Einrichtungen zuzuordnen sind, jedoch keine Mitwirkung bei der Erfüllung von Aufgaben mit sich bringen, die zur öffentlichen Verwaltung im eigentlichen Sinn gehören (vgl. EuGH 10. September 2014 – C-270/13 – [Haralambidis] Rn. 42 bis 45 mwN).
(2) Der als Erzieherin beschäftigten Klägerin sind beim beklagten Land keine hoheitlichen Aufgaben übertragen. Ihre Tätigkeit ist deswegen nicht nach Art. 45 Abs. 4 AEUV von den Bestimmungen über die Arbeitnehmerfreizügigkeit ausgenommen.
b) Der sachliche Anwendungsbereich des Art. 45 Abs. 2 AEUV und des ihn ausformenden Art. 7 Abs. 1 der Freizügigkeitsverordnung ist demgegenüber nicht eröffnet. Der Anwendung von Art. 45 AEUV steht zwar nicht entgegen, dass es sich bei § 16 Abs. 2 Satz 3 TV-L um eine Tarifnorm handelt. Art. 45 AEUV erstreckt sich nicht nur auf behördliche Maßnahmen, sondern auch auf Vorschriften anderer Art, die dazu dienen, unselbständige Arbeit kollektiv zu regeln (vgl. EuGH 10. März 2011 – C-379/09 – [Casteels] Rn. 19 mwN, Slg. 2011, I-1379; 16. März 2010 – C-325/08 – [Olympique Lyonnais] Rn. 30 mwN, Slg. 2010, I-2177). Art. 45 Abs. 2 AEUV und Art. 7 Abs. 1 der Freizügigkeitsverordnung sind aber nicht anzuwenden, weil der Sachverhalt den erforderlichen Auslandsbezug nicht aufweist. Die Klägerin war nie in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union als in der Bundesrepublik Deutschland und auch nicht im Europäischen Wirtschaftsraum beschäftigt. Sie hat in anderen Staaten keine Qualifikationen erworben. Der Senat darf den grenzüberschreitenden Bezug selbst verneinen. Die Frage ist durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union geklärt.
aa) Ein nationales letztinstanzliches Gericht muss seiner Vorlagepflicht aus Art. 267 Unterabs. 3 AEUV nachkommen, wenn sich in einem Verfahren eine Frage des Unionsrechts stellt, die entscheidungserheblich ist und nicht bereits Gegenstand einer Auslegung durch den Gerichtshof der Europäischen Union war, wenn die richtige Anwendung des Unionsrechts nicht derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel kein Raum bleibt (vgl. in jüngerer Vergangenheit etwa: EuGH 9. September 2015 – C-72/14 und C-197/14 – [van Dijk] Rn. 55 ff.; 9. September 2015 – C-160/14 – [João Filipe Ferreira da Silva e Brito ua.] Rn. 38 ff.; grundlegend EuGH 6. Oktober 1982 – 283/81 – [C.I.L.F.I.T.] Rn. 21, Slg. 1982, 3415; weiterentwickelt von EuGH 15. September 2005 – C-495/03 – [Intermodal Transports] Rn. 33 ff., Slg. 2005, I-8151).
bb) Das letztinstanzliche Hauptsachegericht muss sich hinsichtlich des materiellen Unionsrechts hinreichend kundig machen. Etwaige einschlägige Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union hat es auszuwerten und seine Entscheidung daran zu orientieren. Auf dieser Grundlage muss sich das Fachgericht unter Anwendung und Auslegung des materiellen Unionsrechts die vertretbare Überzeugung bilden, dass die Rechtslage entweder von vornherein eindeutig (sog. acte clair) oder durch die Rechtsprechung des EuGH in einer Weise geklärt ist, die keinen vernünftigen Zweifel lässt (sog. acte éclairé). Hinsichtlich der Voraussetzungen eines acte clair oder acte éclairé kommt dem letztinstanzlichen Hauptsachegericht ein Beurteilungsrahmen zu (vgl. BVerfG 15. Dezember 2016 – 2 BvR 221/11 – Rn. 36 f. mwN; 15. Januar 2015 – 1 BvR 499/12 – Rn. 8 f. mwN).
cc) Danach besteht keine Vorlagepflicht. Die Frage des Auslandsbezugs im Zusammenhang mit Art. 45 Abs. 2 AEUV und Art. 7 Abs. 1 der Freizügigkeitsverordnung ist durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union geklärt.
(1) Art. 45 Abs. 2 AEUV verbietet jede auf der Staatsangehörigkeit beruhende unterschiedliche Behandlung der Arbeitnehmer der Mitgliedstaaten in Bezug auf Beschäftigung, Entlohnung und sonstige Arbeitsbedingungen. Art. 7 Abs. 1 der Freizügigkeitsverordnung stellt nur eine besondere Ausprägung des in Art. 45 Abs. 2 AEUV enthaltenen Diskriminierungsverbots auf dem speziellen Gebiet der Beschäftigungsbedingungen und der Arbeit dar. Die Verordnungsnorm ist ebenso auszulegen wie Art. 45 Abs. 2 AEUV (vgl. EuGH 15. Dezember 2016 – C-401/15 – [Depesme] Rn. 35 mwN).
(2) Die Vorschriften des AEUV über die Freizügigkeit und die zu ihrer Durchführung ergangenen Verordnungen sind jedoch nicht auf Tätigkeiten anzuwenden, die keinerlei Berührungspunkte mit einem der Sachverhalte aufweisen, auf die das Unionsrecht abstellt und die mit keinem Element über die Grenzen eines Mitgliedstaats hinausweisen (vgl. EuGH 6. Oktober 2015 – C-298/14 – [Brouillard] Rn. 26; 15. November 2011 – C-256/11 – [Dereci ua.] Rn. 60 mwN, Slg. 2011, I-11315; 11. Juli 2002 – C-60/00 – [Carpenter] Rn. 28, Slg. 2002, I-6279). Anderes gilt, wenn berufliche oder akademische Qualifikationen in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen erworben wurden, dessen Staatsangehöriger der Betroffene ist (vgl. EuGH 6. Oktober 2015 – C-298/14 – [Brouillard] Rn. 27; 31. März 1993 – C-19/92 – [Kraus] Rn. 16 f.). Art. 45 AEUV erfasst dagegen keine rein internen, auf einen Mitgliedstaat beschränkten Sachverhalte (vgl. noch zu Art. 39 EG: EuGH 16. Dezember 2004 – C-293/03 – [My] Rn. 40, Slg. 2004, I-12013; 5. Juni 1997 – C-64/96 und C-65/96 – [Uecker und Jacquet] Rn. 16 f.). Die Arbeitnehmerfreizügigkeit kann deshalb nicht auf die Situation von Personen angewandt werden, die von dieser Freiheit nie Gebrauch gemacht haben (vgl. EuGH 25. Juli 2002 – C-459/99 – [MRAX] Rn. 39, Slg. 2002, I-6591). Die rein hypothetische Aussicht, das Recht auf Freizügigkeit auszuüben, stellt keinen Bezug zum Unionsrecht her, der eng genug wäre, um die Unionsbestimmungen anzuwenden (vgl. EuGH 8. November 2012 – C-40/11 – [Iida] Rn. 77; 29. Mai 1997 – C-299/95 -[Kremzow] Rn. 16, Slg. 1997, I-2629; 28. Juni 1984 – 180/83 – [Moser] Rn. 18, Slg. 1984, 2539). Gleiches gilt für die rein hypothetische Aussicht einer Beeinträchtigung dieses Rechts (vgl. EuGH 8. November 2012 – C-40/11 – [Iida] aaO; ErfK/Wißmann 17. Aufl. Art. 45 AEUV Rn. 14).
(3) Ein Unionsbürger kann sich gegenüber nationalen Normen daher nicht auf die Arbeitnehmerfreizügigkeit berufen, wenn er – wie die Klägerin – niemals in einem anderen Mitgliedstaat gewohnt, gearbeitet, studiert, ein Hochschuldiplom oder einen Berufsabschluss erworben oder anderweitig von seinem Recht auf Arbeitnehmerfreizügigkeit Gebrauch gemacht hat (vgl. EuGH 2. Juli 1998 – C-225/95, C-226/95, C-227/95 – [Kapasakalis ua.] Rn. 21, Slg. 1998, I-4239). Die Unionsbürgerschaft bezweckt nicht, den sachlichen Anwendungsbereich der Verträge auf interne Sachverhalte auszudehnen, die keinerlei Bezug zum Unionsrecht aufweisen (vgl. noch zu Art. 17 EG EuGH 1. April 2008 – C-212/06 – [Gouvernement de la Communauté française] Rn. 39 mwN, Slg. 2008, I-1683). Das gilt auch für die mittlerweile in Art. 20 AEUV geregelte Unionsbürgerschaft nach Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon am 1. Dezember 2009.
(4) Die Rechtsprechungslinie des Gerichtshofs der Europäischen Union zu dem für die Freizügigkeitsbestimmungen nötigen grenzüberschreitenden Bezug ist durch dessen Entscheidung vom 5. Dezember 2013 (– C-514/12 – [Zentralbetriebsrat der gemeinnützigen Salzburger Landeskliniken Betriebs GmbH]) nicht aufgegeben worden.
(a) Die in der Sache Zentralbetriebsrat der gemeinnützigen Salzburger Landeskliniken Betriebs GmbH behandelte kollektive Streitigkeit zwischen dem Zentralbetriebsrat und der österreichischen Krankenhausgesellschaft wies ohne Weiteres einen Auslandsbezug auf. 113 der 716 Ärzte und 340 der 2.850 nichtärztlichen Beschäftigten stammten aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder dem Europäischen Wirtschaftsraum (vgl. EuGH 5. Dezember 2013 – C-514/12 – [Zentralbetriebsrat der gemeinnützigen Salzburger Landeskliniken Betriebs GmbH] Rn. 10).
(b) Der Annahme, die Frage des Auslandsbezugs sei durch die Rechtsprechung des EuGH geklärt, steht nicht entgegen, dass die Gründe, aus denen sich ein Wanderarbeitnehmer dafür entscheidet, von seinem Recht auf Freizügigkeit innerhalb der Union Gebrauch zu machen, bei der Beurteilung des diskriminierenden Charakters einer nationalen Vorschrift nicht berücksichtigt werden dürfen. Die Möglichkeit, sich auf eine so grundlegende Freiheit wie die Freizügigkeit zu berufen, kann zwar nicht durch Überlegungen rein subjektiver Art eingeschränkt werden (vgl. EuGH 5. Dezember 2013 – C-514/12 – [Zentralbetriebsrat der gemeinnützigen Salzburger Landeskliniken Betriebs GmbH] Rn. 33; 23. Mai 1996 – C-237/94 – [O'Flynn] Rn. 21, Slg. 1996, I-2617). Sowohl in der Sache Zentralbetriebsrat der gemeinnützigen Salzburger Landeskliniken Betriebs GmbH als auch in der Sache O'Flynn waren aber – zumindest auch – Wanderarbeitnehmer betroffen (vgl. EuGH 5. Dezember 2013 – C-514/12 – [Zentralbetriebsrat der gemeinnützigen Salzburger Landeskliniken Betriebs GmbH] Rn. 10; 23. Mai 1996 – C-237/94 – [O'Flynn] Rn. 6, aaO). Voraussetzung des sachlichen Anwendungsbereichs der Arbeitnehmerfreizügigkeit ist ein grenzüberschreitender Bezug. Ist ein Auslandsbezug zu bejahen, kommt es dagegen nicht auf die Beweggründe des Wanderarbeitnehmers oder Grenzgängers an, von seinem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch zu machen (vgl. EuGH 5. Dezember 2013 – C-514/12 – [Zentralbetriebsrat der gemeinnützigen Salzburger Landeskliniken Betriebs GmbH] Rn. 33; 23. Mai 1996 – C-237/94 – [O'Flynn] Rn. 21, aaO).
(c) Der Gerichtshof der Europäischen Union hat seine Rechtsprechungslinie zu dem für die Anwendbarkeit der Arbeitnehmerfreizügigkeit notwendigen Auslandsbezug auch nach dem Urteil vom 5. Dezember 2013 in der Sache Zentralbetriebsrat der gemeinnützigen Salzburger Landeskliniken Betriebs GmbH (– C-514/12 –) bekräftigt.
(aa) Besonders augenfällig wird das in der Sache Brouillard (EuGH 6. Oktober 2015 – C-298/14 – Rn. 26 f.). Dort führt der EuGH in Rn. 26 zu Art. 45 AEUV zunächst aus, dass die Vorschriften des AEUV über die Freizügigkeit nach ständiger Rechtsprechung nicht auf Tätigkeiten anwendbar seien, die keinerlei Berührungspunkte mit irgendeinem der Sachverhalte aufwiesen, auf die das Unionsrecht abstelle, und die mit keinem Element über die Grenzen eines Mitgliedstaats hinauswiesen. Dazu nimmt der Gerichtshof ua. Bezug auf die Sache Uecker und Jacquet (EuGH 5. Juni 1997 – C-64/96 und C-65/96 – Rn. 16). In Rn. 27 der Sache Brouillard präzisiert der Gerichtshof diese Aussage unter Hinweis auf die Sache Kraus (EuGH 31. März 1993 – C-19/92 – Rn. 16 f.). Er weist darauf hin, dass die Freizügigkeit nicht voll verwirklicht wäre, wenn die Mitgliedstaaten die Anwendung der Vorschriften des AEUV denjenigen Staatsangehörigen versagen dürften, die dank der Erleichterungen der Freizügigkeit berufliche Qualifikationen oder die Grundausbildung ergänzende akademische Qualifikationen in einem anderen Mitgliedstaat als ihrem Herkunftsstaat erworben hätten.
(bb) Auch in der Sache Kohll und Kohll-Schlesser ist der grenzüberschreitende Bezug deutlich ausgedrückt (vgl. EuGH 26. Mai 2016 – C-300/15 – Rn. 22). Der Gerichtshof weist dort darauf hin, dass jeder Unionsbürger, der vom Recht auf Arbeitnehmerfreizügigkeit Gebrauch gemacht und in einem anderen Mitgliedstaat als seinem Wohnsitzstaat eine Berufstätigkeit ausgeübt habe, unabhängig von seinem Wohnort und seiner Staatsangehörigkeit in den Anwendungsbereich des Art. 45 AEUV falle. Er nimmt hierfür Bezug auf die Sache Petersen (EuGH 28. Februar 2013 – C-544/11 – Rn. 34 mwN).
(cc) In allen Individualstreitigkeiten im Rahmen von Vorabentscheidungsersuchen, die in jüngerer Vergangenheit die Arbeitnehmerfreizügigkeit zum Gegenstand hatten, handelte es sich um Wanderarbeitnehmer oder Grenzgänger oder es bestand zB durch eine Angehörigeneigenschaft ein Bezug zu mindestens zwei Mitgliedstaaten (vgl. EuGH 15. Dezember 2016 – C-401/15 – [Depesme] Rn. 17 ff.; 27. Oktober 2016 – C-465/14 – [Wieland, Rothwangl] Rn. 24 ff.; 13. Juli 2016 – C-187/15 – [Pöpperl] Rn. 19 ff. mit Besprechung Reinecke AuR 2016, 396; 12. April 2016 – C-561/14 – [Genc] Rn. 35 ff.; 7. April 2016 – C-284/15 – [ONEm] Rn. 9; 15. September 2015 – C-67/14 – [Alimanovic] Rn. 25 ff.; 23. April 2015 – C-382/13 – [Franzen, Giesen, van den Berg] Rn. 23 ff., 30 ff., 33 ff.; 26. Februar 2015 – C-623/13 – [de Ruyter] Rn. 39 ff.; 24. Februar 2015 – C-512/13 – [Sopora] Rn. 9; 18. Dezember 2014 – C-523/13 – [Larcher] Rn. 34 ff.; 5. November 2014 – C-103/13 – [Somova] Rn. 1 f.; 20. Juni 2013 – C-20/12 – [Giersch] Rn. 37 ff.). Ein grenzüberschreitender Bezug war auch in zwei jüngeren Vertragsverletzungsverfahren vorhanden, in denen Verstöße gegen die Arbeitnehmerfreizügigkeit bejaht wurden (vgl. EuGH 21. Januar 2016 – C-515/14 – [Kommission/Republik Zypern] Rn. 1; 5. Februar 2015 – C-317/14 – [Kommission/Königreich Belgien] Rn. 22 f.).
dd) Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist geklärt, dass sich die Klägerin nicht auf die Grundfreiheit der Arbeitnehmerfreizügigkeit berufen kann, um die Zuordnung zu Stufe 5 der Entgeltgruppe 8 TV-L zu erlangen. Dem steht entgegen, dass sie weder in einem anderen Mitgliedstaat als der Bundesrepublik Deutschland oder im Europäischen Wirtschaftsraum gearbeitet noch dort eine Qualifikation erlangt hat. Dieser Fall unterscheidet sich insofern auch von der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union in der Sache Casteels (EuGH 10. März 2011 – C-379/09 – Rn. 6, 22 f., Slg. 2011, I-1379). Dort verstieß eine Tarifnorm gegen Art. 45 AEUV, die in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union zurückgelegte Dienstjahre bei demselben Arbeitgeber für eine tarifliche Zusatzrente nicht berücksichtigte. Der klagende Arbeitnehmer war in verschiedenen Mitgliedstaaten beschäftigt.
ee) Der Senat ist deshalb an einem Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 Unterabs. 3 AEUV gehindert. Eine eigene abschließende Entscheidung des Senats ist auf der Grundlage der geklärten Rechtslage sogar geboten, weil der Gerichtshof der Europäischen Union den nationalen Gerichten im Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 267 AEUV keine Auslegungshinweise geben kann, wenn die innerstaatliche Regelung einen Fall betrifft, der nicht in den Anwendungsbereich des Unionsrechts fällt (vgl. EuGH 29. Mai 1997 – C-299/95 – [Kremzow] Entscheidungsformel und Rn. 16 bis 19, Slg. 1997, I-2629).
2. Wegen des fehlenden grenzüberschreitenden Bezugs des Sachverhalts und des aus diesem Grund nicht eröffneten Anwendungsbereichs von Art. 45 Abs. 2 AEUV und Art. 7 Abs. 1 der Freizügigkeitsverordnung stellt sich die Frage einer mittelbaren Diskriminierung der Klägerin durch § 16 Abs. 2 TV-L aus Gründen des Unionsrechts nicht.
a) Der Senat kann mit Blick auf den nicht gegebenen Auslandsbezug offenlassen, ob nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union hinreichend sicher im Sinn eines acte éclairé geklärt ist, dass es durch § 16 Abs. 2 Satz 3 TV-L zu einer mittelbaren Ungleichbehandlung von Wanderarbeitnehmern und Grenzgängern kommt. Vor allem kann dahinstehen, ob geklärt ist, dass eine etwaige mittelbare Benachteiligung dieser Personengruppen gerechtfertigt wäre und es daher nicht zu einer Diskriminierung käme.
aa) Der Entscheidung in der Sache Zentralbetriebsrat der gemeinnützigen Salzburger Landeskliniken Betriebs GmbH (EuGH 5. Dezember 2013 – C-514/12 – Rn. 36 ff.) ging zwar eine schon etwas ältere Rechtsprechungslinie des Gerichtshofs der Europäischen Union voraus. Sie lässt gewisse Rückschlüsse auf die unionsrechtlichen Rechtfertigungserfordernisse für die unterbleibende Anrechnung von Dienstzeiten und Berufserfahrungszeiten bei Verstößen gegen die Arbeitnehmerfreizügigkeit zu (vgl. insbesondere EuGH 10. März 2005 – C-178/04 – [Marhold] Rn. 30 ff.; 30. September 2003 – C-224/01 – [Köbler] Rn. 108 ff., Slg. 2003, I-10239; 30. November 2000 – C-195/98 – [Österreichischer Gewerkschaftsbund] Rn. 45 ff., Slg. 2000, I-10497; 12. März 1998 – C-187/96 – [Kommission/Griechische Republik] Rn. 22 f., Slg. 1998, I-1095; 15. Januar 1998 – C-15/96 – [Schöning-Kougebetopoulou] Rn. 25 ff., Slg. 1998, I-47; 23. Februar 1994 – C-419/92 – [Scholz] Rn. 11; dazu im Einzelnen Resch ZESAR 2014, 155, 156 ff.).
bb) Die sehr unterschiedlichen Gründe, die zur Rechtfertigung der mittelbaren Benachteiligungen in den zitierten Entscheidungen angeführt wurden, könnten jedoch für ein nötiges Vorabentscheidungsersuchen in Fällen eines grenzüberschreitenden Bezugs sprechen. Ein acte éclairé setzt voraus, dass die Fragen des Unionsrechts in einer Weise geklärt sind, die keinen vernünftigen Zweifel an der Beantwortung der Frage der Rechtfertigung eines möglichen Verstoßes von § 16 Abs. 2 Satz 3 TV-L gegen die Arbeitnehmerfreizügigkeit lässt (vgl. zu dieser Anforderung: BVerfG 15. Dezember 2016 – 2 BvR 221/11 – Rn. 36 f. mwN; 15. Januar 2015 – 1 BvR 499/12 – Rn. 8 f. mwN).
cc) In der Sache Köbler hat der Gerichtshof der Europäischen Union im Rahmen einer Staatshaftungsprüfung selbst die Annahme eines acte éclairé durch das nationale Fachgericht gerügt (vgl. EuGH 30. September 2003 – C-224/01 – Rn. 117 bis 119, Slg. 2003, I-10239). Der Verwaltungsgerichtshof habe nicht davon ausgehen dürfen, die Frage, ob die mit einer Treueprämie einhergehende Beschränkung der Arbeitnehmerfreizügigkeit gerechtfertigt sein könne, sei einer gesicherten Rechtsprechung des Gerichtshofs zu entnehmen und lasse keinen Raum für einen vernünftigen Zweifel. Selbst wenn die Dienstalterszulage als Treueprämie qualifiziert werden könne, handle es sich um eine Beeinträchtigung der Arbeitnehmerfreizügigkeit (vgl. EuGH 30. September 2003 – C-224/01 – [Köbler] aaO).
b) Die Regelungen in Satz 2 und Satz 3 des § 16 Abs. 2 TV-L sind auch anders gestaltet als die Bestimmung des BAT, die der Entscheidung des Gerichtshofs der damaligen Europäischen Gemeinschaften in der Sache Schöning-Kougebetopoulou zugrunde lag (vgl. EuGH 15. Januar 1998 – C-15/96 – Rn. 22 ff., Slg. 1998, I-47). Die Vorschrift des BAT nahm Zeiten in einem vergleichbaren Betätigungsfeld im öffentlichen Dienst eines anderen Mitgliedstaats von einem Zeitaufstieg nach achtjähriger Tätigkeit in einer bestimmten Vergütungsgruppe aus. Zeiten in einer vergleichbaren Betätigung in der gesamten Bundesrepublik wurden im Unterschied dazu – abweichend von § 16 Abs. 2 Satz 2 TV-L – angerechnet. Der Gerichtshof hielt die Benachteiligung der Wanderarbeitnehmerin für ungerechtfertigt (vgl. EuGH 15. Januar 1998 – C-15/96 – [Schöning-Kougebetopoulou] aaO).
3. Die Unterscheidung zwischen verschiedenen Vorbeschäftigungszeiten in § 16 Abs. 2 Satz 2 und Satz 3 TV-L ist mit innerstaatlichem Recht, insbesondere mit Art. 3 Abs. 1 GG, vereinbar. Der weite Gestaltungsspielraum, den die von Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Tarifautonomie den Tarifvertragsparteien einräumt, ist nicht überschritten. Das hat der Senat mit ausführlicher Begründung entschieden (vgl. BAG 23. September 2010 – 6 AZR 180/09 – Rn. 11 ff., BAGE 135, 313; sh. auch 21. Februar 2013 – 6 AZR 524/11 – Rn. 18 ff., BAGE 144, 263). Daran hält er fest.
C. Die Klägerin hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.
Unterschriften
Fischermeier, Gallner, Krumbiegel, M. Geyer, C. Klar
Fundstellen
BAGE 2017, 230 |
BB 2017, 1205 |
BB 2017, 563 |
DB 2017, 15 |
DB 2017, 7 |
DStR 2017, 12 |
FA 2017, 222 |
NZA 2017, 1013 |
NZA 2017, 6 |
NZG 2017, 5 |
ZTR 2017, 221 |
ZTR 2017, 404 |
AP 2017 |
AuA 2017, 207 |
AuA 2019, 620 |
EzA-SD 2017, 14 |
EzA 2017 |
NZA-RR 2017, 419 |
PersV 2017, 438 |
RIW 2017, 614 |
RiA 2018, 118 |
ZMV 2017, 171 |
öAT 2017, 122 |
öAT 2018, 50 |
AA 2017, 75 |
AUR 2017, 181 |
AUR 2017, 313 |
ArbRB 2017, 65 |
BayVBl. 2017, 3 |
GWR 2017, 456 |
AP-Newsletter 2017, 139 |
SPA 2017, 55 |