Entscheidungsstichwort (Thema)
Formnichtigkeit einer Kündigung
Normenkette
Kapitäns-MTV § 27 Abs. 2; BGB §§ 125, 127
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 26. Januar 1989 – 7 Sa 28/88 – wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten der ersten Instanz trägt der Kläger zu 1/12 und die Beklagte zu 11/12.
3. Die Kosten der Berufung und der Revision trägt die Beklagte.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten in der Revision über die Wirksamkeit einer Kündigung der Beklagten und über die Kosten für eine in der Hauptsache für erledigt erklärte Klage auf Weiterbeschäftigung.
Der Kläger war seit dem 1. Juli 1981 aufgrund eines Anstellungsvertrages vom 1. Juni 1981 bei der Beklagten als Kapitän auf dem MS … beschäftigt. Auf das Heuerverhältnis fanden der Kapitäns-Heuertarifvertrag und die Anstellungsbedingungen für Kapitäne in der Deutschen Seeschifffahrt (Kapitäns-MTV) kraft einzelvertraglicher Vereinbarung Anwendung.
Gleichzeitig mit Abschluß des Anstellungsvertrages beteiligte sich der Kläger mit einer Kommanditeinlage von 150.000 DM an der beklagten Kommanditgesellschaft. Aufgrund der Beteiligung wurde dem Kläger von der Beklagten neben der Heuer eine Zahlung von 1.300,– DM monatlich zugesagt Mit Schreiben vom 15. Mai 1986, das dem Kläger am 16. Mai 1986 zuging, sprach einer der späteren Prozeßbevollmächtigten der Beklagten in deren Namen die fristgerechte Kündigung des Heuerverhältnisses „zum nächstmöglichen Termin” aus. In dem Kündigungsschreiben nahm er Bezug auf eine beigefügte Vollmacht, die die Anwälte seiner Sozietät in der Angelegenheit der Beklagten gegen den Kläger zur außergerichtlichen Vertretung bevollmächtigte. Die Vollmachtsurkunde war vom Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der Beklagten unterzeichnet.
Die Beklagte begründete die Kündigung zum einen damit, das Schiff habe eine ausländische bareboat-Charter angetreten, der Charterer werde das Schiff also mit eigenen Offizieren und Mannschaften ausrüsten. Zum anderen führte sie verhaltensbedingte Gründe an, die sie im Laufe des Prozesses näher darlegte.
Mit Vertrag vom 1. Oktober 1986 vercharterte die Beklagte das Schiff für zwei Jahre „bareboat” an die französische Firma „M. International S. A.” mit Sitz in D.. Mach seiner Ziff. 35 unterliegt der Chartervertrag französischem Recht. Die Übergabe an den Charterer erfolgte am 3. Oktober 1986. Der Bundesminister für Verkehr hatte der Vercharterung und vorübergehenden Ausflaggung nach Frankreich mit Schreiben vom 21. August 1986 unter der Voraussetzung zugestimmt, daß das Schiff im Deutschen Schiffsregister eingetragen bleibe. Die Ausflaggung wurde am 9. Oktober 1986 im Schiffsregister eingetragen.
Mit Wirkung vom 1. Oktober 1987 übertrug die Beklagte der Firma D. A. -L. GmbH & Co. (DAL) die Bereederung und Befrachtung der im April 1986 endete die Vercharterung an die Firma M. vorzeitig. Ab 6. April 1988 führte die … kurzfristig wieder die Bundesflagge.
Der Kläger hält die Kündigung für unwirksam. Er hat vorgetragen, die Kündigung sei bereits aus formellen Gründen unwirksam, denn sie sei nicht entsprechend der Vorschrift des § 27 Abs. 2 Kapitäns-MTV durch den Reeder persönlich ausgesprochen worden. Darüber hinaus sei die Kündigung sozial ungerechtfertigt, da weder in seiner Person noch im betrieblichen Bereich Kündigungsgründe vorlägen. Sein Arbeitsplatz sei nicht in Wegfall geraten. Eine Vercharterung der … sei nicht erfolgt. Der von der Beklagten eingereichte Chartervertrag sei mittlerweile aufgelöst worden. Das Schiff werde nunmehr von den D. A. -L. bereedert. Insoweit habe ein Betriebsübergang stattgefunden. Unabhängig davon könne das Heuerverhältnis nicht vor dem 1. Juli 1989 beendet werden. Es sei vertraglich mit seiner Stellung als Kommanditist der Beklagten verbunden. Da die Kommanditgesellschaft erstmals acht Jahre nach der Infahrtsetzung des MS., nämlich zum 1. Juli 1989, gekündigt werden könne, komme eine Lösung des Anstellungsverhältnisses frühestens zu diesem Zeitpunkt in Betracht.
Der Kläger hat in erster Instanz beantragt,
- festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 15. Mai 1986, zugegangen am 16. Mai 1986, nicht aufgelöst worden sei, sondern zu unveränderten Bedingungen fortbestehe;
- die Beklagte zu verurteilen, ihn zu unveränderten Bedingungen über den Ablauf der Kündigungsfrist weiterzubeschäftigen;
- hilfsweise festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis bis zum 1. Juli 1989 fortbesteht.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage und den Hilfsantrag abzuweisen, hilfsweise hat sie begehrt, das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer angemessenen Abfindung aufzulösen.
Die Beklagte hat geltend gemacht, der Wirksamkeit der Kündigung stünden keine formellen Gründe entgegen. Ihr Prozeßbevollmächtigter sei bei Erteilung der dem Kündigungsschreiben beigefügten Vollmacht ausdrücklich angewiesen worden, die Kündigung im Namen der Beklagten auszusprechen. Dies reiche zur Wahrung des Formerfordernisses gemäß § 27 Abs. 2 Kapitäns-MTV aus.
Die Kündigung sei auch sozial gerechtfertigt. Sie sei betriebsbedingt, denn das Management und die Bereederung des Schiffes seien im Rahmen eines bareboat-Chartervertrages einem ausländischen Interessenten übertragen worden. Die bareboat-Vercharterung an eine französische Reederei sei tatsächlich vollzogen worden. Jedoch finde § 613 a BGB auf eine bareboat-Vercharterung an einen ausländischen Reeder keine Anwendung.
Die Beklagte hat außerdem die Umstände, die ihrer Ansicht nach die Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen sowie die Auflösung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigten, vorgetragen.
Der Kläger hat beantragt, den Auflösungsantrag der Beklagten zurückzuweisen. Das Vorliegen von Kündigungsgründen hat er bestritten.
Das Arbeitsgericht hat festgestellt, das Arbeitsverhältnis der Parteien sei durch die Kündigung der Beklagten vom 15. Mai 1986 nicht aufgelöst worden, da die Kündigung formnichtig sei. Aus diesem Grunde komme auch eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen Abfindung nicht in Betracht. Die weitergehende Klage hat das Arbeitsgericht abgewiesen.
Gegen das Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt, der Kläger jedoch nur insoweit, als der erstinstanzliche Klageantrag zu Ziff. 2, die Beklagte zu verurteilen, ihn zu unveränderten Bedingungen über den Ablauf der Kündigungsfrist weiterzubeschäftigen, abgewiesen worden ist.
Die Beklagte hat ihre Berufung damit begründet, das Arbeitsgericht sei zu Unrecht von einer Formnichtigkeit nach § 27 Abs. 2 Kapitäns-MTV ausgegangen. Zwar sei zur Kündigung eines Kapitäns eine Mitteilung durch einen Beauftragten nicht ausreichend. Sinn und Zweck des § 27 Abs. 2 Kapitäns-MTV sei aber genügt, wenn die Kündigung unmittelbar der Willenssphäre des Reeders entspringe. Hierfür sei ausreichend, daß der Geschäftsführer der Beklagten lediglich die Ausfertigung der von ihm ausgesprochenen Kündigung seinem Anwalt und Prozeßbevollmächtigten übertrage. Dies sei mit dem Kündigungsschreiben der Prozeßbevollmächtigten der Beklagten vom 15. Mai 1986 geschehen.
Die Beklagte hat in der Berufung beantragt,
unter Zurückweisung der Berufung des Klägers das arbeitsgerichtliche Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer angemessenen Abfindung zu dem Zeitpunkt aufzulösen, zu dem es bei gerechtfertigter Kündigung geendet hätte.
Der Kläger hat beantragt,
unter Zurückweisung, der Berufung der Beklagten das Urteil des Arbeitsgerichts dahin abzuändern, daß die Beklagte verurteilt werde, ihn zu unveränderten Bedingungen über den Ablauf der Kündigungsfrist hinaus weiter zu beschäftigen.
Der Kläger hat vorgetragen, der Beschäftigungsanspruch sei zu Unrecht abgewiesen worden. Gemäß der Entscheidung des Großen Senats vom 27. Februar 1985 stehe ihm ein Anspruch auf Weiterbeschäftigung zu.
Das Landesarbeitsgericht hat beide Berufungen zurückgewiesen. Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Revision eingelegt und die Klage hinsichtlich des Anspruchs auf Weiterbeschäftigung für den Fall für erledigt erklärt, daß hinsichtlich der Kündigungsschutzklage endgültig zugunsten des Klägers entschieden werde.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist nicht begründet. Über die Revision des Klägers war sachlich nicht mehr zu befinden, sondern insoweit nach § 91 a ZPO zu entscheiden, nachdem beide Parteien den Rechtsstreit insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt haben.
I. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, die Kündigung der Beklagten sei nach §§ 125, 127 BGB i. Verb. mit § 27 Abs. 2 Kapitäns-MTV nichtig.
1. Die Feststellung des Landesarbeitsgerichts im unstreitigen Teil des Tatbestandes, der Kapitäns-MTV finde auf das Heuerverhältnis der Parteien kraft einzelvertraglicher Vereinbarung Anwendung, ist nicht mit einer durchgreifenden Verfahrensrüge angegriffen worden.
Soweit die Revision rügt, der im Anstellungsvertrag der Parteien genannte „MTV für die Deutsche Seeschiffahrt” sei nicht der vom Landesarbeitsgericht als vereinbart angesehene Kapitäns-MTV, wird übersehen, daß das Landesarbeitsgericht die einzelvertragliche Vereinbarung der Geltung des Kapitäns-MTV in den Entscheidungsgründen als unstreitig bezeichnet hat. Die Feststellung der Vereinbarung beruht also nicht auf der Auslegung des Heuervertrages, sondern auf dem übrigen Parteivorbringen. Ein Antrag auf Tatbestandsberichtigung ist von der Beklagten nicht gestellt worden.
2. Auch die Auslegung des § 27 Kapitäns-MTV durch das Landesarbeitsgericht ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAGE 46, 308, 313 = AP Nr. 135 zu § 1 TVG Auslegung; BAGE 57, 317, 321, 322 = AP Nr. 53 zu § 99 BetrVG 1972, zu B II 1 a der Gründe) ist bei der Tarifauslegung – entsprechend den Grundsätzen der Gesetzesauslegung – zunächst von dem Tarifwortlaut auszugehen. Dabei sind jedoch über den reinen Tarifwortlaut hinaus der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und der damit von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm mit zu berücksichtigen, sofern und soweit sie in den tariflichen Normen ihren Niederschlag gefunden haben. Hierzu ist auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang abzustellen, der häufig schon deswegen mitberücksichtigt werden muß, weil nur daraus und nicht aus der einzelnen Tarifnorm auf den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien geschlossen und so nur bei Mitberücksichtigung des tariflichen Gesamtzusammenhangs der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Verbleiben bei entsprechender Auswertung des Tarifwortlautes und des tariflichen Gesamtzusammenhanges als den stets und in erster Linie heranzuziehenden Auslegungskriterien im Einzelfall noch Zweifel, so kann zur Ermittlung des wirklichen Willens der Tarifvertragsparteien auf weitere Kriterien, wie die Tarifgeschichte, die praktische Tarifübung und die Entstehungsgeschichte des jeweiligen Tarifvertrages zurückgegriffen werden. Dabei gibt es für die Gerichte keine Bindung an eine bestimmte Reihenfolge bei der Heranziehung dieser weiteren Auslegungsmittel. Entscheidend ist lediglich, daß zunächst und zwingend die am Tarifwortlaut orientierten Auslegungsmittel des Tarifwortlauts und des tariflichen Gesamtzusammenhangs zu berücksichtigen sind.
Werden tarifliche Regelungen einzelvertraglich in Bezug genommen, dann folgt die Auslegung den gleichen Grundsätzen (Senatsurteil vom 28. April 1988 – 2 AZR 750/87 – AP Nr. 25 zu § 622 BGB, zu II 2 a der Gründe, m.w.N.). Denn die Inbezugnahme ist regelmäßig dahingehend auszulegen, daß die Vertragsparteien den Tarifvertrag in seiner normativen Auslegung auch ihrem Vertragsverhältnis zugrunde legen wollen.
b) Bei Anwendung dieser Auslegungsgrundsätze erweist sich die Auslegung des Landesarbeitsgerichts als zutreffend. § 27 Kapitäns-MTV lautet:
„Form der Kündigung
(1) Die Kündigung des Anstellungsverhältnisses bedarf der Schriftform.
(2) Die Kündigung gegenüber dem Kapitän muß vom Reeder vorgenommen werden.”
aa) Bereits der Wortlaut der Tarifnorm spricht gegen die Möglichkeit einer rechtsgeschäftlichen Vertretung.
Ein tarifliches Schriftformerfordernis steht einem gesetzlichen Schriftformerfordernis i. S. von § 126 BGB gleich (BAGE 5, 58, 60 = AP Nr. 2 zu § 125 BGB, zu I der Gründe; Urteil vom 24. Juni 1981 – 7 AZR 198/79 – AP Nr. 2 zu § 4 TVG Formvorschriften; KR-Friedrich, 3. Aufl., § 13 KSchG Rz 264). Nach § 126 Abs. 1 BGB muß die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden. Hat gem. § 27 Abs. 2 Kapitäns-MTV die Kündigung gegenüber dem Kapitän durch den Reeder zu erfolgen, so ist dessen persönliche Unterschrift, bei juristischen Personen die ihres gesetzlichen Vertreters erforderlich.
bb) Diese wörtliche Auslegung wird durch den tariflichen Gesamtzusammenhang bestätigt.
Im vorliegenden Fall gehört zum tariflichen Gesamtzusammenhang auch die Berücksichtigung des § 67 MTV-See. Die Manteltarifverträge für die Besatzungsmitglieder einerseits und die Kapitäne andererseits wurden jeweils zeitgleich von den gleichen Tarifvertragsparteien abgeschlossen. Es handelt sich um komplementäre Regelungen, die zusammen alle vorkommenden Heuerverhältnisse abdecken. Sie sind materiell wie zwei Teile eines einheitlichen Tarifvertrages zu behandeln. § 67 MTV-See enthält eine andere Regelung als § 27 Kapitäns-MTV.
§ 67 MTV-See lautet:
„§ 67
Form der Kündigung
(1) Die ordentliche Kündigung eines Heuerverhältnisses bedarf der Schriftform.
(2) Die ordentliche Kündigung gegenüber Schiffsoffizieren und sonstigen Angestellten muß vom Reeder angeordnet werden und ist dem Betroffenen vom Reeder oder durch einen Beauftragten schriftlich mitzuteilen.”
Diese Regelung schließt es aus, § 27 Kapitäns-MTV dahingehend auszulegen, lediglich die Entscheidung über die Kündigung des Kapitäns sei dem Reeder vorenthalten, während die Umsetzung des Kündigungsentschlusses einem Beauftragten übertragen werden könne. Genau dies haben die Tarifvertragsparteien nämlich bei der Kündigung von Schiffsoffizieren und sonstigen Angestellten vorgesehen. Die mögliche Differenzierung von Kündigungsentschluß und Kündigungserklärung war ihnen also offenbar bewußt, so daß nicht unterstellt werden kann, in § 27 Kapitäns-MTV sei der Begriff „Kündigung”, der sowohl Entschluß als auch Umsetzung umfaßt, irrtümlich verwendet worden, tatsächlich sei aber nur der Entschluß gemeint gewesen.
cc) Dieses eindeutige Ergebnis von wörtlicher und systematischer Auslegung wird durch die Tarifgeschichte bestätigt.
Das für Streitigkeiten aus einem Anstellungsverhältnis bei Anwendbarkeit des Kapitäns-MTV gem. dessen § 36 allein zuständige Arbeitsgericht Hamburg hat § 27 Kapitäns-MTV bereits mehrfach im o.g. Sinne ausgelegt (Urteil vom 26. Mai 1981 – S 1 Ca 366/79 –; Urteil vom 18. März 1982 – S 1 Ca 616/80 – See AE Nr. 1 bzw. 2 zu § 27 Kapitäns-MTV 1978; ebenso: Bemm/Lindemann, SeemG, 2. Aufl. 1985, § 78 Rz 16). Die Tarifvertragsparteien haben dies nicht zum Anlaß genommen, bei der Neufassung beider Tarifverträge vom 20. Januar 1983 § 27 Kapitäns-MTV entsprechend § 67 MTV-See zu ändern. Daraus ist zu schließen, daß die Auflegung dem wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien entspricht.
Soweit die Beklagte sich demgegenüber auf Urteile des Arbeitsgerichts Hamburg vom 24. Februar 1987 – S 1 Ca 372/85 – und des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 28. November 1988 – 5 Sa 38/87 – berufen hat, stützen diese Entscheidungen die Auffassung der Beklagten nicht. Denn diese Gerichte haben die Kündigung jeweils mangels substantiierten Vortrags eines Kündigungsgrundes als sozialwidrig angesehen. Auf den möglichen Formverstoß kam es daher nicht an. Dieser ist keine logisch vorrangig zu prüfende Voraussetzung für eine wirksame Kündigung.
c) Das Landesarbeitsgericht hat das Formerfordernis im vorliegenden Fall auch zu Recht als nicht erfüllt angesehen.
Das Kündigungsschreiben ist von dem späteren Prozeßbevollmächtigten der Beklagten, Herrn Rechtsanwalt Dr. Z., unterzeichnet. Die von dem Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der Beklagten persönlich unterschriebene Vollmachtsurkunde enthält auch bei weiter Auslegung keinen Ansatz für eine Kündigungserklärung.
Die von der Beklagten hervorgehobene Stellung des Anwalts als Organ der Rechtspflege (§ 1 BRAO) ändert nichts daran, daß es sich bei der außergerichtlichen Vertretung durch einen Anwalt um ein rechtsgeschäftliches Vertretungsverhältnis handelt. Dieses schließt § 27 Kapitäns-MTV für die Kündigung eines Kapitäns aus.
3. Ist die Kündigung somit formnichtig, kommt es auf die zu ihrer Rechtfertigung vorgebrachten Gründe nicht an.
4. Zutreffend ist das Landesarbeitsgericht auch davon ausgegangen, der Auflösungsantrag des Arbeitgebers nach § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG habe bereits deshalb keinen Erfolg, weil die Kündigung unabhängig von der Sozialwidrigkeit bereits aus anderen Gründen rechtsunwirksam war (vgl. BAGE 32, 122, 124 = AP Nr. 4 zu § 9 KSchG 1969, zu 4 der Gründe; BAGE 35, 30, 39 = AP Nr. 6 zu § 9 KSchG 1969, zu III 1 der Gründe; Senatsurteil vom 8. November 1988 – 2 AZR 313/88 –, n. v., zu II 1 der Gründe; Hueck, KSchG, 10. Aufl., § 9 Rz 14; Herschel/Löwisch, KSchG, 6. Aufl., § 9 Rz 30).
II. Soweit die Parteien den Rechtsstreit hinsichtlich der Klage auf Weiterbeschäftigung übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war insoweit nur noch über die Kosten des Rechtsstreits nach § 91 a ZPO zu entscheiden. Sie waren der Beklagten aufzuerlegen.
Da die Kündigung der Beklagten unwirksam ist, war nach dem bisherigen Sach- und Streitstand davon auszugehen, daß der Kläger gegenüber der Beklagten einen vorläufigen Weiterbeschäftigungsanspruch im Sinn der Entscheidung des Großen Senats vom 27. Februar 1985 – GS 1/84 – (BAGE 48, 122 = AP Nr. 14 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht) hatte. Soweit Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht maßgebend darauf abgestellt haben, eine Weiterbeschäftigung scheitere schon deshalb, weil infolge inzwischen erfolgter bareboat-Vercharterung des Schiffes das Arbeitsverhältnis des Klägers gemäß § 613 a auf den Charterer übergegangen sei, kann dem schon im Hinblick auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 15. September 1976 (– 5 AZR 600/75 – AP Nr. 1 zu § 325 ZPO) nicht gefolgt werden, wonach der Arbeitnehmer den Rechtsstreit im Falle einer Betriebsveräußerung während des Prozesses gegen den alten Arbeitgeber fortsetzen kann. Im übrigen bestehen auch nach den bisherigen Tatsachenfeststellungen Bedenken, ob durch die konkrete bareboat-Vercharterung tatsächlich ein Teilbetriebsübergang erfolgt ist. Die Vorinstanzen haben allein durch die Übergabe des Schiffes die Voraussetzungen nach § 613 a BGB als erfüllt angesehen. Das dürfte zur Rechtfertigung eines Betriebsübergangs nicht ausreichen (vgl. dazu Drobnig/Puttfarken, Arbeitskampf auf Schiffen fremder Flagge, Engel Verlag Kehl am Rhein, 1989, S. 70 f.: Ausflaggung als Betriebsübergang). Diese Fragen brauchten im Rahmen der Kostenentscheidung nach § 91 a ZPO nicht abschließend geklärt zu werden.
Unterschriften
Hillebrecht, Bitter, Dr. Ascheid, Peter Jansen, Wisskirchen
Fundstellen