Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung eines Freundschaftspionierleiters
Leitsatz (amtlich)
Ehemalige Freundschaftspionierleiter sind keine “Lehrer” im Sinne der Zweiten Besoldungsübergangsverordnung und den Richtlinien der Tarifgemeinschaft deutscher Länder über die Eingruppierung der nicht von der Anlage 1a zum BAT-O erfaßten Angestellten.
Normenkette
BAT-O § 11 S. 2; Änderungs-TV Nr. 1 zum BAT-O vom 8. Mai 1991 § 2 Nr. 3; 2. BesÜV vom 21. Juni 1991, Anlage 1, Besoldungsgruppe A 10; TdL-Richtlinien über die Eingruppierung der nicht von der Anlage 1a zum BAT-O erfaßten Angestellten i.d.F. vom 23. Januar 1992 Abschn. E
Verfahrensgang
LAG Brandenburg (Urteil vom 01.07.1993; Aktenzeichen 3 Sa 25/93) |
ArbG Potsdam (Urteil vom 17.11.1992; Aktenzeichen 6 Ca 734/92) |
Tenor
- Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Brandenburg vom 1. Juli 1993 – 3 Sa 25/93 – wird zurückgewiesen.
- Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die zutreffende tarifliche Eingruppierung des Klägers.
Der Kläger hat einen Grundschulabschluß und anschließend die allgemeine Berufsschule in der Zeit vom 1. September 1956 bis 3. Juli 1959 besucht. Daran anschließend hat er eine Tischlerlehre durchlaufen und war nach deren erfolgreichem Abschluß als Tischler tätig. Nach seinem Militärdienst als Soldat in der NVA wurde er 1962/63 von dem Rat des Kreises Z… als Referent und von 1963 bis 1966 als Kreissportlehrer beschäftigt. Von 1966 bis 30 Juli 1972 war er dann als Pionierleiter und ab 1. August 1972 als Lehrer an einer allgemeinbildenden polytechnischen Oberschule eingesetzt. In der Zeit vom 1. Februar 1967 bis 27. Juni 1970 hat er an “der VII Matrikel des Fernstudiums der Zentralschule der Pionierorganisation Ernst Thälmann” teilgenommen und dort die Staatliche Abschlußprüfung bestanden. In dem darüber ausgestellten Zeugnis heißt es u.a.:
“Er/Sie hat damit die Befähigung zur Arbeit als Freundschaftspionierleiter und die Lehrbefähigung in zwei Fächern der unteren Klassen der allgemeinbildenden polytechnischen Oberschule der Deutschen Demokratischen Republik erworben.
Die Lehrbefähigung galt für die Fächer Körperertüchtigung/Werken.
Zur Zeit wird der Kläger an einer Grundschule in der Unterstufe in den Fächern Sport, Technik und Physik eingesetzt. Er ist Klassenleiter einer 5. Klasse. Am 3. März 1994 hat er eine Erweiterungsprüfung nach § 71 Abs. 2 des Ersten Schulreformgesetzes für das Land Brandenburg vom 28. Mai 1991 (GVBl I S. 258, 275) in Mathematik bestanden.
In dem Arbeitsvertrag vom 2. Mai 1991 ist bestimmt:
“Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem BAT-O und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) jeweils geltenden Fassung sowie nach den für Angestellte des Arbeitgebers im Gebiet nach Art. 3 des Einigungsvertrages jeweils geltenden sonstigen Regelungen.”
Im September 1991 teilte das beklagte Land dem Kläger mit, er erhalte rückwirkend ab 1. Juli 1991 eine Vergütung nach der VergGr. VIb. Dem widersprach der Kläger mit Schreiben vom 18. November 1991.
Mit seiner bei dem Arbeitsgericht in Potsdam am 1. Juli 1992 eingegangenen Klage hat der Kläger die Feststellung begehrt, er sei in die VergGr. IVa BAT-O einzugruppieren. Er hat die Auffassung vertreten, als ausgebildeter und examinierter Freundschaftspionierleiter habe er die Befähigung zum Unterstufenlehrer an einer allgemeinbildenden polytechnischen Oberschule erworben. Sein Abschluß als Freundschaftspionierleiter sei in der ehemaligen DDR dem Fachschulabschluß eines Lehrers gleichgestellt gewesen. Deshalb sei er bei Anwendung der “Richtlinien der Tarifgemeinschaft deutscher Länder über die Eingruppierung der nicht von der Anlage 1a zum BAT-O erfaßten Angestellten” (TdL-Richtlinien) als Lehrer für untere Klassen an allgemeinbildenden Schulen mit abgeschlossener pädagogischer Fachschulausbildung in die VergGr. IVb BAT-O einzugruppieren.
Der Kläger hat in der ersten Instanz zuletzt beantragt
festzustellen, daß er in die VergGr. IVb BAT-O von der Beklagten einzugruppieren ist.
Das beklagte Land hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es hat die Auffassung vertreten, die Ausbildung zum Freundschaftspionierleiter könne nicht mit der Ausbildung eines Lehrers unterer Klassen gleichgesetzt werden, da sich beide Ausbildungsgänge in den maßgeblichen Prüfungsordnungen, insbesondere fachlich unterschieden hätten. Der Kläger sei auch bei Anerkennung seines Abschlusses als Freundschaftspionierleiter kein “Lehrer” im Sinne der TdL-Richtlinien und deshalb in deren Anwendung in VergGr. VIb BAT-O einzugruppieren.
Das Arbeitsgericht hat der Klageforderung entsprochen. Hiergegen hat das beklagte Land Berufung eingelegt. Der Kläger hat in der Berufungsinstanz zunächst beantragt, die Berufung des beklagten Landes zurückzuweisen und erst nach Erörterung der Rechtslage in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht zu Protokoll den Hilfsantrag gestellt,
festzustellen, daß das beklagte Land verpflichtet ist, ihm ab 1. Oktober 1991 eine Vergütung nach der VergGr. Vc BAT-O zu zahlen.
Das beklagte Land hat beantragt, auch den hilfsweise gestellten Antrag zurückzuweisen. Das Landesarbeitsgericht hat “auf die Berufung des beklagten Landes und die Anschlußberufung des Klägers” festgestellt, das beklagte Land sei verpflichtet, dem Kläger ab 1. Oktober 1991 eine Vergütung nach Maßgabe der VergGr. Vc BAT-O zu zahlen und die Klage im übrigen abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision erstrebt der Kläger weiterhin die Feststellung, das beklagte Land sei verpflichtet, ihm Vergütung nach VergGr. IVb BAT-O ab dem 1. Oktober 1991 zu zahlen, jedoch mit der Maßgabe, daß er die Feststellung nur für die Zeit bis 28. Februar 1994 begehrt, nachdem ihm das beklagte Land nach Bestehen der Erweiterungsprüfung diese Vergütung zahlt. Das beklagte Land beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist unbegründet. Der Kläger hat in der Zeit bis 28. Februar 1994 keinen Anspruch auf Vergütung nach der VergGr. IVb BAT-O.
I.1. Die Klage ist zulässig. Es handelt sich um eine im öffentlichen Dienst allgemein übliche Eingruppierungsfeststellungsklage, bei der nach ständiger Rechtsprechung des Senats das nach § 256 ZPO erforderliche besondere rechtliche Interesse an der Feststellung zu bejahen ist (Senatsurteile vom 19. März 1986 – 4 AZR 470/84 – AP Nr. 114 zu §§ 22, 23 BAT 1975; vom 20. April 1994 – 4 AZR 312/93 –, zur Veröffentlichung vorgesehen und vom 28. September 1994 – 4 AZR 717/93 –, zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen).
2. Die vom Landesarbeitsgericht erörterte Frage, ob die lediglich zu Protokoll in der letzten mündlichen Verhandlung eingelegte “Anschlußberufung” des Klägers zulässig ist, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Dasselbe gilt für die Frage, ob es sich insoweit überhaupt um eine Anschlußberufung gehandelt hat. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts ist insoweit rechtskräftig geworden; das beklagte Land hat kein Rechtsmittel eingelegt.
II. Auf das Arbeitsverhältnis finden kraft beiderseitiger Tarifbindung und zusätzlich kraft vertraglicher Vereinbarung der BAT-O und die diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) jeweils geltenden Fassung sowie die für Angestellte des Arbeitgebers im Gebiet nach Art. 3 des Einigungsvertrages jeweils geltenden sonstigen Regelungen (§ 2 des Arbeitsvertrages vom 2. Mai 1991) Anwendung.
1.a) Zutreffend kommt das Landesarbeitsgericht zu dem Ergebnis, daß die Tätigkeitsmerkmale der Anlage 1a des BAT-O nicht heranzuziehen sind. Denn nach § 2 Nr. 3 Satz 1 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 zum BAT-O ist die Anlage 1a auf Lehrkräfte nicht anzuwenden. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats werden unter “Lehrkräfte” solche Angestellte verstanden, bei denen die Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten im Rahmen eines Schulbetriebes für die Tätigkeit maßgebend ist, worunter nur der Schulbetrieb der den Schulgesetzen der Bundesländer unterliegenden allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen im Sinne der Sonderregelungen 2l oder vergleichbaren Einrichtungen gemeint sind (BAGE 55, 53, 63 = AP Nr. 131 zu §§ 22, 23 BAT 1975). In diesem Sinne zählt der Freundschaftspionierleiter zu den Lehrkräften. Er mag zwar bei der FDJ angestellt gewesen sein, aber die Tätigkeit wird durch die Vermittlung von Wissen an Schulen bestimmt. Zu diesen Lehrkräften gehört aber auch der Kläger.
b) Damit kommt es für die Entscheidung des Rechtsstreits auf die folgenden Bestimmungen an:
§ 2 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 zum BAT-O vom 8. Mai 1991
…
3. Die Anlage 1a ist, soweit sie keine besonderen Tätigkeitsmerkmale enthält, nicht auf Angestellte anzuwenden, die
…
als Lehrkräfte, auch wenn sie nicht unter die SR 2l I fallen,
beschäftigt sind. Diese Angestellten sind – ggf. nach näherer Maßgabe von Richtlinien – in der Vergütungsgruppe eingruppiert, die nach § 11 Satz 2 BAT-O der Besoldungsgruppe entspricht, in welcher der Angestellte eingestuft wäre, wenn er im Beamtenverhältnis stünde.
…
- Sonderregelungen für Angestellte als Lehrkräfte (SR 2l I BAT-O)
Nr. 1
zu §§ 1 und 2 – Geltungsbereich –
Diese Sonderregelungen gelten für Angestellte als Lehrkräfte an allgemeinbildenden Schulen und berufsbildenden Schulen (Berufs-, Berufsfach- und Fachschulen) …
Protokollnotiz:
Lehrkräfte i.S. dieser Sonderregelungen sind Personen, bei denen die Vermittlung von Kentnissen und Fertigkeiten im Rahmen eines Schulbetriebes der Tätigkeit das Gepräge gibt.
Nr. 3a
zu den §§ 22 bis 25 – Eingruppierung –
Die Lehrkräfte werden nach § 11 Satz 2 in die Vergütungsgruppen eingruppiert, die sich bei Anwendung der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung ergeben. Soweit in der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung Ämter für entsprechende Lehrkräfte nicht aufgebracht sind, ist die Vergütung unter Berücksichtung der Ausbildung der Lehrkraft auf der Grundlage der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung arbeitsvertraglich zu regeln.
…
- Zweite Verordnung über besoldungsrechtliche Übergangsregelungen nach der Herstellung der Einheit Deutschlands (2. BesÜV) vom 21. Juni 1991 in der seit 1. Mai 1992 geltenden Neufassung vom 2. Juni 1993 (BGBl. I 1993, S. 778 ff.)
§ 7
Besoldungsordnungen
- Für Beamte an allgemeinbildenden und beruflichen Schulen sowie an Sonderschulen gilt ergänzend Anlage 1 dieser Verordnung. Nimmt ein Beamter die Funktion des Leiters einer Schule oder des ständigen Vertreters des Leiters einer Schule wahr, erhält er für die Dauer der Wahrnehmung eine Zulage. Die Zulage wird i.H. des Unterschiedsbetrages zwischen dem Grundgehalt für seine Besoldungsgruppe und dem Grundgehalt für die Besoldungsgruppe gewährt, der das höherwertige Amt zugeordnet ist. Die Berücksichtigung der in der Bundesbesoldungsordnung A oder in Landesbesoldungsordnungen A geregelten Ämter für Schulleiter und ihre ständigen Vertreter setzt eine entsprechende Lehrbefähigung oder Nachqualifizierung nach Maßgabe des Landesrechts voraus. Für Lehrer mit der Befähigung als Diplomlehrer sind für Leitungsfunktionen an Realschulen die Einstufungen für derartige Funktionen an polytechnischen Oberschulen, für die an Gymnasien die Einstufungen für Leitungsfunktionen an erweiterten polytechnischen Oberschulen zugrunde zu legen. Für Diplomlehrer als Leiter von Grundschulen, Hauptschulen oder Grund- und Hauptschulen, sowie als deren ständige Vertreter sind die Einstufungen der Bundesbesoldungsordnung A zugrunde zu legen. Für die Leiter von Grundschulen mit einer Lehrbefähigung für untere Klassen kann landesrechtlich eine Zuordnung des Amtes höchstens bis zur Besoldungsgruppe A 12, bei mehr als 360 Schülern höchstens bis zur Besoldungsgruppe A 12 mit Amtszulage vorgesehen werden. Die Zulage gehört unter den Voraussetzungen des § 46 Abs. 3 des Bundesbesoldungsgesetzes zu den ruhegehaltfähigen Dienstbezügen.
- …
Anlage 1
Besoldungsgruppe A 10
Lehrer
- als Lehrer für untere Klassen im Unterricht der Klassen 1 – 4 einer allgemeinbildenden Schule –
…
- Mit abgeschlossener pädagogischer Fachschulausbildung.
- Als Eingangsamt.
- Soweit nicht in der Besoldungsgruppe A 11.
Besoldungsgruppe A 11
Lehrer
- als Lehrer für untere Klassen im Unterricht der Klassen 1 – 4 an einer allgemeinbildenden Schule –
- …
Lehrer
2. Die in § 2 Nr. 3 Satz 2 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 zum BAT-O enthaltene Verweisung auf die für beamtete Lehrer geltenden Besoldungsvorschriften begründet keinen Anspruch des Klägers auf Vergütung nach VergGr. IVb BAT-O für die Zeit ab 1. Oktober 1991.
Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend darauf verwiesen, daß der Kläger die Voraussetzungen der Besoldungsgruppe A 10 (entsprechend IVb BAT) deswegen nicht erfüllt, weil er nicht “Lehrer” im Sinne dieser Vorschrift ist.
a) Das Landesarbeitsgericht hat dazu ausgeführt, der Kläger sei nicht “Lehrer” im Sinne dieser Vorschriften, sondern ausgebildeter “Freundschaftspionierleiter mit Lehrbefähigung”. Zwar habe das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 25. Februar 1993 (– 8 AZR 246/92 – AP Nr. 1 zu Art. 37 Einigungsvertrag = DB 1993, 1247 = NZA 1993, 650) festgestellt, die Freundschaftspionierleiter (FPL) seien nicht ungeeignet, eine Lehrtätigkeit an Schulen wahrzunehmen. Deshalb sei eine Kündigung nach dem Einigungsvertrag (Art. 37, 20 Anlage I Kap. XIX Sachgeb. A Abschn. III Nr. 1 Abs. 4 Ziff. 1) unzulässig, weil der FPL eine mit einem Lehrer vergleichbare Ausbildung durchlaufen habe. Dies sei jedoch eingruppierungsrechtlich unerheblich. Der FPL habe im Fach und in der Methodik der Mathematik keine oder nur eine geringe Ausbildung im Vergleich zur Lehrerausbildung erhalten. Er sei dafür in den Gebieten Jugendpolitik, Geschichte der revolutionären deutschen Jugend- und Kinderbewegung, internationale Jugend- und Kinderbewegung, Methodik der Pioniertätigkeit ausgebildet worden.
b) Dem folgt der Senat, denn auch in den Stundentafeln der ehemaligen DDR für die Ausbildung von Lehrern und Freundschaftspionierleitern wird unterschieden zwischen der Ausbildung der zukünftigen Lehrer einerseits und der der zukünftigen Freundschaftspionierleiter andererseits. Hinzu kommt, daß nach dem vom Ministerrat der ehemaligen DDR – Ministerium für Volksbildung – mit Wirkung vom 1. September 1987 in Kraft gesetzten Studienplan für die Ausbildung von Lehrern für die unteren Klassen der allgemeinbildenden polytechnischen Oberschule und der Freundschaftspionierleiter sowohl bei dem Ausbildungs- und Erziehungsziel wie bei dem dargestellten Inhalt der Ausbildung zwischen Lehrern einerseits und Freundschaftspionierleitern andererseits unterschieden worden ist.
So heißt es dort hinsichtlich des Ausbildungszieles der Lehrer zusammenfassend u.a.:
“Bei den Studenten werden mit dem Studium politische Grundüberzeugungen und Haltungen herausgebildet und gefestigt, die sich im Streben nach hohen Leistungen, einem hohen geistig-kulturellen Niveau und in der aktiven und engagierten Mitwirkung an der Gestaltung des gesellschaftlichen Lebens dokumentieren.
In allen Ausbildungsbestandteilen wird ein Beitrag geleistet, bei den Studenten das dialektisch-materialistische Denken auszuprägen und die Fähigkeit zu entwickeln, sich selbständig Wissen anzueignen, sich wissenschaftlich zu orientieren und wissenschaftliche Arbeitsmethoden anzuwenden, als Voraussetzungen für ein erfolgreiches Selbststudium, für eine schöpferische Arbeit in der Schule und für das Verfolgen wissenschaftlicher Entwicklungen, besonders in Pädagogik, Psychologie und in Fachmethodiken.
Mit der theoretischen und praktischen Ausbildung erwerben die Studenten grundlegende Voraussetzungen, eine stufen- und entwicklungsgerechte pädagogische Arbeit zur optimalen Persönlichkeitsentwicklung aller Kinder der unteren Klassen zu leisten und Tätigkeiten vor allem beim Lernen so zu führen, daß bei jedem Schüler zunehmend größere Selbständigkeit und Erfolgssicherheit entwikkelt sowie eine aktive- und Arbeitshaltung ausgeprägt werden. Sie werden befähigt, allen Schülern grundlegende Kenntnisse und sichere Grundfertigkeiten, insbesondere bei der Entwicklung des Lesenkönnens, des muttersprachlichen und mathematischen Könnens zu vermitteln, grundlegende Denk- und Arbeitsweisen auszuprägen und der sozialistischen Weltanschauung und Moral entsprechende Einstellungen, Verhaltensweisen und Gewohnheiten anzuerziehen, die sowohl für das Lernen und die Freizeitgestaltung der Kinder in den unteren Klassen selbst wie auch als Fundament für die nachfolgenden Stufen wirksam und verfügbar sind.”
…
Demgegenüber lautet das Ausbildungsziel für die Freundschaftspionierleiter u.a.:
“In der Fachrichtung Freundschaftspionierleiter erwerben die Studenten die theoretischen und praktischen Voraussetzungen zur erziehungswirksamen, altersgerechten Gestaltung und Führung der Pionier- und FDJ-Tätigkeit an der Schule. Sie werden darauf vorbereitet, gemeinsam mit den gewählten und berufenen Organen der Pionierfreundschaft ein niveauvolles und interessantes Pionierleben zu gestalten, die Gruppenpionierleiter zur Leitung der Pioniergruppe zu befähigen und das Gesamtkollektiv der Pionierfreundschaft zielstrebig politisch und pädagogisch zu führen. Sie lernen, das Pädagogenkollektiv für die Nutzung der erzieherischen Potenzen der Pionier- und FDJ-Kollektive zu mobilisieren und die verschiedenen gesellschaftlichen Kräfte in die Gestaltung der Tätigkeit der Pionierfreundschaft einzubeziehen.
…
Es ist Aufgabe der gesamten Ausbildung, die politisch motivierte Berufseinstellung der Studenten und ihr Kulturniveau zu fördern. Im Zusammenwirken mit den Lehrkräften gestalten die Studenten in der FDJ-Grundorganisation ein niveauvolles, interessantes und abwechslungsreiches geistigkulturelles und sportliches Leben. Bestandteil des Studiums ist die Ausbildung in Zivilverteidigung. Sie wird sowohl als Prinzip in den Lehrgebieten verwirklicht als auch in Lehrgangsform durchgeführt und dient der Vermittlung von berufsspezifischen Wissen und Können, insbesondere der Befähigung der Studenten zum Schutze und zur Betreuung der Kinder und Jugendlichen.”
Weiter wird im Rahmen des Inhalts der Ausbildung in den Fächern Pädagogik, Erziehungstheorie, Psychologie und Diagnostische Tätigkeit des Lehrers und Erziehers jeweils zwischen zukünftigen Lehrern einerseits und Freundschaftspionierleitern andererseits unterschieden.
c) Besonders deutlich wird die unterschiedliche Ausbildung von Lehrern einerseits und Freundschaftspionierleitern andererseits im Fach Mathematik. Zukünftige Lehrer erhalten danach unter Einschluß “der Methodik des Mathematikunterrichts” in Mathematik nach der Stundentafel insgesamt 598 Stunden Unterricht, während Freundschaftspionierleiter nur in 165 Stunden geschult werden. Auch bei der Beschreibung des Ausbildungsinhalts wird im Studienplan unterschieden in “Mathematik (Lehrer für die unteren Klassen)” und in “Mathematik (Freundschaftspionierleiter)”. Als Inhalt der Ausbildung für Lehrer wird zusammenfassend ausgeführt:
Die Ausbildung in Mathematik vermittelt solides und anwendungsbereites mathematisches Wissen und Können, das in einem auf aktive Auseinandersetzung mit dem Lehrstoff orientierten Studienprozeß erworben wird. Im Zusammenwirken mit der Ausbildung in Methodik des Mathematikunterrichts werden die Studenten befähigt, den Lehrstoff der unteren Klassen fachtheoretisch zu erfassen, seine fachliche Systematik zu verstehen und ihn als Fundament des weiterführenden Mathematikunterrichts der allgemeinbildenden polytechnischen Oberschule zu erkennen. Die Ausbildung vertieft und erweitert die mathematische Allgemeinbildung der Studenten und trägt zur weiteren Ausprägung allgemein-geistiger Fähigkeiten bei.
Die Ausbildung in Mathematik umfaßt die Lehrgebiete
- grundlegende Begriffe der Mathematik
- Geometrie und
- Arithmetik
sowie den Lehrgebieten zugeordnete Aufgaben komplexen Charakters.
Für die Freundschaftspionierleiter heißt es dagegen:
Die Freundschaftspionierleiterstudenten erhalten in diesem Ausbildungsbestandteil nach Bereitstellung der erforderlichen materiellen Basis eine Einführung in die Informatik einschließlich der Befähigung zur Kommunikation mit einem Kleincomputer. In dieser Ausbildung werden ihnen auch ausgewählte Inhalte der Mathematik vermittelt.
Bis zum Zeitpunkt der Ausrüstung dieser Einrichtungen mit einem Computer-Kabinett bildet das ab 1. September 1984 eingeführte präzisierte Lehrprogramm für die Ausbildung von Freundschaftspionierleitern in Mathematik an Instituten für Lehrerbildung die Grundlage der Ausbildung.
d) Die gleiche Unterteilung der Ausbildungsinhalte für “Lehrer” einerseits, “Freundschaftspionierleiter” andererseits findet sich auch im Ausbildungsbereich “berufspraktische Ausbildung”.
Weiter wird bei den dort niedergelegten “Voraussetzungen für die Bewerbung und Zulassung zum Studium” unterschieden hinsichtlich der Lehrerbewerber einerseits und der Freundschaftspionierleiterbewerber andererseits. Hinsichtlich letzterer gilt nämlich zusätzlich die Richtlinie vom 17. April 1984 zur Tätigkeit des hauptamtlichen Freundschaftspionierleiters (Arbeitsrichtlinie) und Regelungen für die Leitung der FDJ zur Auswahl, zur Delegierung und zum Einsatz der Freundschaftspionierleiter (Verfügungen und Mitteilungen des Ministeriums für Volksbildung vom 22. August 1984 Nr. 6 S. 77).
Schließlich wird auch hinsichtlich des “Rechts zur Führung der Berufsbezeichnung” erneut zwischen “Lehrern für die unteren Klassen” einerseits und “Freundschaftspionierleitern” andererseits unterschieden.
3. Nach alledem sind Bezeichnung, Einstellungsvoraussetzungen, Ausbildungsinhalte und -Ziele und Aufgaben eines Freundschaftspionierleiters schon zur Zeit der ehemaligen DDR nicht mit der eines “Lehrers” der unteren Klassen vergleichbar. Von einem solchen Lehrer geht die Zweite Besoldungsübergangsverordnung aus, so daß sie für die Eingruppierung des Klägers nicht herangezogen werden kann.
4.a) Nach § 2 Nr. 3 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 zum BAT-O sind als Lehrkräfte beschäftigte Angestellte “gegebenenfalls nach näherer Maßgabe von Richtlinien” einzugruppieren. In den auf diese Tarifbestimmung gestützten Richtlinien der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) über die Eingruppierung der nicht von der Anlage 1a zum BAT-O erfaßten Angestellten vom 24. Juni 1991 (TdL-Richtlinien), die am 1. Juli 1991 in Kraft getreten sind, heißt es:
…
E. Lehrkräfte im Angestelltenverhältnis:
Eingruppierung
Die Lehrkräfte im Angestelltenverhältnis sind nach den nachstehenden Tätigkeitsmerkmalen einzugruppieren. Soweit in den Tätigkeitsmerkmalen auf Lehrbefähigungen abgestellt wird, entscheiden die Länder darüber, ob eine in der ehemaligen DDR erworbene Lehrbefähigung als solche im Sinne dieses Abschnitts anerkannt werden kann.
Auch diese Richtlinien gehen aber in den VergGr. IVb bzw. IVa von einem “Lehrer” aus. Der Kläger hat aber, wie oben bereits näher ausgeführt, gerade keine Ausbildung als “Lehrer” erhalten, sondern die eines Freundschaftspionierleiters. Die Richtlinien unterscheiden insoweit auch zwischen “Angestellten in der Tätigkeit von Lehrern” einerseits und “Lehrern” andererseits. Die reine Lehrbefähigung in einem oder zwei Fächern reicht also auch nach den TdL-Richtlinien nicht aus, um in die VergGr. IVb bzw. IVa BAT-O aufzurücken, da anderenfalls eine Aufteilung in “Angestellte mit entsprechender Ausbildung in der Tätigkeit von Lehrern in den Klassen 1 bis 4 an einer allgemeinbildenden Schule” einerseits und “Lehrern mit abgeschlossener pädagogischer Fachschulausbildung als Lehrer für untere Klassen, die Unterricht in den Klassen 1 bis 4 an einer allgemeinbildenden Schule erteilen” andererseits unverständlich wäre.
b) Nachdem das beklagte Land die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts, der Kläger sei in die VergGr. Vc BAT-O eingruppiert, nicht angefochten hat, braucht der Senat die Frage, ob es sich bei der Ausbildung des Klägers um eine der Ausbildung eines Erziehers, einer Kindergärtnerin, Hortnerin, eines Kinderdiakons vergleichbare Ausbildung handelt, nicht zu entscheiden. Dafür und zugleich auch für die oben vertretene Auffassung spricht die “Ergänzung zur Konzeption vom 19. Januar 1971 für die weitere inhaltliche Gestaltung der Ausbildung von Lehrern für die unteren Klassen für den Zeitraum bis 1975” herausgegeben vom Ministerium für Volksbildung der DDR (Die Lehrerbildung in der DDR – Eine Sammlung der wichtigsten Dokumente und gesetzlichen Bestimmungen für die Ausbildung der Lehrer, Erzieher und Kindergärtnerinnen, Berlin 1983). Dort heißt es:
“Zur weiteren Verbesserung der Ausbildung von Freundschaftspionierleitern an den Instituten für Lehrerbildung wird festgelegt, mit Wirkung vom 1. Februar 1975 das Mathematikprogramm für die Horterzieherausbildung im Rahmen der Freundschaftspionierleiterausbildung einzuführen.
Die damit freiwerdenden Stunden sind für die Ausbildung in Theorie und Methodik der sozialistischen Erziehung und Bildung in der Jugend- und Kinderorganisation zu nutzen (je eine Semesterwochenstunde im 3. und 4. Semester und zwei Wochenstunden im 8. Semester).
Berlin, 13. Dezember 1974”
Nach alledem war die Revision zurückzuweisen.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Schaub, Friedrich, Schneider, Fieberg, Schamann
Fundstellen
Haufe-Index 872375 |
BAGE, 24 |
BB 1995, 986 |
NZA 1996, 103 |