Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung einer Freundschaftspionierleiterin

 

Leitsatz (redaktionell)

Eingruppierung einer Freundschaftspionierleiterin mit Zusatzstudium im Fach Staatsbürgerkunde.

 

Normenkette

BAT §§ 22, 23 Lehrer; BAT-O § 11 Abs. 2; Änderungstarifvertrag Nr. 1 zum BAT-O § 2 Nr. 3

 

Verfahrensgang

LAG Brandenburg (Urteil vom 26.09.1994; Aktenzeichen 6 Sa 143/94)

ArbG Potsdam (Urteil vom 28.10.1993; Aktenzeichen 3 Ca 1053/93)

 

Tenor

1. Auf die Revision des beklagten Landes wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Brandenburg vom 26. September 1994 – 6 Sa 143/94 – aufgehoben.

2. Auf die Berufung des beklagten Landes wird das Urteil des Arbeitsgerichts Potsdam vom 28. Oktober 1993 – 3 Ca 1053/93 – abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

3. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung der Klägerin.

Die Klägerin studierte von 1959 bis 1963 an der Humboldt-Universität zu Berlin Pädagogik. Im Rahmen des Staatsexamens für Mittelstufenlehrer legte sie in den Fächern Systematische Pädagogik und Psychologie Prüfungen ab. Aus familiären Gründen konnte sie das Studium nicht abschließen. Nach einem im Jahr 1969 begonnenen Fernstudium an der Zentralschule der Pionierorganisation „Ernst Thälmann” bestand die Klägerin im Jahr 1973 dort die staatliche Abschlußprüfung und erwarb damit die Befähigung zur Arbeit als Freundschaftspionierleiter und die Lehrbefähigung in den Fächern Deutsch und Kunsterziehung für die unteren Klassen der allgemeinbildenden polytechnischen Oberschule. Vom 1. September 1984 bis zum 31. Juli 1985 absolvierte sie an der Pädagogischen Hochschule „Clara Zetkin”, Leipzig ein Zusatzstudium und erhielt damit die Lehrbefähigung im Fach Staatsbürgerkunde an den allgemeinbildenden polytechnischen Oberschulen und ist berechtigt, die Berufsbezeichnung „Diplomlehrer für Staatsbürgerkunde” zu führen. In der Anweisung zur Neuregelung des Zusatzstudiums im Fach Staatsbürgerkunde vom 1. April 1975 (Vfg. 22/75; Verfügungen und Mitteilungen des Ministeriums für Volksbildung vom 6. August. 1975 S. 99 f.; fortan: Anweisung) heißt es:

㤠2

(1) Zum Zusatzstudium können

  1. Lehrer für Geschichte
  2. Lehrer für andere Fächer
  3. Lehrer für die unteren Klassen

    delegiert werden, …

(2) Zum Zusatzstudium können ferner politisch erfahrene Kader delegiert werden, … und folgende Voraussetzungen erfüllen:

a) langjährig erfolgreich tätige Freundschaftspionierleiter mit abgeschlossener pädagogischer Ausbildung, die ein marxistisch-leninistisches Wissen auf dem Niveau der Bezirksparteischule der SED nachweisen können,

§ 3

(1) Die zum Erwerb der Qualifikation als Lehrer für das Fach Staatsbürgerkunde im einjährigen Zusatzstudium erforderlichen Prüfungen werden in den entsprechenden Ausbildungsdokumenten festgelegt.

…”

Die Klägerin unterrichtete ab dem 1. Februar 1980 die Fächer Deutsch und Kunsterziehung in den Klassen 1 bis 10 an Schulen in Berlin und Königs Wusterhausen. Nach dem 3. Oktober 1990 wurde ihr Arbeitsverhältnis von dem beklagten Land weitergeführt, das mit ihr am 17. April 1991 einen Arbeitsvertrag abschloß. In diesem heißt es:

㤠2

Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem BAT-O und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) jeweils geltenden Fassung sowie nach den für Angestellte des Arbeitgebers im Gebiet nach Artikel 3 des Einigungsvertrages jeweils geltenden sonstigen Regelungen.

§ 4

Die Eingruppierung und die Vergütung richtet sich bis zum Inkrafttreten neuer tariflicher Vorschriften nach den gemäß Anlage I Kapitel XIX Sachgeb. A Abschnitt III Nr. 1 Abs. 1 zum Einigungsvertrag fortgeltenden Bestimmungen.

…”

Die Klägerin ist seit Oktober 1991 als Lehrerin an der Förderschule für geistig Behinderte in M. tätig und unterrichtet dort in den Fächern Deutsch und Kunsterziehung. Mit Schreiben vom 16. September 1991 gruppierte das beklagte Land die Klägerin vorläufig in die VergGr. VI b BAT-O ein. Auf Antrag der Klägerin vom 16. Dezember 1991 teilte das beklagte Land ihr mit Schreiben vom 30. April 1992 mit, daß sie rückwirkend ab dem 1. November 1991 in die VergGr. V c BAT-O eingruppiert werde. Das Verlangen der Klägerin auf Eingruppierung in VergGr. IV b BAT-O lehnte das beklagte Land ab.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, sie habe seit dem 1. Juli 1991 einen Anspruch auf Vergütung nach VergGr. IV a BAT-O, hilfsweise nach VergGr. IV b BAT-O. Sie erfülle die Voraussetzungen der Besoldungsgruppen A 11 und A 10 der Anlage 1 zur Zweiten Verordnung über besoldungsrechtliche Übergangsregelungen nach der Herstellung der Einheit Deutschlands (2. BesÜV) vom 21. Juni 1991, die nach § 2 Nr. 3 Satz 2 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 zum BAT-O i.V.m. § 11 Satz 2 BAT für ihre Eingruppierung in die VergGr. IV a, hilfsweise IV b BAT-O maßgebend seien. Die Klägerin hat gemeint, ihre Eingruppierung richte sich entgegen der Ansicht des beklagten Landes nicht nach den Richtlinien der Tarifgemeinschaft deutscher Länder über die Eingruppierung der nicht von der Anlage 1 a zum BAT-O erfaßten Angestellten vom 24. Juni 1991 (TdL-Richtlinien).

Die Klägerin hat beantragt:

  1. Es wird festgestellt, daß das beklagte Land verpflichtet ist, die Klägerin ab dem 1. Juli 1991 nach der VergGr. IV a BAT-O zu vergüten;
  2. hilfsweise festzustellen, daß das beklagte Land verpflichtet ist, der Klägerin ab dem 1. Juli 1991 Gehalt nach der VergGr. IV b BAT-O zu zahlen.

Das beklagte Land hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, die Klägerin erfülle weder die Voraussetzungen der Besoldungsgruppe A 10 noch A 11 der Anlage 1 zur 2. BesÜV. Sei eine Eingruppierung unter Anwendung der 2. BesÜV nicht möglich, seien die TdL-Richtlinien zur Eingruppierung heranzuziehen. Danach komme nur ein Anspruch auf Vergütung nach VergGr. V c BAT-O in Betracht.

Das Arbeitsgericht hat festgestellt, daß das beklagte Land verpflichtet sei, die Klägerin ab dem 1. Juli 1991 nach VergGr. IV a BAT-O zu vergüten. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des beklagten Landes zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt das beklagte Land seinen Klageabweisungsantrag weiter. Die Klägerin hat mit Zustimmung des beklagten Landes die Klage zurückgenommen, soweit sie den Hilfsantrag für die Zeit ab dem 1. Juli 1995 betrifft; im übrigen bittet sie um Zurückweisung der Revision.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt unter Aufhebung des Urteils des Landesarbeitsgerichts und unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts zur Abweisung der Klage.

A. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Klägerin erfülle die Voraussetzungen der Besoldungsgruppe A 11, die nach § 11 Satz 2 BAT-O der VergGr. IV a BAT-O entspricht. Das an der Zentralschule der Pionierorganisation „Ernst Thälmann” abgeschlossene Fernstudium beinhalte eine pädagogische Fachschulausbildung. Dies habe das beklagte Land in seiner Berufungsbegründung ausdrücklich eingeräumt. Das von der Klägerin absolvierte Zusatzstudium in dem Fach Staatsbürgerkunde an der Pädagogischen Hochschule „Clara Zetkin”, Leipzig sei ein für das Lehramt geeignetes wissenschaftliches Hochschulstudium im Sinne der Fußnote 6 zur Besoldungsgruppe A 11 der Anlage 1 zur 2. BesÜV. Hierbei müsse es sich entgegen der Auffassung des beklagten Landes nicht um ein sonderpädagogisches Studium handeln. Da die Klägerin als Lehrerin an einer Sonderschule ab Oktober 1991 tätig sei, erfülle sie seitdem die Voraussetzungen der Besoldungsgruppe A 11 i.V.m. den Fußnoten 3 und 6 der Anlage 1 zur 2. BesÜV.

Auch für die Zeit der Unterrichtstätigkeit der Klägerin an einer allgemeinbildenden Schule von Juli bis September 1991 stehe ihr ein Anspruch auf Vergütung nach Besoldungsgruppe A 11 zu. Insoweit erfülle sie die Voraussetzungen der Besoldungsgruppe A 11 i.V.m. Fußnoten 1 und 2, da sie nach der abgeschlossenen pädagogischen Fachschulausbildung eine mehr als achtjährige Lehrtätigkeit aufzuweisen habe.

Diesen Ausführungen des Landesarbeitsgerichts vermag der Senat nicht zu folgen.

B. Die Klage ist unbegründet.

I. Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen das beklagte Land, ab dem 1. Juli 1991 nach VergGr. IV a BAT-O vergütet zu werden.

1. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet aufgrund vertraglicher Vereinbarung der Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts – Manteltarifliche Vorschriften – (BAT-O) vom 10. Dezember 1990 Anwendung. Damit richtet sich die Eingruppierung der Klägerin nach folgenden Bestimmungen:

a) § 2 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 zum BAT-O vom 8. Mai 1991

„…

3. Die Anlage 1 a ist, soweit sie keine besonderen Tätigkeitsmerkmale enthält, nicht auf Angestellte anzuwenden, die

als Lehrkräfte, auch wenn sie nicht unter die SR 2 1 I fallen,

beschäftigt sind. Diese Angestellten sind – gegebenenfalls nach näherer Maßgabe von Richtlinien – in der Vergütungsgruppe eingruppiert, die nach § 11 Satz 2 BAT-O der Besoldungsgruppe entspricht, in welcher der Angestellte eingestuft wäre, wenn er im Beamtenverhältnis stünde. …”

b) Sonderregelungen für Angestellte als Lehrkräfte (SR 2 1 I BAT-O)

„Nr. 1

Zu §§ 1 und 2 – Geltungsbereich – Diese Sonderregelungen gelten für Angestellte als Lehrkräfte an allgemeinbildenden Schulen und berufsbildenden Schulen (Berufs-, Berufsfach- und Fachschulen).

Protokollnotiz:

Lehrkräfte im Sinne dieser Sonderregelungen sind Personen, bei denen die Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten im Rahmen eines Schulbetriebes der Tätigkeit das Gepräge gibt.

Nr. 3 a

Zu §§ 22 bis 25 – Eingruppierung – Die Lehrkräfte werden nach § 11 Satz 2 in die Vergütungsgruppen eingruppiert, die sich bei Anwendung der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung ergeben.

Soweit in der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung Ämter für entsprechende Lehrkräfte nicht ausgebracht sind, ist die Vergütung unter Berücksichtigung der Ausbildung der Lehrkraft auf der Grundlage der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung arbeitsvertraglich zu regeln.

…”

c) Zweite Verordnung über besoldungsrechtliche

Übergangsregelungen nach der Herstellung der Einheit Deutschlands (2. BesÜV) vom 21. Juni 1991 (BGBl. I S. 1345)

㤠7

Besoldungsordnungen

(1) Für Beamte an allgemeinbildenden und beruflichen Schulen sowie an Sonderschulen gilt ergänzend Anlage 1 dieser Verordnung. …

Anlage 1

Besoldungsgruppe A 10

Lehrer 1) 2) 3)

– als Lehrer für untere Klassen im Unterricht der Klassen 1 bis 4 an einer allgemeinbildenden Schule –

– als Lehrer im Unterricht an einer Sonderschule –

1) mit abgeschlossener pädagogischer Fachschulausbildung.

2) Als Eingangsamt.

3) Soweit nicht in der Besoldungsgruppe A 11.

Besoldungsgruppe A 11

Lehrer 1) 2)

– als Lehrer für untere Klassen im Unterricht der Klassen 1 bis 4 an einer allgemeinbildenden Schule –

– als Lehrer im Unterricht an einer Sonderschule –

Lehrer 1) 3) 4) 5)

– als Lehrer für untere Klassen im Unterricht der Klassen 1 bis 4 an einer allgemeinbildenden Schule –

Lehrer 3) 6)

– als Lehrer im Unterricht an einer Sonderschule –

1) Mit abgeschlossener pädagogischer Fachschulausbildung.

2) In diese Besoldungsgruppe können nur Lehrer eingestuft werden, die nach Abschluß der Fachschulausbildung eine achtjährige Lehrtätigkeit oder eine dreijährige Dienstzeit seit Anstellung als Lehrer in der Besoldungsgruppe A 10 verbracht haben.

3) Als Eingangsamt.

4) In dieses Amt können nur Lehrer eingestuft werden, die das ergänzende Studium nach § 10 der Verordnung des Ministerrates der DDR vom 18. September 1990 (GBl. I Nr. 63 S. 1584) oder einer entsprechenden landesrechtlichen Regelung erfolgreich abgeschlossen haben.

5) Soweit nicht in der Besoldungsgruppe A 12.

6) Mit abgeschlossener pädagogischer Fachschulausbildung und einem für das Lehramt geeigneten wissenschaftlichen Hochschulstudium von mindestens zwei Studienjahren.”

d) In den Richtlinien der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) über die Eingruppierung der nicht von der Anlage 1 a BAT-O erfaßten Angestellten vom 24. Juni 1991 (fortan: TdL-Richtlinien 91), die am 1. Juli 1991 in Kraft getreten sind, heißt es:

„…

E. Eingruppierung der Lehrkräfte im Angestelltenverhältnis:

Die Lehrkräfte im Angestelltenverhältnis sind nach den nachstehenden Tätigkeitsmerkmalen einzugruppieren. Soweit in den Tätigkeitsmerkmalen auf Lehrbefähigungen abgestellt wird, entscheiden die Länder darüber, ob eine in der ehemaligen DDR erworbene Lehrbefähigung als solche im Sinne dieses Abschnitts anerkannt werden kann.

Allgemeinbildende Schulen

Vergütungsgruppe IV b

1. Lehrer mit abgeschlossener pädagogischer Hochschulausbildung als Diplomlehrer mit Lehrbefähigung für ein Fach(2)), die Unterricht in den Klassen 1 bis 4 an einer allgemeinbildenden Schule erteilen

2. Lehrer mit abgeschlossener pädagogischer Fachschulausbildung als Lehrer für untere Klassen, die Unterricht in den Klassen 1 bis 4 an einer allgemeinbildenden Schule erteilen

3. Lehrer mit abgeschlossener pädagogischer Fachschulausbildung, die Unterricht an einer Sonderschule erteilen

Vergütungsgruppe IV a

1. Lehrer mit abgeschlossener pädagogischer Hochschulausbildung als Diplomlehrer mit Lehrbefähigung für ein Fach(2)), die Unterricht in den Klassen 5 bis 10 an einer allgemeinbildenden Schule erteilen

2. Lehrer mit abgeschlossener pädagogischer Hochschulausbildung als Diplomlehrer mit Lehrbefähigung für mindestens zwei Fächer, die Unterricht in den Klassen 1 bis 4 an einer allgemeinbildenden Schule erteilen

3. Lehrer mit abgeschlossener pädagogischer Fachschulausbildung und erfolgreich abgeschlossenem ergänzenden Studium (1)) als Lehrer für untere Klassen, die Unterricht in den Klassen 1 bis 4 an einer allgemeinbildenden Schule erteilen

4. Lehrer mit abgeschlossener pädagogischer Fachschulausbildung und einem für das Lehramt geeigneten wissenschaftlichen Hochschulstudium von mindestens zwei Studienjahren, die Unterricht an einer Sonderschule erteilen

1) In diese Vergütungsgruppe können nur Lehrer eingruppiert werden, die das ergänzende Studium nach § 10 der Verordnung des Ministerrats der DDR vom 18. September 1990 (GBl. I S. 1584) oder einer entsprechenden landesrechtlichen Regelung erfolgreich abgeschlossen haben.

2) Hierzu gehören auch z.B.

Diplom-Musikpädagogen, Diplom-Sportlehrer, Diplom-Dolmetscher.

…”

Durch die Erste Änderung der TdL-Richtlinien vom 23. Januar 1992 (fortan: TdL-Richtlinien 92) erhielten die Vergütungsgruppen IV b und IV a folgende am 1. Januar 1992 in Kraft getretene Fassung:

…”

Vergütungsgruppe IV b

1. Lehrer mit abgeschlossener Hochschulausbildung (2)), die Unterricht in den Klassen 1 bis 4(3)) an einer allgemeinbildenden Schule erteilen

2. Lehrer mit abgeschlossener pädagogischer Fachschulausbildung als Lehrer für untere Klassen, die Unterricht in den Klassen 1 bis 4(3)) an einer allgemeinbildenden Schule erteilen

3. Lehrer mit abgeschlossener pädagogischer Fachschulausbildung als Lehrer für untere Klassen, die Unterricht an einer Sonderschule erteilen(4))

4. Angestellte mit erfolgreich abgeschlossener Ausbildung als Erzieher, Kindergärtnerin, Hortnerin, Kinderdiakon oder mit erfolgreich abgeschlossener entsprechender Ausbildung und mit einer mindestens zweijährigen sonderpädagogischen Zusatzausbildung

in der Tätigkeit von Lehrern an Sonderschulen

Vergütungsgruppe IV a

1. Lehrer mit abgeschlossener Hochschulausbildung (2)), die Unterricht in den Klassen 5 bis 10(5)) an einer allgemeinbildenden Schule erteilen

2. Lehrer mit abgeschlossener Hochschulausbildung(2)), die Unterricht nach der Klasse 10 an einer allgemeinbildenden Schule erteilen

3. Lehrer mit abgeschlossener pädagogischer Hochschulausbildung als Diplomlehrer, die Unterricht in den Klassen 1 bis 4(3)) an einer allgemeinbildenden Schule erteilen

4. Lehrer mit abgeschlossener pädagogischer Fachschulausbildung als Lehrer für untere Klassen und erfolgreich abgeschlossenem ergänzendem Studium(1)), die Unterricht in den Klassen 1 bis 4(3)) an einer allgemeinbildenden Schule erteilen

5. Lehrer mit abgeschlossener pädagogischer Fachschulausbildung als Lehrer für untere Klassen und einem für das Lehramt geeigneten wissenschaftlichen Hochschulstudium von mindestens zwei Studienjahren, die Unterricht an einer Sonderschule erteilen

1) …

2) Hierzu gehören z.B.

Diplom-Musikpädagogen, Diplom-Sportlehrer, Diplom-Dolmetscher, Diplom-Chemiker, Diplom-Mathematiker, Diplom-Sozialpädagogen.

3) Hierunter fallen auch Lehrer, die bei entsprechender organisatorischer Zusammenfassung der Klassen 1 bis 6 in diesen Klassen Unterricht erteilen.

4) Hierunter fallen auch Lehrer mit mindestens zweijähriger sonderpädagogischer Ausbildung mit dem Abschluß „Diplomlehrer für Hilfsschulen”.

5) Hierunter fallen auch Lehrer, die bei entsprechender organisatorischer Zusammenfassung der Klassen 7 bis 10 nur in diesen Klassen Unterricht erteilen.

…”

Die späteren Änderungen der TdL-Richtlinien sind vorliegend ohne Bedeutung.

2. Die Klägerin ist Lehrkraft i.S.d. tariflichen Bestimmungen, da sie an einer Sonderschule des beklagten Landes Kenntnisse und Fertigkeiten im Rahmen eines Schulbetriebes vermittelt. Deshalb ist für ihre Eingruppierung nach § 2 Nr. 3 Satz 1 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 zum BAT-O die Anlage 1 a zum BAT-O nicht anzuwenden.

Die Eingruppierung erfolgt gem. § 2 Nr. 3 Satz 2 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 vielmehr in die Vergütungsgruppe, die nach § 11 Satz 2 BAT-O der Besoldungsgruppe entspricht, in welcher der Angestellte eingruppiert wäre, wenn er im Beamtenverhältnis stünde. Dabei verweisen die Tarifvertragsparteien in Nr. 3 a Unterabs. 1 SR 2 1 I BAT-O auf die Vorschriften der 2. BesÜV.

a) Diese tarifliche Verweisung auf die beamtenrechtlichen Vorschriften ist zulässig. Die Tarifvertragsparteien tragen damit dem Umstand Rechnung, daß Angestellte und Beamte als Lehrer oft nebeneinander an derselben Schule und unter weitgehend gleichen äußeren Arbeitsbedingungen tätig sind. Dies rechtfertigt, Lehrkräften, die nach ihrer fachlichen Qualifikation und den Tätigkeitsmerkmalen als gleichwertig anzusehen sind, annähernd die gleiche Vergütung unabhängig davon zu gewähren, ob sie Beamte oder Angestellte sind. Der Senat folgt insoweit der Rechtsprechung des Vierten Senats (BAG Urteil vom 24. November 1993 – 4 AZR 16/93 – AP Nr. 1 zu § 2 BAT-O; Urteile des erkennenden Senats vom 13. Juni 1996 – 6 AZR 972/94 – AP Nr. 9 zu § 11 BAT-O und – 6 AZR 360/95 – nicht veröffentlicht).

b) Nach den aufgrund der tariflichen Verweisung anzuwendenden Vorschriften der 2. BesÜV kommt ein Anspruch der Klägerin auf Vergütung nach VergGr. IV a BAT-O ab dem 1. Juli 1991 nicht in Betracht.

Der Vergütung nach VergGr. IV a BAT-O entspricht nach § 11 Satz 2 BAT-O eine Besoldung nach Besoldungsgruppe A 11. In diese Besoldungsgruppe können als Lehrer im Unterricht an einer Sonderschule nur Lehrer eingruppiert werden, die u.a. über eine abgeschlossene pädagogische Fachschulausbildung verfügen. Diese besitzt die Klägerin nicht, da sie ihr Fachschulstudium an der Zentralschule der Pionierorganisation „Ernst Thälmann” als Freundschaftspionierleiter abgeschlossen hat. Die Klägerin ist deshalb nicht als „Lehrer” i.S.d. Vorschriften der 2. BesÜV anzusehen.

Freundschaftspionierleiter mit der Lehrbefähigung in einem Hauptfach und einem Wahlfach unterschieden sich nach ihrer Bezeichnung, den Einstellungsvoraussetzungen, den Ausbildungsinhalten und -zielen sowie ihren Aufgaben von den Lehrern für untere Klassen der allgemeinbildenden polytechnischen Oberschule in der ehemaligen DDR. Dies hat der Vierte Senat des Bundesarbeitsgerichts im Urteil vom 26. April 1995 (– 4 AZR 905/93 – AP Nr. 6 zu § 11 BAT-O, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen) unter Berücksichtigung des Ausbildungsziels, des Inhalts der Ausbildung in den Fächern Pädagogik, Erziehungstheorie, Psychologie und diagnostische Tätigkeit, insbesondere auch im Hinblick auf die Ausbildung für den Unterricht im Fach Mathematik und im Fach berufspraktische Ausbildung sowie den unterschiedlichen Voraussetzungen für die Bewerbung und Zulassung zum Studium im einzelnen ausgeführt. Dieser Beurteilung hat sich der Senat angeschlossen (vgl. Urteile vom 13. Juni 1996 – 6 AZR 972/94 – AP Nr. 9 zu § 11 BAT-O und – 6 AZR 925/94 – zur Veröffentlichung vorgesehen). Sie wird dadurch bestätigt, daß in der ehemaligen DDR auch nach der Berufsbezeichnung zwischen „Lehrern für die unteren Klassen” einerseits und „Freundschaftspionierleitern” andererseits unterschieden wurde.

Etwas anderes folgt auch nicht daraus, daß die Parteien in der Berufungsinstanz übereinstimmend die Rechtsauffassung vertreten haben, bei dem Fernstudium der Klägerin an der Zentralschule der Pionierorganisation „Ernst Thälmann” habe es sich um eine pädagogische Fachschulausbildung gehandelt. Dies ist keine den Senat bindende Feststellung (§ 561 Abs. 2 ZPO). Die pädagogische Fachschulausbildung ist zwar Tatbestandsvoraussetzung der von der Klägerin begehrten Rechtsfolge einer Vergütung nach VergGr. IV a BAT-O. Ob sie gegeben ist, unterliegt jedoch der rechtlichen Prüfung durch das Gericht und kann daher von den Parteien nicht unstreitig gestellt werden.

c) Ob die von der Klägerin als Freundschaftspionierleiter erworbene Qualifikation in Verbindung mit ihren Kenntnissen aus dem von ihr nicht beendeten Pädagogikstudium und ihrer langjährigen praktischen Erfahrung in der Unterrichtserteilung an der Förderschule für geistig Behinderte in M. mit der in der Besoldungsgruppe A 10 geforderten Ausbildung gleichwertig ist, kann dahinstehen. Die für die Eingruppierung maßgebenden beamtenrechtlichen Vorschriften sehen Ämter für Lehrer, die über die geforderte Ausbildung nicht verfügen, aber gleichwertige Fähigkeiten und Erfahrungen besitzen, nicht vor.

d) Für die Einstufung in die Besoldungsgruppe A 11 ist das von der Klägerin an der Pädagogischen Hochschule „Clara Zetkin”, Leipzig absolvierte Zusatzstudium im Fach Staatsbürgerkunde ohne Bedeutung. Die Klägerin könnte aufgrund dieser Ausbildung, wäre sie Beamtin, nicht in Besoldungsgruppe A 11 eingestuft und damit in die Vergütungsgruppe IV a BAT-O eingruppiert werden.

3. Die Klägerin hat auch nach den TdL-Richtlinien keinen Anspruch auf die begehrte VergGr. IV a BAT-O. Damit kann es dahinstehen, ob die Rechtsansicht des beklagten Landes, wonach über § 2 des Arbeitsvertrages der Parteien vom 17. April 1991 die TdL-Richtlinien vereinbart seien, zutreffend ist.

a) Für die Zeit bis einschließlich September 1991, in der die Klägerin Unterricht in den Klassen 1 bis 10 an einer allgemeinbildenden Schule erteilte, kommt eine Eingruppierung in die Fallgruppen 1 bis 3 der VergGr. IV a BAT-O nach den TdL-Richtlinien 91 nicht in Betracht.

aa) Auf die Fallgruppe 1 kann die Klägerin ihr Begehren nicht stützen, weil sie keine abgeschlossene pädagogische Hochschulausbildung als Diplomlehrer i.S. dieser Fallgruppe aufweist.

Nach den in der Fußnote 2 zu dieser Fallgruppe aufgeführten Beispielen gehören hierzu auch z.B. Diplom-Musikpädagogen, Diplom-Sportlehrer und Diplom-Dolmetscher. Die Klägerin ist jedoch keine vergleichbare Diplom-Lehrerin. Sie hat die Lehrbefähigung als Diplomlehrer für Staatsbürgerkunde nicht durch eine pädagogische Hochschulausbildung erlangt, sondern durch ein Zusatzstudium. Nach § 3 Abs. 1 der Anweisung zur Neuregelung des Zusatzstudiums im Fach Staatsbürgerkunde vom 1. April 1975 wird die Qualifikation als Lehrer für das Fach Staatsbürgerkunde in einem einjährigen Zusatzstudium erworben. Nach dem Vorwort zu dieser Anweisung diente das Zusatzstudium zur weiteren Qualifizierung pädagogisch und politisch erfahrener Kader. Zu diesem Zusatzstudium konnten neben Lehrern (§ 2 Abs. 1 der Anweisung) auch langjährig erfolgreich tätige Freundschaftspionierleiter mit abgeschlossener pädagogischer Ausbildung zugelassen werden (§ 2 Abs. 2 Buchst. a der Anweisung). Daraus folgt, daß das Zusatzstudium bereits eine anderweitig abgeschlossene pädagogische Ausbildung voraussetzte und nicht selbständig vermittelte. Dies wird auch durch das der Klägerin unter dem 16. Mai 1986 über das erfolgreich abgeschlossene Zusatzstudium ausgestellte Zeugnis bestätigt. Danach hat die Klägerin keine Hauptprüfung in Pädagogik, sondern in Marxismus-Leninismus und der Methodik des Staatsbürgerkundeunterrichts abgelegt.

Die erforderliche abgeschlossene pädagogische Hochschulausbildung wird auch nicht durch die im Wege des Fernstudiums erworbene Befähigung zur Arbeit als Freundschaftspionierleiter ersetzt. Wie bereits ausgeführt, stellt die Ausbildung zum Freundschaftspionierleiter keine abgeschlossene pädagogische Fachschulausbildung dar. Die Addition beider Ausbildungen kann eine abgeschlossene pädagogische Hochschulausbildung nicht ersetzen. Die hierfür erforderlichen Pädagogikinhalte wurden in beiden Ausbildungsgängen nicht vermittelt.

Ob der Anwendungsbereich dieser Fallgruppe bereits deswegen nicht eröffnet ist, weil das Fach Staatsbürgerkunde heute nicht mehr unterrichtet wird, kann unbeantwortet bleiben.

bb) Auf die Fallgruppe 2, die eine Lehrbefähigung für mindestens zwei Fächer voraussetzt, kann sich die Klägerin bereits deshalb nicht berufen, weil sie durch ihr Zusatzstudium in dem Fach Staatsbürgerkunde an der Pädagogischen Hochschule „Clara Zetkin”, Leipzig nur die Lehrbefähigung in diesem einen Fach erlangt hat.

cc) Die Fallgruppe 3 scheidet deswegen aus, weil die Klägerin über keine abgeschlossene pädagogische Fachschulausbildung verfügt.

b) Für die ab Oktober 1991 begonnene Tätigkeit der Klägerin als Lehrerin an einer Sonderschule ergibt sich auch kein Anspruch auf die begehrte VergGr. IV a BAT-O nach den TdL-Richtlinien, weil die in Betracht kommenden Fallgruppen eine abgeschlossene pädagogische Fachschulausbildung voraussetzen, über welche die Klägerin nicht verfügt (Fallgruppe 4 nach den TdL-Richtlinien 91; Fallgruppe 4 und 5 nach den TdL-Richtlinien 92).

II. Auch der Hilfsantrag ist unbegründet. Die Klägerin kann von dem beklagten Land keine Vergütung nach VergGr. IV b BAT-O ab dem 1. Juli 1991 verlangen.

1. Ein Anspruch der Klägerin auf Vergütung nach dieser Vergütungsgruppe, die nach § 11 Satz 2 BAT-O der Besoldungsgruppe A 10 der Anlage 1 zur 2. BesÜV entspricht, ist nicht gegeben, weil die Klägerin nicht über die nach Fußnote 1 erforderliche pädagogische Fachschulausbildung verfügt.

2. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Vergütung nach VergGr. IV b BAT-O nach den TdL-Richtlinien.

a) Für die Zeit von Juli 1991 bis einschließlich September 1991, in der die Klägerin an einer allgemeinbildenden Schule in den Klassen 1 bis 10 Unterricht erteilte, ist der Anspruch auf Vergütung nach VergGr. IV b BAT-O unbegründet, weil die Klägerin weder über eine abgeschlossene pädagogische Hochschulausbildung als Diplomlehrer (Fallgruppe 1) noch über eine abgeschlossene pädagogische Fachschulausbildung als Lehrer für untere Klassen (Fallgruppe 2) verfügt. Zur Begründung wird auf die Ausführungen unter I.3. zu den insoweit gleichlautenden Eingruppierungsmerkmalen der VergGr. IV a BAT-O der TdL-Richtlinien verwiesen.

b) Die Klägerin hat auch für die Zeit ihrer Tätigkeit an der Förderschule für geistig Behinderte in M. ab Oktober 1991 keinen Anspruch nach VergGr. IV b BAT-O.

aa) In Fallgruppe 3 können Lehrer, die Unterricht an einer Sonderschule erteilen, nur eingruppiert werden, die eine abgeschlossene pädagogische Fachschulausbildung aufweisen, über die die Klägerin nicht verfügt. Die Klägerin weist auch nicht den Abschluß als „Diplomlehrer für Hilfsschulen” auf, welcher nach Fußnote 4 der TdL-Richtlinien 92 ihre Eingruppierung in diese Vergütungsgruppe rechtfertigen würde.

bb) Der begehrte Anspruch ergibt sich auch nicht nach der Fallgruppe 4 der TdL-Richtlinien 92. Die Klägerin weist die geforderte mindestens zweijährige sonderpädagogische Zusatzausbildung nicht auf.

Die Sonderpädagogik betrifft ein Teilgebiet der Pädagogik, das sich mit der Förderung und Erziehung geistig und/oder körperlich Behinderter sowie in ihrer Entwicklung gehemmter Personen beschäftigt (vgl. Brockhaus/Wahrig, Deutsches Wörterbuch, 5. Band, S. 804). Zu einer sonderpädagogischen Fachrichtung gehört z.B. die Sprachbehinderten-, Lernbehinderten-, Gehörlosen- oder Geistigbehindertenpädagogik (Heckel/Avenarius, 6. Aufl., Schulrechtskunde, S. 191 f.; Blätter zur Berufskunde, Sonderschullehrer/Sonderschullehrerin, 3-III A 02, S. 23). Danach stellt das Zusatzstudium der Klägerin in dem Fach Staatsbürgerkunde an der Pädagogischen Hochschule „Clara Zetkin”, Leipzig, mit dem sie den akademischen Grad „Diplomlehrer für Staatsbürgerkunde” erwarb, keine sonderpädagogische Zusatzausbildung dar. Darüber hinaus betrug die Dauer des von der Klägerin absolvierten Zusatzstudiums nach § 3 Abs. 1 der Anweisung nur ein Jahr.

C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

 

Unterschriften

Dr. Peifer, Dr. Freitag, Dr. Armbrüster, Gebert, Bruse

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1091207

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